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Steuer- und sv-freie Kindergartenzuschüsse an Mitarbeiter ‒ das sind die aktuellen Spielregeln
von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Kindergartenzuschüsse sind beliebte Arbeitgeberleistungen, die auch Vermittlerbetriebe zur Nettolohnoptimierung für die Mitarbeiter nutzen. Denn Kindergartenzuschüsse können nach § 3 Nr. 33 EStG lohnsteuerfrei sein und auch beitragsfrei in der Sozialversicherung (§ 1 Abs. 1 SvEV). VVP erläutert Ihnen nachfolgend die aktuellen Spielregeln. |
Steuerfreie Kindergartenzuschüsse nach § 3 Nr. 33 EStG
Nach § 3 Nr. 33 EStG sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern der Arbeitnehmer in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen steuerfrei. Um die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Diese Aufwendungen sind begünstigt
Die Steuerbefreiung erstreckt sich auf Aufwendungen zur Unterbringung und Betreuung von nicht schulpflichtigen Kindern eines Mitarbeiters in Kindergärten oder vergleichbaren Einrichtungen einschl. der Kosten für Unterkunft und Verpflegung.
Kindergärten und andere vergleichbare Einrichtungen
Mit einem Kindergarten vergleichbar sind Einrichtungen wie Schulkindergärten, Kinderkrippen, Kindertagesstätten, Tagesmütter, Wochenmütter und Ganztagspflegestellen. Keine Rolle spielt es, ob die Betreuung in einem betrieblichen oder in einem außerbetrieblichen Kindergarten erfolgt.
Einrichtungen zur Unterbringung und Betreuung des Kindes
Die Einrichtung muss gleichzeitig für die Unterbringung und Betreuung des Kindes geeignet sein. Nicht von der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 33 EStG erfasst werden deshalb:
- Leistungen für die Betreuung im eigenen Haushalt, z. B. durch Kinderpflegerinnen oder Familienangehörige.
- Leistungen für die Vermittlung einer Unterbringungs- oder Betreuungsmöglichkeit durch Dritte (hier kann aber § 3 Nr. 34a EStG in Betracht kommen).
- Leistungen für den Unterricht eines Kindes. Denn unter Betreuung ist lediglich die Personensorge zu verstehen.
- Beförderungs- und Fahrtkosten, z. B. Fahrten zum Kindergarten und zurück (R 3.33 Abs. 2 LStR). Diese dienen nur mittelbar der Betreuung.
Zuwendungen des Arbeitgebers für Belegungsrecht
In der Praxis kommt es vor, dass Arbeitgeber einem Kindergarten oder einer vergleichbaren Einrichtung etwas zuwenden. Damit verfolgen sie das Ziel, für die Kinder der Mitarbeiter ein Belegungsrecht ohne Bewerbungsverfahren und Wartezeit zu erwerben. Diese Zuwendungen sind den Mitarbeitern nicht als geldwerter Vorteil zuzurechnen (R 3.33 Abs. 1 S. 4 LStR).
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Vermittlerbetrieb A bezahlt für einen Kindergarten neue Spielgeräte im Wert von 10.000 Euro und erhält dadurch das Recht, dass jährlich bis zu zwei seiner Mitarbeiter ohne Bewerbung einen Kindergartenplatz erhalten. Für die jeweiligen Mitarbeiter übernimmt er zudem den monatlichen Beitrag von 200 Euro zzgl. der monatlichen Verpflegungspauschale von 50 Euro.
Ergebnis: Die Einmalzahlung von 10.000 Euro führt bei den Mitarbeitern nicht zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Sie ist bei A als Betriebsausgabe abzugsfähig. Bei der monatlichen Kostenübernahme in Höhe von 200 bzw. 50 Euro handelt es sich um Aufwendungen, die nach § 3 Nr. 33 EStG begünstigt sind. |
Keine Rolle spielt, welcher Elternteil Aufwendungen trägt
Unerheblich ist, welcher Elternteil die Aufwendungen, z. B. den Kindergartenbeitrag trägt. Eine steuerfreie Erstattung ist somit auch möglich, wenn der andere Elternteil diese Kosten trägt (R 3.33 Abs. 1 S. 2 LStR).
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Die Eltern V und M des fünfjährigen S sind nicht verheiratet. M hat ihn im Kindergarten angemeldet. Der Vermittlerbetrieb, in dem M arbeitet, bezuschusst die Kindergartenbetreuung zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn mit monatlich 100 Euro. Die Monatsgebühr von 150 Euro überweist jedoch regelmäßig V an den Kindergartenträger.
Ergebnis: Der Zuschuss des Vermittlerbetriebs ist steuer- und sozialabgabenfrei, obwohl die Aufwendungen der nicht bei ihm beschäftigte V trägt. |
Nicht schulpflichtige Kinder des Arbeitnehmers
Steuerfreie Erstattungen sind nur möglich, soweit die Aufwendungen auf nicht schulpflichtige Kinder des Mitarbeiters entfallen.
Damit kommt z. B. eine Erstattung für eigene, adoptierte oder Pflegekinder in Betracht (vgl. § 32 Abs. 1 EStG). Nicht erstattungsfähig sind aber Aufwendungen für „fremde“ Kinder, z. B. für Kinder des Partners aus einer früheren Beziehung, die nicht adoptiert oder als Pflegekind aufgenommen wurden. Zudem beschränkt sich die Begünstigung auf nicht schulpflichtige Kinder. Ob ein Kind schulpflichtig ist, richtet sich dabei nach dem jeweiligen landesrechtlichen Schulgesetz. Den nicht schulpflichtigen Kindern stehen schulpflichtige Kinder gleich, solange sie mangels Schulreife vom Schulbesuch zurückgestellt oder noch nicht eingeschult sind (R 3.33 Abs. 3 S. 4 LStR).
