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24.06.2019 · IWW-Abrufnummer 209527

Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 13.12.2018 – 7 Sa 269/18

Während der Freistellungsphase eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell entstehen keine neuen Urlaubsansprüche, die am Ende des Arbeitsverhältnisses abzugelten wären.


Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.03.2018 in Sachen2 Ca 706/17 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand



Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Abgeltung von Urlaub für Kalenderjahre, in denen sich der Kläger in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell befunden hat.



Der am 1953 geborene Kläger stand seit dem 01.01.1991 zur Beklagten in einem Arbeitsverhältnis als AT-Mitarbeiter und erzielte hieraus einen monatlichen Verdienst in Höhe von 5.448,22 € brutto.



Am 28.11.2006 schlossen die Parteien auf der Grundlage eines Sozialplans zur Neuausrichtung der AMB G I S GmbH vom 07.04.2006 eine Altersteilzeitvereinbarung, auf deren vollständigen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 4 - 6 d. A.). Ziffer 1 Abs. 1 der ATZ-Vereinbarung der Parteien lautet:

"Das Arbeitsverhältnis wird ab dem 01.12.2009 im gegenseitigen Einvernehmen als Altersteilzeit- arbeitsverhältnis fortgeführt. Es endet, ohne dass es einer gesonderten Kündigung bedarf, am 30.11.2015."



Dabei gingen die Parteien davon aus, dass der Kläger ab dem 01.12.2015 Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehmen kann.



Ziffer 2 Abs. 1 der ATZ-Vereinbarung regelt, dass vom Beginn der Altersteilzeit an bis zum 30.11.2012 die regelmäßige Arbeitszeit für den Kläger der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38 Wochenstunden entsprechen sollte. Ziffer 2 Abs. 3 lautet:

"Ab dem 01.12.2012 erfolgt die Freistellung von der Arbeit, ohne Arbeitsverpflichtung."



Gemäß Ziffer 3 der ATZ-Vereinbarung erhielt der Kläger als Vergütung 50 % seines bisherigen Bruttogehalts ohne Mehrarbeitsvergütung sowie die Hälfte der tariflichen und betrieblichen Sonderzahlungen und der vermögenswirksamen Leistungen sowie eine näher geregelte Aufstockungsleistung von 30 %.



Zum Urlaub verhält sich Ziffer 4 Abs. 1 der ATZ-Vereinbarung wie folgt:

"Der Jahresurlaub richtet sich bis zum 31. Dezember 2011 (= Ablauf des Kalenderjahres, in dem noch volle 12 Monate gearbeitet werden) nach den tariflichen Bestimmungen. Im Jahr 2012 (= Kalenderjahr des Übergangs von der Beschäftigung zur Freistellung) beträgt der Urlaubsanspruch 28 Tage. Ab dem 01.01.2013 besteht kein Urlaubsanspruch."



Ziffer 7 Abs. 1 S. 3 der ATZ-Vereinbarung hat folgenden Wortlaut:

"Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe, des beigefügten Altersteilzeitabkommens für die Versicherungswirtschaft (ATzA) vom 22.12.2005."



Mit seiner Unterschrift unter die ATZ-Vereinbarung bestätigte der Kläger zugleich, dass ihm u. a. der Text des Altersteilzeitabkommens ausgehändigt worden war.



In § 2 Abs. 10 ATzA heißt es:

"Wird die Altersteilzeit im Blockmodell durchgeführt, verkürzt sich der Urlaubsanspruch für die Zeit der Freistellung auf Null."



§ 5 ATzA enthält eine Ausschlussfrist wie folgt:

"Nach Beginn der Altersteilzeitarbeit sind alle Ansprüche aus diesem Abkommen innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen; andernfalls ist der Anspruch verfallen."



Gemäß § 24 Abs. 1 MTV für das private Versicherungsgewerbe verfallen vertragliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie nicht spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht worden sind.



In den Kalenderjahren 2009, 2010, 2011 und 2012 erhielt der Kläger jeweils seinen vollen Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen pro Kalenderjahr in natura gewährt. Als Urlaubsentgelt erhielt er das Altersteilzeitentgelt sowie auch zusätzliches Urlaubsgeld.



