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  • · Fachbeitrag · Betriebskostenabrechnung

    Verspätete WEG-Abrechnung geht zulasten des Vermieters

    | Die Frist zur Abrechnung der Betriebskosten gemäß § 556 Abs. 3 S. 2 BGB wird nur gewahrt, wenn die Abrechnung dem Mieter noch innerhalb der Frist zugeht. Geht sie verspätet zu, ist eine Nachforderung ausgeschlossen. Der für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat entscheidet erstmals, dass die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter auch dann ausgeschlossen ist, wenn sie darauf beruht, dass die WEG-Verwaltung erst nach Ablauf der Ausschlussfrist über die Kosten der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG abgerechnet hat. |

     

    Sachverhalt

    Die Beklagte war Mieterin einer in einer Wohnungseigentumsanlage gelegenen Wohnung des Klägers, für die sie neben der Nettomiete monatliche Betriebskostenvorauszahlungen zu entrichten hatte. Der Formularmietvertrag ist in § 3 Ziffer 2 handschriftlich ergänzt. Danach werden die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung der Abrechnung in der Eigentümerversammlung mit dem Mieter abgerechnet. Die Betriebskosten für die Jahre 10 und 11 rechnete der Kläger nicht innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB, sondern erst mit Schreiben vom 7.12.13 ab.

     

    Der Kläger macht geltend, er hätte die Betriebskosten nicht früher abrechnen können. Die damalige und Ende 12 abberufene WEG-Hausverwaltung habe für diese Zeiträume keine ordnungsgemäßen Abrechnungen erstellt. Die ab 1.1.13 eingesetzte und in 8/13 mit der Neuerstellung der Abrechnungen der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG beauftragte neue Hausverwaltung habe diese erst in 11/13 der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgelegt. Die Nachzahlungsklage scheitert in allen Instanzen.

     

    • 1. Der Vermieter einer Eigentumswohnung hat über die Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters grundsätzlich auch dann innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB abzurechnen, wenn zu diesem Zeitpunkt der Beschluss der Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) des Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft noch nicht vorliegt. Ein solcher Beschluss ist keine (ungeschriebene) Voraussetzung für die Abrechnung der Betriebskosten gemäß § 556 Abs. 3 BGB.
    • 2. Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist als solcher nicht Erfüllungsgehilfe des Wohnungseigentümers nach § 278 BGB in Bezug auf dessen mietvertragliche Pflichten hinsichtlich der Abrechnung der Betriebskosten.
    • 3. Für die nach § 556 Abs. 3 S. 3 Halbs. 2 BGB mögliche Entlastung des Vermieters hinsichtlich einer von ihm nicht fristgerecht vorgenommenen Betriebskostenabrechnung hat dieser konkret darzulegen, welche Bemühungen er unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung sicherzustellen.
     

    Entscheidungsgründe

    Dem Ablauf der Abrechnungsfrist steht nicht entgegen, dass die Wohnungseigentümer erst wenige Tage vor der durch Schreiben des Klägers vom 7.12.13 erfolgten Mitteilung der Betriebskostenabrechnung an die Beklagte den Beschluss nach § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung des Verwalters (§ 28 Abs. 3 WEG) gefasst hatten. Grund: Das Vorliegen eines solchen Beschlusses der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung ist keine (ungeschriebene) Voraussetzung für die Abrechnung der Betriebskosten des Vermieters einer vermieteten Eigentumswohnung gegenüber seinem Mieter.

     

    Der BGH entscheidet diese in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage (Nachweise Urteil Tz. 18, 19) dahin, dass der Vermieter einer Eigentumswohnung grundsätzlich auch dann innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB über die Vorauszahlung der Betriebskosten abzurechnen und dem Mieter diese Abrechnung mitzuteilen hat, wenn ein Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung noch nicht ergangen ist. Gegenteiliges ergebe sich weder aus dem Wortlaut des § 556 Abs. 3 BGB (Tz. 21 bis 24) noch aus den Gesetzesmaterialien (Tz. 25 bis 32), der Gesetzessystematik (Tz. 33 bis 35) oder dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift (Tz. 36 bis 38).

     

    Nach § 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BGB ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB nicht ausgeschlossen, wenn der Vermieter die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten hat. Für das Vertretenmüssen im Sinne von § 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BGB gilt § 276 BGB; nach § 278 BGB hat der Vermieter auch ein Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen zu vertreten.

