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· Fachbeitrag · Mandanten fragen

Welche Gefahren birgt eine Betriebsaufspaltung? (Teil 1)

von StB Christoph Wenhardt, Brühl

| Der Senior S, der an seine GmbH ein Grundstück vermieten will, stellt an Sie als Rechtsanwalt die folgenden Fragen: |

 

Frage: Was versteht man unter einer Betriebsaufspaltung?

 

Antwort: Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn ein Unternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage an eine gewerblich tätige Personen- oder Kapitalgesellschaft zur Nutzung überlässt ‒ dies wird als sachliche Verflechtung bezeichnet ‒ und eine Person oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen ‒ dies wird als personelle Verflechtung bezeichnet.

 

  • Beispiel

Senior S ist Alleingesellschafter an der S-GmbH. S erwirbt ein Grundstück, welches er der S-GmbH zur Nutzung überlässt. Hierbei stellt das Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage dar.

 

Lösung

Es liegt eine Betriebsaufspaltung vor. Zu beachten ist, dass das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung nicht gesetzlich geregelt ist. Vielmehr ist es durch die Rechtsprechung entwickelt worden.

 

Zur Betriebsaufspaltung siehe auch die R 15.7 EStR 2012 und H 15.7 EStH 2019 mit den darin aufgeführten BFH-Urteilen.

 

Frage: Welche Folgen ergeben sich durch die Betriebsaufspaltung?

 

Antwort: Wäre im obigen Beispiel keine Betriebsaufspaltung anzunehmen, würde A mit dem an die GmbH überlassenen Grundstück Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) erzielen. Bei der Veräußerung des Grundstücks würde es zu einem privaten Veräußerungsgeschäft (§ 23 EStG) kommen, sofern zwischen der Anschaffung und Veräußerung der Zehnjahreszeitraum des § 23 EStG noch nicht überschritten wäre.

 

MERKE | Liegen die Voraussetzungen einer personellen und sachlichen Verflechtung vor b‒ und liegt dementsprechend eine Betriebsaufspaltung vor ‒, so ist die Vermietung oder Verpachtung keine Vermögensverwaltung mehr, sondern eine gewerbliche Vermietung oder Verpachtung. Das Besitzunternehmen ist Gewerbebetrieb.

 

Hieraus ergeben sich insbesondere folgende steuerliche Konsequenzen:

 

  • a) Das Besitzunternehmen unterliegt nun der Gewerbesteuer.
  •  
  • PRAXISTIPP | Hier sieht aber § 35 EStG eine Gewerbesteuer-Anrechnung bei der Einkommensteuer vor.

     
  • b) Die überlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen unterliegen nun ohne zeitliche Begrenzung der Steuerverhaftung.

 

  • c) Die Anteile an der GmbH gehören zum notwendigen Betriebsvermögen des Besitzunternehmens.

 

Frage: Was versteht man unter einer wesentlichen Betriebsgrundlage?

 

Antwort: Voraussetzung für eine Betriebsaufspaltung ist u. a. auch, dass eine wesentliche Betriebsgrundlage überlassen werden muss.

 

Hierbei gelten die folgenden Grundsätze:

 

  • a) Wesentliche Grundlagen eines Betriebs sind insbesondere Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung bei dem Betriebsunternehmen haben.
  •  
  • Als wesentliche Betriebsgrundlagen kommen z. B. die folgenden Wirtschaftsgüter in Betracht:
    • immaterielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Erfindungen, sofern die Produktion des Betriebsunternehmens in erheblichem Umfang auf ihnen basiert;
    • unbebaute Grundstücke, wenn sie von der Betriebsgesellschaft für ihre besonderen Bedürfnisse hergerichtet worden sind;
    • Büro und Verwaltungsgebäude. Jedenfalls ist dies dann der Fall, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit des Betriebsunternehmens bildet;
    • regelmäßig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung gehören Grundstücke, die der Fabrikation dienen.

 

  • b) Die sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung liegen auch dann vor, wenn das überlassene Wirtschaftsgut bei dem Betriebsunternehmen nur eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellt.

