Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Ehegattenunterhalt

    Nicht eheprägend: Kürzung der Altersbezüge aufgrund des VA für eine spätere Ehefrau

    von VRiOLG Dr. Jürgen Soyka, Düsseldorf

    Bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts ist die Kürzung der Altersbezüge des Unterhaltspflichtigen, die durch den zugunsten einer späteren Ehefrau durchgeführten Versorgungsausgleich erfolgt ist, als nicht eheprägend anzusehen, sodass das Einkommen des Unterhaltspflichtigen entsprechend zu erhöhen ist. Die Einkommensminderung ist allein im Rahmen der Leistungsfähigkeit von Bedeutung (BGH 14.5.14, XII ZB 301/12, FamRZ 14, 1276, Abruf-Nr. 141818).

     

    Sachverhalt

    Die Ehe der Beteiligten wurde rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ist ein 1970 geborener Sohn hervorgegangen. Im Verbundurteil wurde der Versorgungsausgleich (VA) durchgeführt. Der Ehemann (M, Antragsteller) ist in dritter Ehe verheiratet. Der im Scheidungstermin geschlossene Unterhaltsvergleich wurde abgeändert, nachdem die Ehefrau (F, Antragsgegnerin) ab August 90 eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezog. Der Unterhaltsbetrag (Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt, AVU) wurde angehoben. M war als Beamter tätig und befindet sich seit Mai 11 im Altersruhestand. Seine Versorgungsbezüge sind aufgrund des zugunsten der F und seiner zweiten Ehefrau durchgeführten VA gekürzt. F arbeitete vor der Ehe als Krankenschwester und leitete auch eine Station. Während der Ehe führte sie den Haushalt und kümmerte sich um den gemeinsamen Sohn. Das von ihr vor der Ehe bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erworbene Versorgungsanrecht ließ sie sich während der Ehe auszahlen.

     

    Nach der Trennung von M war sie in Teilzeitstellen und ab 1989 bis zur vollständigen Erwerbsunfähigkeit Mitte 1990 in Vollzeit als Krankenschwester tätig. Sie bezog zuletzt eine Erwerbsunfähigkeitsrente und ab Januar 12 eine Altersrente, die sich ab Juli 12 erhöht hat. Hinzu kommt eine durch die VBL gezahlte Zusatzrente. Weiter erhält sie seit Januar 12 aus einem Sparvertrag, den sie überwiegend aus dem von M gezahlten Vorsorgeunterhalt angespart hat, monatlich Geld. In einen Anschlusssparvertrag zahlt sie monatlich ein. Sie bezieht zudem aus einer privaten Rentenversicherung (RV, bespart aus dem Vorsorgeunterhalt) weitere Beträge.

     

    M hat erfolgreich beantragt, das Urteil dahingehend abzuändern, dass er seit Mai 11 keinen Ehegattenunterhalt mehr zahlen muss. Auf die Beschwerde der F hat das OLG die Entscheidung abgeändert und den von M zu zahlenden Ehegattenunterhalt begrenzt. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde beider. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde der F zurückgewiesen und auf die des M die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

     

    Entscheidungsgründe

    Aufgrund der Bindungswirkung der abzuändernden Entscheidung war von einem Unterhalt wegen Krankheit (§ 1572 BGB) auszugehen. Dieser hat sich, nachdem die F altersbedingt nicht mehr erwerbstätig ist, in einen Unterhalt gemäß § 1571 BGB gewandelt.

     

    Nicht zu beanstanden ist, dass das OLG die durch den zugunsten der zweiten Ehefrau des M durchgeführten VA erfolgte Einkommensminderung als nicht eheprägend angesehen und das bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs der F nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 S. 1 BGB) anzusetzende Einkommen des M daher entsprechend erhöht hat. Die aufgrund dieses VA gemäß § 57 BeamtVG eintretende Kürzung der dem M ausgezahlten Pension ist allein bei seiner Leistungsfähigkeit bedeutsam (BGH FamRZ 12, 951).

     

    Praxishinweis

    Die Kürzung der Rente des Pflichtigen durch den VA einer späteren Ehefrau hat die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt. Da die Kürzung bei Fortbestand der Ehe nicht eingetreten wäre, kann sie nicht eheprägend sein. Daraus folgt:

     

    • Der Bedarf ist nach der nicht um den VA der zweiten Ehefrau gekürzten Rente zu berechnen.

     

    • Bei der Leistungsfähigkeit ist zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige hinsichtlich des VA unter Beachtung seines eheangemessenen Bedarfs (§ 1581 BGB) leistungsfähig ist. Sollten keine weiteren Umstände bei der Berechnung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sein, muss sich die erste Ehefrau mit 1/2 an der durch den VA der zweiten Ehefrau bewirkten Rentenkürzung beteiligen, weil sonst der Billigkeit i.S. des § 1581 BGB nicht Rechnung getragen wird.

     

    • Beispiel

    Der Ehemann M verfügt über ein Renteneinkommen von 1.800 EUR. Seine Rente wird aufgrund des VA seiner zweiten Ehefrau F2 monatlich um 400 EUR gekürzt. Es verbleiben 1.400 EUR. Seine erste Ehefrau F1 verfügt über ein Renteneinkommen von 1.000 EUR. Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch für F1?

     

    Bedarf: (1.800 EUR ungekürzte Rente ./. 1.000 EUR) x 1/2 = 400 EUR

     

    Leistungsfähigkeit:Eheangemessener Bedarf des M 1/2 der ungekürzten Rente + 1/2 der Rente von F1 = 900 EUR + 500 EUR = 1.400 EUR Dieser eheangemessene Bedarf wird unterschritten. Dem M verbleiben 1.000 EUR (1.400 EUR jetzige Rente ./. 400 EUR Unterhalt für F1 nach der Bedarfsberechnung). Es liegt ein individueller Mangelfall vor, weil der eheangemessene Bedarf um 400 EUR unterschritten wird. Der Unterhalt von F1 ist daher gem. § 1581 BGB um 1/2 von 400 EUR auf 200 EUR zu kürzen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • BGH FamRZ 12, 951, zur Berücksichtigung von Rentennachteilen des Unterhaltsberechtigten und ehebedingten Verzichts auf eine berufliche Karriere; die aktuelle Entscheidung knüpft daran an
    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 164 | ID 42902173