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· Fachbeitrag · Steuerrechtliche Konsequenzen

Unternehmensnachfolge in Zeiten von Corona?

von Dr. Detlev Heinsius, RA, FA für Steuerrecht und Partner bei Ebner Stolz in Hamburg und Christian Matern, StB und Director bei Ebner Stolz in Hamburg

| Die Corona-Pandemie hat bereits zahlreiche Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht. Diese Entwicklungen dürften sich in absehbarer Zeit noch weiter verschärfen und sich auf die Bewertung des Unternehmensvermögens auswirken. Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Unternehmensnachfolge aus erbschaft- bzw. schenkung-steuerlicher Sicht? |

1. Kurzüberblick: Begünstigungssystem für Betriebsvermögen

Begünstigtes Betriebsvermögen kann gemäß § 13a Abs. 1 ErbStG im Rahmen der Regelverschonung zu 85 % bzw. gemäß § 13a Abs. 10 ErbStG auf Antrag im Rahmen der Optionsverschonung zu 100 % von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit werden. Eine Einschränkung gilt, soweit innerhalb von zehn Jahren von derselben Person begünstigtes Betriebsvermögen von mehr als 26 Mio. EUR (sog. Großerwerbe) erworben wird, dann findet das vorstehende Verschonungssystem keine Anwendung. Stattdessen kann in diesem Fall gemäß § 13c Abs. 1 ErbStG ein bis zur Wertgrenze von 90 Mio. EUR in Abhängigkeit vom übertragenen Gesamtvolumen linear abschmelzender Verschonungsabschlag in Anspruch genommen werden.

 

 

Alternativ kommt ggf. eine Steuererleichterung im Wege der Verschonungsbedarfsprüfung gem. § 28a ErbStG in Betracht.

 

Nicht begünstigt ist ‒ ungeachtet der beschriebenen Verschonungsregelungen ‒ grundsätzlich solches Betriebsvermögen, das dem sog. schädlichen Verwaltungsvermögen zuzurechnen ist. Hierbei handelt es sich bspw. um Wertpapiere oder überschüssige Liquidität. Diese Wirtschaftsgüter werden ‒ trotz ihrer Zugehörigkeit zum begünstigten Betrieb ‒ unverschont wie Privat-vermögen besteuert.

 

MERKE | Angesichts des aufgrund der Krise hohen Liquiditätsbedarfs dürfte sich das Volumen des schädlichen Verwaltungsvermögens in Gestalt von Liquidität und liquiditätsnahen Vermögensgegenständen, das grundsätzlich der vollen Besteuerung unterliegt, aktuell in den meisten Unternehmen reduzieren. Dieser Umstand kann sich ‒ isoliert betrachtet ‒ vorteilhaft auf die Schenkungsteuerlast auswirken.

 

2. Konsequenzen für geplante Unternehmensnachfolgen

Im ersten Schritt schenkungsteuerlicher Überlegungen erfolgt die Bewertung des übergehenden Betriebsvermögens. Die Wertermittlung hängt davon ab, welches Bewertungsverfahren (z. B. Börsenkurs, vereinfachtes Ertragswertverfahren, Substanzwertverfahren oder Bewertung mit anerkannter, auch für nicht steuerliche Zwecke üblicher Methode) angewendet wird.

 

2.1 Reduzierte Unternehmenswerte ‒ Fluch oder Segen

Unabhängig von der Auswahl des Bewertungsverfahrens muss aktuell wohl in der Vielzahl der Fälle davon ausgegangen werden, dass sich infolge der Corona-Krise ‒ zumindest vorübergehend ‒ ein geminderter Unternehmenswert ergibt. Dies führt zu einer geringeren steuerbaren Bemessungsgrundlage, was ‒ auf den ersten Blick ‒ uneingeschränkt vorteilhaft erscheint. Meist wird jedoch der Unternehmenswert im Ergebnis gar nicht relevant für die Steuerberechnung sein. Eine Auswirkung auf die Höhe der Steuerbelastung ergibt sich bei begünstigtem Betriebsvermögen außerhalb von Großerwerben nämlich nur dann, wenn nicht eine 100 %-Verschonung, sondern nur eine 85%ige Steuerbefreiung zur Anwendung kommt, wenn die sog. Behaltensregelungen im Anschluss an die Schenkung nicht eingehalten werden oder die sog. Lohnsummenregelung nicht erfüllt wird (siehe hierzu unter 3.). Im Idealfall der 100%igen Vollverschonung entsteht dagegen ‒ unabhängig vom Unternehmenswert ‒ insgesamt keine Steuer.

