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· Fachbeitrag · Pflegekosten

Ergänzungen zum gesetzlichen Pflegegeld:Private Pflegeversicherungen

von Alexander Schrehardt, Betriebswirt bAV (FH)

| Die Zahlungen der gesetzlichen Pflegepflichtversicherung können die Kosten eines Pflegefalls regelmäßig nicht bedecken. Dies gilt auch für den Fall einer häuslichen Laienpflege. Vor allem die privaten Kranken- und Lebensversicherungsunternehmen bieten hierfür eine Vielzahl alternativer Vorsorgelösungen an, die man als Berater kennen sollte. |

1. Tarifgruppen

Bei den Vorsorgelösungen werden folgende Tarifgruppen unterschieden:

  • Staatlich geförderte Pflegeversicherung („Pflege-Bahr“)
  • Pflegekostenversicherung
  • Pflegetagegeldversicherung
  • Pflegerentenversicherung.

 

Während die vom Gesetzgeber mit einem Beitragszuschuss geförderte Pflegeversicherung, die Pflegetagegeld- und die Pflegerentenversicherung für den Fall einer Laienpflege des Versicherten im häuslichen Umfeld regelmäßig eine Barleistung ohne Kostennachweis vorsehen, besteht ein Leistungsanspruch aus einer Pflegekostenversicherung im Regelfall nur in Form einer Sachleistung gegen Kostennachweis (z.B. Rechnung des Pflegedienstes). Bei höherwertigen Pflegekostentarifen können die Versicherungsbedingungen für den Fall der häuslichen Pflege durch Familienmitglieder und andere Laienpfleger ein Ersatzpflegetagegeld vorsehen.

 

Beachten Sie | Neben den vorgenannten Pflegevorsorgetarifen werden noch eine Vielzahl weiterer Tariflösungen wie z.B. Assistance- und Demenzversicherungen, Unfallversicherungen mit Pflegeleistungen (auch im Krankheitsfall), Berufsunfähigkeitsversicherungen mit lebenslanger Leistungszahlung bei Pflegebedürftigkeit oder auch Rentenversicherungen mit einer erhöhten Altersrente im Fall einer Pflegebedürftigkeit der versicherten Person angeboten. Diese Vorsorgealternativen werden in einem Folgebeitrag vorgestellt.

2. Staatlich geförderte Pflegeversicherung

Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz hat der Gesetzgeber eine Beitragsförderung der privaten Pflegevorsorge in das SGB XI (§§ 126 ff.) aufgenommen. Ein Anspruch auf Beitragsförderung in Höhe von 5 EUR/Monat besteht für alle Mitglieder der privaten bzw. sozialen Pflegepflichtversicherung nach Vollendung des 18. Lebensjahres und unter der Maßgabe, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung noch keine leistungspflichtige Pflegebedürftigkeit besteht bzw. in der Vergangenheit bestanden hat (§ 126 SGB XI). Die Beitragsförderung erhält das Mitglied bei Abschluss einer staatlich geförderten Pflegeversicherung mit einem Mindesteigenbeitrag von 10 EUR/Monat.

 

Der Gesetzgeber hat geregelt, dass Leistungen für alle Pflegestufen (einschließlich Pflegestufe 0) gewährt werden müssen und für den Fall einer Pflegebedürftigkeit der Stufe 3 eine Mindestversicherungsleistung von 600 EUR/Monat nicht unterschritten werden darf (§ 127 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI). Auf ein konkretes Anforderungsprofil für die Pflegestufen 0 bis 2 hat der Gesetzgeber verzichtet und die Bemessung der Versicherungsleistungen der Entscheidung der Versicherungsgesellschaften überlassen. Viele haben in ihren Versicherungsbedingungen für die Pflegestufen 0 bis 2 vergleichsweise geringe Versicherungsleistungen mit 10, 20 bzw. 30 Prozent der Tarifleistungen für einen Pflegefall der Stufe 3 erklärt (Einige Versicherer gewähren für die Pflegestufen 1 und 2 auch 35 Prozent bzw. 70 Prozent der Tarifleistung für einen Pflegefall der Stufe 3).

 

  • Beispiel

Einem Versicherten mit einer Tarifleistung von 600 EUR/Monat (bei Pflegestufe 3)würde also für den Fall einer Pflegebedürftigkeit der Stufe 1 eine monatliche Leistungszahlung von 120 EUR/Monat (20 Prozent) zustehen.

 

Der Gesetzgeber hat die Versicherer verpflichtet, bei einem Antrag auf eine staatlich geförderte Pflegeversicherung, Versicherungsschutz ohne gesundheitliche Risikoprüfung zu gewähren. Dies gilt auch bei bekannten Vorerkrankungen. Die Versicherungsunternehmen müssen ferner auf ihr ordentliches Kündigungsrecht verzichten (§ 127 Abs. 2 Nr. 3 SGB XI). Aufgrund des Kontrahierungszwangs erscheinen im Vergleich zur ungeförderten Pflegetagegeldversicherung höhere Beitragsanpassungen bei der staatlich geförderten Pflegeversicherung als wahrscheinlich.

