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  • · Nachricht · Abgabenordnung

    Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung

    | Voraussetzung für die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung ist u. a., dass auf beiden Seiten die entscheidungsberechtigten Personen teilgenommen haben. Ist das nur auf einer Seite der Fall, dann ist ‒ wegen des Charakters der Verständigung als Vertrag ‒ auch diese eine Seite nicht an die Abrede gebunden. Eine einseitige Bindung aus Treu und Glauben tritt nicht ein. In diesem Zusammenhang hat nun das FG Düsseldorf entschieden, dass eine in Abwesenheit des veranlagenden FA mit der Steuerfahndung erzielte tatsächliche Verständigung, die in den BP-Bericht des FA eingeht, für den Steuerpflichtigen ‒ ungeachtet der Frage der Genehmigungsfähigkeit durch das Finanzamt ‒ bindend ist (FG Düsseldorf 19.9.16, 15 K 4018/13 E, G, Rev. BFH X R 17/17, Einspruchsmuster). |

     

    Im Streitfall stritten die Beteiligten im Anschluss an eine Prüfung der Steuerfahndung eines (anderweitigen) FA sowie eine BP des veranlagenden FA über den Abzug von Betriebsausgaben und über das Vorliegen einer tatsächlichen Verständigung. Hier stellte sich dem FG die Frage, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die tatsächliche Verständigung, die vom Sachgebietsleiter der Steuerfahndung ohne Beisein eines für die Veranlagung des Steuerpflichtigen zuständigen Amtsträgers abgeschlossen worden war, Bindungswirkung entfalten konnte.

     

    Die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung setzt grundsätzlich voraus, dass sie sich auf Sachverhaltsfragen bezieht, der Sachverhalt die Vergangenheit betrifft, die Sachverhaltsermittlung erschwert ist, auf Seiten der Finanzbehörde ein für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständiger Amtsträger beteiligt ist und die tatsächliche Verständigung nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (BFH 7.7.04, X R 24/03, BStBl II 04, 975). Ob eine von der Steuerfahndung abgeschlossene tatsächliche Verständigung Bindungswirkung erzielen kann, wenn das veranlagende Finanzamt den Inhalt der Abrede in rechtlicher Hinsicht nachträglich ‒ ggf. konkludent ‒ genehmigt, ist umstritten. Das FG hält eine Genehmigungsfähigkeit mit der herrschenden Literaturmeinung für gegeben (anderer Ansicht: BFH 28.7.93, XI R 66/92, BFH/NV 94, 290). Kumulativ hat vorliegend das FG die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung auch damit begründet, dass aus seiner Sicht zwischen Steuerfahndung und „veranlagender Betriebsprüfung“ konkludent eine „arbeitsteilige“ Vorgehensweise vereinbart worden sei.

     

    PRAXISHINWEIS | Die streitentscheidende Problematik hat insbesondere große praktische Bedeutung für Verständigungen in Steuerstrafverfahren. Hinsichtlich der Frage der Bindungswirkung sollte unbedingt darauf geachtet werden, mit wem eine tatsächliche Verständigung vereinbart wird. Für die Problematik des Besprechungsfalls bleibt abzuwarten, wie sich der BFH im Revisionsverfahren hierzu positioniert. Bis zur höchstrichterlichen Klärung sind bei Streitigkeiten über die Bindungswirkung in vergleichbaren Fällen Einspruch und ggf. Klage geboten.

     
    Quelle: ID 45038095