 

In einem zweiten Schritt wird im Rahmen des sog. 90 %-Tests geprüft, ob das Betriebsvermögen in den Genuss der Begünstigung gelangen kann. Hierbei wird das Brutto-Verwaltungsvermögen (ohne Saldierung mit betrieblichen Schulden) zu dem im ersten Schritt ermittelten Unternehmenswert in Relation gesetzt. Sollte der bezeichnete Quotient einen Wert von wenigstens 90 % (daher die Bezeichnung: „90 %-Test“) annehmen, wird eine Verschonung insgesamt versagt.

 

  • Beispiel

Die D-GmbH hat einen Unternehmenswert von 10,0 Mio. EUR. Als Aktiva werden Finanzmittel von 8,0 Mio. EUR und als Passiva Verbindlichkeiten von 7,0 Mio. EUR ausgewiesen.

 

Lösung: Der Anteil des Verwaltungsvermögens am Unternehmenswert beträgt 80 % (8,0 Mio. ÷ 10,0 Mio.). Der sog. 90 %-Test ist bestanden.

 

Nach Prüfung der weiteren Voraussetzungen bestünde bei Schenkung der GmbH-Beteiligung die Möglichkeit zur Inanspruchnahme einer 85%igen oder 100%igen Verschonung.

 

Beachten Sie | Sollte der Unternehmenswert der D-GmbH ohne gleichzeitige Reduzierung des Volumens der schädlichen Finanzmittel auf 8,8 Mio. EUR (oder darunter) sinken, wäre dieselbe GmbH-Beteiligung insgesamt nicht mehr begünstigt (Abwandlung 1). Ein entsprechendes Risiko besteht auch dann, wenn zwar der Unternehmenswert der D-GmbH unverändert bliebe, das Finanzmittelvolumen aber auf 9,0 Mio. EUR (oder darüber) ansteigen würde (Abwandlung 2).

 

  • Beispiel ‒ Abwandlungen

Abwandlung 1

Die D-GmbH nimmt im Ausgangsbeispiel coronabedingt zur Deckung von Liquiditätsengpässen einen KfW-Kredit von 1,2 Mio. EUR auf und bezahlt davon ihre Lohnkosten. Im Anschluss werden Finanzmittel von 8,0 Mio. EUR und Verbindlichkeiten von 8,2 Mio. EUR ausgewiesen.

 

Lösung: Die Aufnahme des Kredits mit anschließender Lohnzahlung führt vereinfacht dazu, dass der Unternehmenswert von 10,0 Mio. EUR um 1,2 Mio. EUR auf 8,8 Mio. EUR sinkt (der Lohnaufwand geht insoweit mit einer entsprechenden Minderung des Eigenkapitals einher). Der Anteil des Verwaltungsvermögens am Unternehmenswert liegt jetzt bei knapp 91 % (8,0 Mio. ÷ 8,8 Mio.), der 90 %-Test wird nicht bestanden.

 

Abwandlung 2

Die D-GmbH nimmt im Ausgangsbeispiel präventiv einen KfW-Kredit von 1,1 Mio. EUR auf, die Mittel verbleiben als Liquiditätspuffer im Unternehmen. Anschließend sind Finanzmittel von 9,1 Mio. EUR aktiviert und Verbindlichkeiten von 8,1 Mio. EUR passiviert.

 

Lösung: Der Unternehmenswert bleibt bei 10,0 Mio. EUR, insoweit kommt es durch die Mittelaufnahme lediglich zu einer wertneutralen Bilanzverlängerung um 1,1 Mio. EUR. Der Anteil des Verwaltungsvermögens am Unternehmenswert beträgt nunmehr 91 % (9,1 Mio. ÷ 10,0 Mio.). Die Übertragung der GmbH ist wiederum insgesamt nicht begünstigt.