Zum 30.11.2015 ging der Kläger wie geplant in den Ruhestand. Erstmals mit außergerichtlichem Anwaltsschreiben vom 16.02.2017 verlangte der Kläger von der Beklagten Urlaubsabgeltung für den gesamten Zeitraum der Passivphase der Altersteilzeit. Mit Schreiben vom 28.02.2017 lehnte die Beklagte die Forderungen ab und berief sich hierbei auf Ziffer 4 der ATZ-Vereinbarung sowie auf die tarifvertragliche Verfallfrist nach § 24 Abs. 1 MTV für das private Versicherungsgewerbe.



Mit der vorliegenden, am 06.03.2017 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangenen Klage beansprucht der Kläger weiterhin die Abgeltung von 90 Urlaubstagen aus dem Zeitraum 01.01.2013 bis 30.11.2015.



Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch während der Freistellungsphase seiner Altersteilzeit seien ihm jedes Jahr neue Ansprüche auf Erholungsurlaub entstanden. Es komme hierfür nur auf den Bestand seines Arbeitsverhältnisses an. Der Anspruch auf Abgeltung sei auch nicht verfallen. § 24 MTV für das private Versicherungsgewerbe sei auf das Arbeitsverhältnis nicht anwendbar. Als AT-Angestellter sei er nicht unmittelbar tarifgebunden. Die Verweisungsklausel in Ziffer 7 Abs. 1 S. 3 der ATZ-Vereinbarung sei intransparent und damit unwirksam. § 4 ATzA stehe seinem Anspruch ebenfalls nicht entgegen, da ein Ausschluss von Urlaubsansprüchen, wie dort geschehen, rechtlich nicht möglich sei. Die in § 5 ATzA enthaltene Verfallklausel sei nicht ein schlägig, da er eben Urlaubsabgeltung, aber keine Ansprüche "aus dem Altersteilzeitabkommen" geltend mache.



Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 22.631,00 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015 zu zahlen.



Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.



Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass während der Passivphase der Altersteilzeit keine Urlaubsansprüche für den Kläger entstanden seien. Ziffer 4 der ATZ-Vereinbarung schließe dies aus. Dass der EuGH in seinen jüngeren Entscheidungen den Erholungszweck des Urlaubs betone, mache deutlich, dass nicht nur auf das formale Bestehen eines Arbeitsverhältnisses als Voraussetzung für das Entstehen von Urlaubsansprüchen abgestellt werden könne.



Der nur in der Aktivphase entstandene Urlaubsanspruch entspreche, bezogen auf die Gesamtdauer des ATZ-Vertrages, der konsequenten Anwendung der allgemein anerkannten Umrechnungsgrundsätze des BAG zur Teilzeitbeschäftigung. Im Ergebnis erhalte der Arbeitnehmer für jeden Urlaubstag in der Arbeitsphase ein Urlaubsentgelt in Höhe einer Tätigkeit in Vollzeitbeschäftigung, welches zur Hälfte in der Arbeitsphase und zur Hälfte in der Freistellungsphase ausgezahlt werde. Eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG sei darin nicht zu sehen. Im Gegenteil würden Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten grundlos bevorzugt, wenn die Ansicht des Klägers richtig wäre.



Darüber hinaus hat sich die Beklagte darauf berufen, dass etwaige Ansprüche des Klägers nach § 24 MTV bzw. Ziffer 5 ATzA verfallen seien.



Die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen hat mit Urteil vom 22.03.2018 der Klage in Höhe von 4.524,00 € brutto nebst Verzugszinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat sich der Auffassung des Klägers angeschlossen, dass ihm auch in der Freistellungsphase der ATZ-Vereinbarung Urlaubsansprüche erwachsen seien, da es dafür nur auf den formalen Bestand eines Arbeitsverhältnisses ankommen könne. Ziffer 4 des ATZ-Vertrages, wonach ab dem 01.01.2013 kein Urlaubsanspruch bestehe, sei wegen Unvereinbarkeit mit § 13 BUrlG ebenso unwirksam wie § 2 Abs. 10 ATzA. Zudem liege in der Auffassung der Beklagten eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten im Sinne von § 4 TzBfG.



Die Anwendbarkeit der Verfallklauseln aus § 24 MTV und Ziffer 5 ATzA hat das Arbeitsgericht verneint. Gleichwohl hat es dem Kläger nur den auf das Jahr 2015 entfallenden Teilbetrag seiner Forderung zugesprochen; die Ansprüche für die Jahre 2013 und 2014 seien nämlich gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG verfallen. Der Kläger habe für diese Jahre keine Übertragungstatbestände vorgetragen und sei auch nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen.



