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· Fachbeitrag · Gewerbesteuer

Veräußerung von Mitunternehmeranteilen in einer doppelstöckigen KG gewerbesteuerpflichtig

von Dr. Hansjörg Pflüger, Stuttgart

| Immer wieder Schwierigkeiten bereitet die Anwendung des § 7 S. 2 GewStG . Danach muss die „veräußerte Personengesellschaft“ Gewerbesteuer auf den Veräußerungsgewinn des Mitunternehmers bezahlen, soweit dieser keine natürliche Person ist. Umstritten war lange, wie § 7 S. 2 GewStG bei doppelstöckigen Personengesellschaften anzuwenden ist. Nun hat der BFH entschieden, dass die Untergesellschaft auf einen Veräußerungsgewinn einer Beteiligungsgesellschaft auch dann Gewerbesteuer zahlen muss, wenn die Obergesellschaft ansonsten nur vermögensverwaltend tätig ist (BFH 19.7.18, IV R 39/10). |

1. Sachverhalt

An der A GmbH & Co. KG (A-KG) war die W-KG als Obergesellschaft beteiligt. Diese übertrug ihren Kommanditanteil im Streitjahr auf eine weitere Mitunternehmerin der A-KG, die W-GmbH. Dabei erzielte die W-KG einen erheblichen Veräußerungsgewinn.

 

 

Nach einer Außenprüfung vertrat das FA im Hinblick auf die Regelung des § 7 S. 2 GewStG die Auffassung, dass der Gewinn der W-KG aus der Veräußerung der Mitunternehmeranteile an der A-KG zum Gewerbeertrag der A-KG gehöre. Das FA änderte den GewSt-Messbescheid der A-KG entsprechend. Dagegen wehrte sich die A-KG mit dem Argument, dass § 7 S. 2 GewStG gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstoße. Darüber hinaus sei die Vorschrift im vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden. Bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zähle der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils nämlich wie der von einer unmittelbar an einer Mitunternehmerschaft beteiligten natürlichen Person erzielte Veräußerungsgewinn nicht zum Gewerbeertrag. Die Begründung:

 

Die Einbeziehung von Gewinnen aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen diene ausschließlich dem Zweck, mögliche Steuerumgehungen zu vermeiden. Vermögensverwaltende Personengesellschaften lägen aber nicht in der Zielrichtung des vom Gesetzgeber verfolgten Zwecks, weil diese ohnehin nicht gewerbesteuerpflichtig seien. Der BFH gab allerdings dem FA Recht.

2. Entscheidungsgründe

Zunächst stellte der BFH klar, dass eine verfassungswidrige Rückwirkung im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 10.4.18 (1 BvR 1236/11, BStBl II 18, 303) nicht vorliegt.

 

Im Gegensatz zur Ansicht der A-KG ist die W-KG nach Ansicht des BFH aber auch nicht ausschließlich vermögensverwaltend tätig, denn sie ist an der gewerblich tätigen A-KG beteiligt. Diese gewerblichen Beteiligungseinkünfte führen dazu, dass eine von der W-KG im Streitjahr unternommene (weitere) Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 EStG in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, denn es gilt hier die Abfärbetheorie. Danach ist eine Personengesellschaft auch dann insgesamt i‒ mit allen ihren Einnahmen ‒ gewerblich tätig, wenn die gewerblichen Einnahmen nur einen Teil der Gesamterlöse ausmachen.

 

Beachten Sie | Unabhängig davon ist § 7 S. 2 GewStG nach Ansicht des BFH nicht dahin auszulegen, dass eine als Mitunternehmerin an einer anderen Personengesellschaft beteiligte, im Übrigen ihrerseits nur „vermögensverwaltend“ tätige Personengesellschaft nicht vom Regelungsgehalt dieser Norm erfasst wird. Dies gilt selbst dann, wenn an einer solchen Gesellschaft zum Zeitpunkt der Veräußerung des Mitunternehmeranteils ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind.

 

Entsprechend gehört zum Gewerbeertrag ‒ auch ‒ der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs einer Mitunternehmerschaft anzusehen ist, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt. Für mittelbar ‒ über eine andere Personengesellschaft ‒ beteiligte natürliche Personen ist weder nach dem Wortlaut der Vorschrift noch nach dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Normzweck die Gewerbesteuerfreiheit vorgesehen. Vielmehr ist der Gewinn Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft.

 

Ergebnis: Danach liegen die Voraussetzungen des § 7 S. 2 GewStG also vor. Der Veräußerungserlös, den die W-KG erzielt hat, unterliegt bei der A-KG der Gewerbesteuer.

3. Relevanz für die Praxis

Da es bei der Anwendung des § 7 S. 2 GewStG immer wieder zu Missverständnissen kommt, folgt hier eine kurze beispielhafte Darstellung der Wirkungsweise dieser Vorschrift. Es gilt zunächst folgender Grundsatz:

 

MERKE | Bei Personenunternehmen ist der nach den Vorschriften des EStG ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb der Ausgangsbetrag für die Ermittlung des Gewerbeertrags (§ 7 S. 1 GewStG). Nicht zum gewerblichen Gewinn i. S. v. § 7 GewStG gehören insbesondere Gewinne (Verluste) aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils i. S. v. § 16 EStG.

