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· Fachbeitrag · Mandanten fragen

Übertragungen von Mietwohngrundstücken: Diese steuerlichen Vergünstigungen gibt es

von StB Christoph Wenhardt, Brühl

| Der vermögende Senior S möchte von Ihnen als Rechtsanwalt wissen, ob er ein Mietwohngrundstück mit steuerlichen Vorteile verschenken kann. |

1. Vorteil der Schenkung eines Mietwohngrundstücks

Nach § 13d Abs. 1 ErbStG gibt es einen Verschonungsabschlag. Er beträgt 10 Prozent des Werts des Grundstücks. Ein Antrag ist nicht erforderlich, der Verschonungsabschlag wird vom Finanzamt von Amts wegen gewährt.

 

  • Beispiel

Der Großvater G schenkt seiner Lieblingsenkelin E ein vermietetes Mehrparteienhaus. Der steuerliche Wert dieses Mietwohngrundstücks beträgt 720.000 EUR.

 

Lösung: Es liegt eine Grundstücksschenkung vor. Diese unterliegt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Das Grundstück geht aber nicht mit dem Grundstückswert (720.000 EUR) in die Besteuerung ein; vielmehr wird gem. § 13d Abs. 1 ErbStG noch ein Verschonungsabschlag in Höhe von 10 Prozent abgezogen (zu den entsprechenden Voraussetzungen siehe Punkt 2.).

 

Berechnung Verschonungsabschlags und der Bereicherung:

Grundstückswert

720.000 EUR

abzüglich Verschonungsabschlag 10 % von 720.000 EUR

./. 72.000 EUR

Bereicherung

648.000 EUR

 

Die Berechnung der Schenkungsteuer für E ist wie folgt durchzuführen:

Bereicherung

648.000 EUR

Persönlicher Freibetrag

./. 200.000 EUR

Steuerpflichtiger Erwerb

448.000 EUR

 

Nun ist der Steuersatz festzustellen. Er beträgt in Steuerklasse I bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 448.000 EUR = 15 Prozent (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Daraus ergibt sich eine schenkungsteuerliche Belastung für E von 67.200 EUR.

2. Voraussetzungen: Grundstücke, Erwerb, Nutzung

Erfasst sind vermietete bebaute Grundstücke. Dies können sein: Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Wohnungseigentum oder entsprechende Grundstücksteile anderer Grundstücksarten. Begünstigtes Vermögen sind sie (vgl. auch R E 13c Abs. 1 ErbStR 2011), wenn

 

  • sie zu Wohnzwecken vermietet werden,
  • im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind und
  • nicht zum begünstigten Betriebsvermögen oder begünstigten Vermögen eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13a ErbStG gehören.

 

Der Verschonungsabschlag wird sowohl bei Schenkungen unter Lebenden wie auch bei Erwerben von Todes wegen gewährt. Auch wenn das Grundstück mittelbar geschenkt wurde, greift die Steuerbefreiung des § 13d ErbStG.

 

  • Der Befreiungsabschlag ist nach den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt nur auf den Teil des Grundbesitzwerts zu gewähren, der auf den zu Wohnzwecken vermieteten Teil des Gebäudes entfällt.

 

  • Befinden sich daneben noch andere Teile, die z. B. zu eigenen Wohnzwecken oder zu gewerblichen, freiberuflichen oder zu öffentlichen Zwecken genutzt werden, sind diese nicht begünstigt.

 

  • Wird die vermietete Wohnung auch zu anderen als zu Wohnzwecken genutzt, ist dies unschädlich, sofern die anderweitige Nutzung eine nur untergeordnete Bedeutung hat.

 

  • Beispiel

Ein Mietwohngrundstück wird lebzeitig vom Vater auf den Sohn übertragen. Der Mieter nutzt einen Raum als Arbeitszimmer.

 

Lösung: Die Nutzung eines Raumes als Arbeitszimmer hat keinen schädlichen Einfluss auf den Verschonungsabschlag.

 

3. Sonstige Hinweise

Muss der Beschenkte auch Schulden mit übernehmen, führt die Anwendung des Verschonungsabschlags auch zu einer Schuldenkürzung (§ 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG).

 

  • Beispiel: Schulden

Vater V schenkt Tochter T ein vermietetes Mehrparteienhaus. Dessen steuerlicher Wert beträgt 810.000 EUR. Es wird aber auch vereinbart, dass T die darauf lastenden Verbindlichkeiten von 54.000 EUR mit übernehmen muss.

 

Lösung: Es liegt eine Grundstücksschenkung vor. Diese unterliegt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Um die Bereicherung zu ermitteln, ist das Grundstück mit dem Steuerwert anzusetzen, von dem der Verschonungsabschlag abgezogen wird.