 

  • c) Zu beachten ist, dass stille Reserven allein nicht reichen.
  •  
  • MERKE | Ein Wirtschaftsgut ist nicht allein deshalb als wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer Betriebsaufspaltung anzusehen, weil in ihm erhebliche stille Reserven ruhen.

     
  • d) Ein Grundstück ist nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für das Betriebsunternehmen lediglich von geringer wirtschaftlicher Bedeutung ist.
  •  
  • PRAXISTIPP | Dies hat dann zur Folge, dass keine Betriebsaufspaltung vorliegt.

     

Frage: Was ist, wenn die überlassene wesentliche Betriebsgrundlage nicht im Eigentum des Besitzunternehmers steht?

 

Antwort: Eine sachliche Verflechtung ist im Falle einer echten Betriebsaufspaltung auch dann gegeben, wenn die verpachteten wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht im Eigentum des Besitzunternehmers stehen.

 

Frage: Kann eine Betriebsaufspaltung auch zwischen einem Besitzunternehmen und mehreren Betriebskapitalgesellschaften bestehen?

 

Antwort: Verpachtet das Besitzunternehmen wesentliche Betriebsgrundlagen an zwei Betriebskapitalgesellschaften und besteht zwischen diesen Gesellschaften und dem Besitzunternehmen eine personelle Verflechtung, dann kommt es ebenfalls zur Betriebsaufspaltung.

 

Frage: Wodurch kann eine Betriebsaufspaltung enden?

 

Antwort: Zur Beendigung der Betriebsaufspaltung kommt es, wenn die sachliche oder personelle Verflechtung nicht mehr gegeben ist. Dies kann gewollt sein oder auch ungewollt. Besonders gefährlich ist es, wenn die Betriebsaufspaltung ungewollt endet.

 

Dies kann z. B. in den folgenden Szenarien der Fall sein:

 

  • a) Es entfällt die personelle Verflechtung durch Erbfall oder auch durch den Übergang der GmbH-Anteile im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
  •  
    • Beispiel

    Der Senior S hat ein Grundstück (wesentliche Betriebsgrundlage) an die S- GmbH verpachtet, an der er Alleingesellschafter ist. S verstirbt. Aufgrund seines Testaments ‒ welches er ohne fachkundige Beratung errichtet hat ‒ erbt die volljährige Tochter das Grundstück und die Ehefrau den GmbH-Anteil.

     

    Lösung

    Mit dem Erbfall entfällt die personelle Verflechtung. Dies hat zur Folge, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung nicht mehr gegeben sind. Infolgedessen endet die Betriebsaufspaltung.

     
  • b) Die wesentliche Betriebsgrundlage wird nicht mehr an die Betriebsgesellschaft verpachtet.

 

  • c) Sämtliche vom Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft verpachteten Wirtschaftsgüter werden veräußert.

 

  • d) Insolvenz der Betriebsgesellschaft.

 

Frage: Welche Konsequenzen ergeben sich durch das Ende einer Betriebsaufspaltung?

 

Antwort: Die Beendigung der Betriebsaufspaltung führt regelmäßig zur Betriebsaufgabe des Besitzunternehmens und damit zur Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens enthaltenen stillen Reserven. Hierunter fallen sowohl die GmbH-Anteile als auch die Wirtschaftsgüter, die überlassen werden.

 

Das bisherige Betriebsvermögen wird, soweit es sich noch im Eigentum des Besitzunternehmers befindet, aus rechtlichen Gründen zu Privatvermögen.

 

Wird es weiterhin einem Dritten zur entgeltlichen Nutzung überlassen, erzielt der Eigentümer hieraus fortan Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG).

 

PRAXISTIPP | Bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gewährt § 16 Abs. 4 EStG für den Aufgabegewinn einen abschmelzenden Freibetrag in Höhe von 45.000 EUR sowie einen begünstigten Steuersatz (§ 34 Abs. 1 und 3 EStG). Dies gilt aber nicht für den auf die GmbH-Anteile entfallenden Aufgabe-/Veräußerungsgewinn. Für diesen kommt das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40b EStG, § 3c Abs. 2 EStG; § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) zur Anwendung.

 

 

Quelle: Ausgabe 05 / 2021 | Seite 82 | ID 47331460