01.05.2006 | Mietgebrauch
Neues zum Anspruch des Mieters auf Duldung der Anbringung einer Parabolantenne
1. Einem Mieter steht ein Anspruch auf Zustimmung zur Anbringung einer Sat-Antenne auch bei vorhandenem Kabelanschluss zur Befriedigung weitergehender Informationsinteressen nicht ohne weiteres bereits zu, wenn über eine Satellitenempfangsanlage eine größere Anzahl von Programmen empfangen werden kann. |
2. Das Recht der Europäischen Gemeinschaften statuiert keinen grundsätzlichen Vorrang des Informationsinteresses des Mieters vor dem Eigentumsinteresse des Vermieters. |
(BGH 16.11.05, VIII ZR 5/05, ZMR 06, 195, Abruf-Nr. 060078) |
Sachverhalt
Die Beklagten – deutsche Staatsangehörige polnischer Herkunft – sind Mieter einer Wohnung der Klägerin, die an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Telekom angeschlossen ist. Sie brachten an der Balkonbrüstung eine Parabolantenne an. In den Instanzen wurden die Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß zur Beseitigung und Unterlassung verurteilt. Ihre Widerklage auf Genehmigung der Anbringung einer Sat-Antenne mit einem Durchmesser von 55 cm, hilfsweise einen geeigneten Ort für deren Anbringung zu bestimmen, blieb erfolglos. Das LG (AfP 05, 87) hat auf die Hilfsanträge zur Widerklage aber festgestellt, dass die Klägerin zur Genehmigung der Aufstellung einer Parabolantenne verpflichtet ist, wenn die Beklagten die Aufstellung nach Maßgabe des von der Klägerin zu wählenden Aufstellungsorts vornehmen, die Installation fachgerecht vorgenommen wird, für eine Versicherung gesorgt wird und die Rückbaukosten gegenüber der Klägerin sichergestellt werden. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH das Verfahren zur Nachholung einer eingehenden Interessenabwägung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Praxishinweis
Gemäß § 541 BGB kann der Vermieter auf Unterlassung klagen, wenn der Mieter den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Dies umfasst auch die Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustands (OLG Düsseldorf DWW 92, 116; MüKo/Schilling, BGB, 4. Aufl., § 541 Rn. 16). Die Anbringung einer Parabolantenne an der Balkonbrüstung der Mietswohnung ohne Zustimmung des Vermieters ist vertragswidrig, wenn der Vermieter nicht zur Duldung verpflichtet ist. Die Duldungspflicht kann sich auf Grund einer aus § 242 BGB herzuleitenden Nebenpflicht aus dem Mietvertrag ergeben, wenn die im Einzelfall vorzunehmende Abwägung zwischen dem Grundrecht des Mieters auf Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 HS 2 GG) und dem Eigentumsrecht des Vermieters (Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG) zu Gunsten des Mieters ausfällt (BGH MK 05, 84, Abruf-Nr. 050764). Hieran hält der BGH vorliegend fest.
Der BGH setzt hierbei als selbstverständlich voraus, dass die Duldungspflicht nur besteht, wenn die Antenne zur Vermeidung von Gefahren für Dritte und von möglichen Sachschäden fachgerecht installiert wird (OLG Frankfurt NJW 92, 2490; OLG Karlsruhe NJW 93, 2815).
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