Auf den vollständigen Inhalt der Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 22.03.2018 wird ergänzend verwiesen.



Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Beklagten am 29.03.2018 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am 10.04.2018 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist am 29.06.2018 begründet.



Dem Kläger wurde das erstinstanzliche Urteil ebenfalls am 29.03.2018 zugestellt. Der Kläger hat hiergegen am 17.04.2018 Berufung eingelegt und seine Berufung am 26.04.2018 begründet.



Die Beklagte und Berufungsklägerin zu 1) wiederholt ihre Auffassung, dass während der Freistellungsphase der ATZ-Vereinbarung der Parteien keine Ansprüche des Klägers auf Erholungsurlaub hätten entstehen können. Die Beklagte macht sich dabei insbesondere die jüngere Rechtsprechung des LAG Düsseldorf aus dem Urteil vom 15.11.2016 in Sachen 14 Sa 541/16 und aus dem Urteil vom 13.07.2018, 6 Sa 272/18 zu eigen. Jedenfalls, so die Beklagte, seien etwaige Ansprüche des Klägers aber verfallen. Hierzu sei nicht nur § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG, sondern auch § 24 MTV und Ziffer 5 ATzA heranzuziehen.



Die Beklagte und Berufungsklägerin zu 1) beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.03.2018(2 Ca 706/17) abzuändern und die Klage abzuweisen.



Der Kläger, Berufungsbeklagte zu 1) und Berufungskläger zu 2) beantragt zum einen,

die Berufung der Beklagten vom 10.04.2018 zurückzuweisen.



Zum anderen beantragt der Kläger im Wege seiner eigenen Berufung,

das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.03.2018(2 Ca 706/17) teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 9.048,00 € brutto zu zahlen (insgesamt 13.572,00 € brutto), nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015.



Der Berufungskläger zu 2) ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe seine Teilansprüche für die Jahre 2013 und 2014 zu Unrecht abgewiesen. Es habe nämlich übersehen, dass er, der Kläger, in den Jahren 2013 und 2014 überhaupt keine Möglichkeit gehabt hätte, seine Urlaubsansprüche in natura auszuüben. Dies ergebe sich zwanglos schon rein praktisch: Der Kläger stellt die rhetorische Frage, ob er etwa in den Jahren seiner Freistellung Urlaubsanträge hätte einreichen sollen, und wie die Beklagte hierauf wohl reagiert hätte.



Hinsichtlich der Höhe der Ansprüche für die Jahre 2013 und 2014 macht sich der Kläger nunmehr jeweils den Betrag zu eigen, den ihm das Arbeitsgericht für das Jahr 2015 zugesprochen hat.



Die Beklagte, Berufungsklägerin zu 1) und Berufungsbeklagte zu 2) beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.



Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungs- und - erwiderungsschriften der Parteien sowie die Terminprotokolle des Arbeitsgerichts und des Berufungsgerichts wird ergänzend Bezug genommen.



Entscheidungsgründe



I. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Die Berufungen sind gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurden jeweils auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formal ordnungsgemäß eingelegt und begründet.



II. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts musste die Berufung der Beklagten in der Sache auch Erfolg haben. Soweit das Arbeitsgericht Aachen der Klage teilweise stattgegeben hat, war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen. Die Berufung des Klägers musste dementsprechend erfolglos bleiben.



1. Nach Überzeugung des Berufungsgerichts sind dem Kläger in den streitgegenständlichen Kalenderjahren 2013, 2014 und 2015 keine neuen Urlaubsansprüche entstanden, die nach § 7 Abs. 4 BUrlG zur Abgeltung anstehen könnten. Dies folgt aus einer an Sinn und Zweck orientierten Auslegung des § 1 BUrlG i.V.m. § 7 Abs. 4 BUrlG.



a. Zwar handelte es sich zweifelsfrei bei dem Kläger auch in den hier streitigen Jahren der Freistellungsphase 2013, 2014 und 2015 um einen "Arbeitnehmer" im Sinne von § 1 BUrlG; denn das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand bis zum Ende der Freistellungsphase am 30.11.2015 noch fort.