     

    Hiervon ausgehend muss sich der Kläger zwar ein Verschulden des (früheren) Verwalters der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zurechnen lassen. Grund: Dieser war nicht Erfüllungsgehilfe des Klägers zur Erstellung der mietrechtlichen Betriebskostenabrechnung. Gleichwohl kann der Kläger eine Nachforderung nicht geltend machen, denn er hat nicht einmal im Ansatz dargelegt, dass ihn auch kein eigenes Verschulden an der verspäteten Abrechnung für die Jahre 10 und 11 trifft. Hierzu gehörte insbesondere die Darlegung der Bemühungen, die er unternommen hat, um eine rechtzeitige Abrechnung sicherzustellen. Hieran fehlt es. Die im Sachverhalt beschriebenen Entschuldigungsgründe lässt der BGH nicht gelten. Grund: Es fehlt jeder Vortrag dazu, was der Kläger selbst veranlasst hat, nachdem für ihn im Laufe des Jahres 10 erkennbar wurde, dass die bisherige Hausverwaltung die Wohngeldabrechnung, die er als Grundlage für die von ihm selbst erstellte Betriebskostenabrechnung benötigte, nicht rechtzeitig erstellen würde oder die schließlich erstellte Abrechnung so fehlerhaft war, dass sie sich nicht als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung eignete.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung hat erhebliche Relevanz für die Abrechnung von Betriebskosten im vermieteten Wohnungseigentum. Der BGH entscheidet entgegen OLG Düsseldorf (ZMR 00, 452), dass der Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG über die Jahresabrechnung keine notwendige Voraussetzung für die Abrechnung der Betriebskosten gemäß § 556 Abs. 3 BGB ist.

    Merke | Der Beschluss der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 5 WEG entfaltet gegenüber einem Dritten keine Bindung. Es handelt es sich hierbei um einen internen Akt der Willensbildung der Wohnungseigentümer. Das heißt: Die Frage des laufenden Entstehens und des Anfallens der Betriebskosten für die vermietete Eigentumswohnung ist damit aus Sicht des BGH unabhängig hiervon nach den Grundsätzen des Wohnraummietrechts und dem Inhalt des konkreten Mietverhältnisses zu beurteilen. Zwischen einer vermieteten Eigentumswohnung und einer sonstigen Mietwohnung bestehen im Hinblick auf die gesetzlichen Abrechnungsmodalitäten des § 556 Abs. 3 BGB keine rechtlichen Unterschiede.

     

    Beachten Sie | Der Vermieter, der sich zur Beförderung der Abrechnung der Post bedient, hat nach BGH (MK 09, 76, Abruf-Nr. 090997) ein Verschulden der Post gemäß § 278 S. 1 BGB auch zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Hs. 2 BGB), wenn auf dem Postweg für den Vermieter unerwartete und nicht vorhersehbare Verzögerungen oder Postverluste auftreten. Das beruht auf der Erwägung, dass der Schuldner mit der Beauftragung des Dritten seinen Geschäfts- und Risikobereich erweitert. Die Hilfsperson übernimmt eine Aufgabe, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt.

     

    Diese Voraussetzungen sind bei dem Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich nicht erfüllt. Dieser ist grundsätzlich nicht Erfüllungsgehilfe des Wohnungseigentümers nach § 278 BGB in Bezug auf dessen mietvertragliche Pflichten hinsichtlich der Abrechnung der Betriebskosten. Insoweit wird der Verwalter auch nicht als Hilfsperson der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder ihrer einzelnen Mitglieder tätig, sondern handelt, um der ihm durch § 28 Abs. 3 WEG gesetzlich zugewiesenen eigenen Aufgabe der Erstellung der Jahresabrechnung nachzukommen (BGH WuM 16, 586 Rn. 18). Die Auffassung des BGH steht in Einklang mit der überwiegenden Meinung (Tz. 42).

     

    Beachten Sie | Der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft ist dagegen Erfüllungsgehilfe des vermietenden Wohnungseigentümers, wenn dieser ihn mit der Erstellung der mietrechtlichen Betriebskostenabrechnung beauftragt hat. Im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses haftet der Verwalter gemäß § 675, § 611, § 280 Abs. 1 BGB auf Schadenersatz, wenn er die Betriebskostenabrechnung pflichtwidrig verspätet erstellt, und die Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB nicht eingehalten werden kann.

     

    PRAXISHINWEIS | Der vermietende Wohnungseigentümer kann sich nach § 556 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 BGB nur entlasten, wenn er ein eigenes Verschulden an der verspäteten Abrechnung ausräumt. Hierzu muss er penibel darlegen und beweisen, welche konkreten Maßnahmen er selbst eingeleitet hat, um die fristgerechte Abrechnung zu gewährleisten.

     

    Um die Abrechnungsfrist zu wahren, sollte der Vermieter in Erwägung ziehen, sich die Abrechnungsunterlagen bei der Verwaltung zu besorgen und die Abrechnung selbst zu erstellen bzw. erstellen zu lassen (Drasdo, NZM 04, 372, 375).

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2017 | Seite 67 | ID 44572862