 

Beachten Sie | Das FG Münster hat in einem Aussetzungsverfahren die Verfassungsmäßigkeit des § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG insoweit angezweifelt, als die Finanzmittel ohne Verrechnung mit den Schulden („Brutto-Betrachtung“) in die Berechnung der 90 %-Grenze einzubeziehen seien (FG Münster 3.6.19, 3 V 3697/18 Erb, ZEV 19, 551). Soweit die 90 %-Grenze überschritten ist, sollte gegen entsprechende Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden.

 

2.2 Einlagen von Finanzmitteln zur Deckung von Liquiditätsbedarf

Der Liquiditätsbedarf vieler Unternehmen dürfte sich im Zuge der Corona-Krise stark erhöht haben und noch erhöhen. Neben der ‒ wie beschrieben tendenziell nachteilig im Hinblick auf den 90 %-Test wirkenden ‒ Aufnahme von Darlehen können zur Deckung auch eigene Barmittel von Gesellschaftern in das Unternehmen eingelegt werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass zum Übertragungsstichtag tatsächlich im Betriebsvermögen vorhandene Finanzmittel stets in Höhe des Saldos aus Einlagen und Entnahmen, die innerhalb eines Zeitfensters von zwei Jahren vor Anteilsschenkung vorgenommen wurden, zum schädlichen Verwaltungsvermögen zählen und als solches unverschont der Besteuerung unterliegen.

 

MERKE | Kurzfristige Eigenfinanzierung im Vorwege einer Anteilsschenkung führt zur Qualifizierung tatsächlich im Übertragungszeitpunkt vorhandener Finanzmittel als schädliches Verwaltungsvermögen. Hierfür ist nicht erforderlich, dass die bei Anteilsübertragung vorliegenden Finanzmittel originär aus dem Einlagevorgang stammen, es erfolgt vielmehr eine abstrakte „Infektion“ der gerade vorhandenen Finanzmittel.

 

Während bei einer geplanten Unternehmensübergabe zu Lebzeiten der Übertragungsstichtag in Anbetracht dessen auf einen „günstigen“ Zeitpunkt gelegt werden kann, zu dem idealerweise keine oder kaum (junge) Finanzmittel vorhanden sind, scheidet diese Alternative im Erbfall naturgemäß aus. Eine Umwandlung von Finanzmitteln in begünstigtes Vermögen wäre hier höchstens nachträglich und unter Inanspruchnahme der Investitionsklausel gemäß § 13b Abs. 5 ErbStG denkbar. Gemäß § 13b Abs. 5 S. 1 und 2 ErbStG entfällt die Zurechnung von Wirtschaftsgütern zum schädlichen Verwaltungsvermögen rückwirkend, wenn der Erbe das betreffende Vermögen innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall aufgrund eines bereits vom Erblasser vorgefassten Investitionsplans in begünstigungsfähiges Vermögen investiert. Diese Anforderung ist auch erfüllt, wenn der Erbe schädliche Finanzmittel innerhalb von zwei Jahren verwendet, um Lohnzahlungen zu leisten, die ‒ bereits vor Eintritt des Erbfalls absehbar ‒ aufgrund wiederkehrender saisonaler Schwankungen im Einnahmebereich nicht gezahlt werden könnten.

 

MERKE | Die (finanziellen) Auswirkungen der Corona-Krise stellen nach bisherigem Stand keine saisonale Schwankung dar, eine Nutzung der Investitionsklausel scheidet daher aus.

 

3. Bedeutung für bereits vollzogene Schenkungen

Wurde eine Schenkung von Betriebsvermögen in der jüngeren Vergangenheit bereits vollzogen, geht es in der nun laufenden fünf- bzw. siebenjährigen „Behaltensfrist“ darum, die in Anspruch genommenen Begünstigungen nicht nachträglich durch „schädliche“ Handlungen oder einen Verstoß gegen die Lohnsummenregelung wieder zu verlieren.

 

3.1 Verstöße gegen die Haltefrist

Vor dem Hintergrund einer in Zeiten der Corona-Krise möglicherweise (temporär) belasteten betrieblichen oder privaten Liquiditätssituation sollte der Umgang mit steuerlich begünstigt erworbenem Betriebsvermögen mit besonderem Bedacht abgewogen und geplant werden. So führt ein Verkauf des begünstigt erworbenen Betriebsvermögens, die Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch das betreffende Unternehmen oder die Betriebsaufgabe zu einer anteiligen nachträglichen Aberkennung der schenkungsteuerlichen Begünstigung.

