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· Fachbeitrag · Vermächtnis

Universalvermächtnis versus Erbeinsetzung:Das sind die Vorteile

von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a.D., Vallendar

| Das Universalvermächtnis ist bedeutsam, weil der Erblasser anders als bei der Erbeinsetzung wegen § 2065 Abs. 2 BGB einen Bestimmungs-berechtigten i. S. v. § 2151 BGB benennen kann. Anspruchsvoller ist die Verbindung dieser Möglichkeit mit den Möglichkeiten, dieses Vermächtnis als bedingtes Vermächtnis i. S. v. § 2177 BGB zuzuwenden mit dem Zweck, die Nachteile der Anordnung von Vor- und Nacherbschaft beim Vorerben auszuschalten oder dem Zweck, bestimmte Personen von der Teilhabe am Nachlass völlig fernzuhalten (z. B. durch sog. Geschiedenentestament). |

1. Allgemeines

Beim Universalvermächtnis beschwert der Erblasser die Erben oder den Alleinerben mit einem Vermächtnis über den gesamten Nachlass an einen oder mehrere durch den Erblasser benannte Vermächtnisnehmer. Die Zulässigkeit dieses Vermächtnisses ist in der Literatur umstritten. Die h. M. hält ein solches Universalvermächtnis aber für zulässig (Schlitt, ZErb 06, 226; Tanck/Krug/Riedel, Anwaltformulare Testamente, 5. Aufl., § 14 Rn. 64; Nienaber in: Groll, Praxis-Handbuch Erbrechtsberatung, V 6 Rn. 97). Sie geht mit guten Gründen davon aus, dass der Vermächtnisnehmer den (nahezu) gesamten Nachlass, dessen Aktiva und Passiva, mit der Folge übernimmt, dass er auch für die Nachlassverbindlichkeiten nach §§ 2378, 2382, 2385 BGB analog haftet (Tanck/Krug/Riedel, a.a.O.). Mangels gesetzlicher Regelungen wendet auch die h. M. auf das Verhältnis zwischen Beschwerten und Vermächtnisnehmer die Bestimmungen über den Erbschaftskauf analog an (Schlitt, ZErb 06, 227).

 

PRAXISTIPP | Dabei sollten Sie als Anwalt für den Erblasser in der letztwilligen Verfügung eindeutig klarstellen, dass er seinen gesamten Nachlass bewusst als Vermächtnis dem Bedachten und nicht als Erbeinsetzung zuwendet, um die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB ‒ Erbeinsetzung ‒ zu entkräften (Groll, a.a.O.).

 

Musterformulierung / Universalvermächtnis

Die gesetzliche Erbfolge möchte ich nicht abändern. Meine Erben belaste ich mit folgendem Vermächtnis zugunsten meines Sohnes [...], geb. am [...], wohnhaft in [...], [...]-Str. [...]: Dieser soll mein Unternehmen [...], mein Grundstück in [...], eingetragen im Grundbuch von [...], Blatt [...], lfd. Nr. [...], Flur [...], Flurstück [...], [...] ar groß sowie mein gesamtes sonstiges Vermögen erhalten.

 

Oder: Die gesetzliche Erbfolge möchte ich nicht abändern. Zugunsten meiner Ehefrau ordne ich ein Vermächtnis mit dem Inhalt an, dass ihr mein gesamter Nachlass (bewegliches und unbewegliches Vermögen mit allen Aktiva und Passiva) zu Alleineigentum bzw. Alleininhaberschaft zu übertragen ist.

 

2. Beschwerter und Vermächtnisnehmer sind verschieden

Sind Beschwerte und Bedachte unterschiedliche Personen, bietet das Universalvermächtnis dem Erblasser zudem die Möglichkeit, dem Erben oder einer dritten Person das Bestimmungsrecht nach § 2151 BGB zuzuweisen und ihm die Entscheidung zu übertragen, wer unter mehreren möglichen Personen der Universalvermächtnisnehmer sein soll. Der andere geht leer aus. Ohne an die engen Grenzen des § 2065 Abs. 2 BGB gebunden zu sein, kann der Erblasser, z. B. im Rahmen der Regelung einer Unternehmensnachfolge, Folgendes anordnen: Der Bestimmungsberechtigte ‒ der der Erbe oder ein Dritter sein kann ‒ bestimmt das geeignetste Kind des Erblassers als Unternehmensnachfolger. Dieses erhält auch den „restlichen“ Nachlass.

