· Fachbeitrag · GmbH-Geschäftsführer
Wichtige neue Aspekte zur Überversorgung und Erdienbarkeit bei Pensionszusagen
von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart
| Da Pensionszusagen ein Versprechen auf die Zukunft sind und sich über viele Jahre, teilweise Jahrzehnte aufbauen, kann es immer wieder zu Anpassungsbedarf kommen. Insbesondere bei den Gesichtspunkten der Überversorgung und der Erdienbarkeit sind Probleme vorprogrammiert. Sei es, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung des die Pensionszusage erteilenden Unternehmens verändert oder dass die Zusage an die veränderten Lebensbedürfnisse des Geschäftsführers angepasst werden muss. Als Steuerberater muss man hier auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. |
1. Problemstellung
Da Pensionszusagen endgehaltsabhängig oder endgehaltsunabhängig ausgestaltet werden können, ergeben sich aus einer Veränderung des Aktivgehalts unterschiedliche unmittelbare Auswirkungen auf die Pensionszusage:
- Endgehaltsunabhängige Pensionszusagen: Die Pensionszusage lautet auf einen festen EUR-Betrag (z. B. 4.000 EUR monatlich). Eine Erhöhung des Aktivgehalts hat in diesem Fall keine unmittelbare Auswirkung auf die Höhe des Pensionsanspruchs. Allerdings können sich Auswirkungen auf die Anerkennung der Pensionszusage ergeben ‒ insbesondere bei einer Gehaltsherabsetzung unter dem Gesichtspunkt der sog. Überversorgung (75 %-Grenze).
- Endgehaltsabhängige Pensionszusagen: Die Pensionszusage wird in einem Prozentsatz zum (letzten) Aktivgehalt festgelegt (z. B. 50 % des letzten Aktivgehalts vor Pensionsbeginn). Mit jeder Änderung des Aktivgehalts ändert sich ‒ automatisch als zwingende Folge ‒ die Höhe des Pensionsanspruchs. Hier kann sich zwar kein Überversorgungsproblem ergeben, da das Verhältnis Aktivgehalt zu Pension immer gleich bleibt. Allerdings stellt sich hier das Problem der Erdienbarkeit, da eine höhere Pension zunächst „erdient“ werden muss.
Zu beiden Fällen hat der BFH jüngst wichtige Urteile gefällt (s. zur Überversorgung BFH 20.12.16, I R 4/15, DStR 17, 841 und zur Erdienbarkeit gehaltsabhängiger Zusagen BFH 20.5.15, I R 17/14, BStBl II 15, 1022).
2. Überversorgung bei Gehaltsherabsetzung
Der Entscheidung vom Dezember 2016 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine im Jahr 1991 gegründete Handwerker-GmbH hatte ihrem 1941 geborenen Gesellschafter-Geschäftsführer C im Jahr 1993 eine Pensionszusage auf das 65. Lebensjahr von 6.000 DM gegeben. Im Jahr 1999 übertrug C einen Teil seiner Anteile an der Handwerker-GmbH auf seine beiden Söhne. Gleichzeitig reduzierte er sein Aktivgehalt von 9.000 DM auf 6.000 DM. Die Höhe der zugesagten endgehaltsunabhängigen Pension (6.000 DM monatlich) wurde nicht verändert.
Ab März 2006 zahlte die GmbH an C eine Pension von monatlich 3.067 EUR (6.000 DM). Außerdem erhielt C aufgrund einer früheren Beschäftigung als Arbeitnehmer eine Rente der Deutschen Rentenversicherung von monatl. 831 EUR und eine Direktversicherung von rd. 38 EUR je Monat. Das Finanzamt stellte eine Überversorgung fest und errechnete diese wie folgt:
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steuerpflichtiges Brutto im letzten aktiven Arbeitsjahr (2005) | 46.765 EUR | |
davon 75 % | 35.074 EUR | |
abzüglich Sozialversicherungsrente | ./. | 9.977 EUR |
abzüglich Direktversicherungsrente | ./. | 447 EUR |
maximale Betriebsrente = Überversorgungsgrenze | 24.650 EUR |
Da C eine Betriebsrente von rd. 36.800 EUR erhalten hatte, korrigierte das FA die Pensionsrückstellung entsprechend und setzte wegen der Überversorgung eine vGA fest. Dieses Vorgehen bestätigte der BFH in seiner Entscheidung vom Dezember 2016.
