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· Fachbeitrag · Elternunterhalt

Bestattungsvorsorgevermögen:Verwertbares Vermögen oder Schonvermögen?

von Dr. Dagny Licenie-Kierstein, RiOLG, Berlin/Brandenburg

| Rücklagen für die Beerdigung bedürftiger Eltern nebst Grabpflege sind in der Praxis häufiger Streitpunkt zwischen den Trägern der Sozialhilfe bzw. unterhaltspflichtigen Kindern auf der einen und bedürftigen Eltern auf der anderen Seite. Dem Begehren nach Sozialhilfe oder Unterhaltsleistungen wird nicht selten mit dem Einwand begegnet, dass der hilfebedürftige Elternteil zur vorrangigen Bedarfsdeckung durch eine Verwertung seiner für die Bestattungsvorsorge gebildeten Vermögensrücklage verpflichtet sei. |

1. Bestattungsvorsorgeverträge

Für viele ältere Menschen ist es ein wichtiges Anliegen, die eigene Bestattung und Grabpflege nach ihren persönlichen Vorstellungen zu regeln und bereits zu Lebzeiten für eine über dem einfachsten Standard liegende Bestattung und Grabpflege finanziell Vorsorge zu treffen. Häufig werden deshalb zu Lebzeiten vor allem Bestattungsvorsorgeverträge abgeschlossen und darauf Zahlungen geleistet. Die Kosten für die Bestattung, die Grabanlage und Pflege der Grabstätte sind heute erheblich, sodass im Rahmen eines Bestattungsvorsorgevertrags regelmäßig ein hohes Vorsorgevermögen gebildet wird.

 

  • Beispiel

Die 85 Jahre alte Mutter M, die zwei Söhne hat, lebt seit Mai 2016 in einem Alten- und Pflegeheim. Eine Woche vor der Aufnahme in diesem Heim hat sie einen Bestattungsvorsorgevertrag abgeschlossen und 6.000 EUR für die Kosten ihrer Bestattung sowie für ihr Grab und die Grabpflege auf ein Treuhandkonto eingezahlt. Der Vertrag beinhaltet die Erdbestattung der M in einem Kiefernsarg aus Vollholz einschließlich weiterer Leistungen und der Friedhofsgebühren für insgesamt 3.000 EUR sowie 1.200 EUR für eine Marmorgrabplatte und 1.800 EUR für 30 Jahre Grabpflege. Das verbleibende Guthaben der M auf einem Tagesgeldkonto belief sich zum Zeitpunkt ihres Umzugs in das Pflegeheim auf 2.500 EUR.

 

Den Antrag der M auf Leistungen für die nicht durch eigene Einkünfte (Witwenrente, Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung und Pflegewohngeld) gedeckten Heimkosten lehnt der Sozialhilfeträger ab. Zur Begründung macht er geltend, die M verfüge im Hinblick auf das auf dem Treuhandkonto hinterlegte Geld sowie ihr Sparguthaben auf dem Tagesgeldkonto über ein Vermögen in Höhe von insgesamt (6.000 EUR + 2.500 EUR =) 8.500 EUR. Hiervon sei nach Abzug eines sozialhilferechtlichen Schonvermögens von 2.600 EUR (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1a der DVO) vorrangig ein Betrag in Höhe von 5.900 EUR zur eigenen Bedarfsdeckung zu verwenden. Die beiden grundsätzlich unterhaltspflichtigen Söhne verweigern Unterhaltszahlungen ebenfalls unter Hinweis auf ein für die Beerdigung und Grabpflege zurückgelegtes verwertbares Vermögen der M. Frage: Zu Recht?

 

2. Grundsatz der vorrangigen Vermögensverwertung

Der Unterhaltsanspruch von Eltern setzt voraus, dass sie ihren Bedarf nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen decken können. Entsprechendes gilt im Hinblick auf Sozialhilfeleistungen. Neben dem Einkommen, das alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert umfasst, ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Die Erhaltung von (generellen) Alterskapitalrücklagen wird weder im Hinblick auf die Zukunftsperspektive des unterhaltsberechtigten Elternteils (angemessene Lebensführung im Alter) noch im Hinblick auf ein mögliches Erbe als schützenswert angesehen. Das gilt insbesondere, wenn der bedürftige Elternteil sich im vorgerückten Alter befindet, im Pflegeheim lebt und eine Rückkehr in eine eigene Wohnung nicht mehr realistisch ist. Dann ist der ursprüngliche mit der Vermögensrücklage verbundene Zweck durch den Eintritt der Pflegebedürftigkeit nicht mehr erreichbar.

