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  • · Fachbeitrag · Reparaturkosten

    Reparatur eines werkstatteigenen Fahrzeugs ‒ ein Gesamtüberblick

    | Immer wieder gibt es Urteile zur Reparatur eines dem Autohaus oder der Kfz-Werkstatt selbst gehörenden Fahrzeugs, wenn es bei einem Unfall beschädigt wurde. Nahezu reflexartig stellt sich der jeweilige Versicherer auf den Standpunkt, aus den Reparaturkosten gemäß Schadengutachten sei der auf 15 oder 20 Prozent zu schätzende Unternehmergewinn herauszurechnen, denn am eigenen Schaden dürfe der Betrieb nichts verdienen. Das kann im Einzelfall richtig sein, meistens ist es das aber nicht. Der folgende Beitrag verschafft Ihnen einen Gesamtüberblick über das aktuelle Recht. |

    Haftpflichtfall: Erstattungspflicht bei Auslastung

    Der BGH hat 2013 seine Rechtsprechung aus dem Jahr 1979 bestätigt. Unverändert gilt: Wenn nach einem Haftpflichtschaden ein der Werkstatt gehörendes Fahrzeug in der eigenen Werkstatt repariert wird, besteht in der Regel Anspruch auf Erstattung des Marktpreises für die Reparatur (BGH, Urteil vom 19.11.2013, Az. VI ZR 363/12, Abruf-Nr. 140203).

     

    Etwas anderer Fall, aber gleiche Grundsätze

    Der 2013-er BGH-Fall war etwas anders gelagert. Es ging um eine Firma, die ihr gehörende Straßenabsperrungen, die beschädigt wurden, selbst repariert hat. Doch der BGH hat in diesem Zusammenhang generalisierend ‒ mit ausdrücklichem Bezug auf seine Rechtsprechung zur Reparatur unfallbeschädigter Fahrzeuge der Werkstatt ‒ erläutert:

     

    • Entscheidend ist: Was ist der Zweck der Werkstatt? Eine Ausnahme von der obigen Regel besteht, wenn die Werkstatt gerade den Zweck hat, ausschließlich eigene Fahrzeuge zu reparieren. Das gibt es ja bei großen Speditionen oder in anderen Großfuhrparks. Dann besteht nur Anspruch auf die tatsächlich entstehenden Kosten zzgl. eines Gemeinkostenanteils.

     

    • Wenn aber die Werkstatt ‒ wie es bei den meisten UE-Lesern aus der Werkstattwelt der Fall sein wird ‒ den Zweck hat, Kundenfahrzeuge zu reparieren und Gewinne zu erzielen, ist die Reparatur des eigenen Fahrzeugs eine überpflichtige Anstrengung. Denn währenddessen können die dadurch gebundenen Kapazitäten nicht zweckentsprechend eingesetzt werden. Dass auch in einer solchen Werkstatt von Zeit zu Zeit ganz untergeordnet an eigenen Fahrzeugen (Vorführwagen, Mobilitätsfahrzeuge etc.) gearbeitet wird, spielt keine Rolle.

     

    UPE-Aufschläge gehören auch dazu

    Wird das bei einem Haftpflichtschaden beschädigte der Werkstatt selbst gehörende Fahrzeug zu Zeiten guter Auslastung repariert, schuldet der Schädiger die Erstattung der Reparaturkosten so, als sei das ein Kundenfahrzeug. Daher muss er auch den UPE-Aufschlag auf die Ersatzteilpreise erstatten. Denn der wäre bei der Reparatur eines Kundenfahrzeugs ja ebenfalls erwirtschaftet worden (AG Amberg, Urteil vom 21.12.2015, Az. 2 C 838/15, Abruf-Nr. 146129; AG Ellwangen, Urteil vom 16.01.2014, Az. 2 C 195/12, Abruf-Nr. 140481).

     

    Immer nur netto

    Der Anspruch auf Reparaturkostenersatz besteht stets nur netto, denn die Eigenreparatur ist per se kein steuerbarer Vorgang. Wenn das eine Finanzbehörde anders sieht, ändert das nichts daran, dass der Betrieb zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, auch von daher nur einen Nettoanspruch hat.

     

    Auslastung ist Voraussetzung

    Der BGH hat aber auch klar gesagt, was schon früher das OLG Hamm herausgearbeitet hatte: Das gilt nur, wenn die Reparatur nicht in Leerlaufzeiten ausgeführt wird. Wäre also ohnehin keine gewinnerzielungsträchtige Arbeit vorhanden gewesen, fehlt es an der überpflichtigen Anstrengung.

