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  • · Fachbeitrag · Sachverständigenhonorar

    HIS-„Versicherer-Schufa“ und die Erstattung der Kosten einer Reparaturbestätigung

    | Das LG Heidelberg hat als erstes Gericht klar erkannt, in welche Beweisnot der Geschädigte geraten kann, wenn er fiktiv abrechnet und später einen weiteren Unfall hat. Um dieser Beweisnot zu entgehen, darf er nach einem fiktiv abgerechneten Haftpflichtschaden einen Schadengutachter mit der Erstellung einer detaillierten Reparaturbestätigung beauftragen. Die Kosten dafür hat der Schädiger des ersten Unfalls zu erstatten. |

     

    Zur Erinnerung: Wenn der Geschädigte bei einem zweiten Unfall nicht nachweisen kann, dass der Vorschaden ordnungsgemäß und vollständig beseitigt worden ist, befindet er sich in „unlösbarer“ Beweisnot (zum Beispiel: AG Marburg, Urteil vom 9.12.2011, Az. 9 C 1370/10; Abruf-Nr. 122539; LG Dortmund, Urteil vom 15.2.2012, Az. 2 O 214/11; Abruf-Nr. 122540; OLG Hamburg, Urteil vom 29.8.2013, AZ. 14 U 57/13; Abruf-Nr. 133109).

     

    Da nützt ihm im Zweifel noch nicht einmal eine Rechnung. Die diversen Nachbesichtigungsverlangen reparierter Fahrzeuge sind ja durchaus geläufig und belegen das Misstrauen vieler Versicherer gegen Werkstattrechnungen.

    Risiken und Nebenwirkungen durch das HIS verschärft

    Das HIS (Hinweis und Informationssystem, auch „Versicherer-Schufa“ genannt) der Versicherer dient ja unter anderem dem Zweck, frühere Unfälle aufzuspüren, um sie einwenden zu können. Im Informationsschreiben heißt es: „Zweck des durch das HIS ermöglichten Informationsaustauschens ist die Unterstützung der Risikobeurteilung bei Versicherungsanträgen, der Sachverhaltsaufklärung bei Versicherungsfällen unter Rückgriff auf frühere Schadenfälle sowie die Bekämpfung von Versicherungsmissbrauch.“ Und weiter: „Die Daten werden daher zu einem späteren Zeitpunkt, wenn Ihr Mandant einen Versicherungsantrag stellen oder einem Versicherer einen Schadenfall melden wird, von dem jeweiligen Versicherer abgefragt und genutzt werden.“

    Der Beweisnachteil wird kompensiert

    Damit der Geschädigte seinen massiven Beweisnachteil ausgleichen kann, der ihm wegen des früheren Unfalls wahrscheinlich entstehen wird, gesteht ihm das LG Heidelberg als Gegengewicht die Kosten der Reparaturbestätigung als erstattungspflichtige Schadenposition zu (LG Heidelberg, Urteil vom 23.8.2013, Az. 2 O 75/12; Abruf-Nr. 133469).

     

    PRAXISHINWEIS | Das muss eine Bestätigung mit Substanz sein. Ein „Dreizeiler“ mit einem Lichtbild taugt da nicht. Der Reparaturweg muss beschrieben und dokumentiert sein. Welche Kosten sich als erstattungsfähig durchsetzen lassen, wird die Zeit zeigen.

     

    Urteile ohne HIS-Bezug, dennoch pro Reparaturbestätigung

    Zwar ohne einen direkten Bezug zur HIS-Thematik herzustellen, sprechen auch andere Gerichte die Kosten für eine Reparaturbestätigung zu.

     

    Das AG Braunschweig bestätigt: Der Geschädigte verhält sich wirtschaftlich vernünftig, wenn er nach einer Reparatur, für die keine Rechnung zur Erstattung vorgelegt wird, einen Sachverständigen mit einer fachmännischen Reparaturbestätigung beauftragt. Die berühmten „Fotos mit Tageszeitung“ sagen nämlich nichts über die Reparaturqualität aus. Aber genau darauf kommt es aber bei Folgeschäden an. Es ging in dem Verfahren um Kosten von 104,60 Euro (AG Braunschweig, Urteil vom 24.7.2013, Az. 114 C 469/13; Abruf-Nr. 132757).

     

    Weitere Entscheidungen in diesem Sinne stammen vom AG Esslingen (Urteil vom 28.8.2012, Az. 10 C 994/12; Abruf-Nr. 122754), vom AG Stuttgart-Bad Cannstatt (Urteil vom 29.5.2012, Az. 4 C 712/13; Abruf-Nr. 131905) sowie vom AG Heidenheim (Urteil vom 23.11.2012, Az. 8 C 1047/12; Abruf-Nr. 132891).

    Erst recht, wenn der Versicherer einen Nachweis anfordert

    Ganz aktuell hat auch das AG Kaufbeuren die Kosten für die Reparaturbestätigung zugesprochen. Da allerdings hatte der Versicherer ausdrücklich einen Nachweis über die Reparaturdauer angefordert, beispielsweise die Bestätigung einer Werkstatt oder eben die Werkstattrechnung.

     

    Weil aber der Geschädigte das Fahrzeug selbst repariert hatte, hat er den Weg über den Sachverständigen gewählt. Daraufhin hat der Versicherer eingewandt, der Geschädigte hätte anrufen und fragen sollen, ob nicht auch ein Foto reicht. Dass das ausreichen soll, hätte - so das AG - der Versicherer in seinem standardisierten Schreiben zum Ausdruck bringen müssen (AG Kaufbeuren, Urteil vom 2.12.2013, Az. 4 C 1175/13; Abruf-Nr. 133931; eingesandt von den Sachverständigen Schorer + Wolf, Kempten).

    Ein Thema nicht nur für „Schwarzreparierer“

    Werkstätten stehen der Fiktivabrechnung bekanntlich gespalten gegenüber, macht sie es doch möglich, außerhalb „offizieller Kanäle“ reparieren zu lassen. Aber es gibt immer wieder Fälle, bei denen Werkstätten involviert sind.

     

    Insbesondere im Flottenbereich wird gerne auf Gutachtenbasis abgerechnet und dann für einen niedrigeren Preis in einer Werkstatt - innerhalb oder außerhalb der Markenwelt - repariert. Auch das wird von manchen Werkstätten nicht geliebt, ist aber gelebte Realität. Dann stellen sich alle diese Fragen genauso.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Das neue Betrugswarnsystem der Versicherer startet am 1. April 2011“, UE 4/2011, Seite 13
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 13 | ID 42441280