Der Arbeitgeber braucht die Schulpflicht aus Vereinfachungsgründen (R 3.33 Abs. 3 S. 3 LStR) nicht zu prüfen bei Kindern, die
- 1. das sechste Lebensjahr (im laufenden Kalenderjahr) noch nicht vollendet haben,
- 2. im laufenden Kalenderjahr das sechste Lebensjahr nach dem 30.06. vollendet haben und noch nicht vorzeitig eingeschult worden sind, oder
- 3. im laufenden Kalenderjahr das sechste Lebensjahr vor dem 01.07. vollendet haben, in den Monaten Januar bis Juli dieses Jahres.
Zusätzliche Arbeitgeberleistung
Die Voraussetzung der Zusätzlichkeit erfordert, dass die zweckbestimmte Leistung nach § 3 Nr. 33 EStG zu dem Arbeitslohn hinzu kommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet.
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Der Vermittlerbetrieb zahlt Innendienstmitarbeiter M zum 01.09.2021 zusätzlich zu seinem regulären Arbeitslohn von 3.000 Euro eine monatliche Erstattung der Kita-Gebühren von 200 Euro.
Ergebnis: Die Voraussetzungen der Zusätzlichkeit sind erfüllt. Die Erstattung der Kita-Gebühren von monatlich 200 Euro ist steuer- und sozialversicherungsfrei. |
Wichtig | Eine zusätzliche Leistung liegt auch dann vor, wenn sie unter Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung, z. B. auf ein freiwillig geleistetes Weihnachtsgeld, erbracht wird. Aufgrund der Freiwilligkeit hat der Mitarbeiter noch keinen Anspruch darauf ‒ und die Leistung kann zusätzlich erfolgen. Das gilt auch dann, wenn der Vermittlerbetrieb verschiedene zweckgebundene Leistungen zur Auswahl anbietet oder die übrigen Arbeitnehmer die freiwillige Sonderzahlung erhalten.
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Mitarbeiter M hat die Wahl, ob er eine freiwillige Sonderzahlung (Urlaubsgeld von 1.800 Euro) oder eine Übernahme der Kita-Gebühren von monatlich 150 Euro wünscht. M entscheidet sich für die Kita-Gebühren. Ergebnis: Eine freiwillige Leistung wird durch eine andere freiwillige Leistung ersetzt. Die monatlich 150 Euro für die Kita-Gebühren sind steuerfrei. |
Wichtig | Wird der Kindergartenzuschuss unter Anrechnung auf den arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitslohn oder durch dessen Umwandlung gewährt, liegt dagegen keine zusätzliche Leistung vor (§ 8 Abs. 4 EStG). Eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 33 EStG kommt dann nicht in Frage.
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Mitarbeiter H verpflichtet sich, monatlich 20 Überstunden zu leisten. Im Gegenzug erhält er eine Erstattung der Kita-Gebühren von monatlich 300 Euro.
Ergebnis: Es handelt sich um eine schädliche Entgeltumwandlung, da die Überstunden regulär zu vergüten gewesen wären. Eine Steuerbefreiung scheidet aus. |
Nachweis der Steuerbefreiung
Was den Nachweis und Aufzeichnungen im Lohnkonto angeht, sind zwei Szenarien zu unterscheiden:
- Der Vermittlerbetrieb entrichtet die Entgelte direkt an den Kindergarten. In dem Fall sind keine weiteren Aufzeichnungen im Lohnkonto erforderlich.
- Der Mitarbeiter überweist den Beitrag selbst an den Kindergarten, der Vermittlerbetrieb erstattet ihm den Betrag. In dem Fall handelt es sich um eine Barzuwendung. Diese ist nur steuerfrei, soweit der Mitarbeiter dem Vermittlerbetrieb die zweckentsprechende Verwendung nachgewiesen hat.
- Der Mitarbeiter muss gegenüber dem Vermittlerbetrieb den Nachweis erbringen, dass er in Höhe der gezahlten Leistungen tatsächlich Kindergartenbeiträge etc. geleistet hat (z. B. Beitragsbescheinigung). Diese Unterlagen hat der Vermittlerbetrieb im Original als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren (R 3.33 Abs. 4 LStR)
Arbeitgeberleistungen und der Sonderausgabenabzug
In § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ist außerdem geregelt, dass Eltern Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben abziehen können. Der Abzug beträgt zwei Drittel der Ausgaben und ist gedeckelt auf 4.000 Euro je Kind und Jahr. Voraussetzung ist, dass das Kind zum Haushalt gehört, noch keine 14 Jahre alt ist, die Eltern im Besitz einer Rechnung über die Kosten sind und diese unbar gezahlt haben.
In der Praxis hat sich die Frage gestellt, ob die nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfreien Kindergartenzuschüsse des Vermittlerbetriebs den Sonderausgabenabzug der Mitarbeiter mindern. Die Finanzverwaltung hat diese Auffassung vertreten. Rückendeckung hat sie jetzt vom BFH bekommen.
Der BFH hat entschieden: Die als Sonderausgaben abziehbaren Kinderbetreuungskosten sind um steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen. Der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird. Der Steuerpflichtige wird durch Beiträge in dem Umfang nicht belastet, die der Arbeitgeber hierfür durch einen zweckgebundenen Zuschuss gewährt (BFH, Beschluss vom 14.04.2021, Az. III R 30/20, Abruf-Nr. 223630).