     

    Wichtig | Die Werkstatt muss im Rahmen der sog. sekundären Vortragslast Angaben zu der Auslastung machen, weil der Versicherer dazu ja nichts wissen kann. Die Beweislast dafür, dass diese Angaben unzutreffend sein sollen, liegt aber beim Versicherer.

     

    Wie kann die Auslastung nachgewiesen werden?

    Die Mühe, zur Auslastung vorzutragen, kann der Werkstatt nicht abgenommen werden. Der holprige Weg ist es, alle Aufträge im maßgeblichen Reparaturzeitraum und dazu die Anwesenheiten und Verfügbarkeiten der Mitarbeiter herauszusuchen und diese gegenüberzustellen.

     

    Eine pfiffige Idee hatte die Klägerin in einem Verfahren vor dem AG Ingolstadt: Sie hat vorgerechnet, wie viele Arbeitswerte in der Abteilung Karosserie tatsächlich zur Verfügung stehen. Dazu hat sie die Zahl der Mitarbeiter und die Soll-Arbeitswerte vorgerechnet. Dabei müssen Abwesenheiten wegen Lehrgängen, Krankheit etc. berücksichtigt werden. Dem hat sie gegenübergestellt, wie viele Arbeitswerte im maßgeblichen Zeitraum abgerechnet wurden. Daraus resultierte eine Überstundensituation (AG Ingolstadt, Urteil vom 14.02.2017, Az. 11 C 2231/16, Abruf-Nr. 192122).

     

    Wichtig | Allerdings ist es u. E. logisch, dass die Arbeitswerte der Reparatur des werkstatteigenen Fahrzeugs nicht in die verkauften Werte einbezogen werden dürfen. Denn wenn nur dadurch die Auslastung erreicht wurde, wäre ja erst dadurch die Auslastungslücke geschlossen worden.

     

    Nach diesem Vorbild hat die Klägerin in einem anderen Rechtsstreit die zur Verfügung stehenden Arbeitsstunden den verkauften Arbeitsstunden gegenübergestellt. Dabei ergab sich eine Überstundensituation. Auch das hat dem Gericht genügt (AG Remscheid, Urteil vom 07.04.2017, Az. 27 C 61/16, Abruf-Nr. 193303).

     

    Sehr großzügig hat sich das AG Aschaffenburg gezeigt: Die Werkstatt müsse nur vortragen, sie sei ausreichend ausgelastet gewesen. Nähere Informationen müsse sie nur geben, wenn der Versicherer substantiiert vorträgt, warum das so nicht richtig sein soll (AG Aschaffenburg, Urteil vom 01.09.2015, Az. 126 C 2089/14, Abruf-Nr. 145551). Darauf zu bauen, ist aber mutig.

     

    130 Prozent-Reparatur

    Auch ein werkstatteigenes Fahrzeug kann innerhalb der 130-Prozent-Grenze repariert werden, wenn die geschädigte Werkstatt es anschließend behält (OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.05.2013, Az. 4 U 324/11, Abruf-Nr. 132551).

     

    Nutzungsausfallentschädigung

    Für die Frage, ob der Schädiger Nutzungsausfallentschädigung schuldet, ist zu klären: Verdient das Fahrzeug durch seine Transportleistung direkt Geld (z. B. Mietwagen, teilweise Mobilitätsfahrzeug, Abschleppfahrzeug) oder hilft es nur im Hintergrund beim Geldverdienen (z. B. Dienst- oder Vorführwagen)?

     

    • Wenn das Fahrzeug direkt Umsätze einfährt, muss der entgangene Gewinn beziffert werden.
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    • Hilft es aber nur im Hintergrund beim Geldverdienen und kann es nicht durch andere vorrätige zugelassene und nutzbare eigene Fahrzeuge ersetzt werden, schuldet der Schädiger auch Nutzungsausfallentschädigung (AG Remscheid, Urteil vom 07.04.2017, Az. 27 C 61/16, Abruf-Nr. 193303; AG München, Urteil vom 30.05.2018, Az. 333 C 24780/17, Abruf-Nr. 201605).

    Kaskoschaden: Es kommt auf den Vertrag an

    Bei Kaskoschäden kommt es darauf an, was Sie insoweit mit Ihrem Handel- und Handwerkversicherer vereinbart haben. Es gibt verschiedene Varianten.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Textbaustein 046: Unfallreparatur am werkstatteigenen Fahrzeug (H) → Abruf-Nr. 36353730
    Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 7 | ID 45432555