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  • 02.08.2016 · IWW-Abrufnummer 187637

    Landgericht Köln: 15 O 389/14 vom 16.04.2015 – 15 O 389/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Köln

    15 O 389/14

    Tenor:

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 463,63 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.10.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    1

    Tatbestand

    2

    Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls.

    3

    Der Kläger befuhr mit seinem Pkw Audi A4 am 00.00.00 gegen 16:00 Uhr in Gummersbach die Kölner Straße in Fahrtrichtung Gummersbach-Zentrum. Im Ortsteil Rebbelroth befand sich zum Unfallzeitpunkt eine Baustelle. Vor der dortigen Baustellenampel, die für den Kläger Rotlicht anzeigte, hielt der Kläger sein Fahrzeug an. Vor dem Kläger stand ein Herr X mit seinem Pkw Honda, der bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, als erstes Fahrzeug vor der Baustellenampel. Für den Kläger völlig unvermittelt legte Herr X plötzlich den Rückwärtsgang ein und setzte sein Fahrzeug zurück, um ein Baufahrzeug passieren zu lassen. Dabei kam es zur Kollision mit dem dadurch beschädigten klägerischen Fahrzeug. Die volle Eintrittspflicht der Beklagten für den am Fahrzeug des Klägers entstandenen Schaden ist zwischen den Parteien unstreitig.

    4

    Der Kläger ließ sein Fahrzeug in der Folge durch das Sachverständigenbüro Z begutachten. Das Sachverständigenbüro ermittelte Reparaturkosten in Höhe von netto 5070,29 EUR sowie eine Wertminderung i.H.v. 250,00 EUR. Eine Nutzungsentschädigung wurde mit 59,00 EUR pro Tag angegeben, für die Reparatur wurden 5-6 Arbeitstage angesetzt (vgl. zum Gutachten im Einzelnen Anlage K1). Für das Gutachten stellte das Sachverständigenbüro dem Kläger unter dem 24.07.2014 ein Betrag in Höhe von 748,43 EUR in Rechnung (vgl. zur Rechnung im Einzelnen Anlage K2). Das Gutachten ging dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 29.7.2014 zu.

    5

    Mit Schreiben vom 31.7.2014, welches der Beklagten am 4.8.2014 zuging, ließ der Kläger die Beklagte zum Ersatz eines vorläufigen Schadens Ersatzanspruches i.H.v. 6093,72 EUR unter Fristsetzung bis zum 4.8.2014 auffordern.

    6

    Die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs wurde nach sechs Tagen am 5.8.2014 abgeschlossen. Der Kläger ließ sich die Reparatur durch das Sachverständigenbüro schriftlich bestätigen, wofür ihm 95,20 EUR in Rechnung gestellt wurden.

    7

    Mit E-Mail vom 17.8.2014 forderte der Klägervertreter die Beklagte erneut unter Fristsetzung bis zum 28.8.2014 zum Schadensersatz sowie zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten auf, wobei er seine Schadensberechnung auf ein Betrag von 6896,92 EUR aktualisierte (vgl. Anlage K7). Mit weiterer E-Mail vom 25.8.2014 wies der Klägervertreter erneut auf die gesetzte Zahlungsfrist hin und korrigierte zugleich die Angabe der Kontonummer des Klägers. Er wies darauf hin, dass er nach Fristablauf mit der gerichtlichen Durchsetzung beauftragt sei.

    8

    Die Klage ist am 30.8.2014 bei Gericht eingegangen. Die Gerichtskosten waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingezahlt worden. Ebenfalls unter dem 30.8.2014 rechnete die Beklagte den Schadensfall gegenüber dem Klägervertreter schriftlich ab und teilte mit, dass sie insgesamt einen Betrag von 5975,00 EUR bereits überwiesen habe. Dabei machte die Beklagte Abzüge bezüglich der Reparaturkosten, in dem sie den Kläger in Anlehnung an ein Prüfgutachten der E Automobil GmbH auf günstigere Reparaturmöglichkeiten in freien Fachwerkstätten verwies. Das Fahrzeug des Klägers war zum Unfallzeitpunkt fast sechs Jahre alt und wurde mit einer einmaligen Ausnahme in Audi-Vertragswerkstätten gewartet. Die Beklagte machte ferner Abzüge beim Nutzungsausfall, indem sie dem Kläger eine Entschädigung i.H.v. 59,00 EUR für sechs Tage anstatt für geforderte zwölf Tage zusprach. Die Reparaturbestätigung des Sachverständigen ersetzte die Beklagte nicht. Die Kosten für das Ausgangsgutachten kürzte die Beklagte um 14,43 EUR auf 734,00 EUR (zur genauen Zusammensetzung des Betrages vgl. Anlage BLD1). Die Beträge gingen am 3.9.2014 beim Kläger ein.

