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23.12.2014 · IWW-Abrufnummer 173821

Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 04.11.2014 – 11 Ta 147/14

Die Anerkennung eines pauschalen Freibetrags wegen Schwerbehinderung setzt jedenfalls voraus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 30 SGB XII vorliegen.


Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 04.11.2013 - 7 Ca 3156/13 - wird zurückgewiesen.



Gründe



Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.



Die Klägerin hat besondere Aufwendungen im Sinne der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung des § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO weder konkret behauptet noch nachgewiesen. Einem pauschalen Abzug wegen der Schwerbehinderung der Klägerin entsprechend § 33b Abs. 3 EStG steht zunächst entgegen, dass § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO a.F. keine pauschalisierten Freibeträge kannte (vgl. BGH, Beschl. v. 05.05.2010 - XII ZB 65/10 - m.w.N.). Darüber hinaus sind im Steuerrecht anerkannte außergewöhnliche Belastungen nur bedingt auf das Prozesskostenhilferecht übertragbar, denn das Recht der Prozesskostenhilfe macht die Angemessenheit von Belastungen an den Lebensverhältnissen der Partei fest, die sich wegen der Prozessführung nicht mehr als nötig einschränken soll (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, 7. Auflage, Rdn. 279 m.w.N.). Selbst wenn man schon nach dem alten Recht die Anerkennung von Freibeträgen in Anlehnung an die Vorschrift des § 30 SGB XII in Betracht zieht (vgl.: LAG Köln, Beschl. v. 14.07.2010 - 1 Ta 161/10 - m.w.N.), setzt dies jedenfalls voraus, dass die Tatbestandvoraussetzungen des § 30 SGB XII gegeben sind, z.B. die volle Erwerbsminderung nebst Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen G (Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr, §§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, 3 Abs. 1 Nr. 7 SchwbAwV) oder Bezug einer Eingliederungshilfe nach § 30 Abs. 4 Satz 1 SGB XII, was im Falle der Klägerin unter keinem Gesichtspunkt der Fall war. Dem Bedürfnis nach einer gesetzlichen Vorgabe zur Gleichbehandlung eines typisierten Mehrbedarfs behinderter Menschen hat der Gesetzgeber nunmehr mit der Gesetzesänderung zum 01.01.2014 Rechnung getragen (Groß, BerH/PKH/VKH, 12. Auflage, § 115 ZPO Rdn. 71). Hiernach können Mehrbedarfe nach § 30 SGB XII pauschal vom Einkommen abgesetzt werden. Dies setzt aber ebenfalls voraus, dass der Antragsteller die sozialrechtlichen Tatbestandvoraussetzungen für den Mehrbedarf darlegt und glaubhaft macht (Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, 7. Auflage, Rdn. 277a; Thomas/Putzo, 35. Auflage, § 115 ZPO Rdn. 12b).



Die Klägerin bezieht auch keine Sozialleistungen wegen eines Körper- oder Gesundheitsschaden, so dass auch keine Veranlassung besteht, einen korrespondierenden behindertenbedingten Mehrbedarf nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 a.F. ZPO (nunmehr § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO) als besondere Belastung in Abzug zu bringen (vgl. hierzu: Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck, 7. Auflage, Rdn. 282 m.w.N.).



Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel gemäß den §§ 127 Abs. 2, 574 Abs. 1 ZPO nicht gegeben.

Vorschriften§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO, § 33b Abs. 3 EStG, § 30 SGB XII, §§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, 3 Abs. 1 Nr. 7 SchwbAwV, § 30 Abs. 4 Satz 1 SGB XII, § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 a.F. ZPO, § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO, §§ 127 Abs. 2, 574 Abs. 1 ZPO