3. Private Pflegetagegeldversicherung

Private Pflegetagegeldversicherungen werden mit einer Vielzahl von Tarifen angeboten. Während in den meisten Fällen die Tarifleistungen des Versicherers in Abhängigkeit von der jeweiligen Pflegestufe der versicherten Person festgeschrieben werden, bieten einige Gesellschaften auch Modultarife an, sodass der Versicherungsnehmer die Versicherungsleistungen für die verschiedenen Pflegestufen individuell vereinbaren kann. Bei der Bemessung der Leistungen sollte immer berücksichtigt werden, dass eine pflegerische Betreuung durch Familienangehörige im häuslichen Umfeld für diese zumeist mit Einkommensverlusten verbunden ist (Schrehardt, SR 13, 46).

 

PRAXISHINWEIS | Nachdem vor allem für den Fall einer Pflegebedürftigkeit der Stufen 1 und 2 die Versorgung des Pflegebedürftigen im Rahmen der häuslichen Laienpflege sichergestellt werden kann, sollten bei Einrichtung des Versicherungsschutzes die Leistungen für diese Versicherungsfälle in jedem Fall ausreichend bemessen werden. Der Versicherungsvertrag sollte ferner auch einen ausreichend dimensionierten Versicherungsschutz für den Fall einer Betreuungsbedürftigkeit der versicherten Person z.B. infolge einer demenziellen Erkrankung (Pflegestufe 0) vorsehen.

 

 

4. Private Pflegerentenversicherung

Wie bei der privaten Pflegerentenversicherung wird auch bei der Pflegerentenversicherung der Versicherungsschutz in Abhängigkeit von den möglichen Pflegestufen gewährt. Während die Versicherungsleistung in der Pflegetagegeldversicherung als Tagessatz bemessen wird, wird sie bei einer Pflegerentenversicherung als monatliche Leistungszahlung vereinbart. Von den Gesellschaften werden teilweise sehr unterschiedliche Tariflösungen mit einem umfassenden oder auch mit einem auf einzelne Pflegestufen beschränkten Versicherungsschutz angeboten. Die Tarifleistungen erhöhen sich in den meisten Fällen noch um nicht garantierte Bonusleistungen aus der Gewinnbeteiligung. Während einige Gesellschaften tariflich fest vereinbarten Versicherungsleistungen anbieten, kann der Versicherungsschutz bei anderen Versicherungsunternehmen für die einzelnen Pflegestufen frei skaliert und mit der Gesellschaft einzelvertraglich und individuell vereinbart werden.

 

In der vergleichenden Betrachtung von Pflegetagegeld- und Pflegerentenversicherung fällt bei summarisch gleichen Versicherungsleistungen ein zumeist signifikanter Beitragsunterschied zulasten der Pflegerentenversicherung auf. Dieser Mehrbeitrag ist einerseits einer abweichenden Rechnungsgrundlage als auch der Ansammlung von Versorgungskapital geschuldet. So kann der Versicherungsnehmer seine Pflegerentenversicherung nach einigen Versicherungsjahren mit einem anteiligen Versicherungsschutz auch als beitragsfreien Versicherungsvertrag fortführen oder den Versicherungsvertrag kündigen und rückkaufen. In Abhängigkeit vom gewählten Tarif kann auch eine Rückzahlung des angesammelten Kapitals bei Tod der versicherten Person vereinbart werden.

5. Steuerliche Behandlung der Versicherungsleistungen

Die Leistungszahlungen aus einer privaten Pflegekosten-, Pflegetagegeld- oder Pflegerentenversicherung werden vom Versicherungsnehmer steuerfrei vereinnahmt (§ 3 Nr. 1a EStG), d.h. Pflegerenten unterliegen im Leistungsbezug nicht der Anteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 S. 3a) bb) EStG.

 

Eine etwas andere Konstellation ist bei Kapitalversicherungsverträgen mit einer Pflegerentenoption gegeben. Hier kann sich der Versicherungsnehmer zum Vertragsablauf alternativ für eine Auszahlung des Versorgungskapitals, einer lebenslangen Altersrente oder einer Pflegerente entscheiden. Sofern der Versicherungsnehmer auf die Pflegerente optiert, kann diese steuerfrei vereinnahmt werden. In diesem Zusammenhang ist allerdings der Versicherungsbeginn des gegenständlichen Versicherungsvertrages zu prüfen, da die Erträge aus nach dem 31.12.04 abgeschlossenen Kapitalversicherungen zu versteuern sind (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG). Sofern sich nun der Versicherungsnehmer eines solchen Vertrags, z.B. aufgrund einer vertragszeitig eingetretenen Pflegebedürftigkeit, für die Auszahlung von Pflegerenten entscheidet, muss der die Beitragssumme übersteigende Teil des Kapitalbetrages als Ertrag aus Kapitalvermögen versteuert werden, da Leistungen für den Pflegefall nur optional vereinbart wurden und deren Finanzierung mit der nunmehr verfügbaren Kapitalleistung des Versicherungsvertrages erfolgt.

Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 66 | ID 42612275