· Fachbeitrag · Konzerngesellschaften
Kredite unter verbundenen Unternehmen: Fehlende Sicherheiten auch hier nicht fremdüblich
von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart
| Mit einer bemerkenswerten Entscheidung hat der BFH seine Haltung zu der Frage, wann eine Darlehensgewährung unter Konzerngesellschaften fremdüblich ist, erheblich verschärft. In einem zu § 1 AStG ergangenen Urteil entschied das Gericht, dass es nicht dem unter fremden Dritten Üblichen entspricht, wenn verbundene Unternehmen einander unbesicherte Darlehen gewähren (BFH 19.6.19, I R 32/17, Abruf-Nr. 213489 ). Dadurch hat der BFH die bislang bereits unter nahen Angehörigen geltende Besicherungspflicht auf § 1 Abs. 1 AStG übertragen und das Konstrukt des „Konzernrückhalts“ nicht mehr als ausreichend gelten lassen. |
1. Sachverhalt
Die X-GmbH und mit ihr verbundene Organgesellschaften gewährten verschiedenen ausländischen „Konzerntöchtern“ der X-GmbH Darlehen. Diese waren zwar marktüblich verzinst, wurden aber ohne Sicherheiten gewährt. Im Streitjahr schrieb die X-GmbH die Darlehen wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der in Frankreich und USA ansässigen Tochtergesellschaften gewinnmindernd ab. Zudem übertrug die X-GmbH verschiedene Wirtschaftsgüter zum Buchwert auf eine maltesische Tochtergesellschaft, bei der sie Alleingesellschafterin war. Die Anteile an der maltesischen Tochtergesellschaft brachte die X-GmbH in eine weitere in Malta ansässige Tochtergesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein. Schließlich erzielte die X-GmbH noch Zinseinnahmen aus den Darlehensforderungen gegen die ausländischen Tochtergesellschaften.
Das FA rechnete
- die Gewinnminderungen aufgrund der Teilwert-AfA außerbilanziell wieder dem steuerpflichtigen Gewinn hinzu,
- erhöhte den Bilanzansatz der maltesischen Tochtergesellschaft um den Teilwert der übertragenen Wirtschaftsgüter
- und behandelte die Zinseinnahmen in vollem Umfang als steuerpflichtig.
Der BFH gab dem FA in weitem Umfang Recht.
2. Entscheidungsgründe
2.1 Teilwert-Abschreibung
Hinsichtlich der Teilwert-AfA auf die Darlehen an die ausländischen Tochtergesellschaften kommt danach eine außerbilanzielle Hinzurechnung gemäß § 1 Abs. 1 AStG in Betracht. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH wäre die Sache noch anders gelaufen. Bislang sollte eine Korrektur der Einkünfte nach § 1 Abs. 1 AStG lediglich dann möglich sein, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Darlehenszins seiner Höhe nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhält. Auf eine Besicherung konnte bei Darlehen innerhalb eines Konzernverbunds nach den Grundsätzen des sog. „Rückhalts im Konzern“ verzichtet werden. An dieser großzügigen Rechtsprechung hält der BFH nicht mehr fest.
MERKE | Wäre ein fremder Dritter als Darlehensgeber in der Situation der X-GmbH oder ihrer Organgesellschaften nicht bereit gewesen, die Darlehen den jeweiligen ausländischen Gesellschaften zu gewähren, würde der sog. „Rückhalt im Konzern“ die steuerliche Hinzurechnung nach § 1 Abs. 1 AStG nicht hindern. Der Topos des Konzernrückhalts beschreibt lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der Unternehmensverflechtung und brachte zum Ausdruck, dass innerhalb eines Konzerns Kreditansprüche nicht wie unter Fremden abgesichert werden müssen, da die Konzernobergesellschaft genügend Einblick und Einflussmöglichkeiten hat, in Krisensituationen die Rückzahlung des Darlehens sicherzustellen. |
Über das Konstrukt des Konzernrückhalts galt für unentgeltlich übernommene Garantie- und Patronatszusagen im Konzern bislang der Grundsatz, dass das wirtschaftliche Eigeninteresse der Konzernobergesellschaft an ihren Beteiligungsgesellschaften sowie die Verantwortung als Gesellschafterin bei der Finanzierung dieser Gesellschaften Geschäftsabschlüsse unter nicht fremdüblichen Bedingungen rechtfertigen könne. So konnte vielfach eine Berichtigung nach § 1 AStG verhindert werden. Doch damit ist jetzt wohl Schluss!
2.2 Buchwertübertragung
Für die Gewinnminderung, die auf der Übertragung der Wirtschaftsgüter zu Buchwerten auf die maltesische Tochtergesellschaft beruht, kommt ebenfalls eine außerbilanzielle Hinzurechnung gemäß § 1 Abs. 1 AStG in Betracht. Voraussetzung hierfür ist eine Minderung der Einkünfte, die durch eine nicht fremdübliche Bedingung im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zum Ausland veranlasst ist. Geschäftsbeziehung in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 4 AStG wiederum jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die nicht aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung erfolgt ist. Der Annahme einer Geschäftsbeziehung steht jedenfalls nicht entgegen, dass die Klägerin die Wirtschaftsgüter verdeckt in die maltesische Tochtergesellschaft eingelegt hat, also ohne eine wertgleiche Gegenleistung zu erhalten ‒ wie sie unter fremden Dritten üblich wäre.
Eine solche gesellschaftsvertragliche Vereinbarung setzt wiederum voraus, dass die Übertragung der Wirtschaftsgüter nicht nur (formal) zu den gesellschaftsvertraglichen Abreden gehört, sondern auch zu einer Änderung der Gesellschafterstellung der Klägerin führt (z. B. Änderung der Beteiligungshöhe oder der Beteiligungsrechte).
3. Relevanz für die Praxis
Die Entscheidung hat im Konzernbereich erhebliche Bedeutung, da sie die bisher nur unter Verwandten geltenden „harten“ Anforderungen an die Darlehensvergabe nunmehr auch auf den Konzernbereich überträgt.
Das bedeutet, dass bei Darlehensvereinbarungen unter zusammenhängenden Konzerngesellschaften nicht mehr nur auf eine angemessene marktübliche Verzinsung geachtet werden muss, sondern auch auf eine marktübliche Besicherung. Letzteres kann somit nur durch Grundpfandrechte, Sicherheitsübertragungen oder entgeltliche Bürgschaften der Konzernspitze erfolgen.
Hinsichtlich der Buchwertübertragung ist festzustellen, dass eine solche nur noch dann möglich ist, wenn sie aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt ist, sich also in einer Mehrung von Beteiligungskapital im Anlagevermögen der X-GmbH auswirken würde. Im Streitfall war dies nicht der Fall.