b. Die Auffassung des Klägers und, ihm folgend, des Arbeitsgerichts Aachen, dass es nach der vom EuGH angestoßenen neueren Rechtsprechung zum Urlaubsrecht für das Entstehen von Urlaubsansprüchen nur noch auf den formalrechtlichen Bestand eines Arbeitsverhältnisses ankomme, kann nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht für alle denkbaren Fallkonstellationen verallgemeinert werden und greift in einem Fall, wie dem vorliegenden, zu kurz.



c. So betont gerade der EuGH in seiner neueren und neuesten Rechtsprechung wieder stark die Bedeutung des Erholungscharakters des Urlaubs. Im Urteil vom 06.11.2018, Aktenzeichen C-684/16, betreffend die M (M ), führt der EuGH aus:



Zurecht betont der EuGH zugleich wiederum den absoluten Vorrang der Urlaubsgewährung in natura vor einer rein finanziellen Betrachtungsweise, die den Urlaubsanspruch letztlich zu einem reinen Vergütungsfaktor wie jeden anderen mutieren ließe:



Letztlich dient gerade auch die vom EuGH in seinem Urteil "M " vom 06.11.2018 entwickelte Vorgabe, ein Arbeitgeber müsse selbst aktiv auf den Arbeitnehmer zugehen und ihm so ermöglichen, seinen Jahresurlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen, dem Ziel, den Vorrang der Urlaubsgewährung in natura zu manifestieren. So führt der EuGH in dem Urteil weiter aus:



d. Die Besonderheit von Fallkonstellationen wie der vorliegenden besteht aber darin, dass bereits zu Beginn eines in der Freistellungsphase einer im Blockmodell durchgeführten ATZ-Vereinbarung liegenden "Urlaubsjahres" feststeht, dass der Urlaub während des gesamten Kalenderjahres und in der verbleibenden Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in natura gewährt und genommen werden kann. Zurecht stellt der Kläger in seiner eigenen Berufungsbegründung sinngemäß die rhetorische Frage, welchen Sinn es hätte machen sollen, in den Jahren der Freistellung des ATZ-Vertrages Urlaubsanträge zu stellen, und wie die Arbeitgeberin auf solche Urlaubsanträge hätte reagieren können.



Dem Arbeitgeber ist während der Freistellungsphase eines ATZ-Vertrages im Blockmodell die Gewährung von Erholungsurlaub in natura gar nicht möglich; denn Urlaubsgewährung bedeutet eine bezahlte Freistellung des Arbeitnehmers von einer arbeitsvertraglich gegebenen Arbeitspflicht. Der Kläger war aber bereits gemäß Ziffer 2 Abs. 3 der ATZ-Vereinbarung der Parteien ab dem 01.12.2012 von der Arbeit freigestellt, wobei die Vertragsklausel noch ausdrücklich hinzufügt: "ohne Arbeitsverpflichtung" [Hervorhebung nur hier]. Die Freistellung war nach Systematik, Sinn und Zweck des ganzen ATZ-Vertrages auch als unwiderruflich anzusehen. Dass der Kläger fortlaufend auch während der Freistellungsphase vergütet wird, war durch Ziffer 3 der ATZ-Vereinbarung sichergestellt.



In Wirklichkeit entstanden den Arbeitsvertragsparteien in den Jahren der ATZ-Freistellung auch gar keine neuen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen mehr: Den Kläger traf in der Freistellungsphase keine Arbeitsverpflichtung, weil er die Teilzeitarbeit, die er "an sich" bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Jahre 2015 fortlaufend hätte leisten müssen, bereits während der aktiven Arbeitsphase vorgearbeitet hatte. Seine potentiellen Arbeitsverpflichtungen waren somit schon vor Beginn des ersten Anspruchsjahres 2013 erfüllt.



Aber auch die fortbestehende Vergütungspflicht der Beklagten ist nicht erst in den Anspruchsjahren 2013 bis 2015 entstanden, sondern ebenfalls dadurch, dass der Kläger bereits in der Arbeitsphase vorgearbeitet und dadurch auch einen Anspruch auf entsprechende Vergütung erworben hat, die vertragsgemäß aber zur Hälfte eben erst in der Freistellungsphase von der Beklagten geleistet werden musste.



