· Fachbeitrag · Amtliche Hinweise zu den ErbStR 2019 ‒ Teil I
Ermittlung der Bereicherung bei Erwerben von Todes wegen und bei Schenkungen unter Lebenden
von Prof. Dr. Gerd Brüggemann, Münster
| Mit gleichlautenden Erlassen der Länder vom 16.12.19 hat die Finanzverwaltung wichtige Hinweise zur Ergänzung der ErbStR 2019 sowie zur aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung in diesem Bereich gegeben. Die Neuerungen sind auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, für die die Steuer nach dem 21.8.19 (Tag des Kabinettsbeschlusses zu den ErbStR 2019) entstanden ist oder entsteht. In Teil I werden neue Aussagen zur Ermittlung der Bereicherung bei Erwerben von Todes wegen und bei Schenkungen unter Lebenden im Detail erläutert. Im nächsten Heft werden dann Klarstellungen zu den Steuerbefreiungen, Freibeträgen und Tarifermäßigungen analysiert. |
1. Erwerb des Anspruchs aus einer Direktversicherung
Die kraft Gesetzes entstehenden Versorgungsansprüche Hinterbliebener unterliegen nicht der Erbschaftsteuer (R E 3.5. Abs. 1 S. 1 ErbStR 2019) und stellen daher keinen Erwerb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dar. Nicht unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG fallen laut BFH auch Ansprüche auf eine zusätzliche betriebliche Altersversorgung, die Hinterbliebenen eines Arbeitnehmers zustehen. Letzteres gilt unabhängig davon, ob die Ansprüche z. B. durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, betriebliche Übung oder Einzelvertrag begründet wurden.
MERKE | Diese Rechtsprechung beruht darauf, dass Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung erbschaftsteuerlich nicht anders behandelt werden sollen als Bezüge, die Hinterbliebene kraft Gesetzes erhalten. Denn insbesondere die Bezüge, die den Hinterbliebenen von gesetzlich rentenversicherten Arbeitnehmern und von Beamten, Berufssoldaten und Richtern zustehen, fallen bereits dem Wortlaut nach nicht unter § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. |
H E 3.5 ErbStH 2019 stellt klar, dass die Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht auf einen Anspruch aus einer Direktversicherung erstreckt werden kann, wenn der Bezugsberechtigte die in §§ 46 bis 48 SGB VI bestimmten persönlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung des verstorbenen Arbeitnehmers nicht erfüllt. In diesem Fall ist von einem Erwerb gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG auszugehen. Die ErbStH verweisen hierzu auf die Rechtsprechung des BFH (18.12.13, II R 55/12, BStBl II 14, 323).
2. Mittelbare Geldschenkung und Festsetzungsverjährung
Der BFH (8.3.17, II R 2/15) hat entschieden, dass in der unentgeltlichen Übertragung eines Kommanditanteils durch den Schenker und der nachfolgenden Veräußerung des Anteils durch den Bedachten die mittelbare Schenkung des Veräußerungserlöses liegen kann.
|
Mit Vertrag vom 22.12.00 übertrug E einen Kommanditanteil auf die K, den diese in unmittelbarem Anschluss an die Schenkung am selben Tag veräußerte. Da die Veräußerung der KG-Anteile nicht in Deutschland, sondern in der Schweiz notariell beurkundet wurde, erhielt das Finanzamt erst etwa sieben Jahre später Kenntnis vom Abschluss und Inhalt des Veräußerungsvertrags. Die K berief sich im anschließenden Besteuerungsverfahren auf eingetretene Festsetzungsverjährung, allerdings ohne Erfolg. |
Der BFH ging davon aus, dass die Finanzbehörde erst dann Kenntnis von der mittelbaren Geldschenkung erlangt hat, wenn sie alle Umstände kennt, die die Schenkung begründen. Zu diesen Umständen gehört auch die erst sieben Jahre später erlangte Kenntnis von der Veräußerung des vom Schenker übertragenen Gegenstandes. Daher beginnt auch die Festsetzungsfrist erst zu diesem Zeitpunkt.