    9

    Der Kläger hat zunächst beantragt,

    10

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6137,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6093,72 EUR für die Zeit vom 15.8.2014 bis 28.8.2014 sowie aus 6137,92 EUR seit dem 29.08.2014 zu zahlen;

    11

    2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 650,34 EUR zu zahlen.

    12

    Nachdem die Beklagte im Rahmen ihrer Klageerwiderung im Hinblick auf die bereits erfolgte Regulierung den Einwand der Erfüllung erhoben hat, hat der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen. Er ist weiter der Ansicht, dass ihm voller Ersatz bezüglich der zunächst geltend gemachten Schäden zustehe.

    13

    Der Kläger beantragt nunmehr,

    14

    1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6137,92 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 6093,72 EUR für die Zeit vom 15.8.2014 bis 28.8.2014 sowie aus 6137,92 EUR seit dem 29.8.2014 abzüglich am 3.9.2014 gezahlter 4644,56 EUR zu zahlen;

    15

    2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 650,34 EUR abzüglich am 3.9.2014 gezahlter 571,44 EUR zu zahlen;

    16

    3. der Beklagten die Kosten bezüglich des zurückgenommenen Teils der Klage aufzuerlegen.

    17

    Die Beklagte beantragt,

    18

    1. die Klage abzuweisen;

    19

    2. dem Kläger die Kosten bezüglich des zurückgenommenen Teils der Klage aufzuerlegen.

    20

    Sie ist der Ansicht, Ansprüche des Klägers bereits vollständig erfüllt zu haben. Dies habe sie innerhalb einer angemessenen Prüfungsfrist getan.

    21

    Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf den weiteren Akteninhalt.

    22

    Entscheidungsgründe

    23

    Die Klage ist teilweise begründet.

    24

    I. Der Kläger hat gegen die Beklagte nach der erfolgten Regulierung noch einen Schadensersatzanspruch aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG in Höhe von 463,63 EUR. Im Übrigen ist der Schadensersatzanspruch des Klägers durch die bereits erfolgten Zahlungen der Beklagten nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen.

    25

    1. Die Reparaturkosten sind durch die Beklagte bereits vollständig reguliert worden. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht auf die Möglichkeit verwiesen, das Fahrzeug in einer freien Fachwerkstatt reparieren zu lassen. Dies vor dem Hintergrund, dass das klägerische Fahrzeug bereits deutlich über drei Jahre alt ist und der Kläger es auch nicht durchgängig hat in Audi-Vertragswerkstätten warten lassen. Die Beklagte hat unter Vorlage eines Prüfgutachtens der E Automobil GmbH substantiiert vorgetragen, dass es sich um eine gleichwertige Reparaturmöglichkeit im Sinne der Rechtsprechung handelt. Der Kläger hat dies lediglich pauschal und somit in nicht erheblicher Weise bestritten, so dass diesbezüglich dem vom Kläger angebotenen Beweisangebot in Form der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nachzugehen war.

    26

    2. Der Kläger hat Anspruch auf eine weitere Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 354,00 EUR. Das Fahrzeug stand ihm zwölf Tage lang nicht zur Verfügung, wobei diesbezüglich sechs Tage auf die Reparatur und weitere sechs Tage auf die Schadensermittlung entfielen. Dies hat der Kläger auch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nachvollziehbar geschildert. Der Tagessatz von 59,00 EUR ist für das Fahrzeug angemessen und zwischen den Parteien nicht im Streit.

    27

    3. Der Kläger hat ferner Anspruch auf Ersatz von Kosten für das Sachverständigengutachten in Höhe von weiteren 14,43 EUR. Der Kläger nachvollziehbar dargelegt, dass die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten und von der Beklagten bemängelten Fahrtkosten angefallen sind. Eine Überhöhung der Rechnung ist insgesamt nicht erkennbar. Insbesondere liegen die weiter monierten Auslagen i.H.v. 17,20 EUR auch unter Berücksichtigung der weiter geltend gemachten Porto-, Schreib- und Telefonkosten i.H.v. 6,90 EUR im nach Schätzung gemäß § 287 ZPO angemessenen Bereich.

