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· Fachbeitrag · Nachfolgeplanung

Vollmacht für Testamentsvollstrecker

von RA Thomas Stein, FA Familienrecht und Erbrecht, Limburg

| Bei vielen Nachfolgegestaltungen ist die Bestimmung eines Testamentsvollstreckers sinnvoll. Es steht zu erwarten, dass das Bedürfnis für dieses Instrument noch größer wird, die Gesellschaft driftet im Ganzen wie im Kleinen immer mehr auseinander. |

1. Zeitaspekt von großer Bedeutung

Wer einen Testamentsvollstrecker einsetzt, will in der Regel, dass seine Nachlassverwaltung mit größtmöglicher Effizienz ausgestattet ist. Bestimmt wird der Testamentsvollstrecker in einer letztwilligen Verfügung, daher ist Folgendes zu bedenken:

 

Eine letztwillige Verfügung muss erst einmal durch das Nachlassgericht eröffnet werden. Beim Stichwort Testamentseröffnung denkt der Laie an spannende bis dramatische Familienzusammenkünfte, die es im Fernsehen, aber nicht in der Realität gibt. Die Nachlassgerichte sehen nämlich so gut wie immer bewusst davon ab, die am Verfahren Beteiligten zu einem Termin vorzuladen, sondern übersenden einfach Testamentsabschriften. Selbst dieser Vorgang dauert in der Praxis in aller Regel mehrere Wochen. Oft wird dann erst bekannt, dass eine Testamentsvollstreckung vorgesehen ist. Der Testamentsvollstrecker ist Beteiligter und wird vom Gericht benachrichtigt, dann muss er aber, um die notwendige Legitimation nach außen zu erhalten, ein Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen. In diesem Verfahren zur Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses prüft das Nachlassgericht die Gültigkeit der Anordnung der Testamentsvollstreckung und der Benennung des Testamentsvollstreckers. Vor der Erteilung werden dann die Erben angehört. Auch dieser ganze Vorgang nimmt wieder Wochen in Anspruch.

 

Über all diese Abläufe geht wertvolle Zeit verloren. Der Testamentsvollstrecker kann noch keine Nachlasssichtung und -sicherung betreiben. Diese ist aber erfahrungsgemäß schon in den ersten Tagen nach dem Versterben eines Erblassers notwendig. Die Hemmschwelle, sich eigenmächtig aus dem Nachlass zu bedienen, ist bei vielen Menschen sehr niedrig angesiedelt. Wer schon öfter Nachlässe in Augenschein genommen hat, wird die Erfahrung teilen, dass beispielsweise in Geldbörsen meist nur noch Cent-Stücke, erst recht keine Euro-Scheine gefunden werden. Ausnahmen bestätigen die Regel.

2. Vollmacht ermöglicht schnelles Handeln

Daher ist es für eine effiziente Testamentsvollstreckung von größter Wichtigkeit, dass der Testamentsvollstrecker möglichst sofort nach dem Ableben des Erblassers für den Nachlass handeln und denselben sichern kann. Dies lässt sich auf relativ einfachem Wege sicherstellen, nämlich indem der Testamentsvollstrecker zusätzlich zu seiner Bestimmung im Testament eine Vollmacht für die Abwicklung aller rechtsgeschäftlichen Angelegenheit für den Nachlass erhält. Dies kann im Testament oder in einer eigenständigen Vollmachtsurkunde geschehen.

 

Die Vollmachtserteilung im Testament beseitigt unter Umständen das Zeitproblem nur teilweise, denn hier muss in der Regel die Testamentseröffnung abgewartet werden. Oft erfährt der Testamentsvollstrecker erst dann von seinem Amt und kann handeln.

 

PRAXISHINWEISE |

  • Die Bevollmächtigung sollte in einer gesonderten Urkunde erfolgen. Damit ist der Testamentsvollstrecker informiert und es wird Sorge getragen, dass er mit dem Ableben schnellstmöglich über die Vollmachtsurkunde verfügt.

 

  • Wenn ein absolutes Vertrauensverhältnis zum Testamentsvollstrecker besteht, kann die Vollmachtsurkunde sogar vorher an den Testamentsvollstrecker ausgehändigt werden. Dabei kann die Gültigkeit der Vollmacht von der Vorlage einer Sterbeurkunde abhängig gemacht werden, wenn in der Vollmacht für den Testamentsvollstrecker allein durch ihre Vorlage die Berechtigung zur Einholung einer Sterbeurkunde geregelt wird.
 

3. Widerruf der Vollmacht durch Erben

Selbst wenn der Testamentsvollstrecker schnell und zuverlässig in den Besitz der Vollmacht gesetzt ist, ist ein Problem noch nicht gelöst: Die Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers haben die Möglichkeit, eine von ihm erteilte Vollmacht zu widerrufen. Ob eine Vollmacht mit Wirkung ab dem Tod als unwiderruflich erteilt werden kann, ist juristisch umstritten. Die Gestaltung als unwiderruflich kann die Erben möglicherweise davon abhalten, sich am Widerruf zu versuchen. Rechtssicher ist diese Möglichkeit auf jeden Fall nicht.

 

Das Ganze lässt sich verstärken, indem man den Erben im Testament per Auflage auferlegt, die Vollmacht nicht zu widerrufen. Die Wirksamkeit einer solchen Auflage ist aber juristisch zweifelhaft. Eine auf jeden Fall wirksame Möglichkeit ist eine Sanktion im Testament, etwa beispielsweise dahin, dass ein Erbe, der die Vollmacht widerruft, auf den Pflichtteil gesetzt wird und Ähnliches. Wie weit man bei der Nachfolgegestaltung in diesem Bereich gehen will, ist sicherlich eine Frage des Einzelfalls mit speziellem Blick auf die Persönlichkeiten der in Rede stehenden Erben.

 

Für die Praxis ist festzuhalten, dass die Erteilung einer sofort einsetzenden Vollmacht zur Besorgung aller rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten betreffend den Nachlass sinnvoll und damit ratsam ist. Dabei ist an den möglichst sicheren Weg zu denken, auf dem der Testamentsvollstrecker in den Besitz der Vollmachtsurkunde gesetzt wird, damit er sofort handeln kann. An Maßnahmen gegen den möglichen Widerruf durch Erben sollte ebenfalls unbedingt gedacht werden.

Quelle: Ausgabe 11 / 2016 | Seite 196 | ID 44303997