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  • 01.10.2005 | Modernisierung

    Mieter muss Anschluss an Breitbandkabel trotz Empfang terrestrischen Digitalfernsehens dulden

    von RA Jürgen Herrlein, Frankfurt/M.
    Der Anschluss einer Wohnanlage an ein rückkanalfähiges Breitbandkabelnetz stellt auch im Empfangsbereich des terrestrischen Digitalfernsehens eine Verbesserung der Mietsache i.S.d. § 554 Abs. 2 S. 1 BGB dar (BGH 20.7.05, VIII ZR 253/04, GE 05, 1056, Abruf-Nr. 052433).

     

    Sachverhalt

    Nach Einführung des terrestrischen Digitalfernsehens (DVB-T) entfernte der Vermieter einer Wohnanlage die Gemeinschaftsantenne. Er brachte zur vorübergehenden Sicherung des Empfangs eine Satellitenanlage an, mit der ebenso wie mit der Gemeinschaftsantenne 5 Fernsehprogramme zu empfangen waren. In einem weiteren Bauabschnitt wollte der Vermieter die Wohnanlage mit einem rückkanalfähigen Breitbandkabelnetz für zurzeit 34 analoge Fernseh- und 30 Radioprogramme ausstatten, bei dem mit einem zusätzlichen Decoder (gegen Bezahlung) auch 60 weitere digitale in- und ausländische Programme zu empfangen und über das künftig rückkanalfähige Dienste zu beziehen sind. Ein Mieter verweigerte die Zustimmung zur dazu notwendigen Verlegung einer Dose und eines Kabels in seiner Wohnung. Begründung: Seit Einführung des DVB-T und den damit zu empfangenden 27 Sendern sei Fernsehempfang in gleicher Qualität wie über das Kabel mit einer (einmalig anzuschaffenden) Set-Top-Box – jedoch preiswerter – möglich. Der BGH hat den Mieter zur Duldung der Arbeiten verurteilt.  

     

    Praxishinweis

    Der BGH setzt den Maßstab, ob eine Maßnahme eine „Verbesserung der Mietsache“ darstellt, sehr niedrig an. Es reicht für die Duldungspflicht des Mieters aus, dass der Vermieter sich von der Maßnahme eine bessere Vermietbarkeit verspricht und dies bei objektiver Betrachtung plausibel ist. Dabei darf er die Attraktivität der Wohnungen auch durch überdurchschnittliche Ausstattung erhöhen und so die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt vorantreiben. Dies gilt sogar, wenn aktuell die Nachfrage nach solcher Ausstattung relativ gering ist. Die Grenze zieht der BGH dabei allein bei Luxusmodernisierungen, die zu völlig unzumutbaren Kostenbelastungen beim Mieter führen würden.  

     

    Das Urteil hat über den Einzelfall hinaus Bedeutung: Der BGH bleibt nämlich bei der Beantwortung der Frage, ob eine Verbesserung der Mietsache vorliegt, nicht dabei stehen, dass mit Kabel 30 und mit DVB-T 27 Fernsehprogramme zu empfangen sind. Entscheidend ist, dass mit Kabel künftig wesentlich mehr Nutzungsmöglichkeiten bestehen und bereits jetzt mit Decoder mehr Programme zu empfangen sind. Folge: Rückkanalfähiges Breitbandkabel stellt überall eine duldungspflichtige Modernisierung dar. Im Übrigen steht damit auch fest, dass ein (kostenpflichtiger) Breitbandkabelanschluss gegenüber DVB-T nicht gegen das „Gebot der Wirtschaftlichkeit“ verstößt. Die laufenden Kosten für den Kabelanschluss sind damit als Nebenkosten umlagefähig.