3. Gemischte Schenkung
Der BFH (5.7.18, II B 122/17, BStBl II 18, 660) hatte per Beschluss entschieden, dass bei einer gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31.12.08 entsteht, keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich ist. Die Finanzverwaltung ist damit in ihrer schon in den ErbStH 2011 geänderten Berechnungsmethode zur Ermittlung der Bereicherung bei gemischten Schenkungen höchstrichterlich bestätigt worden. Die Berechnungsbeispiele in H E 7.4 sind damit weiterhin unverändert maßgebend.
| ||
A schenkt seinem Sohn B ein zu Wohnzwecken vermietetes Grundstück, das er sechs Monate zuvor zu einem fremdüblichen Kaufpreis von 750.000 EUR erworben hat. Der Grundbesitzwert wird im Ertragswertverfahren mit 600.000 EUR ermittelt. Aus der Anschaffung resultiert noch eine Verbindlichkeit von 150.000 EUR, die B übernimmt. Der Sohn verpflichtet sich zudem, seinem Vater eine Rente im Kapitalwert von 100.000 EUR zu zahlen.
Die Schenkungsteuer berechnet sich wie folgt: | ||
Grundbesitzwert | 600.000 EUR | |
Steuerbefreiung § 13d Abs. 1 und 3 ErbStG | - 60.000 EUR | |
Verbleiben | 540.000 EUR | |
Gegenleistung Verbindlichkeit | 150.000 EUR | |
Leistungsauflage Rente | 100.000 EUR | |
Summe | 250.000 EUR | |
Nicht abzugsfähig | - 25.000 EUR | |
Abzugsfähig | 225.000 EUR | - 225.000 EUR |
Bereicherung | 315.000 EUR |
Beachten Sie | Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung also durch Abzug der ‒ ggf. kapitalisierten ‒ Gegenleistung vom Steuerwert zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem Bewertungsgesetz ermittelte Steuerwert hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt.
Falsch wäre demnach die folgende ‒ bis zur Reform 2009 auch von der Rechtsprechung des BFH zugrunde gelegte ‒ Berechnung:
Steuerwert der Leistung x | Bürgerlich-rechtliche Bereicherung |
Verkehrswert der Leistung |
600.000 EUR x | 750.000 EUR‒250.000 EUR | = 400.000 EUR x 90 % = 360.000 EUR |
750.000 EUR |
4. Übernommene Pflegeleistungen als Gegenleistung
Die ErbStH hierzu sind unter H E 7.4 Abs. 1 65„Übernommene Pflegeleistungen als Gegenleistung“ umfassend überarbeitet worden. Neben einer ausführlichen Erläuterung des Begriffs der Pflegeleistungen und der Berücksichtigung von Pflegeleistungen dem Grunde nach erläutern die Hinweise auch die Berücksichtigung der Höhe nach. Für erbrachte Leistungen kann unabhängig vom Pflegegrad der zu pflegenden Person ein pauschaler Satz von 11 EUR je Stunde angesetzt werden. Die ErbStH 2019 beschreiben zwar die Berechnung der Höhe der Gegenleistung, enthalten hierzu aber leider kein Beispiel. Allerdings hat das LfSt Bayern (8.6.16, DStR 16, 1419) schon zuvor die Berechnungsmethode beispielhaft verdeutlicht:
| ||
Der am 5.5.24 geborene A überträgt am 1.10.06 ein Grundstück an B, der sich verpflichtet, A im Bedarfsfall zu pflegen. Der Pflegefall tritt am 25.6.15 ein. Die Pflegeleistung nimmt täglich zwei Stunden in Anspruch.
Zum Zeitpunkt der Grundstücksübertragung bleibt die Pflegeverpflichtung außer Ansatz. Der Kapitalwert der Pflegeverpflichtung ist erst bei Eintritt des Pflegefalls zu ermitteln. Die Berechnung erfolgt nach § 14 Abs. 1 BewG. | ||
Jahreswert | 2 Std. x 11 EUR x 365 Tage = | 8.030 EUR |
Kapitalwert | 8.030 EUR x Vervielfältiger (91 Jahre) 3,242 | 26.033 EUR |
Der errechnete Kapitalwert von 26.033 EUR ist auf den Zeitpunkt der Schenkung (1.10.06) abzuzinsen. Für eine Laufzeit von 8 Jahren und 268 Tagen ergibt sich gemäß der Tabelle 1 zu § 12 Abs. 3 BewG der Faktor 0,627 und ein abgezinster Wert von 26.033 EUR x 0,627 = 16.323 EUR. Im Rahmen der Wertermittlung für die gemischte Schenkung wird die Gegenleistung des Erwerbers also mit 16.323 EUR berücksichtigt. |
Dem Erwerber steht es frei, einen höheren Wert seiner Leistungen nachzuweisen (H E 7.4 Abs. 1 „Übernommene Pflegeleistungen als Gegenleistung“ unter 4.)
