Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Betreuungsrecht

    Muss die Beschwerdekammer eine Anhörung vornehmen oder reicht ein Kammermitglied aus?

    von RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen

    | Es kann gar nicht deutlich genug betont werden, welch hohen Stellenwert eine Anhörung im Betreuungsverfahren hat. Der BGH hat diesbezüglich darüber entschieden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die Anhörung des Betroffenen auf ein Mitglied der Beschwerdekammer übertragen werden darf. Der Beitrag erläutert, wie Sie reagieren müssen, wenn die Anhörung zu Unrecht nur durch ein Kammermitglied erfolgt. |

     

    Sachverhalt

    Die Betroffene B wendet sich wie auch ihre Tochter T dagegen, dass eine Betreuung eingerichtet und eine Berufsbetreuerin Bt bestellt worden ist. Zwar hatte die B der T eine Vorsorgevollmacht ausgefertigt, die für den Fall, dass eine gerichtliche Betreuung erforderlich würde, auch eine Betreuungsverfügung für die T enthielt. Diese Vollmacht war aber von der im einstweiligen Verfügungsverfahren bereits bestellten Bt widerrufen worden, nachdem die Betreuung ausdrücklich um die entsprechenden Befugnisse erweitert worden war. Im Hauptsacheverfahren wurde die Bt mit einem umfassenden Aufgabenkreis bestätigt, nachdem ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt und eine Verfahrenspflegerin bestellt worden war. Auf die dagegen gerichteten Beschwerden wurde zwar veranlasst, dass die B angehört wurde. Es wurde aber keine Abhilfe geschaffen. Das LG hat daraufhin durch die beauftragte Richterin der Kammer die B erneut angehört. Anschließend wurde ein Sachverständigengutachten zu den Voraussetzungen und dem Umfang einer Betreuung eingeholt. Im Ergebnis wurde unter Abweisung der Beschwerden im Übrigen eine neue Berufsbetreuerin bestellt. Hiergegen wenden sich erfolgreich die Rechtsbeschwerden (BGH 1.3.23, XII ZB 285/22, Abruf-Nr. 235456).

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG durfte nach Eingang des im Beschwerdeverfahren eingeholten Sachverständigengutachten nicht davon absehen, die B persönlich anzuhören. Die B hat einen Anspruch auf rechtliches Gehör, das durch eine Anhörung gewährleistet wird. Durch die Anhörung wird zudem sichergestellt, dass sich das Gericht vor der Entscheidung einen persönlichen Eindruck von dem Betroffenen verschafft. Hierdurch wird das Gericht in die Lage versetzt, das eingeholte Sachverständigengutachten in Bezug auf den Betroffenen zu würdigen.