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  • · Fachbeitrag · Sozialrecht

    Bedarf für die Erstausstattung einer Wohnung

    von RAin Thurid Neumann, FAin Familienrecht, Konstanz

    • 1.Ein Bedarf für die Erstausstattung einer Wohnung kann auch entstehen, wenn ein Umzug zwar nicht vom Grundsicherungsträger veranlasst wurde, jedoch wegen der Geburt eines Kindes notwendig war.
    • 2.Dieser Bedarf umfasst nur notwendige Einrichtungsgegenstände, die schon in der alten Wohnung gefehlt hatten oder die zwar vorhanden waren, aber allein durch den Umzug unbrauchbar geworden sind.

    (LSG Stuttgart 7.11.12, L 3 AS 5162/11, NZS 13, 118, Abruf-Nr. 131277)

     

    Sachverhalt

    Der beklagte Stadtkreis B wendet sich als Berufungsführer gegen ein Urteil des SG, durch das er zur Gewährung von Leistungen zur Erstausstattung einer Wohnung als Zuschuss statt als Darlehen verurteilt worden ist. Die 1989 geborenen Kläger K1 und K2 sind Ehegatten und bilden mit ihrem gemeinsamen Sohn , dem Kläger K3, eine Bedarfsgemeinschaft. Sie beziehen Leistungen nach dem SGB II. Kurz vor Geburt des K3 bewilligte B der K1 als Erstausstattung für die Wohnung wegen der Geburt 1.632 EUR. Darin war ein Kinderkleiderschrank für 70 EUR enthalten. Mit Geburt des K3 beantragten K1/K2 die Zusicherung zur Übernahme von Kosten einer neuen Wohnung und Leistungen für Umzug und neue Wohnung, darunter auch Leistungen für K3.

     

    Die Übernahme der Kosten für die neue Wohnung lehnte B zunächst ab. Sie lägen über der Mietobergrenze. Nach dem Umzug bewilligte B Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der für angemessen gehaltenen Unterkunftskosten. B stellte mit dem Umzug fest, dass das alte Mobiliar von K1/K2 defekt und nicht mehr aufbaubar war. B bewilligte ein Darlehen von 1.040 EUR. Es handele sich um eine Ersatzbeschaffung. Den Widerspruch hiergegen wies B zurück. Das SG hat B verurteilt, den Klägern Leistungen für eine Erstausstattung der Wohnung von 1.040 EUR als Zuschuss zu gewähren.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung des B ist teilweise begründet. B wird zur Zahlung von 470 EUR an K1/ K2 als Zuschuss für die Wohnungserstausstattung verurteilt. Statthaft ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. K3 hat keine Ansprüche. Leistungen für die Erstausstattung einschließlich Haushaltsgeräten werden nicht vom Regelbedarf erfasst, sondern gemäß § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGB II gesondert erbracht. Abzugrenzen sind Ersatzbeschaffungen, die nach § 20 Abs. 1 SGB II aus der Regelleistung zu bestreiten sind. Entscheidend ist, ob erstmals ein Bedarf entsteht. Erstausstattung und Ersatzbeschaffung stehen gleich, wenn vorhandene Ausstattungsgegenstände nur durch einen vom Grundsicherungsträger veranlassten Umzug unbrauchbar werden (BSG NJW 10, 462). Ebenso ist es bei einem nach Geburt eines Kindes erforderlichen Umzug in eine größere Wohnung. Die Erforderlichkeit richtet sich nach den Verhältnissen der neuen Wohnung. Ob sie zu groß ist, ist ohne Belang.

     

    Gemäß § 22 Abs. 5 SGB II wird bei Umziehenden, die das 25. Lebensjahr nicht vollendet haben, ein Bedarf für Unterkunft bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Vertragsschluss über die Unterkunft zugesichert hat. Er ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die elterliche Wohnung verwiesen werden kann. Für K1/K2 bestand ein schwerwiegender Grund nach § 22 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 SGB II, ab Geburt von K3 in die neue Wohnung umzuziehen. Ein Verweis auf die elterlichen Wohnungen hätte eine Trennung zur Folge gehabt. § 24 Abs. 6 SGB II steht einer Kostenübernahme nicht entgegen.

     

    Zu einer Wohnungsausstattung gehören ein Doppelbett mit Matratze/Rost, Bettwäsche, Kleiderschränke, ein Tisch mit Stühlen, ein Küchenschrank, ein Herd, ein Bügeleisen und -brett, eine Spüle, Gardinen, Geschirr, Töpfe/Pfannen, ein Kühlschrank, eine Waschmaschine. Ein Erstausstattungsbedarf besteht, wenn die Gegenstände, die zur Wohnungsausstattung gehören, nicht vorhanden oder zwar vorhanden sind, aber wegen des erforderlichen Umzugs wegfallen. Gegenstände, die transportiert und wieder aufgebaut werden können, begründen keinen Erstbedarf. Dies gilt nur für Gegenstände, die durch Umzug unbrauchbar werden. Werden Gegenstände unabhängig vom Umzug unbrauchbar, handelt es sich um Ersatzbeschaffung. Sind Gegenstände nach dem Umzug weiter funktionsfähig, gefallen sie dem Besitzer nur nicht mehr, besteht kein Anspruch gegen den Grundsicherungsträger (BSG, a.a.O.).

     

    Umzugsbedingt sind allein das Ehebett (zweimal 100 EUR), der Kleiderschrank (140 EUR), und der Küchenschrank (40 EUR) unbrauchbar geworden. Hinzu kommt eine Spüle (90 EUR), die den Klägern nicht gehörte und die sie in der alten Wohnung zurücklassen mussten. Der Herd wurde erst nach dem Umzug unbrauchbar. Es handelt sich um eine Ersatzbeschaffung. Damit besteht ein Anspruch auf eine zuschussweise Gewährung von 470 EUR. K3 wurden bereits Leistungen für Kinderzimmermöbel bewilligt. Gegenstand der Klage ist nur der Bescheid, in dem K1/K2 Leistungen für Haushaltsgegenstände bewilligt wurden, sodass die Berufung des K3 unbegründet ist.

     

    Praxishinweis

    Zwischen Wohnungserst- und -ersatzbeschaffung ist stets zu unterscheiden. Für den Mandanten hat dies unterschiedliche finanzielle Folgen. Leistungen für Erstausstattungen werden gemäß § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGB II gesondert erbracht. Der Grundsicherungsträger kann die Leistung als Sach- oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalen, gewähren, § 24 Abs. 3 S. 5 SGB II. Ersatzbeschaffungen sind aus der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SBG II zu bestreiten. Für sie können Darlehen gewährt werden, § 24 Abs. 4 SGB II.

     

    MERKE | Eine Wohnungserstausstattung liegt vor, wenn die benötigten Gegenstände, die zu einer Wohnungsausstattung gehören, nicht vorhanden oder zwar vorhanden, aber nur wegen des erforderlichen Umzugs unbrauchbar werden. Waren die Wohnungsausstattungsgegenstände schon vor dem Umzug unbrauchbar oder werden sie dies erst nach dem Umzug, liegt eine Ersatzbeschaffung vor.

     

     

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 85 | ID 38414530