· Fachbeitrag · Steuerstrafverfahren
Beihilfe des Beraters zur Steuerhinterziehung
von LRD Markus Berger, Vorsteher, und RR Tobias Teutemacher, Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Münster
| Regelmäßig sehen sich Steuerberater und Rechtsanwälte (im Folgenden nur Berater) dem Verdacht ausgesetzt, als (Mit-)Täter oder Beihilfetäter an der Tat ihrer Mandanten beteiligt gewesen zu sein. Insbesondere im Zusammenhang mit Betriebsprüfungen bei bargeldintensiven Betrieben, wenn der Betriebsprüfer erhebliche Kassenmängel feststellt, die zur Einleitung von Strafverfahren führen, stellt sich vielfach die Frage: Wann wird der Zeitpunkt erreicht, an dem vonseiten der Berater das Mandat niederzulegen ist, oder wann setzt man sich als Berater der Gefahr aus, sich strafbar zu machen? |
1. Problemfelder
Angehörige der steuerlichen und rechtsberatenden Berufe sind unabhängige Organe der Steuerrechtspflege (§ 1 Abs. 1 BOStB - Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und der Steuerbevollmächtigten) und nach dem Steuerberatungsgesetz (StBG) verpflichtet, die geltenden Steuergesetze einzuhalten. Auf der anderen Seite steht der Wunsch der Mandanten nach „Steueroptimierung“. In der Praxis zeigt sich, dass dem Wunsch des Mandanten, Steuer(nach)zahlungen niedrig zu halten, häufig gefolgt wird. Oft kommt es dabei gerade in bargeldintensiven Branchen (Gastronomie, Handel, Handwerk etc.) zur Einleitung von Steuerstrafverfahren gegen Mandanten. Viele Berater sind auf Honorareinnahmen „größerer“ Mandanten angewiesen, sodass strafrechtliche Bedenken mitunter ignoriert werden. Dabei kommt es vor, dass noch am Tag der Durchsuchung die Beschuldigten ihren Berater als Mit-/Beihilfetäter belasten.
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Der Taxiunternehmer wird gefragt, warum er denn die täglichen Schichtzettel vernichtet habe. Darauf antwortet dieser, er sei nur den Anweisungen seines Steuerberaters gefolgt. Dieser habe ihm im Beisein von Zeugen - als Zeugin nennt er seine Ehefrau - gesagt, die Schichtzettel könne er vernichten. |
Wurden in der Vergangenheit nur selten Beihilfeverfahren gegen Berater eingeleitet, ist in der Zukunft damit zu rechnen, dass die Beihilfe zur Steuerhinterziehung immer mehr in den Fokus der Straf- und Bußgeldsachenstellen rückt. Bei Vorliegen von entsprechenden Verdachtsmomenten sind auch Durchsuchungsmaßnahmen der Steuerfahndung nicht auszuschließen.
MERKE | Bei Teilnahme des Beraters an der Tat des Mandanten besteht die Möglichkeit, diese nach § 71 AO für hinterziehungsbedingte Steuerschulden der Mandanten in Haftung zu nehmen. |
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Ein Steuerberater erkennt, dass die Kassenführung seines Mandanten nicht den steuerlichen Aufzeichnungspflichten (§§ 145 ff. AO) entspricht. Er fordert den Mandanten mehrmals auf, die Mängel abzustellen. Diesem Wunsch kommt der Mandant jedoch nicht nach. Der Berater nimmt eigene Verprobungen vor und stellt fest, dass die Einnahmen, die der Mandant erklärt hat, nicht stimmen können. Er fordert den Mandanten erneut auf, seine Aufzeichnungen entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vorzunehmen. Diesem Wunsch des Beraters kommt der Mandant wiederum nicht nach.