 

Aufgrund des geltenden weiten Vermögensbegriffs gehört zum Vermögen von bedürftigen Eltern grundsätzlich auch ihr (Haupt-) Leistungsanspruch gegen das Bestattungsunternehmen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag.

 

MERKE | Die vertragliche Bestattungsleistung selbst ist allerdings faktisch nicht verwertbar. In Betracht käme insoweit allenfalls ein Verkauf der damit verbundenen Rechte. Ein solcher Verkauf dürfte jedoch am Markt daran scheitern, dass Bestattungsvorsorgeverträge üblicherweise individuell gestaltet sind, sodass ein anderer an der Übernahme der vereinbarten Leistungen kein Interesse hat. Die Hauptleistung aus dem Bestattungsvorsorgevertrag lässt sich daher in der Praxis selten zu Geld machen, um damit z. B. Heimpflegekosten beizutragen.

 

Zu den werthaltigen Vermögensbestandteilen zählen jedoch alle aus dem Bestattungsvorsorgevertrag resultierenden Rückabwicklungsansprüche nach Auflösung des Vertrags (vgl. etwa BSG 18.3.08, B 8/9b SO 9/06 R).

 

PRAXISHINWEIS | Bei Bestattungsvorsorgeverträgen handelt es sich ihrer Rechtsnatur nach um sogenannte gemischte Verträge, die überwiegend dem Werkvertragsrecht unterliegen. Daraus folgt ein Kündigungsrecht des Bestellers gemäß § 649 BGB, wonach er den Vertrag bis zur Vollendung des Werks jederzeit kündigen kann. Diese gesetzliche Regelung ist allerdings vertraglich abdingbar.

 

Auch eine von Eltern bei einer Vorsorgekasse abgeschlossene (reine) Sterbegeldversicherung, deren Versicherungssumme erst/nur bei Tod des Versicherungsnehmers fällig wird, ist dem Grunde nach einsetzbares Vermögen. Im Regelfall besteht ein vorzeitiges Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers. Daraus resultiert sein Anspruch auf Auszahlung des im Kündigungszeitpunkt bestehenden Rückkaufswerts.

 

Der Rückkaufswert einer Sterbegeldversicherung scheidet allerdings von vornherein als verwertbares Vermögen aus, wenn eine vorzeitige Kündigung ausgeschlossen oder die Kündigungsfrist besonders lange ist, sodass eine zeitnahe Vereinnahmung des Rückkaufswerts nicht möglich ist.

3. Verwertungsschutz für Bestattungsvorsorgemaßnahmen

Es ist der Wunsch vieler Menschen, für die Zeit nach ihrem Tod vorzusorgen. Dieser Wunsch ist auch bei hilfebedürftigen Eltern zu respektieren. Ihnen müssen deshalb die Mittel erhalten bleiben, die sie zu Lebzeiten für eine ihren persönlichen Wünschen und Vorstellungen entsprechende angemessene Bestattung und Grabpflege zurückgelegt haben. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, eine angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall von einer Verwertungspflicht auszunehmen. Für die Begründung sind verschiedene rechtliche Anknüpfungspunkte denkbar:

 

a) Kein Verwertungsverbot nach § 90 Abs. 2 SGB XII

Nach dieser Vorschrift darf die Gewährung von Sozialhilfeleistungen nicht vom Einsatz oder von der Verwertung bestimmter in den Nr. 1 bis 9 aufgeführten Vermögenswerte (sog. Schonvermögen) abhängig gemacht werden. Der Bestattungsvorsorgevertrag gehört jedoch nicht zu den verschonten Vermögensgegenständen, die in dem abschließenden Ausnahmekatalog des § 90 Abs. 2 SGB XII aufgeführt sind (vgl. BSG, a.a.O.). Auch eine Sterbegeldversicherung wird nicht von der Schutzvorschrift des § 90 Abs. 2 SGB XII erfasst.

