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· Fachbeitrag · Kfz-Kaskoversicherung

So muss bei Klage auf Wiederbeschaffungswert zu unbekannter Reparatur vorgetragen werden

| Die Klage des VN gegen den Kfz-Kasko-VR auf Leistung des Wiederbeschaffungswerts des versicherten Fahrzeugs wegen behaupteten Diebstahls darf nicht schon deshalb als unschlüssig abgewiesen werden, weil der VN keine Details zur Reparatur eines bei dem Vorbesitzer eingetretenen Vorschadens vortragen kann. Diese Klarstellung traf das KG. |

1. Vorschriften zum Schadenersatz sind nicht anwendbar

Das KG (21.4.2020, 6 U 175/18, Abruf-Nr. 216772) begründet seine Entscheidung damit, dass für den Anspruch aus dem Kaskoversicherungsvertrag allein das vertragliche Leistungsversprechen des VR maßgeblich ist. Die gesetzlichen Vorschriften zum Schadenersatz finden keine Anwendung. So sah es auch schon der BGH (11.11.15, IV ZR 426/14 Rn. 9, Abruf-Nr. 145782).

2. Es besteht eine geminderte Darlegungslast

Soweit es für die Höhe des Wiederbeschaffungswerts auf die fachgerechte Reparatur des Vorschadens ankommt, kommt ‒ wie auch im Schadenersatzrecht ‒ eine geminderte Darlegungslast in Betracht, wenn der Kläger über die aufklärungsbedürftigen Punkte kein eigenes zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann (vgl. BGH 15.10.19, VI ZR 377/18 Rn. 9, Abruf-Nr. 212477). Bei Unaufklärbarkeit ist ein Mindestwiederbeschaffungswert zu schätzen; denn ein zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug eines bestimmten Typs mit einer bestimmten Laufleistung und einem bestimmten Alter hat einen Mindestwert, den ein Sachverständiger bestimmen kann, auch wenn das Fahrzeug Vorschäden hatte.

 

Musterformulierung / Darlegungslast des VN im Kaskofall

Maßgeblich für den Anspruch des VN aus einem Kaskovertrag ist allein das vertragliche Leistungsversprechen des VR, wohingegen die gesetzlichen Vorschriften zum Schadenersatz keine Anwendung finden (BGHZ 207, 358-365). Die Grundsätze des Schadenersatzrechts zum Umfang des erforderlichen Vortrags zur Reparatur eines Vorschadens sind nicht auf das Versicherungsverhältnis übertragbar. Das folgt bereits aus den wesentlichen Unterschieden zwischen der Abwicklung eines Unfallereignisses durch einen Kfz-Haftpflicht-VR und der Regulierung eines Kaskoschadens.

 

  • Bei der Abwicklung eines Versicherungsfalls über eine Kaskoversicherung sind der Geschädigte als VN und der VR durch ein Vertragsverhältnis verbunden. Dieses ist für beide Seiten in besonderem Maße durch die Grundsätze von Treu und Glauben geprägt. Dem VN kommen deswegen Beweiserleichterungen zugute, soweit es um den Nachweis des Versicherungsfalls geht. Der VR muss den geltend gemachten Anspruch sorgfältig prüfen. Dazu muss er den Sachverhalt ggf. durch Nachfragen und eigene Ermittlungen aufklären, soweit er dies für seine Regulierungsentscheidung für erforderlich hält. Der VN hat hierzu die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten zu erfüllen, will er nicht einen teilweisen oder vollständigen Anspruchsverlust riskieren.
  • Bei Streit über die Höhe des Wiederbeschaffungswerts sehen die AKB die Möglichkeit zur Durchführung eines Sachverständigenverfahrens vor. Auch diese Regelungen zeigen, dass der VR die Höhe des vertraglichen Anspruchs konkret bestreiten muss. Er darf sich wegen seiner vertraglichen Pflichten nicht auf ein pauschales Bestreiten zurückziehen.

