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· Fachbeitrag · Sozialrecht

Dies gilt zum Anspruch auf visuelle Rauchmelder und Hörgeräte

| Bereits 2014 entschied das BSG, dass Krankenkassen spezielle visuelle Rauchmelder für Hörgeschädigte bezahlen müssen (18.6.14, B 3 KR 8/13 R). Dieser Anspruch besteht aber auch, wenn der Versicherte nicht mehr in der eigenen Wohnung lebt, sondern in einer vollstationären Wohnform der Eingliederungshilfe. Dann ist jedoch der Einrichtungsträger zuständig und nicht die Krankenkasse, sagt das BayLSG. |

 

Sachverhalt

Strittig war, ob die beklagte Krankenkasse einen visuellen Rauchmelder bezahlen muss, wenn der Versicherte in einer Wohngruppe lebt. Der Kläger argumentierte, die Kosten solcher Rauchmelder für hörgeschädigte Menschen seien den Hilfsmitteln gem. § 33 SGB V zuzuordnen. Die Kasse müsste ihn auch bezahlen, wenn der Hörgeschädigte im stationären Bereich versorgt wird. Die Beklagte trug vor, dass die Rechtsprechung des BSG zu visuellen Rauchmeldern in privaten Wohnungen nicht auf in Pflegeeinrichtungen lebenden hörgeschädigten Versicherten übertragbar sei. Nachdem der Kläger vor dem SG noch obsiegte, verneinte das BayLSG in zweiter Instanz den Anspruch gegen die Krankenkasse. Diese sei nicht eintrittspflichtig (20.6.18, L 20 KR 139/17, Abruf-Nr. 212983).

 

Entscheidungsgründe

Zwar müssten Krankenkassen Versicherte mit Hilfsmitteln grundsätzlich unabhängig davon versorgen, ob sie in der eigenen Wohnung oder einem Heim leben. Nach der BSG-Rechtsprechung endet die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI aber dort, wo bei vollstationärer Pflege der Heimträger verpflichtet ist, Heimbewohner mit Hilfsmitteln zu versorgen. Dies gälte auch, wenn der Versicherte sich nicht in einem vollstationären Pflegeheim, sondern in einer vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe i. S. v. § 43a, § 71 Abs. 4 SGB XI befindet. Rauchwarnmelder in vorhandenen Wohnungen sind gem. § 46 Abs. 3 S. 3 BayBO (Bayerische Bauordnung) für den Eigentümer Pflicht. Da es sich um eine Einrichtung ausschließlich für hörgeschädigte Menschen handelt, muss der Betreiber in Zusammenarbeit mit dem Gebäudeeigentümer für visuelle Rauchmelder sorgen, damit die Betreuten mit möglichst vergleichbarem Sicherheitsstandard wie nicht behinderte Menschen wohnen können.

 

Relevanz für die Praxis

Regelmäßig kommt es neben den Kosten für spezielle Rauchmelder auch zu Konflikten mit den Krankenkassen, wenn Kosten für Hörgeräte über den gesetzlichen Festbeträgen liegen. Dabei müssen die Kassen teurere Geräte durchaus bezahlen. So hat aktuell das LSG Berlin-Brandenburg den Anspruch eines Versicherten bestätigt, der ein teureres Gerät (Modell Naida V50 SP) verlangte (23.10.19, L 1 KR 321/19 B ER, rkr.). Die geltenden Festbeträge schränkten die Versorgungsansprüche nicht ein. Reicht ein festgesetzter Festbetrag objektiv nicht aus, eine Behinderung auszugleichen, stehen Versicherten höherwertige Hilfsmittel auf Kosten der Krankenversicherung zu (BSG 17.12.09, B 3 KR 20/08 R). Bei nur geringfügigen besseren Geräten sieht es anders aus: So sieht das LSG Mecklenburg-Vorpommern bei einem um fünf Prozentpunkte besserem Sprachverstehen im Vergleich zu zuzahlungsfrei angebotenen Hörgeräten keinen messbaren Gebrauchsvorteil (9.7.19, L 6 KR 62/19 B ER).

 

Krankenkassen haben einen klaren Auftrag, ihre Versicherten bezüglich der Hörgeräteversorgung zu beraten (BSG 17.12.09, B 3 KR 20/08 R). Insbesondere bei einem unübersichtlichen Markt müssen sie den konkreten Weg zu gesetzlich möglichen Leistungen aufzuzeigen. Meint die Kasse, dass anstelle des gewünschten Hörgeräts ein gleichwertiges Gerät zum Festbetrag oder preisgünstiger erhältlich ist, muss sie zumindest ein preiswerteres Gerät konkret benennen (LSG Berlin-Brandenburg 21.12.17, L 9 KR 372/17 B ER).

 

Das LSG Niedersachsen-Bremen entschied kürzlich, dass eine GPS-Uhr mit Alarmfunktion für geistig Behinderte (hier: Trisomie 21) mit Weglauftendenz als Hilfsmittel gem. § 33 SGB V von der gesetzlichen Krankenkasse zu bezahlen ist (17.9.19, L 16 KR 182/18). Als Pflegehilfsmittel (§ 40 SGB XI) seien die Kosten jedoch nicht erstattungsfähig.

 

Weiterführende Hinweise

  • Bei Anruf Licht: Hörbehinderte haben Anspruch auf Telefonklingelsender, SR 18, 130
  • Fahrerlaubnis entziehen: Schwerhörigkeit allein kein Grund, SR 16, 37
Quelle: Ausgabe 01 / 2020 | Seite 7 | ID 46284838