MERKE | Nach Ansicht des Gerichts lässt sich im Falle einer Zusage von Versorgungsbezügen in Höhe fester Beträge eine künftige Inflation nicht durch eine entsprechend höher bemessene Versorgung umgehen. Eine solche Höherbemessung ist als Vorwegnahme künftiger Gehaltsentwicklungen anzusehen und führt als sog. Überversorgung zur anteiligen Kürzung der Pensionsrückstellung. Die Höhe der Kürzung erfolgt typisierend dann, wenn die Versorgungsanwartschaft zusammen mit der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung 75 % der am Bilanzstichtag bezogenen Aktivbezüge übersteigt. |
Bei einer Herabsetzung des Aktivgehalts muss durch eine zeitanteilige Aufteilung gewährleistet werden, dass die Bewertungsbegrenzung nicht in einen Anwartschaftsteil hineinwirkt, der zu den früheren Stichtagen jeweils nicht „überversorgend“ war. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf das BMF-Schreiben vom 14.8.12 (BStBl I 12, 874), wo für den Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitbeschäftigungsverhältnis mit einer entsprechenden Änderung des Gehaltsniveaus unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes ein besonderer Grenzwert gebildet wird.
Auch sind Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen Rentenversicherungsträgern bei der Berechnung der Überversorgung zu berücksichtigen. Der Gesichtspunkt der Überversorgung baut auf der Überlegung auf, dass der Arbeitgeber eine lebensstandardbewahrende Versorgung zusagt, indem er eine „nach der gesetzlichen Rentenversicherung verbleibende Versorgungslücke von etwa 20 % bis 30 % der letzten Aktivbezüge“ schließt. Es ist daher sachgerecht, dass für die Prüfung der Grenze sämtliche am Bilanzstichtag vom Arbeitgeber vertraglich zugesagten Altersversorgungsansprüche einschließlich der zu erwartenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung herangezogen werden.
PRAXISHINWEIS | Als Berechnungsmaßstab für eine Vermeidung der Überversorgung hat das BMF folgende Formel entwickelt:
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Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH wurde am 1.7.66 geboren. Er tritt am 1.1.94 in die GmbH ein und erhält am 1.1.02 die Zusage einer Alters- und Invalidenrente über 3.000 EUR/monatlich. Vorgesehen ist ein Pensionseintritt mit Vollendung des 66. Lebensjahres (im Jahr 2032). Am 1.1.17 erfolgte eine Herabsetzung der Versorgungsanwartschaft auf 2.000 EUR/monatlich.
Stellungnahme: Der erdiente Anteil der Versorgungsleistungen zum Zeitpunkt der Herabsetzung berechnet sich wie folgt:
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Da die nach Herabsetzung noch verbleibenden Versorgungsleistungen von 2.000 EUR monatlich höher sind als der bereits erdiente Anteil von 1.500 EUR, beträgt der Wert der verdeckten Einlage hier 0 EUR (§ 8 Abs. 3 S. 3 KStG).
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Es erfolgt eine Herabsetzung auf eine Pension von monatlich 1.000 EUR. Damit ist die bereits erdiente Pension höher als die neu zugesagte endgehaltsunabhängige Pension. Es liegt daher eine verdeckte Einlage von 500 EUR / 3.000 EUR, d. h. einem Sechstel der Pensionsrückstellung vor.
Stellungnahme: Es handelt sich um einen Zufluss von Arbeitslohn nach § 19 EStG. Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG („Fünftelung“) als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit kommt insoweit in Betracht. |
Beachten Sie | In beiden Beispielsfällen ist die Pensionsrückstellung an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Pensionsrückstellung wird zum Ende des Jahres der Reduzierung des Anspruchs wesentlich niedriger, weil der reduzierte Pensionsbetrag nach § 6a EStG auf die Gesamtlaufzeit bis zum Pensionsbeginn ‒ und damit auch auf die zukünftigen Jahre ‒ neu verteilt werden muss.
PRAXISHINWEIS | Die Teilauflösung führt in 2017 zu einem bilanziellen Ertrag, der nicht außerbilanziell als verdeckte Einlage korrigiert werden kann und deshalb ggf. einen Verlustvortrag verbraucht. Ein gewinnmindernder Ausgleich erfolgt erst bis zum Eintritt des Pensionsfalls. |
3. Erdienbarkeit bei Erhöhung der Aktivbezüge
Der BFH hat sich auch mit der Frage beschäftigt, inwieweit bei einer Erhöhung des Aktivgehalts und damit einhergehend mit der mittelbaren Erhöhung des Pensionsanspruchs einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage eine Erdienbarkeitsprüfung erfolgen muss (BFH 20.5.15, I R 17/14, BStBl II 15, 1022). Pensionszusagen an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer sind bekanntlich nur dann erdienbar, wenn zwischen dem Zeitpunkt der Zusage der Pension und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand mindestens zehn Jahre liegen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Eine GmbH hatte ihrem (beherrschenden) Gesellschafter G im Alter von 39 Jahren eine endgehaltsabhängige Pensionszusage auf das 65. Lebensjahr erteilt. In den Jahren 2001 und 2003 ‒ G war zu diesem Zeitpunkt bereits 58 bzw. knapp 60 Jahre alt ‒ wurde das Aktivgehalt des G wesentlich erhöht (von ca. 210.000 EUR auf ca. 300.000 EUR). G schied dann mit 65 Jahren aus der GmbH aus und wurde durch insgesamt vier Personen in der Geschäftsführung ersetzt. Das FA sah die sich aus der Erhöhung des Gehalts ergebenden Steigerungen des Pensionsanspruchs als nicht mehr erdienbar an und behandelte die Zuführungen zur Pensionsrückstellung insoweit als vGA. Der BFH sah dies auch so.