 

Darüber hinaus sind aber auch die Schulden abzuziehen, diese aber gekürzt um 10 Prozent. Damit ergeben sich die folgenden Berechnungen:

 

Berechnung des Verschonungsabschlags und des Grundstücksansatzes:

Grundstückswert

810.000 EUR

abzüglich Verschonungsabschlag 10 % von 810.000 EUR

./. 81.000 EUR

Grundstücksansatz

729.000 EUR

 

Berechnung des Schuldenansatzes:

Schulden

54.000 EUR

Kürzung 10 % von 54.000 EUR

./. 5.400 EUR

Verminderter Ansatz

48.600 EUR

 

Die Berechnung der Schenkungsteuer für T ist wie folgt durchzuführen:

Grundstücksansatz

729.000 EUR

Verminderter Ansatz Schulden

./. 48.600 EUR

Bereicherung

680.400 EUR

Persönlicher Freibetrag

./. 400.000 EUR

Steuerpflichtiger Erwerb

280.400 EUR

 

Nun ist der Steuersatz festzustellen. Dieser beträgt in der Steuerklasse I bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 280.400 EUR = 11 Prozent (siehe § 19 Abs. 1 ErbStG). Daraus ergibt sich nun eine schenkungsteuerliche Belastung für T von 30.844 EUR.

 

b) Behaltenspflicht

Es ist keine Behaltenspflicht für den Verschonungsabschlag vorgesehen. Wird das Mietwohngrundstück also wieder veräußert, bleibt der Verschonungsabschlag erhalten. Gleiches gilt auch für die Schenkung oder beim Erwerb von Todes wegen. Hier kann dann auch der nachfolgende Erwerber den Verschonungsabschlag erneut in Anspruch nehmen.

 

  • Beispiel: Schnelle Wiederveräußerung (keine Behaltenspflicht)

Die Mutter M wendet ihrem Sohn S ein Mietwohngrundstück zu (Steuerwert 1.322.000 EUR). Kurze Zeit später verstirbt S und wird von seiner Ehefrau EF beerbt (durch testamentarische Erbfolge). Die Ehegatten haben im Güterstand der Gütertrennung gelebt. Im Nachlass befindet sich nur das Grundstück. Dessen Steuerwert beträgt unverändert 1.322.000 EUR. Die Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG soll hier aus Vereinfachungsgründen unberücksichtigt bleiben.

 

aa) Schenkung an den Sohn

Es liegt eine Grundstücksschenkung von der Mutter an den Sohn vor. Diese unterliegt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Zur Ermittlung der Bereicherung ist das Grundstück mit dem Steuerwert anzusetzen, von dem der Verschonungsabschlag abgezogen wird. Damit ergibt sich die folgende Berechnung:

 

Berechnung des Verschonungsabschlag und des Grundstücksansatzes:

Grundstückswert

1.322.000 EUR

abzüglich Verschonungsabschlag 10 % von 1.322.000 EUR

./. 132.200 EUR

Grundstücksansatz

1.189.800 EUR

 

Die Berechnung der Schenkungsteuer für S ist wie folgt durchzuführen:

Grundstücksansatz = Bereicherung

1.189.800 EUR

Persönlicher Freibetrag

./. 400.000 EUR

Steuerpflichtiger Erwerb

789.800 EUR

 

Nunmehr ist der Steuersatz festzustellen. Dieser beträgt in der Steuerklasse I bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 789.800 EUR = 19 Prozent (siehe § 19 Abs. 1 ErbStG). Daraus ergibt sich nun eine schenkungsteuerliche Belastung für S in Höhe von 150.062 EUR.

 

bb) Erbfall an die Ehefrau des S

Für die Ehefrau liegt ein Erwerb von Todes wegen vor (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Zur Ermittlung der Bereicherung ist das Grundstück mit dem Steuerwert anzusetzen, von dem der Verschonungsabschlag abzuziehen ist. Da sich der Steuerwert des Grundstücks nicht verändert hat, ergibt sich auch hier ein Grundstücksansatz (nach Verschonungsabschlag) von 1.189.800 EUR.

 

Die Berechnung der Schenkungsteuer für S ist wie folgt durchzuführen:

Grundstücksansatz = Bereicherung

1.189.800 EUR

Beerdigungskostenpauschale

./. 10.300 EUR

Versorgungsfreibetrag

./. 256.000 EUR

Persönlicher Freibetrag

./. 500.000 EUR

Steuerpflichtiger Erwerb

423.500 EUR

 

Nun ist der Steuersatz festzustellen. Dieser beträgt in der Steuerklasse I bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 423.500 EUR = 15 Prozent (siehe § 19 Abs. 1 ErbStG). Daraus ergibt sich nun eine erbschaftsteuerliche Belastung für EF in Höhe von 63.525 EUR.

 

Weiterführende Hinweise

  • Zur Übertragung eines Einzelunternehmens, SR 18, 174
  • Zur Frage, ob mittelbare Grundstücksschenkung sinnvoll ist, SR 18, 152
  • Zur Frage der Besteuerung des Pflichtteilsanspruchs, SR, 18, 142
  • Wohnungsrecht und Wegzugsklausel: Ansprüche im Zusammenhang mit unterhaltsrelevanten Vermögensverfügungen, SR 18, 104
  • Vermögensverwertung: Die neun wichtigsten Fragen zu eigenen vermieteten Grundstücken, SR 18, 188
Quelle: Ausgabe 02 / 2019 | Seite 33 | ID 45421169