 

b) Kein Verwertungsschutz nach § 90 Abs. 3 S. 2 SGB XII

Diese Regelung sieht vor, dass der Einsatz oder die Verwertung von Vermögen nicht verlangt werden kann, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Die „angemessene Lebensführung“ und die „angemessene Alterssicherung“ findet jedoch begriffsnotwendig ihr Ende mit dem Tod des Betreffenden. Eine Vorsorge des Hilfsbedürftigen für die Zeit nach seinem Tod fällt nicht darunter (vgl. BSG, a.a.O.).

 

c) Vermögensverschonung nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII

Der Bedürftigkeit von Eltern steht grundsätzlich nicht entgegen, dass der Hilfsbedürftige noch über Vermögen verfügt. Mit Blick auf § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII wird auch einem, in einem Pflegeheim lebenden bedürftigen Elternteil zugestanden, eine gewisse Vermögensreserve für einen unvorhergesehenen (Sonder-) Bedarf als Notgroschen zurückzuhalten. Deren Auflösung kann nicht verlangt werden, wenn dies eine Härte bedeuten würde.

 

Die Höhe des Schonvermögens ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen. Mindestens aber soll dem Betroffenen der Vermögensbetrag verbleiben, der nach den Vorschriften des Sozialhilferechts als unverwertbares Vermögen gilt (BGH 17.12.03, XII ZR 224/00, Abruf-Nr. 040021). Bezogen auf Barmittel liegt der Freibetrag seit 2005 bei 2.600 EUR (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1a der DVO).

 

In der sozialhilferechtlichen Rechtsprechung wird ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass das für eine angemessene Bestattung sowie für eine angemessene Grabpflege angelegte Geld ebenfalls als Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII anzusehen ist. Insbesondere das Vermögen aus einem Bestattungsvorsorgevertrag nebst Sterbegeldversicherung wird grundsätzlich als zusätzliches Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung anerkannt. Eine wechselseitige Anrechnung der beiden Arten von Schonvermögen findet nicht statt.

 

Beachten Sie | Im Beispielsfall kann deshalb der auf dem Tagesgeldkonto der M noch vorhandene Notgroschen nicht in die Beurteilung der Angemessenheit ihres weiteren Bestattungsvorsorgevermögens einbezogen werden.

 

Für eine solche Erweiterung des Schonvermögens i. S. v. § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII spricht nicht zuletzt, dass die Bundesregierung eine Gesetzesinitiative des Bundesrats in 2005, mit der die Ausweitung des Katalogs für das Schonvermögen in § 90 Abs. 2 SGB XII um das Bestattungsvorsorgevermögen vorgesehen war, als überflüssig abgelehnt hat. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein zusätzlicher Vermögensschutz nicht erforderlich sei. Denn bereits nach der geltenden Härtefallregelung in § 90 Abs. 3 SGB und der Vorschrift des § 74 SGB XII sei eine menschenwürdige Bestattung auch für Sozialhilfeempfänger sichergestellt (BT-Drucksache 16/239, Art. 3 Nr. 4 S. 10, 15 und 17).

 

MERKE | Eine Anerkennung als zusätzliches Schonvermögen kommt allerdings nur in Betracht, wenn eine eindeutige vermögensrechtliche Zweckbestimmung (Bestattung, Grabpflege) vorliegt. Um Missbräuche zu verhindern und eine anderweitige Verwendung des angesammelten Vermögens auszuschließen bzw. wesentlich zu erschweren, muss

  • die ausschließliche Zweckbestimmung einer Bestattungsvorsorge von dem bedürftigen Elternteil verbindlich und schriftlich festgelegt worden sein.
  • Außerdem muss er den für die Bestattungsvorsorge vorgesehenen Vermögensteil aus seinem übrigen Vermögen eindeutig ausgegliedert haben.

 

Diesen Anforderungen genügen insbesondere Bestattungsvorsorgeverträge, die die tatsächliche Einzahlung auf ein Treuhandkonto vorsehen. Entsprechendes gilt für Sterbegeldversicherungen. Hierdurch wird die Zweckbestimmung für die Bestattungsvorsorge objektiv nachweisbar festgelegt. Eine grundsätzlich bestehende Kündigungsmöglichkeit muss in diesem Zusammenhang denknotwendig so lange unbeachtlich bleiben, als keine Kündigung mit dem Ziel die Zweckbestimmung der Beerdigung und Grabpflege endgültig aufzuheben erfolgt ist.

