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· Fachbeitrag · Vorzeitiger Ruhestand nach Kündigung

So setzen Sie Abfindungen zur Minderung von Rentenabschlägen steuerbegünstigt ein

von Dipl.-Bw. (FH) StB Christian Westhoff, Datteln

| Wegen der Corona-Pandemie beantragten viele Arbeitgeber Kurzarbeit. Zahlreiche Arbeitnehmer erhielten sogar die Kündigung. Ein Ende dieser Entwicklung ist (leider) noch nicht abzusehen. Sofern gekündigte Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten und mit dem Gedanken spielen sollten, vorzeitig in Rente zu gehen, dann gibt es eine (bislang wenig beachtete) steuer- und sozialversicherungsfreundliche Möglichkeit, um Rentenabschläge auszugleichen. |

1. Beiträge nach § 187a SGB VI

Nach § 187a SGB VI haben Versicherte die Möglichkeit, die bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente entstehende Rentenminderung durch Zahlung von Beiträgen (ganz oder teilweise) auszugleichen. Dazu sind insbesondere folgende Voraussetzungen zu erfüllen (die folgende Zusammenfassung beruht auf einer Ausarbeitung des Deutschen Bundestags 26.9.19, WD 4 - 3000 - 121/19 und WD 6 ‒ 3000 ‒ 119/19):

 

  • Erklärung des Versicherten gegenüber dem Rentenversicherungsträger über die Absicht, später eine Altersrente beziehen zu wollen, die durch vorzeitige Inanspruchnahme gemindert ist,

 

  • eine Antragstellung des Versicherten auf eine entsprechende Rentenauskunft, die erst ab Vollendung des 50. Lebensjahrs möglich ist,

 

  • eine Rentenauskunft des Rentenversicherungsträgers nach § 109 Abs. 5 S. 4 SGB VI wurde erteilt und die entsprechende Höhe der zu zahlenden Beiträge mitgeteilt.

 

Beachten Sie | Wie viele Beiträge Versicherte zahlen, können sie selbst entscheiden, wobei die Zahlung von der Vollendung des 50. Lebensjahrs an vorgenommen werden kann. Und: Die Beiträge müssen vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze gezahlt werden.

2. Zahlung durch den Arbeitnehmer

Beiträge zur gesetzlichen Altersvorsorge können nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG als Sonderausgaben abgezogen werden. Darunter fallen auch freiwillige Zahlungen von Beiträgen zum Ausgleich einer Rentenminderung nach § 187a SGB VI.

 

Beachten Sie | Der Nachweis der Zahlungen ist durch eine Lohnsteuerbescheinigung oder eine Beitragsbescheinigung des Rentenversicherungsträgers zu erbringen (BMF 24.5.17, IV C 3 - S 2221/16/10001: 004).

 

Beim steuerlichen Abzug sind gewisse Höchstbeträge zu beachten: Im Jahr 2020 sind die Altersvorsorgebeiträge insgesamt absetzbar bis zu 25.046 EUR bei Ledigen und 50.092 EUR bei Verheirateten. Diese Beiträge wirken sich mit 90 Prozent steuermindernd aus (also höchstens 22.541 EUR bzw. 45.082 EUR).

3. Zahlung durch den Arbeitgeber

Die Hälfte der vom Arbeitgeber freiwillig übernommenen Rentenversicherungsbeiträge i. S. des § 187a SGB VI ist nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei (vgl. auch BFH 17.5.17, X R 10/15).

 

Die andere Hälfte der Beiträge, die der Arbeitgeber leistet, ist steuerpflichtig. Wenn die Zahlung der Beiträge aus Anlass einer Entlassung aus dem Dienstverhältnis vereinbart wurde, stellen sie jedoch eine Entlassungsentschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 Buchstabe a EStG als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen dar (vgl. Deutscher Bundestag 26.9.19, a. a. O.). Unter den jeweiligen Voraussetzungen ist eine Besteuerung nach der Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 EStG) möglich.

 

PRAXISTIPP | Leistet der Arbeitgeber diese Beiträge in Teilbeträgen, ist dies für die Frage der Zusammenballung unbeachtlich. Die dem Arbeitnehmer darüber hinaus zugeflossene Entschädigung (Einmalbetrag) kann daher aus Billigkeitsgründen auf Antrag unter den übrigen Voraussetzungen begünstigt besteuert werden (BMF 1.11.13, IV C 4 - S 2290/13/10002).

 
  • Beispiel

Arbeitnehmer A hat wegen der Beendigung seines Dienstverhältnisses einen Abfindungsanspruch. Er möchte nun frühzeitig „in Rente“ gehen und bekommt von der Deutschen Rentenversicherung die Information, dass der Beitragsaufwand zum vollständigen Ausgleich der Rentenminderung 32.734 EUR beträgt. Im Rahmen der Abfindungsvereinbarung erklärt sich der Arbeitgeber bereit, die 32.734 EUR zu zahlen, um die Rentenabschläge nach § 187a SGB VI auszugleichen.

 

Lösung: In Höhe von 16.367 EUR (= 50 Prozent des Auffüllungsbetrags) bleibt die Zahlung des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 28 EStG steuerfrei. Die anderen 16.367 EUR sind als Arbeitslohn zu versteuern, möglicherweise ermäßigt nach der Fünftelmethode.

 

Nach der „Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs“ vom 21.11.18 sind die Ausgleichszahlungen der Arbeitgeber grundsätzlich im vollen Umfang beitragsfrei.

 

FAZIT | Abfindungen zur Minderung von Rentenabschlägen einzusetzen, kann eine interessante Alternative sein. Inwiefern dies wirtschaftlich sinnvoll ist, muss selbstverständlich im Einzelfall entschieden werden.

 
Quelle: Ausgabe 11 / 2020 | Seite 193 | ID 46922746