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· Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

Überblick über die Systematik, Abzugs- und Freibeträge (Teil 2)

von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de

| Im zweiten Teil dieses Beitrags erfahren Sie mehr zur Besteuerung nach Steuerklassen, zu weiteren Freibeträgen sowie zur konkreten Höhe der Erbschaftsteuer. |

3. Die Besteuerung ‒ Steuerklasse und weitere Freibeträge

Nach Ermittlung des Werts der Bereicherung sind noch weitere persönliche Freibeträge abzuziehen. Diese Freibeträge richten sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erben und Verstorbenen.

 

a) Persönliche Freibeträge

Dem Erben steht gemäß § 16 ErbStG ein persönlicher Freibetrag zu. Dieser reduziert den Wert der Bereicherung und damit die Höhe der Erbschaftsteuer.

 

Der Freibetrag ist dabei abhängig von der Steuerklasse des Erben. Er beträgt:

 

Personengruppe

Steuerklasse (§ 15 ErbStG)

Freibetrag (§ 16 ErbStG)

Ehegatte / eingetragener Lebenspartner

I

500.000 EUR

Kinder und Stiefkinder, bzw. deren Kinder, falls erstere bereits verstorben sind

I

400.000 EUR

Enkel

I

200.000 EUR

Eltern, Großeltern, Urenkel und deren Abkömmlinge

I

100.000 EUR

Nichten und Neffen, Geschwister, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedener Ehegatte

II

20.000 EUR

Alle weiteren Personen, z. B. Freunde und nicht eingetragener Lebenspartner

III

20.000 EUR

 

b) Besonderer Versorgungsfreibetrag

Oft in Vergessenheit gerät, dass neben dem persönlichen Freibetrag noch ein sog. Versorgungsfreibetrag gewährt werden kann (§ 17 ErbStG).

 

Dieser steht Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern sowie eigenen Kindern und Stiefkindern (bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres) zu:

 

Personengruppe

Versorgungsfreibetrag (§ 17)

Ehegatte / eingetragener Lebenspartner

256.000 EUR

Kinder / Stiefkinder im Alter bis zu 5 Jahren

52.000 EUR

Kinder / Stiefkinder im Alter von mehr als 5 bis zu 10 Jahren

41.000 EUR

Kinder / Stiefkinder im Alter von mehr als 10 bis zu 15 Jahren

30.700 EUR

Kinder / Stiefkinder im Alter von mehr als 15 bis zu 20 Jahren

20.500 EUR

Kinder / Stiefkinder im Alter von mehr als 20 bis zu 27 Jahren

10.300 EUR

 

Wichtig | Stehen dem Ehegatten / Lebenspartner / Kind oder Stiefkind aus Anlass des Todes nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge zu (z. B. Witwen- und Waisenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung), wird der Freibetrag um den Kapitalwert der Versorgungsbezüge gekürzt.

 

Bei Ehegatten und Lebenspartnern wird der Kapitalwert nach § 14 Abs. 1 BewG und bei Kindern und Stiefkindern nach § 13 Abs. 1 BewG ermittelt.

 

  • Beispiel

Senior Bernd verstirbt und hinterlässt seiner 80-jährigen Ehefrau Marie umfangreiches Vermögen. Daneben steht ihr eine nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Witwenrente in Höhe von monatlich 1.200 EUR zu.

 

Lösung: Neben dem persönlichen Freibetrag von 500.000 EUR kann Marie den Versorgungsfreibetrag von 256.000 EUR beanspruchen. Dieser wird aber um den Kapitalwert der Witwenrente reduziert.

 

Da der Jahresbetrag der Rente 14.400 EUR beträgt und sich für Marie mit einem Alter von 80 Jahren im Sterbejahr 2021 ein Vervielfältiger von 7,484 ergibt (BMF 28.10.20, IV C 7, S 3104/19/10001:005), beträgt der Kürzungsbetrag 107.769 EUR (14.400 x 7,484).

 

Damit steht Marie noch immer ein zusätzlicher Freibetrag von 148.231 EUR zu.

 

4. Höhe der Erbschaftsteuer

Nach Anwendung von Steuerbefreiungen, Abzug der Nachlassverbindlichkeiten und persönlichen Freibeträgen verbleibt der steuerpflichtige Erwerb im Sinne des § 10 ErbStG. Dieser ist auf volle 100 EUR abzurunden.