 

  • Bei der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs des Geschädigten gegen den Haftpflicht-VR des Unfallgegners ist der Haftpflicht-VR vertraglich verpflichtet, unberechtigt geltend gemachte Ansprüche abzuwehren, die gegen seinen VN erhoben werden. Der Geschädigte und der Haftpflicht-VR des Schädigers stehen sich gleichsam als Gegner gegenüber. Sie verbindet allein ein gesetzliches Schuldverhältnis. Der VR darf einen geltend gemachten Schaden mit Nichtwissen bestreiten. Der Geschädigte muss das Entstehen und den Umfang eines Sachschadens im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG darlegen und beweisen (BGH 15.10.19, VI ZR 377/18).
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  • Für diesen Nachweis spielt es unter Umständen eine entscheidende Rolle, ob bestimmte vorgeschädigte Fahrzeugteile fachgerecht nach einem Vorschaden instand gesetzt worden sind und damit wieder als unbeschädigt anzusehen sind. Bei dieser Beurteilung ist zu klären, ob die Reparatur des Vorschadens fachgerecht durchgeführt wurde, wobei es zur Beurteilung der Fachgerechtigkeit darauf ankommen kann, welcher Weg der Reparatur gewählt wurde.

 

  • Bei der Regulierung eines Unfallschadens durch den Haftpflicht-VR des Schädigers geht es in der Regel zunächst um die Kalkulation der erforderlichen Reparaturkosten. Hierzu kann das beschädigte Fahrzeug in der Regel besichtigt werden. Es kann sich bei der Begutachtung die Frage eines Totalschadens des beschädigten Fahrzeugs stellen.

 

  • Bei der Regulierung eines Kaskoschadens nach einem Fahrzeugdiebstahl geht es dagegen um die Bestimmung des Wiederbeschaffungswerts eines Fahrzeugs im Zeitpunkt des Diebstahls. Das Fahrzeug steht für eine Begutachtung nicht zur Verfügung. Für die Bestimmung des Wiederbeschaffungswerts eines Fahrzeugs spielen Vorschäden und die Art der Reparatur allein für die Bewertung des Fahrzeugs eine Rolle. Allerdings kann der Wiederbeschaffungswert eines Fahrzeugs auch bei zweifelhafter Art der Reparatur unter Ansatz von Abschlägen durch einen Sachverständigen geschätzt werden. Ein zum Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug eines bestimmten Typs mit einer bestimmten Laufleistung und einem bestimmten Alter hat einen Mindestwert, den ein Sachverständiger bestimmen kann, auch wenn das Fahrzeug Vorschäden hatte.

 

  • Bei der Bestimmung der erforderlichen Reparaturkosten kann dies dagegen anders sein, wenn beispielsweise fraglich ist, ob ein Fahrzeugteil, das zur Reparatur eines Vorschadens hätte ausgetauscht werden müssen, nicht ausgetauscht, sondern instand gesetzt worden ist und wiederum dieser Schadensbereich bei einem späteren Unfall betroffen ist.

Soweit der Geschädigte behauptet, von einem eventuellen Vorschaden selbst keine Kenntnis und die beschädigte Sache in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben, kann es ihm jedoch nicht verwehrt werden, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die er kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht gehindert, die von ihm nur vermutete fachgerechte Reparatur des Vorschadens zu behaupten und unter Zeugenbeweis zu stellen. Darin kann weder eine Verletzung der prozessualen Wahrheitspflicht noch ein unzulässiger Ausforschungsbeweis gesehen werden (BGH 15.10.19, VI ZR 377/18). Der BGH hat auch für den Bereich des Schadenersatzes eine Einschränkung bei der Darlegungslast für den Geschädigten angenommen.

 

Diese Musterformulierung können Sie nach dem Einloggen im Downloadbereich von VK (vk.iww.de) unter dem Gliederungspunkt Kfz-Versicherung kostenlos herunterladen.

Quelle: Seite 159 | ID 46740668