Spätestens jetzt sollte der Berater das Mandat niederlegen. Denn wenn er dieses weiter fortführt, ist er „bösgläubig“. Es kommt dabei nicht darauf an, wie der Beraterauftrag aussieht, sondern auf das tatsächliche Verhalten des Beraters. |
2. Täterschaft
Zur Abgrenzung der Täterschaft von der Teilnahme kommt es nach der Rechtsprechung nicht nur, aber auch auf den Willen des Beraters an: Fördert er eine fremde Tat oder begeht er die Tat als eigene? Dies ist auch anhand äußerer Umstände zu prüfen. Allein das konkrete Auftreten gegenüber der Finanzbehörde kann keinen Rückschluss auf die Täterschaft des Beraters zulassen (so aber Spatschek/Mantas, PStR 00, 134 ff.), bedingter Vorsatz reicht (Schönke/Schröder, StGB, § 27 Rn. 19). Nach wohl herrschender Meinung ist eine bußgeldrechtliche Verantwortung des Beraters für die Steuererklärung seines Mandanten ausgeschlossen (OLG Zweibrücken 23.10.08, 1 Ss 140/08, PStR 09, 7; a. A. Spatschek/Mantas, PStR 00, 134 ff.).
Vorliegend wird weder auf die Mittäterschaft noch die Anstiftung eingegangen. Es wird allein auf den „Normalfall strafrechtlicher Verantwortung“ des Beraters abgestellt, nämlich die Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
3. Allgemeines zur Beihilfe zur Steuerhinterziehung
Nach § 27 Abs. 1 StGB leistet Beihilfe, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Dabei ist als Hilfeleistung grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolgs des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss.
Dies bedeutet, dass der Beihilfevorsatz bereits vorliegt, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch seine Beihilfe das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Die konkreten Einzelheiten der Haupttat muss er dabei nicht kennen. Ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde oder die Tat ausdrücklich missbilligt, ist nicht entscheidend. Es ist ausreichend, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern und der Hilfeleistende dies weiß. Unter diesen Voraussetzungen wird der Vorsatz auch dann nicht infrage gestellt, wenn der Gehilfe dem Täter ausdrücklich erklärt, er missbillige die Haupttat (BGH 1.8.00, 5 StR 624/99, PStR 00, 197; FG Münster 11.12.01, 1 K 3470/98 E, EFG 02, 728; FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, 1251).
4. Die Vielschichtigkeit des Problems
An folgenden zwei Fallgestaltungen zeigt sich, dass die Thematik sich nicht nur in diesen Grundfällen erschöpft, die gegriffen 90 % der Fälle ausmachen, sondern dass die Thematik durchaus vielgestaltig ist:
- Fall 1: Im Rahmen einer im eingeleiteten Strafverfahren durchgeführten Betriebsprüfung übergibt der Steuerpflichtige über seinen Anwalt Unterlagen an die Straf- und Bußgeldsachenstelle. Er merkt bald, dass sich im Ordner belastendes Material befindet, und bittet seinen Anwalt, den Ordner wieder vorübergehend herausgeben zu lassen. Dies geschieht. Der Steuerpflichtige entfernt das belastende Material und reicht den Ordner über seinen Anwalt wieder ein. Das FA hatte - was der Steuerpflichtige nicht wusste - die belastenden Schriftstücke vorher kopiert.
- Fall 2: Ein freiberuflich tätiger Steuerpflichtiger lässt dem FA nicht bekannte Einnahmen über ein Anwaltskonto (kein „Anderkonto“!) „laufen“. Sein eigenes Konto ist mit einer Pfändung belegt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des FA waren erfolglos. Der Anwalt nimmt für diese Leistung kein Geld, sondern räumt dem mit ihm befreundeten Steuerpflichtigen sogar eine Vollmacht für dieses Konto ein.
