· Fachbeitrag · Elektronischer Rechtsverkehr
beA-Versand: Anwalt darf sich nicht auf Warnhinweise der Software verlassen
| Wird ein Antrag auf Fristverlängerung per beA verschickt, muss die Software des Anwalts die automatisierte Eingangsbestätigung anzeigen und diese kontrolliert werden. Der Anwalt darf sich nicht allein auf Warnhinweise seiner Software verlassen, die nicht übermittelte Schriftsätze rot hervorhebt oder unerledigte Fristen in einem Bildschirmfenster anzeigt. |
1. Manuell oder elektronisch: die Sorgfaltspflichten sind hoch
Beim Versand per beA gelten dieselben Sorgfaltspflichten wie bei einem Versand per Telefax. Wird der Fristenkalender elektronisch geführt, darf die Überprüfungssicherheit nicht kleiner sein als wenn er manuell geführt wird, so das OLG Saarbrücken (4.10.19, 2 U 117/19, Abruf-Nr. 213218). Es ist zwingend die gerichtliche Eingangsbestätigung zu prüfen.
Seit dem 1.1.18 müssen Gerichte automatisierte Eingangsbestätigungen versenden (§ 130a Abs. 5 S. 2 ZPO). Daraus folgt: Bleibt die Eingangsbestätigung aus, müssen dem Anwalt sofort Zweifel kommen, ob der Sendevorgang erfolgreich war. Er muss den Versand prüfen und den Schriftsatz ggf. erneut übermitteln. Bei der elektronischen Übermittlung kommt er ‒ oder sein Personal ‒ daher nicht darum herum, die automatische Eingangsbestätigung zu kontrollieren (BayLSG 3.1.18, L 17 U 298/17). Im elektronischen Rechtsverkehr akkumulierten sich alle bisherigen Pflichten des Anwalts ‒ mehr noch, es kämen weitere medienspezifische Pflichten hinzu, so das OLG.
2. Anwalt muss belehren und darf nicht allein auf Software vertrauen
Das für Fristverlängerungsgesuche per beA zuständige Personal ist zu belehren, dass stets die Eingangsbestätigung vorliegen muss. Dies muss der Anwalt zumindest stichprobenartig nachhalten (BAG 7.8.19, 5 AZB 16/19). Vorliegend wurde eine Software verwendet, die gerichtliche Eingangsbestätigungen „übersetzte“, also nicht direkt anzeigte. Der Schriftsatz wird bei Erhalt der Eingangsbestätigung aus dem Signaturkorb entfernt und in den „Versendet-Korb“ gelegt. Bleibt die Bestätigung des Gerichts nach einem Versand aus, generiert die Software einen ‒ auch visuellen ‒ Fehlercode am Bildschirm. Das ermöglicht jedoch nicht, zu kontrollieren, ob tatsächlich eine Eingangsbestätigung generiert wurde oder eine ausbleibende Fehlermeldung der Software auf ein Verschulden des Anwalts zurückgeht (Schriftstück wurde nicht zur Signatur bzw. Versendung gebracht). Ferner war hier die nach gefestigter Rechtsprechung notwendige allabendliche Fristenkontrolle nicht erfüllt, mit der möglicherweise als erledigt vermerkte Fristsachen, die trotzdem nicht erledigt wurden, entdeckt werden können (BGH 30.5.17, VI ZB 54/16).
Weiterführende Hinweise
- So bewegen Sie sich sicher im beA (aktualisierte Ausgabe 2020), Abruf-Nr. 46278917
- beA: Aktive Nutzungspflicht durch die Hintertür?, AK 19, 205