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· Fachbeitrag · Mandanten fragen

Welche Befreiungen gibt es bei der Grunderwerbsteuer?

von StB Christoph Wenhardt, Brühl

| Der Beitrag stellt eine Reihe an Steuerbefreiungen vor, aber nicht erschöpfend. Der Senior S, der eine Immobilie veräußern will, stellt an Sie als Rechtsanwalt die folgenden Fragen. |

 

Frage: Kennt das Grunderwerbsteuergesetz auch Steuervergünstigungen?

 

Antwort: Nicht immer fällt bei Grundstücksübertragungen Grunderwerbsteuer an. Das Grunderwerbsteuergesetz sieht in verschiedenen Fällen eine Ausnahme der Besteuerung vor. Diese sind insbesondere in § 3 GrEStG aufgeführt.

 

Beträgt der für die Berechnung der Grunderwerbsteuer maßgebende Wert nicht mehr als 2.500 EUR, fällt keine Grunderwerbsteuer an (§ 3 Nr. 1 GrEStG).

Die Grenze ist eine Freigrenze. Sie will Bagatellfälle von der Grunderwerbsteuer ausnehmen (siehe Weilbach, GrEStG, § 3 Rz. 13).

 

MERKE | Dies bedeutet: Wird die Grenze überschritten, fällt die Grunderwerbsteuer in voller Höhe an.

 

 

  • Beispiel

V veräußert ein Grundstück an den Käufer K. Der Kaufpreis beträgt 2.600 EUR.

 

Lösung: Der Grunderwerbsteuer unterliegt der Kaufpreis in Höhe von 2.600 EUR (und nicht in Höhe von 100 EUR).

 

Frage: Der Senior schenkt seinem Neffen ein Grundstück. Fällt Grunderwerbsteuer an?

 

Antwort: Die Schenkung eines Grundstücks führt zu keiner Grunderwerbsteuer. Das gleiche gilt, wenn ein Grundstück von Todes wegen erworben wird (§ 3 Nr. 2 GrEStG). Hiermit soll eine doppelte Belastung von Grunderwerbsteuer und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer vermieden werden.

 

Was als Erwerb von Todes wegen zählt, ergibt sich aus § 3 ErbStG, so z. B. der Erbanfall oder das Vermächtnis. Wann hingegen eine Schenkung vorliegt, ergibt sich aus § 7 ErbStG. Als Schenkung unter Lebenden gilt hierbei jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

 

Frage: Was ist, wenn ein Grundstück gegen Nießbrauchsvorbehalt schenkweise übertragen wird?

 

Antwort: Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung, jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG). Hierunter fallen beispielsweise Schenkungen unter Leistungsauflagen und gemischte Schenkungen sowie Schenkungen unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen.

 

  • Beispiel

Der Senior schenkt seiner Nichte N ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück in Bonn. Im Übertragungsvertrag wird auch vereinbart, dass N dem Senior S einen Nießbrauch an dem Grundstück einräumen muss. Die Nießbrauchsverpflichtung (Nutzungsauflage) hat einen Wert von 150.000 EUR. Der Wert des Grundstücks beträgt 380.000 EUR (Gegenleistung; soll auch dem Steuerwert entsprechen).

 

Lösung

Die Schenkung des Grundstücks ist steuerbefreit, aber nur hinsichtlich des unentgeltlichen Teils. Hinsichtlich der Auflage, die bei der Schenkungsteuer abziehbar ist, kommt es zur Besteuerung durch die Grunderwerbsteuer. Damit sieht die Besteuerung (Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer) für N wie folgt aus.

 

a) Schenkungsteuer

Die lebzeitige Zuwendung des Grundstücks unterliegt bei Nichte N der Schenkungsteuer (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Zur Ermittlung der Bereicherung kann die Nießbrauchsverpflichtung abgezogen werden. Es ergibt sich folgende Berechnung:

Steuerwert Grundstück

380.000 EUR

abzüglich Nießbrauchsverpflichtung

./. 150.000 EUR

Bereicherung

230.000 EUR

abzüglich persönlicher Freibetrag

./. 20.000 EUR

steuerpflichtiger Erwerb

210.000 EUR

Schenkungsteuer (Steuersatz 20 %)

42.000 EUR

 

b) Grunderwerbsteuer

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der Wert der Nutzungsauflage, somit 150.000 EUR. Der anzuwendende Grunderwerbsteuersatz beträgt 6,5 % (Nordrhein-Westfalen).

