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· Fachbeitrag · Pflegebedürftige

Kurzzeitpflege: Das müssen Sie beachten

von RA Karl Heinz Steffens, FA für Bank- und Kaptalmarktrecht, Berlin

| Die Möglichkeit der Kurzzeitpflege kann in Veränderungsphasen eine sichere Betreuungsform und Entlastung der Pflegesituation sein. Daher sollten Mandanten den Anspruch auf eine maximal achtwöchige, bezuschusste Kurzzeitpflege unbedingt bei Ihrer Pflegekasse geltend machen. |

1. Definition der Kurzzeitpflege

Wenn Sie einen Angehörigen zu Hause pflegen, dann kennen Sie diesen Fall bestimmt: Es kann Situationen geben, in denen der Pflegebedürftige vorübergehend nicht zuhause versorgt werden kann. Genau für diesen Fall sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Kurzzeitpflege vor. Man spricht von Kurzzeitpflege, wenn eine pflegebedürftige Person für eine begrenzte Zeit einer vollstationären Pflege bedarf. Häufig ist das nach einem Krankenhausaufenthalt der Fall oder wenn die häusliche Pflege für eine bestimmte Zeit ausgesetzt werden muss oder soll.

2. Dauer von Kurzzeit- und Verhinderungspflege

Die Kurzzeitpflege ist auf eine Dauer von 56 Tage (acht Wochen) im Jahr beschränkt. Für diese Zeit übernehmen die Pflegekassen die Kosten einer stationären Unterbringung. Verhinderungspflege kann für sechs Wochen im Jahr in Anspruch genommen werden. Im Gegensatz zur Verhinderungspflege ist Kurzzeitpflege zu Hause nicht möglich. Sie kann laut Definition nur in einer entsprechenden Pflegeeinrichtung durchgeführt werden.

3. Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege kombinieren

Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege können gekoppelt werden. Wenn nicht die gesamten sechs Wochen der Verhinderungspflege aufgebraucht wurden, kann man die verbleibende Zeit für eine Ausdehnung der Kurzzeitpflege umlagern. Die Kurzzeitpflege kann man mit solchen Restkontingenten auf bis zu acht Wochen ausweiten, sodass für die verlängerte Pflege 3.224 EUR zur Verfügung stehen.

 

Im Umkehrschluss können ungenutzte Kurzzeitpflegezeiten auch für die Verhinderungspflege verwendet werden. Allerdings kann hier nur der halbe Betrag aus der Kurzzeitpflege angesetzt werden. Es gibt sich also ein Höchstbetrag von 2.418 EUR. Zusammengefasst: Es lohnt sich, beide Formen der Pflege zu kombinieren!

3. Voraussetzungen: Wer hat Anspruch auf Kurzzeitpflege?

Ab Januar 2017 lösen die fünf Pflegegrade die bisher geltenden drei Pflegestufen ab. Demnach haben ab 1.1.17 alle Menschen ab anerkanntem Pflegegrad 2 Anspruch auf Kurzzeitpflege. Des Weiteren auch Menschen, die durch eine Krankheit oder einen Unfall plötzlich pflegebedürftig sind und Kurzzeitpflege benötigen.

4. Kosten und Kostenübernahme bei der Kurzzeitpflege

Grundsätzlich setzen sich die Kosten für eine stationäre Kurzzeitpflege aus den üblichen drei Hauptposten einer Pflegeheimunterbringung zusammen:

 

  • Unterbringung und Verpflegung
  • Investitionskosten (Instandhaltung etc.) und
  • Pflegekosten

 

Die Pflegekassen bezuschussen im Rahmen einer Kurzzeitpflege die anfallenden Pflegekosten mit einem Pauschalbetrag von 1.612 EUR. Dieser wird unabhängig vom Pflegegrad bezahlt, also auch für Pflegegrad 0. Zu den Unterschieden siehe unter 6.

