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· Fachbeitrag · Vermögensnachfolge

Stiftung und Testamentsvollstreckung: Zwei gängige Instrumente miteinander kombinieren

von RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

| Die Stiftung und die TV werden häufig als Instrument zur Regelung der Vermögens- und Unternehmensnachfolge eingesetzt. Da beide „Werkzeuge“ eine ähnliche Zielrichtung aufweisen, liegt es nahe, beide Instrumente miteinander zu kombinieren. Und der praktische Nutzen ist nicht von der Hand zu weisen. |

1. Typische Einsatzmöglichkeiten

  • Der TV kann beim Abwickeln des Nachlasses mitwirken und dafür sorgen, dass die letztwillig errichtete Stiftung anerkannt wird und die faktische Überleitung des Nachlasses auf diese Stiftung ordnungsgemäß stattfindet,
  • er kann die Stiftung nach ihrer Entstehung verwalten oder beaufsichtigen,
  • zudem kann er als Stiftungsorgan zum Erfolg beitragen.

 

Eine Stiftung kann durch Stiftungsgeschäft unter Lebenden (§ 81 BGB) oder durch Verfügung von Todes wegen (§ 83 BGB) errichtet werden. Während für das Stiftungsgeschäft unter Lebenden die Schriftform genügt, bedarf das Stiftungsgeschäft von Todes wegen der Form, die für letztwillige Verfügungen vorgesehen ist. Schließlich ist auch eine Errichtung durch Erbvertrag möglich (vgl. Muscheler ZEV 03, 41). Wird eine Stiftung durch Verfügung von Todes wegen gegründet, bestehen folgende Varianten:

 

  • Einsetzung der Stiftung zum Erben:
  • Eine Stiftung, die erst nach dem Tod des Stifters rechtsfähig wird, ist nicht Nacherbe, sondern gilt als Erbe (§ 84 BGB). Die Stiftung kann als Miterbe, Nacherbe und Ersatzerbe fungieren. Die Einsetzung als Vorerbin nach § 2105 BGB ist in der Praxis hingegen regelmäßig problematisch, weil sie, falls der Zeitraum bis zum Eintritt des Nacherbfalls kurz bemessen ist, regelmäßig nicht anerkannt wird. Eine Anerkennung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn der Stiftungszweck ebenfalls zeitlich begrenzt ist. Gegen diese Möglichkeit spricht sich Langenfeld generell aus mit der Begründung, der Vermögenserwerb sei zeitlich nur begrenzt (Langenfeld, ZEV 02, 482). Die Argumentation kann so pauschal nicht überzeugen, weil es auch zeitlich begrenzte Stiftungen gibt, die dann durch Zweckerreichung aufgelöst werden.

 

  • Vermächtnis zugunsten einer noch zu errichtenden Stiftung:
  • Die Detailausgestaltung der Stiftung kann einem TV überlassen werden. Ist der Zweck der Stiftung hinreichend bestimmt, so ist deren Errichtung aufgrund letztwilliger Verfügung auch möglich, indem der Erblasser dem TV die Auswahl des Stiftungsträgers (bei unselbstständigen Stiftungen) und die inhaltliche Fassung der Satzung überlässt (OLG München DNotZ 14, 702). Dem TV sollte die Befugnis eingeräumt werden, die Satzung zu ändern oder zu ergänzen. Auf diese Weise wird der Gefahr vorgebeugt, dass Satzungsmängel zur Nichtanerkennung führen. Somit können auf einfache Weise die Anforderungen der Anerkennungsbehörde berücksichtigt werden.

2. Die Abwicklung des Stiftungsgeschäftes

Beim Stiftungsgeschäft von Todes wegen ist es empfehlenswert, begleitend TV anzuordnen. Die Aufgabe des TV bei der Abwicklung besteht primär darin, den Nachlass in Besitz zu nehmen und zu verwalten, bis die Stiftung entstanden ist und die sonstigen Abwicklungsgeschäfte vorgenommen wurden. Bei der Abwicklung wird der TV das Verfahren zur Anerkennung der Stiftung betreiben. Handelt es sich um eine gemeinnützige Stiftung, wird er auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit erwirken. Ist die Stiftung wirksam entstanden, muss der TV die Grundbuchberichtigung auf den Erben vornehmen. Gehören Beteiligungen zum Nachlass, ist auch das Handelsregister zu berichtigen. Bankkonten und Depots sind entsprechend umzuschreiben. Bis zur kompletten Umsetzung verwaltet der TV die in Gründung befindliche Stiftung. Insoweit gelten keine Besonderheiten zu einer normalen Abwicklungsvollstreckung.

3. Der TV als Stiftungsorgan

In dieser Konstellation können sich Probleme aus § 181 BGB ergeben. Obwohl der TV als Amtsträger nicht unter den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 181 BGB fällt (Staudinger/Reimann, BGB, § 2205 Rn. 108 ff.), wird die Vorschrift wegen der Gleichheit der Konfliktlage entsprechend angewendet. Eine ausdrückliche oder stillschweigende Gestattung durch den Erblasser ist also notwendig. Um irgendwelchen Zweifeln vorzubeugen, sollte der Erblasser den TV ausdrücklich vom Verbot des § 181 BGB befreien mit der Formulierung: „Der Testamentsvollstrecker ist im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses vom Verbot des Mehrfachkontrahierens befreit.”

 

Probleme können sich ergeben, weil die Anordnung der TV gemäß § 2210 BGB zeitlich begrenzt ist, die Dauer der Stiftung demgegenüber nicht. Allerdings findet die Vorschrift des § 2210 BGB bei der Einsetzung des TV als Stiftungsorgan keine Anwendung. Er bleibt somit Stiftungsorgan, auch wenn das Amt als TV wegen § 2210 BGB oder aus anderen Gründen erloschen ist (Wochner, MittRhNotK 94, 89).

 

Beachten Sie | Soll die Personenidentität in den durch § 2210 BGB gezogenen zeitlichen Grenzen sichergestellt werden, ist dies bei der letztwilligen Anordnung zu berücksichtigen. Es ist also eine Koppelung beider Ämter vorzunehmen. Eine Ersatzbenennung für das Doppelamt ist dringend anzuraten. Dies könnte wie folgt formuliert werden:

 

Musterformulierung / TV bei Stiftungsgeschäft von Todes wegen

„Zum Testamentsvollstrecker und ersten Vorstand der X-Stiftung bestimme ich T. Er ist befugt, nach meinem Tode die beigefügte Satzung für die X-Stiftung einschließlich der Stiftungszwecke zu ändern, soweit das erforderlich ist, um dem hier niedergelegten Stifterwillen Geltung zu verschaffen. Beide Ämter sind stets durch eine Person wahrzunehmen. Endet das Amt als Testamentsvollstrecker ‒ gleich aus welchem Grund ‒, endet auch das Amt als Vorstand. Dies gilt entsprechend auch im umgekehrten Fall. Als Ersatz-TV und Vorstandsmitglied benenne ich Herrn/Frau …”

 
Quelle: Seite 90 | ID 46399841