 

Damit ergibt sich eine Grunderwerbsteuer von 9.750 EUR. Eine Abrundung ist nicht notwendig. In Höhe von 230.000 EUR (380.000 EUR abzüglich Nießbrauchsauflage 150.000 EUR) greift die Steuerbefreiung.

 

Frage: Der Senior verkauft an seine Ehefrau ein Grundstück, fällt Grunderwerbsteuer an?

 

Antwort: Grunderwerbsteuerfrei bleibt auch der Grundstückserwerb durch den Ehegatten (§ 3 Nr. 4 GrEStG). Das gleiche gilt auch für eingetragene Lebenspartner.

 

Auch der Grundstückserwerb durch den früheren Ehegatten des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Scheidung bleibt steuerfrei (§ 3 Nr. 5 GrEStG); ebenso durch den früheren Lebenspartner des Veräußerers im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft (§ 3 Nr. 5a GrEStG).

 

PRAXISTIPP | Handelt es sich beim Erwerber um einen Lebensgefährten, dann erhält dieser die Steuerbefreiung nicht (siehe auch Weilbach, GrEStG, § 3 Rz. 51).

 

Frage: Der Senior verkauft an seine Tochter ein Grundstück, fällt Grunderwerbsteuer an?

 

Antwort: Erwirbt eine Person das Grundstück, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt ist, dann ist dieser Erwerb ebenfalls steuerfrei (§ 3 Nr. 6 S. 1 GrEStG).

 

Wann Personen in gerader Linie verwandt sind, ergibt sich aus § 1589 BGB. Demnach sind Personen, deren eine von der anderen abstammt, in gerader Linie verwandt. Hierzu zählen u. a. die Erwerbe durch Kinder, Enkel, Urenkel (d. h. in absteigender Linie), aber auch umgekehrt durch Vater bzw. Mutter, Großmutter bzw. Großvater (d. h. in aufsteigender Linie). Weiterhin fallen unter die Grunderwerbsteuerfreiheit des § 3 Nr. 6 ErbStG der Erwerb durch Personen, deren Verwandtschaft durch die Annahme als Kind bürgerlich-rechtlich erloschen ist, und der Erwerb durch Stiefkinder.

 

MERKE | Auch der Grundstückserwerb durch den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner vom genannten Personenkreis ist grunderwerbsteuerfrei.

 
  • Beispiel

Der Senior schenkt seinem Sohn S ein nicht zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück in Duisburg. Im Übertragungsvertrag wird auch vereinbart, dass S in Höhe von 460.000 EUR ein so genanntes Gleichstellungsgeld an seine Schwester T (Tochter des Senior) zahlen muss. Der Wert des Grundstücks beträgt 970.000 EUR (Gegenleistung; soll auch dem Steuerwert entsprechen).

 

Lösung

a) Schenkungsteuer

Die lebzeitige Zuwendung des Grundstücks unterliegt bei Sohn S der Schenkungsteuer (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Zur Ermittlung der Bereicherung kann S die Leistungsauflage abziehen. Es ergibt sich folgende Berechnung:

Steuerwert Grundstück

970.000 EUR

abzüglich Auflage

./. 460.000 EUR

Bereicherung

510.000 EUR

abzüglich persönlicher Freibetrag

./. 400.000 EUR

steuerpflichtiger Erwerb

110.000 EUR

Schenkungsteuer (Steuersatz 11 %)

12.100 EUR

b) Grunderwerbsteuer

Die Schenkung des Grundstücks ist grunderwerbsteuerbefreit, aber nur hinsichtlich des unentgeltlichen Teils. Hinsichtlich der Leistungsauflage, die bei der Schenkungsteuer abziehbar ist, kommt es grundsätzlich zur Besteuerung durch die Grunderwerbsteuer (§ 3 Nr. 2 S. 2 GrEStG).

 

Da S aber mit dem Senior in gerader Linie verwandt ist, ist auch die Leistungsauflage steuerfrei (§ 3 Nr. 6 GrEStG).

 
Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 52 | ID 47079946