· Fachbeitrag · EEG-Novelle 2021
Auswirkungen auf die besondere Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen
von Richard Spieker, Dortmund
| Die Ende 2020 verabschiedete EEG-Novelle 2021 (Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften (BGBl I 20, 3138)) hat auch erhebliche Auswirkungen auf die besondere Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen. Der Beitrag stellt die wichtigsten Änderungen vor und zeigt, dass sich auch für bisher nicht begünstigte Unternehmen neue Chancen eröffnen. |
1. Hintergründe zur EEG-Novelle 2021
Nach zähem Ringen hat die EEG-Novelle am 18.12.20 den Bundesrat passiert und ist zum 1.1.21 in Kraft getreten. Bei der aktuellen Novellierung des EEG stand die weitere Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Mittelpunkt. Darüber hinaus wurde aber auch versucht, die für stromintensive Unternehmen negativen Effekte aus der Absenkung der EEG-Umlage und die Folgen der COVID-19-Pandemie abzumildern. Ferner wurden die formalen Hürden für die Begrenzung der EEG-Umlage punktuell reduziert.
MERKE | Wegen der staatlichen Zuschüsse zur Senkung der EEG-Umlage ist das EEG 2021 unstrittig als Beihilfe anzusehen. Die Neuregelungen müssen daher noch von der EU genehmigt werden. Ein entsprechender Vorbehalt wurde ins Gesetz aufgenommen (§ 105 Abs. 1 EEG 2021). |
2. Auswirkungen auf die besondere Ausgleichsregelung
Im Folgenden werden die sechs wichtigsten Auswirkungen auf die besondere Ausgleichsregelung vorgestellt:
2.1 Senkung der erforderlichen Stromkostenintensität
Eine Grundvoraussetzung für die Reduzierung der EEG-Umlage ist, dass die Stromkostenintensität des antragstellenden Unternehmens einen bestimmten Prozentsatz übersteigt. Vereinfacht wird die Stromkostenintensität ermittelt, indem man die Stromkosten durch die Wertschöpfung des Unternehmens dividiert. Je höher der Prozentsatz ist, je stromintensiver und somit „förderwürdiger“ ist das Unternehmen. Die Details zur Berechnung der Stromkostenintensität wurden in BBP 5/18 (124 ff.) ausführlich vorgestellt.
Die EEG-Umlage erhöht die Stromkosten und somit auch die Stromkostenintensität eines Unternehmens. Im Rahmen der EEG-Novelle wurde die EEG-Umlage aber nun gesenkt und somit die Stromkosten reduziert. Dies hätte dazu führen können, dass bisher privilegierte Unternehmen aus der besonderen Ausgleichsregelung fallen. Der Gesetzgeber hat das Problem erkannt und den Schwellenwert für solche Unternehmen, die einer Branche nach der Liste 1 der Anlage 4 zuzuordnen sind, wie folgt reduziert (§ 64 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EEG 2021):
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Antragsjahr | Erforderliche Stromkostenintensität |
2021 | 14 % |
2022 | 13 % |
2023 | 12 % |
ab 2024 | 11 % |
Die sukzessive Reduzierung der „Einstiegshürde“ ist zu begrüßen und sollte zum Anlass genommen werden, die Anspruchsvoraussetzungen auch bei bisher nicht begünstigten Unternehmen (erneut) zu überprüfen.
Beachten Sie | Die Schwelle von 20 % für den „SuperCAP“, d. h. für die höchstmögliche Begrenzung der EEG-Umlage, wurde nicht reduziert.
2.2 EEG-Umlagebegrenzung
Im Rahmen der EEG-Novelle wurde auch eine Vereinheitlichung der EEG-Umlagebegrenzung vorgenommen (§ 64 Abs. 2 Nr. 2 EEG 2021). Danach wird die EEG-Umlage unabhängig davon, ob es sich um ein „Liste-1-Unternehmen“ oder ein „Liste-2-Unternehmen“ handelt, auf 15 % reduziert.
Die Neuregelung ist für die stromkostenintensiven Unternehmen sehr erfreulich. Sie stellt nicht nur eine Vereinfachung dar, sondern führt in vielen Fällen auch zu einer spürbar höheren Entlastung.
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Bei einer EEG-Umlage von 6,5 ct/kWh und einem Jahresverbrauch von 10 GWh beträgt die volle EEG-Umlage 650.000 EUR.
Die Berechnung stellt die alte und die neue Begünstigung bei einem „Liste-1-Unternehmen“ mit einer Stromkostenintensität von 16 % gegenüber: | |||
bisherige EEG-Umlage | neue EEG-Umlage | Erläuterung | |
EEG-Umlage 1 GWh | 65.000 EUR | 65.000 EUR | Sockelbetrag/Selbstbehalt unverändert |
EEG-Umlage 9 GWh | 117.000 EUR | 87.750 EUR | bisher: 6,5 ct/kWh × 20 % × 9 GWh neu: 6,5 ct/kWh × 15 % × 9 GWh |
EEG-Umlage gesamt | 182.000 EUR | 152.750 EUR | Differenz/Vorteil: 29.250 EUR |
2.3 Erleichterung bei den Nachweispflichten
Nach § 64 Abs. 1 Nr. 3 EEG 2021 benötigt das antragstellende Unternehmen nach wie vor ein zertifiziertes Energie- oder Umweltmanagementsystem. Den entsprechenden Nachweis musste das Unternehmen bisher zwingend bis zur gesetzlichen Ausschlussfrist (30.6.) einreichen. Anderenfalls wurde der gesamte Antrag abgelehnt. Eine nachträgliche Heilung war hier nicht möglich!