 

Grundsätzlich dürfen bedürftige Eltern auch eine andere Form der Bestattungsvorsorge wählen, wenn und soweit objektiv sichergestellt ist, dass das angelegte Vermögen nur für die Bestattung und Grabpflege, nicht aber für andere Zwecke verwendet werden kann. Dementsprechend genügt eine rein subjektive Zweckbestimmung nicht, um einen weiteren Vermögensschonbetrag gemäß § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII unter dem Aspekt der Bestattungsvorsorge anzuerkennen. Diese Einschränkung ist zur Vermeidung von Missbrauchsfällen notwendig, denn sonst könnte jede Form der Geldanlage als Vermögen für die Bestattung bezeichnet werden.

 

Beachten Sie | Im Beispielsfall ist der nachweisbare Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrags durch M i. V. m. der anschließenden Einzahlung der vereinbarten 6.000 EUR auf ein Treuhandkonto objektiv geeignet, gemäß § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII dem Grunde nach einen weiteren Vermögensschonbetrag unter dem Gesichtspunkt der Bestattungsvorsorge zu begründen.

 

d) Vermögensschutz trotz vorhandener Angehöriger

Der teilweise vertretenen Auffassung, ein Bestattungsvorsorgevermögen sei nicht als Schonvermögen i. S. v. § 90 Abs. 3 S. 1 BGB anzuerkennen solange leistungsfähige Angehörige oder Verpflichtete vorhanden seien, die die künftigen Beerdigungskosten aufbringen könnten, ist nicht zu folgen. Der im Rahmen von § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII anzuerkennende Wunsch nach einer angemessenen Bestattungsvorsorge, würde weitgehend ins Leere gehen, wenn schon das Vorhandensein von Angehörigen/Verpflichteten den Vermögensschutz entfallen ließe. Der Wunsch zielt regelmäßig auch darauf ab, die Kosten für die eigene würdige Bestattung und Grabpflege gerade nicht den Angehörigen bzw. Erben aufzubürden.

 

Im Beispielsfall steht deshalb auch der Umstand, dass die M 2 Söhne hat, die im Fall ihres Todes als Bestattungspflichtige für eine Bestattung ihrer Mutter zu sorgen hätten, einem Vermögensschutz nach § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII von vornherein nicht entgegen.

 

e) Einwand eines missbräuchlich angelegten Bestattungsschonvermögens

Aus einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrags und der Aufnahme in ein Pflegeheim darf nichts zum Nachteil eines bedürftigen Elternteils hergeleitet werden. Das gilt selbst, wenn der Bestattungsvorsorgevertrag am Tag vor dem Umzug in die Pflegeeinrichtungen unterzeichnet wurde. Etwas anderes würde nur gelten, wenn Eltern den Bestattungsvorsorgevertrag mit dem direkten Vorsatz abschließen würden, hierdurch ihre Bedürftigkeit und damit die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfeleistungen herbeizuführen. Insoweit bedarf es jedoch hinreichend objektivierbarer Anhaltspunkte. Selbst der Abschluss eines Vorsorgevertrags nach der Heimaufnahme spricht nicht zwingend für eine Absicht, die Gewährung von Sozialhilfe herbeizuführen. Auch im Beispielsfall fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür.

4. Angemessene finanziellen Vorsorge für den Todesfall

Eine unangemessen hohe Bestattungsrücklage ist nur bis zur Grenze der Angemessenheit als weiteres Schonvermögen im Sinne der Härtefallregelung geschützt. Bis zu welchem Betrag noch von einer angemessenen Bestattungsvorsorge gesprochen werden kann, ist von der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt worden.

 

a) Kein Rückgriff auf § 74 SGB XII

Nach dieser Vorschrift werden die erforderlichen Kosten übernommen, soweit dem Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. § 74 SGB XII dient dem Zweck, eine würdige Bestattung (mit lediglich einfachstem Standard) auch dann zu gewährleisten, wenn der Tote mittellos ist und für die an sich zur Tragung der Bestattungskosten Verpflichteten eine Kostentragung im konkreten Fall unzumutbar ist (sog. Sozialbestattung).