 

Von diesem Grundsatz gibt es jedoch Ausnahmen; das heißt Einnahmen, bei denen also doch eine Gewerbesteuerpflicht besteht:

 

  • 100 %-Beteiligungen an Kapitalgesellschaften: Der Gewinn (bzw. Verlust) aus der Veräußerung/Aufgabe einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist grds. in den Gewinn aus Gewerbebetrieb einzubeziehen.

 

  • Identität zwischen Veräußerer und Erwerber: In den Fällen des § 16 Abs. 2 S. 3 EStG, d. h. soweit Veräußerer und Erwerber dieselben Personen sind, liegt ein laufender Gewinn vor, der dementsprechend in den Gewinn aus Gewerbebetrieb einzubeziehen ist.

 

  • Nicht natürliche Person als unmittelbar beteiligter Mitunternehmer: Der Gewinn (bzw. Verlust) aus der Veräußerung/Aufgabe eines Betriebs/Teilbetriebs durch eine Mitunternehmerschaft (§ 7 S. 2 Nr. 1 GewStG i. V. m. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) und die Veräußerung/Aufgabe eines ganzen Mitunternehmeranteils ist seit 2002 bei der Mitunternehmerschaft gewerbesteuerpflichtig (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG), soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbarer Mitunternehmer entfällt. Zur letzten Variante, die im besprochenen Urteilsfall einschlägig war, das folgende Beispiel:

 

  • Beispiel

An der Alpha-OHG (A-OHG) waren bis zum 30.6.18 die natürliche Person A, die A-GmbH sowie die A-KG mit jeweils 1/3 beteiligt. Mit Ablauf des 30.6.18 veräußerten alle drei Gesellschafter ihre Anteile an der A-OHG für jeweils 200.000 EUR an die B-GmbH. Aufgrund der unterschiedlichen Höhe der Kapitalkonten zum Veräußerungszeitpunkt erzielten die Veräußerer folgende Veräußerungsergebnisse:

  • A:

Veräußerungsgewinn in Höhe von

100.000 EUR

  • A-GmbH:

Veräußerungsverlust in Höhe von

./. 50.000 EUR

  • A-KG:

Veräußerungsgewinn in Höhe von

20.000 EUR

Bis zum 30.6.18 erzielte die A-OHG einen laufenden Gewinn von 120.000 EUR, der jeweils zu 1/3 den drei bisherigen Gesellschaftern zuzurechnen ist.

 

Gewerbesteuerliche Auswirkung: Der laufende Gewinn i. H. v. 120.000 EUR geht nach § 7 S. 1 GewStG unstrittig in die Ermittlung des Gewerbeertrags der A-OHG ein. Nach § 7 S. 2 GewStG gehört aber auch der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zum Gewerbeertrag, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbarer Mitunternehmer entfällt.

 

  • Somit ist der Veräußerungsgewinn des A von 100.000 EUR (= Gewinn i. S. d. § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) nicht gewerbesteuerpflichtig.

 

  • Demgegenüber sind die Veräußerungsergebnisse der A-GmbH und der A-KG nach § 7 S. 2 GewStG auf der Ebene der A-OHG in die Ermittlung des Gewerbeertrags einzubeziehen.

 

Insgesamt ergibt sich bei der Alpha-OHG somit folgender gewerbesteuerpflichtiger Ertrag:

 

Laufender Gewinn:

120.000 EUR

./.

Veräußerungsverlust A-GmbH

./. 50.000 EUR

+

Veräußerungsgewinn A-KG

+ 20.000 EUR

=

Gewerbeertrag A-OHG 2018

90.000 EUR

 

 

 

Bei den veräußernden Gesellschaften ist zur Vermeidung einer Doppelbelastung mit Gewerbesteuer wie folgt vorzugehen:

 

Bei der A-GmbH ergibt sich aus der Beteiligung an der A-OHG folgendes Ergebnis, das körperschaftsteuerlich voll berücksichtigt wird:

 

Laufender Gewinnanteil (1/3 von 120.000 EUR =)

40.000 EUR

./.

Veräußerungsverlust

./. 50.000 EUR

=

Verlustanteil aus A-OHG insgesamt

./. 10.000 EUR

 

Gewerbesteuerlich wird dieser Verlustanteil bei der A-GmbH nach § 8 Nr. 8 GewStG hinzugerechnet, da er sich in voller Höhe bereits bei der A-OHG gewerbesteuerlich ausgewirkt hat.

 

Bei der A-KG ergibt sich folgendes Ergebnis:

 

Laufender Gewinnanteil (1/3 von 120.000 EUR =)

40.000 EUR

+

Veräußerungsgewinn

+ 20.000 EUR

=

Gewinnanteil aus A-OHG insgesamt

60.000 EUR

 

Gewerbesteuerlich wird dieser Gewinnanteil bei der A-KG nach § 9 Nr. 2 GewStG gekürzt, da er sich bereits voll bei der A-OHG ausgewirkt hat.

Quelle: Seite 9 | ID 45581201