 

Ab 1.1.17 haben Menschen ab Pflegegrad 2 Anspruch auf Kurzzeitpflege von 1.612 EUR pro Jahr plus 100 Prozent des nicht genutzten Budgets der Verhinderungspflege, d. h. insgesamt bis zu 3.224 EUR pro Jahr.

 

Wenig bekannt ist bislang, dass die Kosten durch zusätzliche Betreuungsleistungen aufgestockt werden können. Für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen erhalten

 

  • Pflegebedürftige einen monatlichen Betrag in Höhe von 104,00 EUR/208,00 EUR (bis 31.12.16) bzw. 125,00 EUR (ab 1.1.17).

 

  • Diese Beträge können im Rahmen einer Kurzzeitpflege für die Unterbringungskosten verwendet werden.

 

Alle weiteren Kosten für Kurzzeitpflege müssen Pflegebedürftige aus eigener Tasche bezahlen. Hat der Pflegebedürftige selbst nicht die finanziellen Mittel für diese Zusatzkosten, so springt entweder das Sozialamt ein oder es entstehen aus der Kurzzeitpflege Kosten für Angehörige.

 

Checkliste / Das gilt bei Kurzzeitpflege

Zuzahlung

Bei einer Kurzzeitpflege mit Pflegestufe bzw. ab Pflegegrad 2 (ab 2017) gewähren die Pflegekassen eine pauschale Zuzahlung von 1.612 EUR pro Jahr.

Eigenanteil

Die Pflegekassen subventionieren nur den Pflegeanteil. Die restlichen Kosten müssen Pflegebedürftige selbst bezahlen.

Pflegegeld

Das Pflegegeld bei Kurzzeitpflege wird den Pflegebedürftigen bis zu vier Wochen lang in halber Höhe weiter ausgezahlt.

Kurzzeitpflege steuerlich absetzen

Unter Umständen können die Zusatzkosten einer Kurzzeitpflege als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Informieren Sie sich dazu bei Ihrem Finanzamt

 

5. Kurzzeitpflege mit Pflegegrad

Kurzzeitpflege zahlt die Pflegeversicherung. Sie dient dazu, Krisensituationen zu überbrücken sowie Sicherheit und Entlastungsräume für pflegende Angehörige zu schaffen. In diesen Fällen besteht Anspruch auf Kurzzeitpflege:

 

Checkliste / In diesen Fällen besteht Anspruch auf Kurzzeitpflege

  • Ein Pflegebedürftiger, der bislang zuhause gepflegt wurde, nach einem Krankenhausaufenthalt noch nicht wieder fit genug für die häusliche Pflege ist („Kurzzeitpflege nach Krankenhausaufenthalt“),
  • Ein bislang allein lebender Senior nach einer Erkrankung oder einem Unfall für eine begrenzte Zeit professionell gepflegt werden muss („Kurzzeitpflege nach Unfall“),
  • Die Pflegebedürftigkeit von zuhause gepflegten Angehörigen spontan steigt und der erhöhte Pflegebedarf selbst nicht aufgefangen werden kann,
  • Die Pflegebedürftigkeit unerwartet auftritt und erst einmal Zeit benötigt wird, um im häuslichen Umfeld die Rahmenbedingungen für eine Pflege zu schaffen,
  • Der Angehörige selbst krank ist oder in die Reha muss und somit vorübergehend nicht zum Pflegen imstande ist,
  • Der Angehörige aufgrund hoher psychischer und physischer Belastung eine Auszeit braucht oder einfach einmal in den Urlaub fahren möchten,
  • Der Pflegebedürftige langfristig in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden muss, aber noch kein Platz gefunden oder frei ist oder
  • Eine Einrichtung im Rahmen der Kurzzeitpflege für eine dauerhafte Pflege „getestet“ werden soll.
 

6. Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad

Die Voraussetzungen für Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad unterscheiden sich von denen mit Pflegegrad: Erstere wird ausschließlich zur Überbrückung von pflegerischen Engpässen gewährt. Sie kann aber nicht im Sinne einer Entlastungspflege von Angehörigen beantragt werden.