 

  • Beispiel

V hat im Dezember 2018 seine 100%ige Beteiligung an der A-GmbH (Unternehmenswert: 21,0 Mio. EUR) an S verschenkt. Es wurde die 100%ige Vollverschonung für Betriebsvermögen in Anspruch genommen. Im Mai 2020 ist S infolge der Corona-Krise gezwungen, aus finanziellen Gründen die schenkweise erworbene Beteiligung an der A-GmbH zu veräußern.

 

Lösung: Gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4, S. 2 ErbStG gehen durch die Veräußerung innerhalb des zweiten auf die Anteilsübertragung folgenden Jahres 6/7 (dies entspricht 18,0 Mio. EUR) der in Anspruch genommenen Verschonung rückwirkend verloren.

 

 

 

Es wird eine Nachsteuer von 4,86 Mio. EUR erhoben (Steuersatz: 27 %). Dabei ist für die Ermittlung der Nachsteuer insbesondere unbeachtlich, wenn der Unternehmenswert der A-GmbH zwischenzeitlich ‒ etwa infolge der Corona-Krise ‒ (ggf. sogar erheblich) gesunken sein sollte.

 

MERKE | Auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines begünstigt erworbenen Unternehmens führt rückwirkend zum (anteiligen) Verlust der zunächst gewährten Verschonung. In diesem Zusammenhang ist derzeit vor allem zu prüfen, ob die Insolvenzreife als Folge der Corona-Pandemie eingetreten und insofern ggf. vorübergehend die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ausgesetzt ist.

 

3.2 Überentnahmen können eine Nachversteuerung auslösen

Vorsicht ist bei sog. Überentnahmen ‒ bspw. zur Verbesserung der privaten Liquiditätssituation des Beschenkten ‒ geboten, da diese eine Nachversteuerung auslösen. Untechnisch gesprochen bedeutet dies, dass der Beschenkte (bzw. der Erbe) ‒ abgesehen von einem Freibetrag i. H. v. 150.000 EUR ‒ per saldo (d. h., Entnahmen abzüglich Einlagen) nicht mehr entnehmen darf als die auf ihn entfallenden Gewinnanteile. Jahresfehlbeträge aus Verlustjahren bleiben für diese Betrachtung aber zumindest außer Betracht. Die Einhaltung dieser Voraussetzung sollte kontinuierlich überwacht werden, ein Gegensteuern durch Einlagen ist bis zum Ende des letzten in die Behaltensfrist fallenden Wirtschaftsjahrs möglich.

 

3.3 Lohnsummenkontrolle

Die Entwicklung der Lohnsumme ist vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie kritisch zu überwachen. Grundsätzlich ist nach der Lohnsummenregelung das Niveau der durchschnittlichen Lohnsumme der fünf Wirtschaftsjahre vor der schenkweisen Übertragung von Betriebsvermögen (sog. Ausgangslohnsumme) in den nachfolgenden fünf bzw. sieben Jahren nach erfolgter Schenkung beizubehalten. Quotale Erleichterungen sind für Unternehmen mit nicht mehr als 15 Mitarbeitern (siehe nachstehende Abbildung) und im Fall der 85%igen Regelverschonung (hier sind im Fünfjahresdurchschnitt lediglich 80 % der Ausgangslohnsumme zu bestätigen) vorgesehen.

 

  • Erleichterungen bei Lohnsumme
Regelverschonung
Optionsverschonung

Lohnsummenfrist

5 Jahre

7 Jahre

Mindestlohnsumme

≤ 5 Beschäftigte

keine Anwendung

keine Anwendung

> 5, ≤ 10 Beschäftigte

250 %

500 %

> 10, ≤ 15 Beschäftigte

300 %

565 %

> 15 Beschäftigte

400 %

700 %

 

Werden die einzuhaltenden Lohnsummenanforderungen nicht erreicht, kommt es zur nachträglichen Abschmelzung der eingangs gewährten Verschonungsquote entsprechend der prozentualen Unterschreitung der geforderten Mindestlohnsumme und damit zu Steuernacherhebungen.