Im ersten Fall ist der Straftatbestand der Begünstigung (§ 369 Abs. 1 Nr. 4 AO i. V. mit § 257 StGB) einschlägig. Der Fall ist an die Staatsanwaltschaft abzugeben. Bereits mit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 26.10.98 (5 StR 746/97, PStR 99, 1) ist geklärt, dass allein durch die niedrigere Steuerfestsetzung, als sie bei wahrheitsgemäßen Angaben erfolgt wäre, eine Begünstigungshandlung möglich ist. Möglich wäre aber hier auch eine (nachträgliche) Beihilfe zur - gegebenenfalls versuchten - Steuerhinterziehung. Eine Begünstigung ist bei einer vollendeten Steuerhinterziehung jedoch wahrscheinlicher, denn die „Beutesicherung“ ist grundsätzlich eine Begünstigung (Schönke/Schröder, StGB, § 257, Rn. 6), auch wenn Beihilfe über die tatbestandliche Vollendung hinaus möglich ist (Schönke/Schröder, StGB, § 27 Rn. 17).
Im zweiten Fall begeht der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 2. Variante AO), indem er einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt. Für die Annahme eines Steuervorteils ist es nicht notwendig, dass der Vorteil in Form eines Verwaltungsakts erfolgt (Klein/Jäger, AO, § 370 Rn. 121). So ist auch im Bereich der Erhebung von Steuern eine Steuerhinterziehung möglich. Der Berater hat hier durch die Zurverfügungstellung des Kontos unstreitig eine Beihilfe i. S. des § 27 StGB begangen.
5. Die Rechtsprechung des BGH
In seinem Urteil vom 18.6.03 äußert sich der BGH in Sachen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bei Beratern (BGH 18.6.03, 5 StR 489/02, PStR 03, 194). Hier stellt er fest, was hinsichtlich berufstypischer Handlungen bei Beratern gilt:
- Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten. Denn unter diesen Voraussetzungen verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter“; es ist als „Solidarisierungafb“ mit dem Täter zu deuten.
- Beispiel: Berater solidarisiert sich mit dem Täter
Ein Taxiunternehmer zeichnet seine Tagesumsätze mittels Schichtzettel auf. Er hat eine offene Ladenkasse. Die Einnahmen überträgt er täglich von den Schichtzetteln in einen retrograd aufgebauten Kassenbericht. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung fordert das FA vom Steuerberater die Vorlage der Schichtzettel an. Aus den Schichtzetteln ist erkennbar, dass die Einnahmen jeweils i. H. von 4.000 EUR/Monat zu niedrig eingetragen wurden. In der Jahreserklärung wurden vom Berater aber nicht die höheren Umsätze erklärt, sondern die vor der Prüfung angemeldeten Umsätze.
- Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ.
6. Bargeldintensive Branchen
Gerade Handlungen bei Mandaten in bargeldintensiven Branchen - aber nicht nur bei diesen - sollten genauer überprüft werden. Zunächst zeigt sich hier, dass der Steuerberater sich oft auf dem Grat zwischen nachhaltiger Steuerberatung und Beteiligung an einer Straftat des Mandanten (Steinhauff, AO-StB 12, 240 f.) bewegt. Dies ist immer dann der Fall, wenn er die Grenze dessen überschreitet, die ihn im Fall einer eigenen Steuererklärung in den strafbaren Bereich bringen würde.
Die Rechtsprechung hat eine Straflosigkeit für Berater, die durch ihre originäre Beratertätigkeit die Steuerhinterziehung des Mandanten begünstigen, immer schon abgelehnt (BGH 1.8.00, 5 StR 624/99, PStR 00, 197). Auch eine Strafminderung nur aus diesem Grunde ist in der Praxis der Straf- und Bußgeldstellen nicht üblich.