5. Schenkungen unter Beteiligung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften
Zu der neu besetzten Richtlinie R E 7.5 ErbStR 2019 enthalten die Hinweise zahlreiche Beispiele zu schenkungsteuerrelevanten Vorgängen. Insbesondere finden sich hier Beispiele zu dem gesetzlich neu eingefügten Tatbestand des § 7 Abs. 8 ErbStG, wonach im Wege einer Fiktion in der Werterhöhung von Anteilen eine schenkungsteuerliche Bereicherung gesehen werden kann, sowie zur jüngsten Rechtsprechung des BFH zur schenkungsteuerlichen Behandlung verdeckter Gewinnausschüttungen. Mit Beispielen erläutert werden Schenkungen
- im Falle der Einziehung eines Anteils (§ 34 GmbHG),
- durch Leistungen an eine Kapitalgesellschaft (§ 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG),
- durch Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften (§ 7 Abs. 8 S. 2 ErbStG),
- durch Übergang des Anteils eines Gesellschafters auf die Gesellschaft (Erwerb eigener Anteile),
- bei Zuwendungen an Gesellschafter oder an nahestehende Personen.
6. Nießbrauchsverzicht bei teilweisem Abzugsverbot
Der BFH (20.5.14, II R 7/13, BStBl II 14, 896) hatte entschieden, dass der Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, eine Doppelerfassung des Nießbrauchsrechts bei der eigenständigen Besteuerung des Nießbrauchsverzichts und des Erwerbs des nießbrauchsbelasteten Gegenstandes aber vermieden werden muss. In einem Beispiel verdeutlichen die ErbStH unter H E 10.1 ErbStH 2019, wie die Doppelerfassung des Nießbrauchs vermieden wird.
| |
Vater V schenkte seinem Sohn im August 2016 ein vermietetes Zweifamilienhaus mit einem Grundbesitzwert von 750.000 EUR unter Nießbrauchsvorbehalt. Der Jahreswert des Nießbrauchs beträgt 20.000 EUR. Zum Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung ist V 65 Jahre alt. lm Jahr 2018 verzichtet er unentgeltlich auf den Nießbrauch. Zum Zeitpunkt der Ausführung dieser Zuwendung ist V 67 Jahre alt. Der Grundbesitzwert und Jahreswert des Nießbrauchs sind unverändert und betragen 750.000 EUR bzw. 20.000 EUR. | |
Der Erwerb 2016 ermittelt sich wie folgt: | |
Grundbesitzwert | 750.000 EUR |
Steuerbefreiung § 13d ErbStG | -75.000 EUR |
Gegenleistung: Kapitalwert Nießbrauch | |
(Jahreswert 20.000 EUR x Vervielfältiger für 2016 (65 Jahre) von 11,346) | - 226.920 EUR |
Davon nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG) | + 22.692 EUR |
Bereicherung | 470.772 EUR |
Persönlicher Freibetrag | - 400.000 EUR |
Steuerpflichtiger Erwerb | 70.772 EUR |
Abgerundet | 70.700 EUR |
Steuer bei Steuersatz 7 % | 4.949 EUR |
Der Erwerb 2018 ermittelt sich wie folgt: | |
Wert des Nießbrauchsverzichts | |
(Jahreswert 20.000 EUR x Vervielfältiger für 67 J. von 10,860) | 217.200 EUR |
Nicht abzugsfähiger Teil des Nießbrauchs 2016 | - 22.692 EUR |
Bereicherung | 194.508 EUR |
Wert des Vorerwerbs 2016 | + 470.772 EUR |
Bereicherung | 665.280 EUR |
Persönlicher Freibetrag | - 400.000 EUR |
Steuerpflichtiger Erwerb (abgerundet) | 265.200 EUR |
Steuer bei Steuersatz 11 % | 29.172 EUR |
Anrechenbare Steuer aus dem Vorerwerb | - 4.949 EUR |
Festzusetzende Steuer | 24.223 EUR |
Beachten Sie | Bei einem Nießbrauchsverzicht innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb des nießbrauchsbelasteten Gegenstandes erfolgt eine Zusammenrechnung der Erwerbe. Zur Vermeidung der Zusammenrechnung bzw. der Schenkungsteuer wäre ein entgeltlicher Verzicht auf das Nießbrauchsrecht in Erwägung zu ziehen.