 

Anders als bei Kurzzeitpflege mit Pflegegrad werden die Kosten ohne Pflegegrad nicht von der Pflege- sondern von der Krankenkasse getragen. Die Kostenübernahme für Kurzzeitpflege ohne Pflegegrad bezieht sich nur auf die Pflegeleistungen. Der Satz entspricht der Leistung mit Pflegegrad. Die Hotelkosten sowie die Investitionskosten für Kurzzeitpflege müssen vom Patienten selbst getragen werden.

7. Kurzzeitpflege beantragen

Einen Antrag auf Kurzzeitpflege kann entweder der Pflegebedürftige selbst oder Sie als sein gesetzlicher Betreuer bzw. Vertretungsberechtigter unterschreiben.

 

Wenn der Betroffene eine Pflegestufe bzw. einen Pflegegrad (ab 2017) hat, erhalten Sie die entsprechenden Antragsformulare zum Beantragen der Kurzzeitpflege bei den Pflegekassen oder Ihrer Krankenkasse.

 

Personen ohne Pflegestufe bzw. Pflegegrad wenden sich mit dem Antrag an ihre Krankenkasse. Unterstützung beim Ausfüllen des Antrags können Sie sich bei den Pflege- und Krankenkassen, Sozial- und Pflegediensten oder den Sozialdiensten von Krankenhäusern holen.

8. Unterschied: Kurzzeitpflege - Verhinderungspflege

Neben der Kurzzeitpflege, die Pflegebedürftige bis zu 56 Tage im Jahr in Anspruch nehmen können, steht ihnen - wie ausgeführt - zusätzlich Verhinderungspflege zu. Die Unterschiede zwischen Kurzzeit- und Verhinderungspflege gestaltet sich wie folgt:

 

Übersicht / Unterschiede Kurzzeit- und Verhinderungspflege

  • Im Gegensatz zur Kurzzeitpflege wird Verhinderungspflege zu Hause geleistet. Dabei werden Sie als pflegender Angehöriger durch eine Ersatzperson vertreten, die entweder tage- oder stundenweise angefordert werden kann. Dafür kommen Angehörige, Bekannte oder professionelle Pflegekräfte infrage. Die Kurzzeitpflege ist zu Hause nicht möglich.

 

  • Verhinderungspflege wird - im Gegensatz zur Kurzzeitpflege - bis zu sechs Wochen im Jahr bezuschusst, dafür gibt es einen Pauschalbetrag von 1.612 EUR.

 

  • Anders als bei der Kurzzeitpflege wird Verhinderungspflege nur gewährt, wenn Sie als Pflegender davor bereits sechs Monate im Einsatz waren.

 

  • Wird die Verhinderungspflege von Verwandten ersten und zweiten Grades übernommen, zahlen die Pflegekassen maximal das 1,5-Fache des Pflegegeldes aus. Geht die Ersatzpflege mit Verdienstausfällen einher, gibt es bis zu 1.612 EUR.
 

9. Kurzzeitpflege für Demenzkranke

Angehörige, die Demenzkranke pflegen, bedürfen regelmäßiger Entlastung. Hierfür wurde die Kurzzeitpflege für Demenzkranke geschaffen. Demenzkranke haben vollen Anspruch auf Kurzzeitpflege, den Pauschalbetrag von 1.612 EUR und weitere 204 EUR für zusätzliche Betreuungsleistungen.

 

Der Betrag kann für die Unterbringungskosten bei der Kurzzeitpflege aufgewendet werden. So halten sich die Kosten für die Kurzzeitpflege für Demenzkranke im Rahmen.

 

Weiterführender Hinweis

  • Erhöhung des GdB: Neue Erkrankungen müssen zu neuen Funktionsstörungen führen, SR 17, 94
Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 123 | ID 44753205