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· Fachbeitrag · Steuerabzug

Privater Sicherheitsdienst für Seniorin: Kosten können außergewöhnliche Belastungen sein

| Die Kosten für einen privaten Sicherheitsdienst sind außergewöhnlichen Belastungen, wenn sie notwendig und angemessen waren, um eine Gefahr für Leib und Leben der zubewachenden Person abzuwenden ( FG Münster 11.12.17, 13 K 1045/15 E, Abruf-Nr. 199993 ). |

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte eine erwachsene und sich als Ärztin ausgebende Frau als Tochter adoptiert. Sie erteilte ihr General- und Vorsorgevollmacht und setzte sie als Erbin ein. Die Klägerin wurde von ihrer Adoptivtochter mit Medikamenten „sediert“ und in einen körperlichen Dämmerzustand versetzt. Dieser wurde nur durch andere Medikamente aufgehoben, wenn die Klägerin wichtige Termine wahrnehmen musste, wie den Notartermin, in dem die Adoptivtochter als Erbin eingesetzt wurde. Der Klägerin gelang es jedoch sich zu befreien. Sie widerrief die Vollmachten und die Erbeinsetzung und zog in eine Seniorenresidenz. Ihre Adoptivtochter und von dieser beauftragte Personen versuchten mehrfach, die Klägerin dort aufzusuchen. Deshalb beauftragte sie einen privaten Sicherheitsdienst, der sie 24 Stunden am Tag bewachte. In ihrer Steuererklärung machte die Klägerin diese Kosten als außergewöhnliche Belastungen gelten. Das Finanzamt lehnte dies ab.

 

Entscheidungsgründe

Das FG gab der Klage gegen den ablehnenden Bescheid des Finanzamts statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sah das FG eine Bedrohungslage der Klägerin als erwiesen an. Die Kosten für den privaten Sicherheitsdienst sind der Klägerin damit aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Sie war aufgrund des Verhaltens ihrer Adoptivtochter einer schweren gesundheitlichen Bedrohung ausgesetzt gewesen und in ihrer persönlichen Freiheit unzumutbar eingeschränkt worden. Auch die Gefahr einer Entführung und damit einer Wiederholung der körperlichen Übergriffe stand im Raum. Deshalb war die Klägerin gezwungen, sich vor weiteren möglichen Angriffen gegen Leib und Leben zu schützen. Da die Seniorenresidenz keine geschlossene Anlage war und für jedermann frei zugänglich, waren die Kosten für den Sicherheitsdienst nach den Gegebenheiten notwendig und angemessen.

 

Relevanz für die Praxis

Der Fall des FG Münster zeigt, dass es sich oft lohnen kann gegen ablehnende Entscheidungen der Finanzbehörden gerichtlich vorzugehen. Gerade wenn sich wie hier nach dem gesunden Menschenverstand eine andere Beurteilung geradezu aufdrängt. Die Einspruchsfrist gegen einen Bescheid des Finanzamts beträgt einen Monat nach Bekanntgabe.

 

Weiterführender Hinweis

  • Zu Pflegeheimkosten: Fiskus darf nicht immer Haushaltsersparnis abziehen, SR 17, 171
Quelle: Ausgabe 04 / 2018 | Seite 62 | ID 45146618