7. Behandlung von Erwerbsnebenkosten bei Schenkungen
Sehr ausführlich wird in H E 10.7 ErbStH 2019 die Abzugsfähigkeit von Erwerbsnebenkosten im Zusammenhang mit der Ausführung von Schenkungen, gemischten Schenkungen, Schenkungen unter Auflage etc. behandelt.
| ||
A überträgt seiner Nichte B ein Mietwohngrundstück mit einem Grundbesitzwert von 600.000 EUR. Aus der Anschaffung resultiert noch eine Verbindlichkeit in Höhe von 80.000 EUR, die B übernimmt. A behält sich den Nießbrauch an den Erträgen vor. Der Kapitalwert des Nießbrauchs unter Berücksichtigung der Begrenzung nach § 16 BewG beträgt 70.000 EUR. Die Erwerbsnebenkosten (für Notar, Grundbuch) belaufen sich auf 4.500 EUR, die Grunderwerbsteuer auf 9.750 EUR (6,5 % für NRW). An Steuerberatungskosten für die Schenkungsteuererklärung sind 1.800 EUR angefallen. | ||
Grundbesitzwert | 600.000 EUR | |
Steuerbefreiung § 13d ErbStG | - 60.000 EUR | |
Verbleiben | 540.000 EUR | |
Übernahme Verbindlichkeit | - 80.000 EUR | |
Kapitalwert Nießbrauch | - 70.000 EUR | |
Davon nicht abzugsfähig (§ 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG) | + 15.000 EUR | |
405.000 EUR | ||
Abzugsfähige Erwerbsnebenkosten | ||
(Notar, Grundbuch, nicht Grunderwerbsteuer) | 4.500 EUR | |
Steuerberatungskosten | + 1.800 EUR | |
Summe (keine Kürzung) | 6.300 EUR | - 6.300 EUR |
Bereicherung (§ 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG) | 398.700 EUR |
Die nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick der (nicht) abzugsfähigen Kosten für Vollschenkungen, gemischte Schenkungen und Schenkungen unter Leistungs- oder Nutzungs-/Duldungsauflage:
Übersicht / Behandlung von Erwerbsnebenkosten | ||
Art der Kosten | Vollschenkung, gemischte Schenkung und Schenkung unter Leistungs-/Nutzungs-/Duldungsauflage ohne oder mit Steuerbefreiung (z. B. gemäß §§ 13, 13a, 13d ErbStG) | |
Kostentragung durch Beschenkten | Kostentragung durch Schenker | |
Allgemeine Erwerbsnebenkosten (Kosten der Rechtsänderung, z. B. Kosten für Notar, Grundbuch oder Handelsregister). | Keine Gegenleistung, aber voll abziehbare Erwerbsnebenkosten. Bei Steuerbefreiung keine Kürzung gem. § 10 Abs. 6 ErbStG (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 1 ErbStH 2019). | Zusätzliche Schenkung, aber voll abziehbare Erwerbsnebenkosten. Bei Steuerbefreiung keine Kürzung gem. § 10 Abs. 6 ErbStG (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 1 ErbStH 2019). |
Steuer- und Rechtsberatung im Vorfeld der Schenkung | Nicht abziehbar (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.1 ErbStH 2019). | Zusätzliche Schenkung, wenn Kosten vom Beschenkten zu tragen. Nicht abziehbar (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.1 ErbStH 2019). |
Kosten zur Erstellung der Schenkungsteuer- bzw. Feststellungserklärung | Keine Gegenleistung, aber voll abziehbare Erwerbsnebenkosten. Bei Steuerbefreiung keine Kürzung gem. § 10 Abs. 6 ErbStG (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.2 ErbStH 2019). | Zusätzliche Schenkung, aber voll abziehbare Erwerbsnebenkosten. Bei Steuerbefreiung keine Kürzung gem. § 10 Abs. 6 ErbStG (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2,.2 ErbStH 2019). |
Kosten für Rechtsbehelfs- oder FG-Verfahren | Keine Gegenleistung, keine abziehbaren Erwerbsnebenkosten (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.3 ErbStH 2019, ebenso BFH 20.6.07, BStBl II 07, 722) | Zusätzliche Schenkung, keine abziehbaren Erwerbsnebenkosten (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.3 ErbStH 2019) |