Insoweit teilt das Berufungsgericht die Sichtweise der 6. Kammer und der 14. Kammer des LAG Düsseldorf, die deren Entscheidungen vom 13.07.2018,6 Sa 272/18 und 14 Sa 541/16 vom 15.11.2016 zugrunde liegt.



e. Auch dem EuGH ist das Kriterium des Fortbestands der gegenseitigen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag im Zusammenhang mit dem Bestand von Urlaubsansprüchen nicht fremd. So führt er in der Rechtssache D (Urteil vom 04.10.2018, Aktenzeichen C-12/17), in der es um die vom EuGH bejahte Frage ging, ob es europarechtlich zulässig sein kann, Urlaubsansprüche während des Bestehens einer Elternzeit zu kürzen, aus:



f. Dass es darauf ankommen kann, aus welchen Gründen ein Arbeitnehmer bezahlten Jahresurlaub in bestimmten Zeiträumen nicht genommen hat, bestätigt der EuGH auch wiederum in der Rechtssache M vom 06.11.2018:



g. Allgemein ist für den EuGH in seiner Urlaubsrechtsprechung in Abgrenzung zu den Krankheitsfällen von erheblicher Bedeutung, ob der Arbeitnehmer die Gründe, die faktisch zur Nichtinanspruchnahme von Erholungsurlaubsansprüchen in natura geführt haben, vorhersehen und durch seinen Willen beeinflussen konnte (vgl. Rechtssache D , Urteil vom 04.10.2018, C-12/17, Rn. 32 - 35).



Wenn der Kläger - aus Sicht des Berufungsgerichts sachlich zutreffend - einwendet, dass er während der Freistellungsphase der Altersteilzeit keinen Erholungsurlaub nehmen und die Beklagte ihm solchen auch nicht gewähren konnte, weil er ja ohnehin schon gegen Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitspflicht freigestellt war, so liegt die Ursache hierfür in den Regeln der von den Parteien abgeschlossenen ATZ-Vereinbarung mit Blockmodell begründet. Der Kläger hat bewusst, gewollt und freiwillig die Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell abgeschlossen. Dass daraus folgte, dass er in den Jahren 2013, 2014 und 2015 keinen Erholungsurlaub mehr in natura nehmen konnte, hat er dabei billigend in Kauf genommen.



Wiederum in Abgrenzung zu sog. Krankheitsfällen führt der EuGH in der Rechtssache Mascheck (Urteil vom 20.07.2016, C-341/15) aus,



h. Im vorliegenden Fall konnte der Kläger, der zwar, wie er selbst diagnostiziert hat, seinen Erholungsurlaub während der Freistellungsphase nicht nehmen konnte, gleichwohl den eigentlichen Sinn und Zweck des Anspruchs auf Jahresurlaub uneingeschränkt verwirklichen. Es war dem Kläger nämlich auch in den Jahren 2013, 2014 und 2015 umfassend möglich, "sich zum einen von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und zum anderen über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen" (vgl. EuGH in Sachen M vom 06.11.2018, C-684/16, Rn. 32).



Bei Arbeitnehmern, die aufgrund eines ATZ-Vertrages mit Blockmodell ganzjährig freigestellt sind, kommt hinzu, dass bei ihnen, wie oben unter II 1 d ausgeführt, ohnehin keine neuen Arbeitsverpflichtungen mehr entstehen, von denen sie sich unter Inanspruchnahme eines Jahreserholungsurlaubs erholen können müssten.



Nach hier vertretener Ansicht kann es somit, wenn auch für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung, auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin während des Freistellungsjahres erkrankt war oder nicht. Es ist nämlich nicht etwa ein zunächst entstandener Erholungsurlaubsanspruch durch Freistellung erfüllt worden, sondern ein solcher Urlaubsanspruch ist von vornherein gar nicht erst entstanden.



