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  • 28.06.2011 | Betriebskosten

    Grundsätzlich keine Nachforderungen auch bei Abrechnung nach Sollvorauszahlungen

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    1. Der Ausschluss von Nachforderungen gilt grundsätzlich auch, wenn der Vermieter zugunsten des Mieters irrtümlich höhere als die tatsächlich erbrachten Vorauszahlungen angesetzt und deshalb zu Unrecht ein Guthaben des Mieters oder eine zu geringe Nachforderung errechnet hat.  
    2. Zur Frage, ob es dem Mieter nach § 242 BGB verwehrt sein kann, sich auf den Ablauf der Ausschlussfrist zu berufen.  
    (BGH 30.3.11, VIII ZR 133/10 Abruf-Nr. 112084)

     

    Sachverhalt

    Die Beklagte zahlte die erhöhten Betriebskostenvorauszahlungen für die Monate 2 bis 11/07 nicht. Durch rechtskräftiges Urteil des LG vom 15.11.07 wurde die erhöhte Vorauszahlungsforderung der Klägerin als wirksam anerkannt. In der am 10.12.08 erstellten Nebenkostenabrechnung 07 wies die Klägerin versehentlich nicht die tatsächlich geleisteten (1.895,75 EUR), sondern den erhöhten Betrag der geschuldeten Vorauszahlungen (2.640,96 EUR) aus und kennzeichnete ihn handschriftlich mit „Sollvorschüssen“. Statt einer Nachforderung ergab sich für die Beklagte ein Guthaben, das sie mit der Miete 1/09 verrechnete. Die auf die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen korrigierte Abrechnung der Klägerin vom 14.1.09 endete mit einer Nachforderung (532,78 EUR). Das LG weist die Nachzahlungsklage ab. Die Revision der Klägerin hat Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Grundsätzlich kann der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Frist (§ 556 Abs. 3 S. 2 BGB) nicht mehr zum Nachteil des Mieters korrigieren. Das gilt namentlich auch, wenn das Ergebnis der Abrechnung ein Guthaben des Mieters ist (BGH MK 08, 62 Abruf-Nr. 080538). Grund: Die Abrechnungsfrist und der Nachforderungsausschluss nach Fristablauf (§ 556 Abs. 3 S. 3 BGB) dienen der Abrechnungssicherheit für den Mieter und sollen Streit vermeiden. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn der Vermieter einen Abrechnungsfehler nach Ablauf der Abrechnungsfrist noch zum Nachteil des Mieters korrigieren könnte. Eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung ist grundsätzlich auch ausgeschlossen, wenn - wie hier - irrtümlich höhere als die tatsächlich erbrachten Vorauszahlungen angesetzt und deshalb zu Unrecht ein Guthaben des Mieters oder eine zu geringe Nachforderung errechnet wurden.  

     

    Gleichwohl kann sich die Beklagte nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ausnahmsweise nicht mit Erfolg auf den Ablauf der Ausschlussfrist berufen. Grund: Der hier der Klägerin unterlaufene Fehler war für die Beklagte auf den ersten Blick erkennbar. Zwischen den von der Beklagten geleisteten Vorauszahlungen und den zu ihren Gunsten berücksichtigten, in der Abrechnung handschriftlich als „Sollvorschüsse“ bezeichneten Vorauszahlungen besteht eine erhebliche Differenz. Zudem hatten die Parteien zuvor gerade über die Erhöhung der Vorauszahlungen auf die von der Klägerin in die Abrechnung eingestellten „Sollvorschüsse“ einen Rechtsstreit geführt, weil die Beklagte die Erhöhung nicht akzeptiert und dem entsprechend in den Monaten Februar bis November 2007 Vorschusszahlungen nur in der ursprünglichen Höhe geleistet hatte. Unter diesen Umständen ist es der Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, die Klägerin an ihrem für die Beklagte offensichtlichen und kurz nach Ablauf der Abrechnungsfrist korrigierten Versehen festzuhalten.