Kosten eines Gutachters für die Ermittlung des gemeinen Werts von Grundbesitz, Betriebsvermögen oder nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften | Keine Gegenleistung, aber voll abziehbare Erwerbsnebenkosten. Bei Steuerbefreiung keine Kürzung gem. § 10 Abs. 6 ErbStG (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.4 ErbStH 2019) | Zusätzliche Schenkung, aber voll abziehbare Erwerbsnebenkosten. Bei Steuerbefreiung keine Kürzung gem. § 10 Abs. 6 ErbStG (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 2.3 ErbStH 2019) |
Grunderwerbsteuer | Nicht abzugsfähig, da sie nur für den entgeltlichen Teil anfällt (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 3 ErbStH 2019) | Zusätzliche Schenkung. Nicht abzugsfähig, da sie nur für den entgeltlichen Teil anfällt (H E 7.4 Abs. 4, H E10.7 Ziffer 3 ErbStH 2019) |
Die Übersicht gilt für (anteilige) mittelbare Schenkungen entsprechend. Eine Besonderheit ist bei der Grunderwerbsteuer zu beachten. Auch bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung ist die GrESt als zusätzliche Schenkung zu erfassen, wenn der Schenker die Steuer trägt. Ansonsten gilt: Bei einer mittelbaren Schenkung ist die Grunderwerbsteuer voll abzugsfähig und bei einer anteiligen mittelbaren Schenkung mit dem Teil, der dem Anteil des mittelbar geschenkten Gegenstandes ausschließlich Nebenkosten entspricht (HE10.7 Ziffer 3 ErbStH 2019).
|
Der Vater sagt seiner Tochter die Zahlung des Kaufpreises von 900.000 EUR für ein mit einem EFH bebautes Grundstück in Köln, Traumstraße 14, zu und teilt dies dem FA mit. Die Tochter erwirbt das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag, und der Vater überweist den Kaufpreis auf das Konto des Veräußerers. |
Für das Grundstück wird gemäß § 151 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und § 157 Abs. 1 ErbStG im Sachwertverfahren ein Wert von 700.000 EUR festgestellt. Die Notariatskosten für den Abschluss des Kaufvertrags sowie für die Auflassung von 2.000 EUR, die Gerichtskosten für die Eintragung der T als Eigentümerin im Grundbuch von 1.000 EUR sowie die Grunderwerbsteuer (NRW = 6,5 %) von 58.500 EUR bezahlt T.
Lösung: In der Hingabe von Geld zum Erwerb eines bestimmten Gegenstandes ist die Übertragung dieses Gegenstandes im Wege der mittelbaren Schenkung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) an den Empfänger zu sehen. Gegenstand der Besteuerung ist somit der übertragene Gegenstand ‒ und nicht etwa das Geld. Die Tochter hat den Grundbesitzwert von 700.000 EUR zu versteuern. Vom Vermögensanfall von 700.000 EUR kann sie einschließlich der Grunderwerbsteuer 61.500 EUR als Erwerbsnebenkosten abziehen. Hätte der Vater jedoch auch diese Kosten übernommen, wäre darin eine zusätzliche Schenkung an die Tochter zu sehen. |
8. Abschließende Bewertung
Für Gestaltungs- und Rechtsfragen zu den erbschaft- und schenkungsteuerlichen Erwerbsvorgängen ist ein Blick in die amtlichen Hinweise zu den ErbStR 2019 sicherlich lohnenswert. Zum einen werden die Ausführungen in den ErbStR dort durch Beispiele konkretisiert und verständlich gemacht; zum anderen geben die Rechtsprechungshinweise in der gerade erst veröffentlichten Fassung einen aktuellen Überblick über die im BStBl veröffentlichten und damit auch von der Finanzverwaltung anerkannten Urteile des BFH. Auch wenn die ErbStR 2019 als auch die dazu ergangenen Hinweise möglicherweise nicht immer die Zustimmung des Steuerpflichtigen finden, sind sie eine wertvolle Orientierung. Soweit sie durch die Rechtsprechung des BFH hinterlegt sind, wird es kaum möglich sein, ihre Anwendbarkeit zu widerlegen. Anders dürften die Fälle zu beurteilen sein, in denen sich weder in den Richtlinien noch in den hierzu ergangenen Hinweisen eindeutige Aussagen wiederfinden.