 

Mit dieser Konstellation ist jedoch der Fall, in dem ein bedürftiger Elternteil, der in ein Pflegeheim umzieht, aus seinem eigenen Vermögen finanzielle Mittel zweckgebunden für die Bestattungsvorsorge zurückgelegt hat, nicht vergleichbar. Allein aus § 74 SGB XII, der beispielsweise weder die Kosten für eine angemessene Grabpflege noch für eine (ortsübliche) Beerdigungsfeier oder für einen Grabstein (nur „Merkpfahl“) einschließt, kann daher für die Angemessenheit der Höhe eines weiteren Schonvermögens für die Bestattungsvorsorge im Sinne von § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII nichts hergeleitet werden.

 

b) Ortsübliche Gepflogenheiten

Die Angemessenheit der Bestattungsvorsorge hat sich an den vorgesehenen Leistungen und den örtlichen Preisen für eine Bestattung zu orientieren. Grundlage für den Abschluss von Bestattungsvorsorgeverträgen und die auf ein Treuhandkonto eingezahlten Beträge bilden regelmäßig die konkreten Kalkulationen durch das Bestattungsunternehmen. Sie orientieren sich an den geschätzten Kosten, die voraussichtlich entstehen werden.

 

MERKE | Die Angemessenheit der Grabpflege beurteilt sich nach den Kosten, die erforderlich sind, das Grab für die Dauer der Mindestruhezeit in einem Zustand zu halten, der der maßgeblichen Friedhofsordnung entspricht.

 

Eltern haben das Recht, die Art ihrer Bestattung (Erdbestattung, Feuerbestattung etc.) zu regeln. Ferner sind ihre Gestaltungswünsche hinsichtlich der Beerdigung und der Grabpflege bis zur Grenze der Angemessenheit zu berücksichtigen. Als Richtschnur für die Beurteilung der Angemessenheit dienen die Gepflogenheiten am Ort der Bestattung sowie die örtlichen Preise für eine Bestattung und Grabpflege. Beispielsweise entsprechen Leichenhemd und Deckengarnitur sowie Traueranzeigen, Trauerbriefe und Danksagungen in vielen Regionen des Bundesgebiets den ortsüblichen Gepflogenheiten. Das gilt auch für das Angebot einer Kaffeetafel für die Trauergäste im Anschluss an die Beerdigung. Die Kosten für eine einfache, aber würdevolle Bestattung variieren, je nachdem, ob die Bestattung in einer Großstadt oder in einem ländlichen Raum, wo häufig niedrigere Kosten entstehen, stattfindet.

 

Die Gerichte greifen bei der Beurteilung der Angemessenheit vielfach auf Erkenntnisse der Stiftung Warentest zurück. Diese sind im „Test Spezial Bestattungen“ am 25.10.08, S. 50 f. erschienen. Das Ergebnis war ein Betrag von etwa 7.000 EUR, der für die Kosten einer durchschnittlichen (einfachen) Bestattung aufzuwenden ist (z.B. OVG NRW 16.11.09, 12 A1363/09).

 

Vor diesem Hintergrund ist der von der M für die Bestattungsvorsorge auf das Treuhandkonto überwiesenen Betrag von 6.000 EUR als angemessen anzusehen. Dieses Bestattungsvorsorgevermögen stellt im Ergebnis sowohl sozialhilferechtlich als auch unterhaltsrechtlich - neben dem ihr zu belassenden Notgroschen - eine weitere verwertungsgeschützte Vermögensrücklage dar.

 

MERKE | Übersteigt das tatsächliche Bestattungsvorsorgevermögen dagegen die Angemessenheitsgrenze, stellt der darüber hinaus gehende Betrag verwertbares Vermögen dar. Das rechtfertigt nicht nur eine zeitlich befristete Versagung der begehrten Leistung. Vielmehr ist der Sozialhilfeträger bzw. das unterhaltspflichtige Kind nicht gehindert die begehrte Leistungsgewährung generell abzulehnen, solange vorrangig verwertbares Vermögen vorhanden ist.

 
Quelle: Ausgabe 10 / 2016 | Seite 171 | ID 44298922