    28

    4. Der Ersatzanspruch des Klägers umfasst auch die angefallenen Kosten i.H.v. 95,20 EUR für eine vom Sachverständigenbüro angefertigte Reparaturbestätigung. Die Kosten sind schon deshalb dem Grunde nach erforderlich im Sinne des §§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB, weil für den Kläger die Gefahr besteht, dass er im Falle eines nochmaligen Unfalles mit der Behauptung konfrontiert werden kann, dass der Vorschaden nicht oder nicht hinreichend repariert worden sei. Gerichtsbekannter Weise wird diese Behauptung von der Versicherungswirtschaft jedenfalls seit Einführung des sogenannten Hinweis- und Informationssystems, mit welchem Unfalldaten teilweise zum Abruf für Versicherungsunternehmen bereitgehalten werden, in Fällen fiktiver Abrechnung eines Vorschadens derart regelmäßig erhoben, dass die Gefährdung bereits als schadensgleich anzusehen ist (vgl. hierzu auch AG Ansbach, Urt. v. 22.10.2014 – 3 C 817/14).

    29

    II. Ein Anspruch des Klägers bezüglich der begehrten Zinsen ergibt sich, soweit die Klageforderung begründet ist, aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte war trotz der Aufforderungsschreiben des Klägers mit der Regulierung nicht in Verzug im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB, weil der Beklagten bezüglich der Regulierung eine Prüfungsfrist einzuräumen war (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Auflage 2015, § 286 Rn. 35 mwN). Diese betrug mindestens einen Monat (vgl. OLG, Urt. v. 31.01.2012 – I-24 W 69/11) und war bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen. Der darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat nicht den Nachweis erbracht, dass sein Schreiben vom 30.7.2014, in welchem der Klägervertreter sich noch die Geltendmachung eines höheren Schadens vorbehalten hatte, der Beklagten vor dem 4.8.2014 zugegangen ist. Im Hinblick darauf sind die am 3.9.2014 eingegangenen Zahlungen der Beklagten innerhalb angemessener Frist erfolgt.

    30

    III. Der Anspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist bereits vollständig erloschen, weil die Beklagte die Rechtsanwaltsgebühren zutreffender Weise nur nach einem Streitwert von bis zu 6000,- EUR ersetzt hat.

    31

    IV. Der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 09.04.2015 begründet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

    32

    V. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 analog, 269 Abs. 3 S. 3, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Dabei waren die Kosten des Verfahrens vollständig dem Kläger aufzuerlegen. Dies beruht zunächst auf der Ausübung billigen Ermessens im Rahmen des §§ 269 Abs. 3 S. 3 ZPO. Denn hierbei war der Grundgedanke des §§ 93 ZPO zu berücksichtigen (vgl. hierzu Greger in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, § 93 Rn. 2). Die Beklagte hatte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben. Sie hat die Regulierung zu keinem Zeitpunkt abgelehnt und ungeachtet der ihr gesetzten Fristsetzung stand ihr als Versicherungsgesellschaft eine Prüfungs- und Regulierungsfrist von mindestens einem Monat zu, welche vorliegend noch nicht abgelaufen war (s.o.). Der Kläger hätte zur weiteren Kostenvermeidung sodann die Klage auch bereits vor Rechtshängigkeit teilweise zurücknehmen können, weil die Klage mangels Einzahlung des Vorschusses noch nicht zugestellt worden war, was zu einer weiteren Kostenreduzierung geführt hätte. Die vollständige Kostenauferlegung trotz geringfügigem Obsiegen beruht sodann auf analoger Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

    33

    Streitwert: Bis zum 22.12.2014 (Eingang Klagerücknahme): 6.137,92 EUR;

    34

    sodann: 1.493,36 EUR

    35

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    36

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    37

    a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

    38

    b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.

    39

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    40

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.

    41

    Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    42

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    RechtsgebieteStVG, VVG, BGBVorschriften§ 7 Abs. 1 StVG; § 115 Abs.1 VVG; § 249 Abs. 2 S. 1 BGB; § 362 Abs. 1 BGB