6.1 Fehlbestände werden durch Buchungen des Beraters ausgeglichen
Grundsätzlich kommt es bei der Frage, ob den Berater eine Überwachungspflicht der Kassenführung trifft, auf die vertragliche Ausgestaltung des Beratungsauftrags an (Schwamberger, KP 15, 170). In der Regel dürfte dies nicht der Fall sein; die Kassenführung obliegt dem Steuerpflichtigen. Der Berater, der die Buchführungsarbeiten übernommen hat, kann aber bei (mehrmaligem) Vorliegen von Kassenfehlbeträgen gefordert sein, hierüber eine Aufklärung vom Mandanten herbeizuführen. Gegebenenfalls muss er seinen Mandanten auffordern, eine Selbstanzeige abzugeben.
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Der Berater erkennt, dass sich aus den vom Mandanten vorgelegten Kassenberichten untertägige Kassenfehlbeträge ergeben, weil der am Vormittag - vor Ladenöffnung - bei der Hausbank eingezahlte Bargeldbetrag i. H. von 6.000 EUR höher ist als der ausgezahlte Kassenbestand von 1.500 EUR zu Geschäftsschluss am Vortag. Er korrigiert den Fehler, indem er von seiner Mitarbeiterin eine Einlage (ohne Erstellung eines Eigenbelegs) in einen neu geschriebenen Kassenbericht eintragen und buchen lässt. Die darauf basierenden Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahressteuererklärungen werden durch ihn abgegeben. |
MERKE | Ohne besondere Beauftragung durch den Mandanten darf der Steuerberater keine Selbstanzeige abgeben. Dies sehen die Beratungsaufträge in der Praxis im Regelfall nicht vor. Weigert sich jedoch der Mandant, Selbstanzeige zu erstatten bzw. den Berater damit zu beauftragen, ist dieser aus standesrechtlichen Grundsätzen verpflichtet, das Mandat niederzulegen. Gegebenenfalls ist zu prüfen, ob nicht unter Umständen eine Selbstanzeige für die eigene Person des Steuerberaters in Betracht kommt (mit Hinweis auf FG Nürnberg 10.12.00, II 536/2000, DStRE 03, 1251; BFH 22.4.04, VII B 369/03, BFH/NV 04, 1285, in beiden Fällen wegen Haftung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung). |
Unbeschadet einer Strafbarkeit gemäß § 283b StGB ist spätestens mit Abgabe der Steuererklärung eine Beihilfestrafbarkeit gegeben. Vorher kann er Beihilfe zur versuchten Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO) begangen haben; eine versuchte Beihilfe scheitert mangels Vorliegens der Haupttat, wenn beim Steuerpflichtigen kein strafbarer Versuch einer Steuerhinterziehung gegeben ist (Akzessorietät der Haupttat, Schönke/Schröder, StGB, § 27 Rn. 33).
Nach einem Urteil des FG Nürnberg ist der Vorsatz des Beraters auch dann nicht infrage gestellt, wenn der Berater seinem Mandanten gegenüber seine Missbilligung klar zum Ausdruck bringt (FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, 1251). Unstreitig ist aber, dass der Berater sein Mandat niederlegen muss, wenn die Kassenfehlbeträge und andere gravierende Kassenmängel nicht vom Mandanten aufgeklärt werden können (ausführlich mit Nachweisen Bales, ZInsO 10, 2073 ff.). Ergänzend und wohl auch richtig schließen Engelhardt/Loose (AO-StB, 273 bis 277) die Fälle aus, in denen sich die frühere Steuerhinterziehung nicht zu vorsätzlichen Fehlern in der zukünftigen Beratung auswirkt. Das dürfte jedoch ein theoretischer Fall bleiben.
Geklärt ist aber auch, dass der Berater nicht verpflichtet ist, seinen Mandanten zu einer Selbstanzeige (§ 371 AO) zu bewegen (BGH 20.12.95, 5 StR 412/95, wistra 96, 184).