 

Musterformulierung / Universalvermächtnis u. Bestimmungsrecht

Ich [...] setze meine Ehefrau als Alleinerbin ein. Ohne die Erbfolge ändern zu wollen, vermache ich meinen Söhnen [...], [...] und [...] im Wege des Universalvermächtnisses die von mir als Alleingesellschafter betriebene [...]-GmbH mit allen Aktiva und Passiva sowie meinen gesamten „restlichen Nachlass“ mit der Maßgabe, dass mein Steuerberater [...] nach freiem Ermessen und ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Nachprüfung denjenigen meiner Söhne als Bedachten bestimmen soll, den er für die Betriebsfortführung als Geeignetsten hält. Die Kosten der Vermächtniserfüllung muss die Erbin tragen.

 

Zur Verwaltung des Nachlasses und zur Erfüllung des Vermächtnisses bestimme ich meinen o. a. Steuerberater und ersatzweise [...] zum Testamentsvollstrecker. Die Kosten der Testamentsvollstreckung fallen dem Nachlass zur Last.

 

PRAXISTIPP | Immer dann, wenn Vermächtnisnehmer und Beschwerte unterschiedliche Personen sind, besteht die abstrakte Gefahr, dass der/die Erben das Erbe ausschlagen. Wenn diese Vorgehensweise also nicht mit den Beteiligten abgesprochen ist, empfiehlt es sich, in diesen Fällen Testamentsvollstreckung anzuordnen und einen Testamentsvollstrecker zu benennen. Dieser kann auch zugleich der Bestimmungsberechtigte sein.

 

Die Anordnung eines Universalvermächtnisses kann auch geboten sein, wenn dem Vermächtnisnehmer die längere Ausschlagungsfrist des § 2307 BGB verschafft werden soll (Schlitt, a.a.O., S. 228). Denn der Erbe muss ‒ von bestimmten Ausnahmen abgesehen ‒ grundsätzlich innerhalb von 6 Wochen (§ 1944 Abs. 1 BGB; ausnahmsweise: 6 Monaten, § 1944 Abs. 3 BGB) ‒ erklären, ob er die Erbschaft ausschlägt.

 

3. Identität von Beschwertem und Bedachten

Nach h. M. ist es auch zulässig, dass der Erblasser den von ihm eingesetzten Erben mit einem Universalvermächtnis als Vorausvermächtnis nach § 2150 BGB beschweren und zugleich bedenken kann (Schlitt, a.a.O.). Der Sinn einer solchen Anordnung kann allein darin bestehen, dass der Alleinerbe, der zugleich Vorausvermächtnisnehmer ist, frei und eigenständig über seinen erbrechtlichen Status entscheiden kann. Nach §§ 2058, 2307 BGB kann der Alleinerbe seine Erbeinsetzung ausschlagen und das Universalvermächtnis annehmen und umgekehrt.

 

MERKE | Sind Erbe und Vermächtnisnehmer identisch, erschöpft sich die Bedeutung dieses Vermächtnisses in der Wahl des umfassend Bedachten entweder das Erbe anzunehmen oder das Vermächtnis auszuschlagen oder umgekehrt.

 

4. Das bedingte Universalvermächtnis

Bei Personenverschiedenheit zwischen Erben und Vermächtnisnehmer kann es im Einzelfall angezeigt sein, ein Universalherausgabevermächtnis anzuordnen, dessen Fälligkeit an bestimmte Bedingungen (§ 2177 BGB) geknüpft werden kann, um z. B. die Anordnung einer für den Vorerben restriktiven Nacherbfolge zu vermeiden oder um bestimmte Personen an der erbrecht-lichen Teilhabe am Nachlass auszuschließen.

 

Der Erblasser möchte z. B., dass seine Ehefrau Alleinerbin und später sein Sohn ein Universalvermächtnis erhalten soll. Als Bedingung soll der Beginn eines bestimmten Jahres festgelegt werden. Dies könnte durch die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge erreicht werden. Dann würde die überlebende Ehefrau den Beschränkungen der Vorerbin unterliegen. Deshalb kann ein bedingtes Universalvermächtnis zugunsten des Sohnes angeordnet werden.

 

Musterformulierung / Bedingtes Universalvermächtnis

Ich [...] setze meine Ehefrau als Alleinerbin ein. Ohne die Erbfolge ändern zu wollen, vermache ich meinem Sohn [...], geb. am [...] im Wege des Universalvermächtnisses, dass mit Beginn des Jahres [...] alle im Vermögen meiner Ehefrau befindlichen Gegenstände, die nachweislich aus meinem Nachlass stammen, mein Sohn erhält.

 

(Statt als Bedingung den Beginn eines Jahres zu setzen, kann auch z. B. der Tod der Ehefrau [Alleinerbin] als Bedingung bestimmt werden.)