 

Auf den verbleibenden Betrag wird der persönliche Steuersatz angewandt. Dieser beträgt in Abhängigkeit von der Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs und der jeweiligen Steuerklasse:

 

Wert des stpfl. Erwerbs bis einschließlich

Steuersatz in der Steuerklasse (§ 19 Abs. 1 ErbStG)

I

II

III

75.000 EUR

7 Prozent

15 Prozent

30 Prozent

300.000 EUR

11 Prozent

20 Prozent

30 Prozent

600.000 EUR

15 Prozent

25 Prozent

30 Prozent

6.000.000 EUR

19 Prozent

30 Prozent

30 Prozent

13.000.000 EUR

23 Prozent

35 Prozent

50 Prozent

26.000.000 EUR

27 Prozent

40 Prozent

50 Prozent

Über 26.000.000 EUR

30 Prozent

43 Prozent

50 Prozent

 
  • Beispiel

Erbin Lena gehört der Steuerklasse I an. Der Wert des auf sie entfallenden steuerpflichtigen Erwerbs beträgt 300.000 EUR.

 

Lösung: Der Steuersatz von Lena beträgt 11 Prozent und die Erbschaftsteuer 33.000 EUR.

 

PRAXISTIPP | Wird die Wertgrenze für einen höheren Steuersatz nur gerade so erreicht, findet theoretisch eine übermäßige Besteuerung statt. Würde im Beispiel der steuerpflichtige Erwerb um 5.000 EUR steigen (auf 305.000 EUR), würde sich die Erbschaftsteuer um 12.750 EUR auf 45.750 EUR erhöhen. Aus diesem Grund findet ein Härteausgleich statt. Der Unterschied zwischen der Steuer, die sich bei Anwendung des regulären Steuersatzes ergäbe, und der Steuer, die sich berechnen würde, wenn der Erwerb die letztvorhergehende Wertgrenze nicht überstiegen hätte, wird nur insoweit erhoben, als er

a) bei einem Steuersatz bis zu 30 Prozent aus der Hälfte,

b) bei einem Steuersatz über 30 Prozent aus drei Vierteln,

des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.

 

 

Bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 305.000 EUR würde die Erbschaftsteuer deshalb 35.500 EUR und nicht 45.750 EUR betragen:

 

Reguläre Steuer (15 Prozent von 305.000 EUR)

45.750 EUR

45.750 EUR

Steuer letzte Stufe (11 Prozent von 300.000 EUR)

33.000 EUR

Unterschiedsbetrag

12.750 EUR

Davon werden nur erhoben (50 Prozent von 5.000 EUR)

 

2.500 EUR

Abzug Härteausgleich

10.250 EUR

10.250 EUR

Erbschaftsteuer nach Härteausgleich

35.500 EUR

 

PRAXISTIPP | Die Finanzverwaltung hat in H E 19 ErbStH zur Anwendung der Härteausgleichsregelung nach § 19 Abs. 3 ErbStG eine Tabelle mit Grenzwerten veröffentlicht, bis zu denen sich bei den jeweiligen Wertgrenzen die Härteausgleichsregelung auswirkt.

 

5. Fazit und Summe der Freibeträge

Senioren sollten die erbschaftsteuerlichen Freibeträge ebenso wie pauschale Abzugsbeträge kennen. Nur so lässt sich das Erbe optimal verteilen und die Steuerbelastung weitestgehend reduzieren.

 

Insbesondere sollte im Blick behalten werden, dass die weitgehend bekannten Freibeträge bei Weitem nicht sämtliche Abzüge sind. Ehegatten und eingetragene Lebenspartner profitieren nach Abzug des Zugewinnausgleichs und dem in voller Höhe nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG steuerfreien Familienheim regelmäßig von folgenden Frei- und Abzugsbeträgen:

 

Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG):

500.000 EUR

Versorgungsfreibetrag (§ 17 Abs. 1 ErbStG):

256.000 EUR

Steuerfreier Hausrat (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 a) ErbStG):

41.000 EUR

Steuerfreie bewegliche Gegenstände (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 b) ErbStG):

12.000 EUR

Pauschale für Bestattungskosten usw. (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG):

10.300 EUR

Summe:

819.300 EUR

 

 

Quelle: Ausgabe 04 / 2022 | Seite 66 | ID 48096115