i. Die Annahme, dass ein Urlaubsanspruch entsteht, von dem bereits im Zeitpunkt seines Entstehens feststeht, dass er als solcher niemals in natura wird verwirklicht werden können, erscheint paradox. Dem Arbeitnehmer kommt gerade kein freies Wahlrecht zwischen der Inanspruchnahme seines Urlaubsanspruchs in natura und dessen finanzieller Abgeltung zu. Ein Urlaubsanspruch, von dem schon im Zeitpunkt seines Entstehens feststeht, dass er nur geeignet ist, als Grundlage einer zusätzlichen Geldzahlung am Ende des Arbeitsverhältnisses zu dienen, ist mit dem vom EuGH vertretenen Sinn und Zweck des Urlaubsanspruchs, aber auch mit Sinn und Zweck von § 7 Abs. 4 BUrlG nicht in Einklang zu bringen. Die Kreierung eines Urlaubsanspruchs, dessen einzige Funktion darin bestehen kann, die Vergütung des Arbeitnehmers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erhöhen, erscheint mit den durch die Schaffung des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub verfolgten Zielen unvereinbar (vgl. EuGH vom 06.11.2018 in Sachen M , C-684/16, Rn. 48 bei juris).



2. Hält man es entgegen der hier vertretenen Ansicht aus formalrechtlichen Erwägungen gleichwohl für geboten, davon auszugehen, dass einem Arbeitnehmer auch in den Jahren der Freistellung eines ATZ-Vertrages im Blockmodell Urlaubsansprüche erwachsen, so wäre hilfsweise darauf abzustellen, dass die Parteien als Vertragspartner der Altersteilzeitvereinbarung vom 28.11.2006 der Sache nach in zulässiger Weise vereinbart haben, dass etwaige in der Freistellungsphase neu entstehende Erholungsurlaubsansprüche durch die gleichzeitige - als unwiderruflich anzusehende - bezahlte Freistellung während dieses Zeitraums erfüllt sein sollen. Dies folgt aus dem Zusammenspiel der Vereinbarungen in Ziffer 2 Abs. 3 der ATZ-Vereinbarung, wo es heißt, dass ab dem 01.12.2012 "die Freistellung von der Arbeit, ohne Arbeitsverpflichtung" erfolgt, und der Regelung in Ziffer 4 Abs. 1 S. 3, die lautet: "Ab dem 01.01.2013 besteht kein Urlaubsanspruch". Die in der Systematik des ATZ-Vertrages angelegte Gleichzeitigkeit von Freistellung einerseits, dem Nichtbestehen von Urlaubsansprüchen andererseits kann auch in dem Sinne eines Erlöschens der Urlaubsansprüche wegen Erfüllung durch die Freistellung gedeutet werden.



Derartige Vereinbarungen werden außerhalb des Altersteilzeitrechts z. B. häufig in arbeitsgerichtlichen Vergleichen vereinbart und allgemein als zulässig angesehen (vgl. auch das oben unter II 1 g wiedergegebene EuGH-Zitat aus der Rechtssache Mascheck).



Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger einen Anspruch auf die Freistellung dadurch erworben hätte, dass er in der Arbeitsphase des Blockmodells vorgearbeitet hat. Der Kläger hat nämlich in den Jahren der Arbeitsphase unstreitig seinen vollen Jahresurlaubsanspruch von 30 Tagen auch erhalten. Während der Inanspruchnahme seines Urlaubsanspruchs in der Arbeitsphase hat der Kläger somit im selben Umfang, also im Umfang des verwirklichten Erholungsurlaubs, eben nicht für die Freistellung vorgearbeitet.



3. Die hier vertretene Auffassung führt entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts auch nicht zu einem Verstoß gegen § 4 TzBfG im Sinne einer Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. Auf die Ausführungen des LAG Düsseldorf vom 15.11.2016, 14 Sa 551/16 (Rn. 45 ff. bei juris) wird Bezug genommen (vgl. ferner LAG Saarland vom 22.07.2015, 1 Sa 39/15, BeckRS 2015, 72674).



4. Nach hier vertretener Auffassung kommt es im Übrigen auf die Anwendbarkeit gesetzlicher oder tarifvertraglicher Verfallfristen nicht an.



5. Aus den obigen Erwägungen, die zur Begründetheit der Berufung der Beklagten führen, folgt sogleich, dass nach Auffassung des Berufungsgerichts der Berufung des Klägers kein Erfolg beschieden sein konnte.



III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO. Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG war die Revision zuzulassen.

Vorschriften§ 24 Abs. 1 MTV, § 24 MTV, § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG, § 13 BUrlG, § 4 TzBfG, § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG, § 64 Abs. 2 b) ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 7 Abs. 4 BUrlG, § 1 BUrlG, § 91 ZPO, § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG