· Fachbeitrag · Vergütung
Vergütung wegen Annahmeverzugs ‒ Arbeitgeber kann Auskunft über Zwischenverdienst fordern
von Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn, www.ra-roecken.de
| Der Arbeitgeber hat gegen den Arbeitnehmer, der eine Vergütung wegen Annahmeverzugs fordert, einen Auskunftsanspruch über die Vermittlungsvorschläge, die die Agentur für Arbeit und das Jobcenter unterbreitet haben. Das BAG sieht die Grundlage für das Auskunftsbegehren in einer Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis nach § 242 BGB . LGP stellt die für die Praxis wichtige Entscheidung vor. |
Problem bei Annahmeverzug ist Anrechnung eines Zwischenverdienstes
Arbeitgeber kennen die Situation nur zu gut: Auf eine Kündigung eines Arbeitnehmers folgt ein langwieriges arbeitsgerichtliches Verfahren. Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss besteht das Risiko sog. Annahmeverzugsansprüche: Der gekündigte Arbeitnehmer bietet seine Arbeitskraft nach dem Ende der Kündigungsfrist an, der Arbeitgeber lehnt sie ab. Hat das Arbeitsgericht schlussendlich entschieden, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist, muss die Vergütung nachgezahlt werden. Der Arbeitgeber darf allerdings anrechnen, was der Arbeitnehmer zwischenzeitlich verdient hat oder was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte (§ 615 S. 1 und 2 BGB, § 1 KSchG). Ob der Arbeitnehmer hier verpflichtet ist, über diesen Verdienst Auskunft zu geben, war bislang umstritten. Das BAG hat nun eine richtungsweisende Entscheidung getroffen.
BAG: Auskunftsanspruch als Nebenpflicht aus Arbeitsverhältnis
Vor dem BAG trafen sich der ehemalige Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, dem er gekündigt hatte. Diese Kündigung wurde erfolgreich angegriffen, worauf der ehemalige Arbeitnehmer Vergütung wegen Annahmeverzugs forderte. Im Rahmen der Zahlungsklage forderte der ehemalige Arbeitgeber im Gegenzug Auskunft über die Vermittlungsangebote des Jobcenters und warum der Arbeitnehmer noch keinen neuen Job hätte. Er ging davon aus, dass es der Arbeitnehmer böswillig unterlassen hatte, anderweitig Verdienst zu erzielen. Der Arbeitnehmer verweigerte die Auskunft.
Das BAG hat den Auskunftsanspruch bejaht. Die Verpflichtung ergibt sich aus § 242 BGB, weil das Arbeitsverhältnis eine rechtliche Beziehung zwischen den Parteien war und dem Grunde nach ein Leistungsanspruch des Arbeitgebers gegen den ehemaligen Arbeitnehmer zumindest wahrscheinlich erschien. Hierfür reichte der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung, also die unterlassene Mitwirkung bei der Jobsuche (BAG, Urteil vom 27.05.2020, Az. 5 AZR 387/19, Abruf-Nr. 217081).
PRAXISTIPP | Leider hat sich das BAG zu der wichtigen Frage, wann der Arbeitnehmer verpflichtet ist, eine vermittelte Stelle anzunehmen, nicht geäußert. Zu raten ist hier, dass Verantwortliche den Arbeitsmarkt im Auge haben sollten, um gekündigte Arbeitnehmer auf entsprechende Stellen hinzuweisen. |