MERKE | Der BFH hält zunächst eindeutig am 10-Jahreszeitraum für die Erdienbarkeit von Pensionszusagen bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern fest; und zwar unabhängig davon, dass die Unverfallbarkeitsfrist im BetrAVG, an die sich der BFH früher angelehnt hatte, mittlerweile auf fünf Jahre halbiert wurde und bei Gehaltsumwandlungen ganz entfallen ist. |
Die Erdienbarkeit ist dabei nicht nur bei der erstmaligen Zusage, sondern auch bei späteren Erhöhungen des Pensionsanspruchs zu prüfen. Erhöhungen im Rahmen der üblichen jährlichen Lohnsteigerungen sind dabei allerdings nicht zu beanstanden. Sie führen nicht zu einem Erdienbarkeitsproblem, auch wenn sie erst innerhalb von zehn Jahren vor dem Renteneintrittsalter erfolgen.
Wichtig: Anders ist das allerdings bei außergewöhnlich hohen Gehaltssteigerungen. Diese müssen immer erdienbar sein und daher spätestens zehn Jahre vor Auszahlung der Pension erfolgt sein.
Beachten Sie | Ist in der Pensionsverpflichtung die Möglichkeit vorgesehen, die erteilte Zusage vorzeitig ‒ mit gewissen Abschlägen ‒ in Anspruch nehmen zu können? Für diesen Fall hat der BFH ausgeführt, dass sich der Erdienenszeitraum dann nur bis zur erstmalig möglichen Inanspruchnahme der Pension erstreckt.
PRAXISHINWEIS | Bei endgehaltsabhängigen Zusagen muss man die Mandanten also für das Thema „Folgen der Erhöhung des Aktivgehalts“ sensibilisieren. Eine über das Übliche hinausgehende Gehaltserhöhung ist ‒ bei Zusage der Pension auf das 65. Lebensjahr ‒ letztmalig zu den 55. Geburtstagen möglich. Danach sind nur noch die üblichen Gehaltserhöhungen im Rahmen des Inflationsausgleichs vereinbar, ohne dass man sich der Gefahr einer vGA aussetzt. |
Auf ein weiteres Problem hat der BFH am Urteilsende noch hingewiesen. Im Streitfall war die Pensionszusage unmittelbar nach der Gründung der GmbH erteilt worden. Dies könnte ein Verstoß gegen das Probezeiterfordernis darstellen (vgl. auch BMF 14.12.12, IV C 2 - S 2742/10/10001, BStBl II 13, 58). Bei einer Neugründung muss danach eine Probezeit von mindestens fünf Jahren (zusagefreie Zeit) eingehalten werden. Im Urteilsfall lag wohl eindeutig ein Verstoß gegen dieses Probezeiterfordernis vor. Da die Sache aus anderen Gründen bereits rechtswidrig war, kam es darauf aber nicht mehr an.
Probleme können sich bei endgehaltsabhängigen Pensionszusagen auch bei Gehaltsherabsetzungen ergeben:
Durch eine Absenkung des Aktivgehalts reduziert sich bei einer endgehaltsabhängigen Pensionszusage auch der Pensionsanspruch. Darin kann man einen Teilverzicht auf den Pensionsanspruch und damit eine verdeckte Einlage sehen, die beim Gesellschafter-Geschäftsführer zu einem Zufluss als Arbeitslohn führt (soweit auf die Pension verzichtet wurde).
MERKE | Für diese Annahme spricht zumindest die Überlegung, dass ein fremder Geschäftsführer ‒ wenn er schon auf Teile seines Aktivgehalts verzichtet ‒ wohl darauf bestehen würde, die erdienten Altersversorgungsansprüche zu erhalten. Er würde sich im Zweifel deshalb nur dann auf den Gehaltsverzicht einlassen, wenn seine bisher endgehaltsabhängige Zusage vom Aktivgehalt entkoppelt und vertraglich ‒ unter Festschreibung des bereits erdienten Past Service ‒ in eine endgehaltsunabhängige Zusage umgewandelt wird. |