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Der Steuerberater betreut seinen Mandanten, einen Gastronomen, schon seit Jahren. Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Jahre 2009 werden erhebliche Mängel in der Kassenführung festgestellt. Das FA macht dem Mandanten Auflagen hinsichtlich der Kassenführung. In 2013 kommt es zu einer Anschlussprüfung. Die Mängel wurden nicht abgestellt. Wieder werden Auflagen im BP-Bericht ausgewiesen. Der Gastronom wird immer noch vom gleichen Berater betreut. |
In der Vergangenheit wurde in diesen Fällen zwar kein Steuerstrafverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen den StB eingeleitet. Unseres Erachtens liegt hier jedoch ein klarer Fall von Beihilfe vor.
MERKE | Viele Berater nutzen die Möglichkeit, mit den von externen Dienstleistern angebotenen Produkten, z. B. DATEV-Software zur digitalen Datenanalyse, die Daten der Mandanten zu überprüfen. Wird dabei festgestellt, dass die Daten und Unterlagen der Mandanten Auffälligkeiten aufweisen, die auf nicht vollständig versteuerte Einnahmen hindeuten, sollten diese in einem Mandantengespräch geklärt werden. Die Mandanten sind aufzufordern, sich künftig an die gesetzlichen Aufzeichnungsvorschriften zu halten. Ändern diese ihr Verhalten nicht, muss der Berater aus unserer Sicht zwingend das Mandat niederlegen. |
6.2 Beratungen überschreiten das legale Maß einer Steueroptimierung
Ein typisches Beispiel aus der Besteuerung der Land- und Forstwirte ist die sogenannte „Ferkelautobahn“: Eine Fallgestaltung ist der Verkauf von Jungtieren innerhalb von Minuten über einen Dritten (z. B. Viehhändler) vom Züchter zum Mäster; teilweise handelt es sich bei beiden auch um denselben Landwirt. Hier wird die Differenz der Umsatz(vor)steuer nach § 24 Abs. 1 Nr. 3 UStG und § 12 Abs. 2 UStG genutzt, einen Vorsteuerüberhang von 3,7 % zu „generieren“, ohne dass die tatsächliche Durchführung des Geschäfts dem Sinn des UStG entspricht. Zwar kommt es hier auf den Einzelfall an, sodass noch keine einheitliche Rechtsprechung hierzu vorliegt, doch gibt es zumindest dann aus unserer Sicht keinen Zweifel an der Strafbarkeit dieses Modells bzw. hier Beihilfe des StB, wenn allen Beteiligten klar ist, dass die verschiedenen Reihengeschäfte über einen Dritten - sei es eine Viehhandlung oder eine Gesellschaft, an der die Erzeuger und Abnehmer der landwirtschaftlichen Produkte beteiligt sind - in der Realität Direktvermarktungen sind.
Dabei ist zu prüfen, ob es sich lediglich um ein nach § 42 AO zu verwerfendes Konstrukt handelt oder ob der Sachverhalt auch strafrechtlich relevant ist. Entscheidend ist hierbei, inwieweit der Berater Überlegungen, die der Verwaltungspraxis und Rechtsprechung widersprechen, gegenüber seinem Mandanten und der Finanzbehörde offenlegt.
Eine weitere Frage ist die, ob der Berater allen Angaben des Mandanten vertrauen darf. Dies ist zweifelsohne der Fall, da er keine Prüfungspflichten oder gar eine Garantenstellung hat (Schaaf, AO-StB 12, 349 bis 352); etwas anders liegt der Fall, wenn er weiß, dass die Angaben des Mandanten falsch sind oder diese jeglicher Lebens- oder Berufserfahrung widersprechen.
7. Fazit
Der Berater ist in erster Linie Vertreter seines Mandanten. Da er zugleich aber auch Organ der Rechtspflege ist, darf seine Beratungstätigkeit in keiner Phase seiner Tätigkeit die Grenze der Strafbarkeit überschreiten. Sobald er dies feststellt, muss er tätig werden: Entweder führt er nach Rücksprache mit seinem Mandanten das Verfahren „zurück in die Legalität“ oder aber er legt das Mandat nieder. Einen dritten Weg gibt es nicht.