Zukünftig ist es für eine erfolgreiche Antragstellung ausreichend, dass das Unternehmen über ein Energie- oder Umweltmanagementsystem verfügt. Die fristwahrende Einreichung einer Bescheinigung bis zum 30.6. ist nicht mehr entscheidend; nach § 66 Abs. 1 EEG 2021 ist eine bloße Angabe nach § 64 Abs. 3 Nr. 2 EEG 2021 ausreichend. Eine nachträgliche Anforderung der Zertifizierungsdokumente durch das BAFA ist aber möglich.
Der Wegfall dieser unnötigen, formalen Hürde ist sehr begrüßenswert. So konnte in der Vergangenheit bereits ein kleiner Fehler beim Hochladen des Umweltzertifikats im Online-Portal für das Unternehmen existenzbedrohliche Folgen haben. Die gesetzliche Ausschlussfrist gilt aber (leider) weiterhin für den Antrag selbst und für die Wirtschaftsprüferbescheinigung, die nun als „Prüfungsvermerk“ bezeichnet wird (§ 64 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe c EEG 2021).
2.4 Befristete Option bei der GWh-Schwelle
Grundsätzlich kommt eine Begrenzung der EEG-Umlage weiterhin nur in Betracht, wenn der Stromverbrauch des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs mehr als 1 GWh betragen hat (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2021). Pandemiebedingt kann nun für Anträge für das Begrenzungsjahr 2022 anstelle des letzten abgeschlossenen Geschäftsjahrs auch das vorletzte Geschäftsjahr zugrunde gelegt werden (§ 103 Abs. 3 EEG 2021).
Beachten Sie | Die GWh-Schwelle ist nach wie vor je Abnahmestelle bzw. Betriebsstätte zu prüfen. Mehrere unabhängige Betriebsstätten können weiterhin nicht zusammengefasst werden, um kumuliert die 1 GWh-Grenze zu überschreiten.
2.5 Befristetes Wahlrecht bei der Datengrundlage
Die wirtschaftliche Lage und somit auch die jeweilige Bruttowertschöpfung sowie der Stromverbrauch eines Unternehmens unterliegen naturgemäß Schwankungen. Um diese Schwankungen auszugleichen, wird im Rahmen der besonderen Ausgleichsregelung generell nicht auf das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr abgestellt, sondern das arithmetische Mittel der letzten drei Jahre verwendet.
Gemäß § 103 Abs. 1 EEG 2021 können pandemiebedingt in den Begrenzungsjahren 2022 bis 2025, d. h., in den Antragsjahren 2021 bis 2024, zwei der letzten drei Geschäftsjahre zugrunde gelegt werden. Das Unternehmen kann hierbei selbst bestimmen, welche zwei Geschäftsjahre einbezogen werden. Dabei müssen aber dieselben zwei Jahre sowohl in das arithmetische Mittel beim Stromverbrauch als auch in das arithmetische Mittel der Bruttowertschöpfung einfließen.
Besonders diese Regelung des EEG 2021 bietet viel Gestaltungsspielraum. Zum einen kann ein (pandemiebedingt) schwaches Geschäftsjahr mit entsprechend niedrigem Stromverbrauch ausgeschlossen werden. Zum anderen kann aber auch ein sehr gutes Geschäftsjahr mit einer außerordentlich hohen Bruttowertschöpfung unberücksichtigt bleiben.
2.6 Verpflichtendes Messkonzept verschoben
Ein Dauerbrenner bei der besonderen Ausgleichsregelung ist die Abgrenzung von Strommengen, die an andere Letztverbraucher weitergeleitet wurden (sogenannter Drittverbrauch). Die Abgrenzung muss grundsätzlich durch einen geeichten Zähler erfolgen. Erfolgt keine gesetzes- bzw. eichrechtskonforme Messung, kann dies zum Verlust der gesamten Privilegierung führen!
Was sich theoretisch noch relativ harmlos anhört, stellt die Unternehmen in der Praxis vor große Herausforderungen. Insbesondere der Einsatz von Werkverträgen (z. B. bei Reparatur- und Wartungsarbeiten) ist vielfach unabdingbar, führt aber zu einer Durchmischung des Stromverbrauchs auf dem Werksgelände. Eine Abgrenzung kann häufig nur durch den Einbau von zusätzlichen Messeinrichtungen oder der Verwendung von mobilen (Baustrom-)Zählern erfolgen.
Grundsätzlich waren alle privilegierten Unternehmen verpflichtet, eine Erklärung abzugeben, wie sie ab dem 1.1.21 eine rechtssichere Messung sicherstellen. Die Erstellung dieses Messkonzepts stellt nicht nur einen zusätzlichen formalen Aufwand dar, sondern führt häufig auch dazu, dass weitere geeichte Zähler angeschafft und eingebaut werden müssen. Nicht zuletzt aufgrund der Coronapandemie ist es daher begrüßenswert, dass die Frist für die Erstellung des Messkonzepts um ein Jahr verschoben wurde (§ 104 Abs. 10 und 11 EEG 2021).
FAZIT | Die folgende Tabelle fasst die sechs Neuerungen stichwortartig zusammen: | |||||||||||||||||||||
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Alle vorgestellten Anpassungen sind sehr zu begrüßen. Es ist daher zu hoffen, dass die EU möglichst kurzfristig die beihilferechtliche Genehmigung erteilt. |