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  • · Fachbeitrag · Schadenersatz

    Vermieter haftet für Schäden des Mieters infolge einer wegen Bauarbeiten erhöhten Brandgefahr

    Der Vermieter von Geschäftsräumen haftet für Schäden des Mieters, die diesem aufgrund der Verletzung einer mietvertraglichen Fürsorgepflicht durch einen vom Vermieter mit Bauarbeiten in dem Mietobjekt beauftragten Handwerker entstehen (BGH 12.12.12, XII ZR 6/12, Abruf-Nr. 130120).

    Sachverhalt

    Der Mietvertrag verpflichtete den Mieter, eine Feuer-, Einbruch-, Diebstahl- und Leitungswasserversicherung als Versicherungsnehmer und -begünstigter abzuschließen. Diese schloss er bei der Klägerin als Geschäftsversicherung seines Fitness-Studios ab. In 2007 kam es zu einem Brand in der Tiefgarage des Gebäudes, durch den die über der Garage gelegenen Mieträume und darin befindliche Einrichtungsgegenstände beschädigt wurden. Ursache war eine Brandstiftung an Styroporplatten, die die Streithelferin der beklagten Vermieterin zuvor in der Garage gelagert hatte. Sie sollten bei der anstehenden, von der Beklagten in Auftrag gegebenen Dachsanierung des Anwesens verbaut werden. Die frei zugängliche nach drei Seiten hin offene Garage hat eine Größe von mehr als 100 m². Das OLG gibt der Schadenersatzklage dem Grunde nach statt. Die Berufung bleibt erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus gemäß § 67 VVG a.F. (jetzt § 86 VVG) übergegangenem Recht des Mieters dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz des von ihr regulierten Brandschadens. Den Vermieter trifft neben der Hauptpflicht, dem Mieter den ungestörten Gebrauch der vermieteten Sache zu gewähren, die vertragliche Nebenpflicht, Störungen des Mieters und Beschädigungen der von diesem eingebrachten Sachen zu unterlassen (BGH MK 09, 20, Abruf-Nr. 083584; NJW 64, 33). Aus dieser Fürsorgepflicht folgt, dass der Vermieter keine zusätzliche Gefahrenquelle schaffen darf, die die Brandgefahr für die Mieträume erhöht.

     

    Für die Beurteilung, welche gefahrbegründenden Handlungen der Vermieter danach unterlassen muss, können öffentlich-rechtliche Betriebsvorschriften herangezogen werden, die dem Brandschutz dienen. Das ist hier § 14 Abs. 2 der Garagenverordnung Baden-Württemberg (GaVO BW), der die Aufbewahrung von brennbaren Stoffen in Mittel- und Großgaragen, somit in Garagen ab einer Größe von über 100 m² (§ 1 Abs. 8 Nr. 2, 3 GaVO BW) verbietet, es sei denn, die Stoffe zählen zum Fahrzeugzubehör oder dienen dessen Unterbringung.

     

    Die Streithelferin der Beklagten hat dadurch, dass sie Styroporplatten vorübergehend in der Garage des Gebäudes gelagert hat, die Brandlast und damit die Brandgefahr in der Garage und für die darüber gelegenen Mieträume erhöht. Sie hat dadurch die der Beklagten gegenüber ihrem Mieter obliegende mietvertragliche Fürsorgepflicht fahrlässig verletzt. Diese Pflichtverletzung muss sich die Beklagte gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Zwischen der die Brandgefahr erhöhenden pflichtwidrigen Lagerung der Styroporplatten und dem durch den Brand eingetretenen Schaden des Mieters besteht ein adäquater Kausalzusammenhang, der durch die vorsätzliche Brandstiftung nicht unterbrochen worden ist. Grund: Dass ein Dritter diese anzünden würde, lag angesichts der freien Zugänglichkeit der nach drei Seiten hin offenen Garage nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit.

     

    Praxishinweis

    Das Urteil beruht auf tradierter Rechtsprechung. Danach trifft den Vermieter die vertragliche Fürsorgepflicht, solche Einwirkungen auf die Mietsache zu unterlassen, die den Mieter in seinem Mietgebrauch beeinträchtigen oder gar schädigen können. Insbesondere darf der Vermieter keine zusätzlichen Gefahrenquellen schaffen, die die Brandgefahr für die Mieträume vergrößern. Das heißt: Lässt er z.B. Bauarbeiten im und am Haus durchführen, muss er Sorge tragen, dass hiervon keine den Mietgebrauch verletzenden Auswirkungen ausgehen und dass die von ihm beauftragten Handwerker und deren Hilfspersonen alles unterlassen, was geeignet ist, einen Brand herbeizuführen, der sich auf die Mieträume ausdehnen kann. Risiken können sich daraus ergeben, dass öffentlich-rechtliche Brandschutzbestimmungen durch den Vermieter oder von ihm beauftragte Handwerker nicht beachtet werden, wie es immer wieder bei Dacheindeckungsarbeiten zu beobachten ist, die besonders gefahrenträchtig sind.

     

    Anders als im Fall BGH MK 09, 20 haben die Instanzgerichte hier einen Verstoß gegen die landesrechtliche Garagenordnung festgestellt. Die Besonderheit des Streitfalls liegt darin, dass der den Schaden auslösende Brand nicht unmittelbar selbst durch den Vermieter oder den von diesem beauftragten Dachdecker herbeigeführt wurde, sondern dass es sich um eine Brandstiftung handelte. Der BGH hat die unter Verstoß gegen § 14 Abs. 2 GaVO BW vorgenommene unsachgemäße Lagerung der für die Dacheindeckung bereitgehaltenen Styroporplatten zu Recht als adäquat kausal eingestuft. Die Gefahr, dass Unbekannte mit dem frei zugänglichen feuergefährlichen Styropor zündeln könnten, lag nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung. Nicht umsonst heißt es im Volksmund „Gelegenheit macht Diebe“.

     

    Für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen haftet der Vermieter nach § 278 BGB auch, wenn der Brandschaden durch einen Auszubildenden verursacht ist, der die besondere Gefährlichkeit seiner Handlungsweise nicht erkennen konnte (BGH LM Nr. 39 zu § 278 BGB).

     

    Merke | Die Fürsorgepflicht gilt sowohl wenn der Vermieter dem Mieter die Benutzung der Räume bereits vor Abschluss eines Mietvertrags in der Erwartung von dessen Zustandekommen gestattet, als auch in der Phase nach Beendigung des Mietvertrags, wenn der mit Zustimmung des Vermieters in den Mieträumen verbliebene Mieter mit diesem über eine Fortführung des Mietverhältnisses verhandelt (BGH LM Nr. 39 zu § 278 BGB).

     

    Weiterführender Hinweis

    • Zur Beweislast für einen vom Vermieter verursachten Brandschaden, BGH MK 09, 20, Abruf-Nr. 083584
    Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 46 | ID 37988550