 

Weitere Regelungen können im Rahmen der Vermächtnislösung ‒ ähnlich dem sog. Geschiedenentestament (vgl. Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung, 5. Aufl., IV.6 Rn. 64-68) ‒ ganz allgemein für alle diejenigen Fälle bestimmt werden, in denen langfristig bestimmte Personen durch den Erblasser von der Teilhabe am Nachlass ausgeschlossen werden sollen.

 

Beachten Sie | Die Ausgestaltung solcher letztwilligen Verfügungen bedarf ganz besonderer Sorgfalt unter Anpassung auf die Wünsche der Beteiligten und den auszuschließenden Personenkreis (ausführlich: Schlitt, ZErb 06, 226 bis 229).

 

Musterformulierung / Universalvermächtnis + weitere Regelungen

Zu meiner Alleinerbin setze ich meine Ehefrau [...], geborene [...], geb. am [...], wohnhaft in [...], [...]-Straße [...], ein.

 

Abweichend von anderslautenden gesetzlichen Auslegungs-, Vermutungs- und Ergänzungsregelungen sowie anderen gesetzlichen Bestimmungen bestimme ich Herrn [...] geb. am [...], wohnhaft in [...], [...]-Straße [...] zum Ersatzerben.

 

Den Ersatzerben beschwere ich mit folgendem aufschiebend bedingtem Herausgabevermächtnis:

 

Alternativ: Meine o. a. Ehefrau bzw. bei Eintritt des Ersatzerbfalls den o. a. Ersatzerben beschwere ich mit folgendem aufschiebend bedingtem Herausgabevermächtnis:

 

  • Für den Fall, dass Gegenstände aus meinem Nachlass mit dem Tod meines Erben oder Ersatzerben durch Erbfolge oder durch Erfüllung eines Vermächtnisses auf [...] übergehen oder Grundlage einer Pflichtteilsberechnung von [...] werden sollten, bestimme ich:

 

  • Alle im Vermögen der Alleinerbin oder des Ersatzerben befindlichen Gegenstände einschließlich der Surrogate entsprechend der Vorschrift des § 2111 BGB, die nachweislich aus meinem Nachlass stammen, wende ich im Wege des Vermächtnisses meinen Enkeln [...], [...], [...] und [...] zu. Die Vorschrift des § 2185 BGB findet keine Anwendung.

 

  • Die Alleinerbin bzw. der Ersatzerbe sollen bestimmen, wer von den o. a. Enkelkindern das Vermächtnis erhält. Für den Fall, dass bis zum Tod der vorgenannten Personen, diese keine Bestimmungserklärung abgegeben haben, bestimme ich […] zum Vermächtnisnehmer.

 

Die vorstehenden Vermächtnisse fallen jeweils erst mit dem Tod der/des Beschwerten an und werden dann fällig. Die Anwartschaft der Vermächtnisnehmer ist zwischen Erbfall und Vermächtnisanfall nicht vererblich und nicht übertragbar.

 

Die Pflicht zur Herausgabe beschränkt sich auf den beim Anfall des Vermächtnisses noch vorhandenen Bestand der vermachten Gegenstände aus meinem Nachlass. Die/der Beschwerte ist zur ordnungsgemäßen Verwaltung nicht verpflichtet.

 

Zur Erfüllung der durch diese letztwillige Verfügung angeordneten Vermächtnisse ordne ich ‒ vom Zeitpunkt des jeweiligen Vermächtnisanfalls beginnend ‒ Testamentsvollstreckung an. Als Testamentsvollstrecker setze ich den jeweiligen Vermächtnisnehmer zu dessen Erfüllung an sich selbst ein.

 

(Muster in Anlehnung an Hölscher, ZEV 09, 213)

 

5. Fazit

Der Status des Erben ist vorteilhafter als der des Vermächtnisnehmers, weil er dinglich am Nachlass berechtigt ist. Daher ist das Universalvermächtnis wenig sinnvoll, wenn der Beschwerte (Erbe) zugleich Vermächtnisnehmer ist.

 

Der Vorteil des Universalvermächtnisses liegt in den aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten des Erblassers in den Fällen, in denen Erbe und Vermächtnisnehmer unterschiedliche Personen sind. Das ist einerseits die „Befreiung“ von § 2065 Abs. 2 BGB im Rahmen des § 2151 BGB und andererseits die Möglichkeit, Bedingungen i. S. d. § 2177 BGB in das Testament aufzunehmen.

Quelle: Ausgabe 07 / 2018 | Seite 114 | ID 45343437