 

Durch den Erhalt der Lohnsumme will der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Betriebserwerber den Betrieb fortführt und keine Arbeitsplätze abbaut. Da zahlreiche Unternehmen angesichts der Corona-Krise Kurzarbeitergeld beantragt haben oder einen Personalabbau in Betracht ziehen, kann sich die Lohnsummenklausel in der aktuellen Situation krisenverschärfend auswirken. Eine weitgehende Erleichterung durch den Gesetzgeber ist hier derzeit leider (noch) nicht ersichtlich. Zumindest ist nach Ansicht der Finanzverwaltung das dem Arbeitgeber von der Bundesagentur für Arbeit ausgezahlte Kurzarbeitergeld nicht von dem Lohnsummenaufwand abzuziehen.

4. Zur Sicherheit: Rücktrittsrechte

Angesichts der beschriebenen, krisenbedingten Unwägbarkeiten insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Haltefristen und der Lohnsummenanforderungen sollten gerade jetzt bei geplanten Schenkungsvorgängen in den Schenkungsverträgen Rücktrittsrechte geregelt werden, die explizit Rücktrittsmöglichkeiten für den Fall einer (nachträglichen) Verfehlung der Begünstigungsvoraussetzungen vorsehen.

 

Eine Rückforderung aufgrund einer vertraglichen Rücktrittsklausel hat zur Folge, dass die Schenkung rückabgewickelt wird und die Schenkungsteuer gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG rückwirkend erlischt.

 

MERKE | Rücktrittsklauseln, die eine Rücktrittsmöglichkeit bei Verfehlung von Begünstigungsvoraussetzungen vorsehen, sollten ‒ unabhängig von der aktuellen Krisensituation ‒ grundsätzlich bei der Übertragung von begünstigungsfähigem Betriebsvermögen vereinbart werden.

 

5. Corona-Hilfsmaßnahmen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer?

Sofern Erben oder Schenkungsnehmer im Zuge der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten sollten und ihnen die Mittel fehlen, um fällig werdende Steuern zu bezahlen, stellt sich die Frage nach möglichen Corona-Erleichterungen, wie sie bereits für verschiedene andere Steuerarten verabschiedet wurden.

 

Im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer stehen die Betroffenen allerdings vor einem regionalen Flickenteppich an Regelungen, denn die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist Sache der einzelnen Bundesländer, wobei manche Länder kleinere Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise gewähren, andere jedoch nicht.

 

5.1 Stundungsanträge

Laut dem Bayerischen Landesamt für Steuern (LfSt Bayern) soll Anträgen auf Stundung von Erbschaft- und Schenkungsteuern, die mit den Auswirkungen der Corona-Krise begründet werden, grundsätzlich für bis zu drei Monaten stattgegeben werden. Sofern die Anträge nicht offensichtlich unbegründet sind, soll auf das Vorliegen von Nachweisen verzichtet werden. Die Stundung soll zinslos gewährt werden (LfSt Bayern 26.3.20, S 3900.1.1-23/1 St34, DStR 2020, S. 799).

 

Hessen sieht laut „FAQ-Katalog: Steuern in Zeiten der Corona-Pandemie“, der auf der Homepage des Hessischen Finanzministeriums abrufbar ist, ebenso eine ‒ im Regelfall zinslose ‒ Stundung von bereits fälligen oder bis 31.12.20 fällig werdenden Erbschaftsteuern vor, sofern diese von dem unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen beantragt wird.

 

In einer Pressemitteilung vom 2.4.20 hat sich die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen dahin gehend geäußert, dass bei Corona-Betroffenheit auf Antrag eine zinslose Stundung von Erbschaft- und Schenkungsteuern möglich ist.

 

5.2 Fristverlängerung zur Abgabe von Feststellungserklärungen

Die Bayerische Finanzverwaltung äußerte sich explizit zu der Frage der Fristverlängerung zur Abgabe von Feststellungserklärungen. Wird mit Verweis auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie ein solcher Antrag gestellt, sind die Finanzämter in Bayern angewiesen, eine Fristverlängerung für bis zu drei Monaten zu gewähren. Auf die Vorlage weiterer Nachweise soll dabei verzichtet werden. Zudem soll bei der Anforderung von Unterlagen im Feststellungsverfahren und bei sonstigen Terminierungen auf die aktuelle Lage aufgrund der Corona-Krise Rücksicht genommen werden (LfSt Bayern 26.3.20, S 3302.1.1-6/1 St34, DStR 2020, S. 798).

Quelle: Seite 87 | ID 46668604