· Fachbeitrag · Abrechnung
Zahnersatz aus dem Ausland: Abrechnungstechnische Hürden überwinden
| Über die Herstellung von prothetischen Arbeiten durch Labore im Ausland gibt es in der politischen Landschaft Diskussionen aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Frage der Qualität oder arbeitsmarktpolitische Betrachtungen bleiben im nachfolgenden Beitrag außen vor. Vielmehr wird ausschließlich die Frage betrachtet, welche Besonderheiten bei der Abrechnung von zahntechnischen Leistungen aus dem Ausland bestehen. |
Bezuschussung mit Festzuschüssen
Zahnersatz kann für einen bei einer deutschen Krankenkasse versicherten GKV-Patienten nur dann bezuschusst werden, wenn sich der Patient vor Beginn der Behandlung einen Heil- und Kostenplan (HKP) von einem in Deutschland zugelassenen Vertragszahnarzt aufstellen lässt. Der Zahnarzt muss den Befund - also die Versorgungsnotwendigkeit - und die Befunde für Festzuschüsse ermitteln sowie eine anerkannte Versorgungsform als Therapie planen. Die Krankenkasse muss wie üblich die Möglichkeit haben, ihre leistungsrechtlichen Verpflichtungen prüfen zu lassen, beispielsweise über das vertragszahnärztliche Gutachtenwesen.
Das gilt aufgrund der Regelungen zur Kostenerstattung für Leistungen der Gesundheitsversorgung innerhalb der Europäischen Union (EU) durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (Az. C-385/99 und C-158/96) jedoch nur im Bereich der europäischen Gemeinschaft bzw. aufgrund der Sozialversicherungsabkommen mit einigen anderen Ländern. Für Versorgungen außerhalb der EU werden die Krankenkassen in aller Regel keine Festzuschüsse übernehmen.
Rechtsgrundlagen für Zahnersatz aus dem Ausland
Der deutsche Zahnarzt unterliegt auch dann, wenn er einen ausländischen Zahntechniker beauftragt, bei seiner Abrechnung mit der KZV bzw. mit den deutschen Krankenkassen und auch gegenüber dem Patienten den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben in Deutschland. Hierzu zählt neben dem Sozialgesetzbuch V (SGB V), den bundesmantelvertraglichen Bestimmungen oder dem Medizinproduktegesetz beispielsweise auch der Datenträgeraustausch-Vertrag zwischen der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen.
Der Gesetzgeber hatte bereits 2004 mit dem § 295 Abs. 2 SGB V die KZVen verpflichtet, gegenüber den Krankenkassen papierlos abzurechnen. In der Folge regelte § 295 Abs. 4 SGB V, dass die Zahnärzte gegenüber ihrer KZV ebenso papierlos abrechnen müssen. Mit dem Datenträgeraustausch-Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) vom 1. Juli 2010 wurde dieses Gesetz umgesetzt.
Papierlose Abrechnung - auch für das Labor?
Aufgrund der genannten Regelungen mussten die Zahnärzte ab dem 1. Januar 2012 ihre Abrechnungen der KZV komplett elektronisch übermitteln. Dies bedeutet seither für den Zahnarzt gleichzeitig, dass er auch die in den Laborrechnungen enthaltenen Material- und Laborkosten als Bestandteil der zahnärztlichen Abrechnung detailliert in elektronischer Form an die KZV übermitteln muss. Diese Forderung gilt somit grundsätzlich auch bei der Zusammenarbeit mit einem ausländischen Dentallabor, obwohl dieses ausländische Labor eigentlich diesen rechtlichen Grundlagen gar nicht unterliegt.
Das hiesige zahntechnische Labor liefert heute dem Zahnarzt in aller Regel die Einzelrechnungen in elektronischer Form als Datensatz auf der Basis des sogenannten XML-Formats. Das vermeidet, dass der Zahnarzt die Laborabrechnungsdaten manuell erfassen muss und dabei eventuell ein Medienbruch entsteht. Die Möglichkeit der manuellen Erfassung besteht jedoch grundsätzlich weiter, sodass auch bei Inanspruchnahme ausländischer Labore eine Umsetzung für einen weiteren papierlosen Datenträgeraustausch vom Zahnarzt zur KZV hin möglich ist.
Anwendung der Gebührenverzeichnisse
Inhaltlich ist zu beachten, dass der Zahnarzt die prothetischen Leistungen im Sinne von Regelversorgung, gleich- oder andersartiger Versorgung wie gehabt auf Grundlage der zahnärztlichen Gebührenverzeichnisse (BEMA bzw. GOZ) und zahntechnischen Leistungsverzeichnisse (BEL II bzw. BEB) abrechnen muss.
PRAXISHINWEIS | Da der Zahnarzt die von einem Fremdlabor erbrachten Leistungen nicht als Eigenlaborleistungen ausweisen darf - was gegen die einleitenden Bestimmungen des BEL II bzw. gleichlautenden Bestimmungen in der BEB verstoßen würde -, sollte er von dem ausländischen Labor verlangen, dass dieses seine Leistungen auf der Grundlage der hiesigen zahntechnischen Gebührenverzeichnisse abrechnet. Das Labor ist lediglich Erfüllungsgehilfe für den Zahnarzt und nicht eigenständiger Vertragspartner gegenüber Patient bzw. Krankenkasse. |
Für Regelversorgungsbestandteile ist zu verlangen, dass die zahntechnischen Einzelleistungen nach den entsprechenden BEL-II-Positionen und mit Angabe der entsprechenden Einzelpreise abgerechnet werden. Die Angabe der Preise ist erforderlich, damit überprüft werden kann, ob die vereinbarten BEL-II-Höchstpreise überschritten wurden.
Anders kann für Versorgungen bzw. Teile von Versorgungen vorgegangen werden, die die Regelversorgung überschreiten. Bei der Abrechnung nach einem privaten zahntechnischen Leistungsverzeichnis überprüft die KZV keine Einzelpreise, da jedes Labor - auch ein Labor in Deutschland - seinen eigenen Preis kalkulieren kann bzw. muss. Deshalb müssen zwar die Leistungsbeschreibungen für die durchgeführten BEB-Leistungen aufgelistet werden, jedoch kann am Ende dieser Auflistung ein Gesamtpreis für die sogenannten „auftragsbezogenen Mehrleistungen“ angegeben werden.
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Regio | Leistung | BEL II | BEB | Preis |
OK/UK | Modell | 2 x 001-0 | - | 12,46 Euro |
OK | Individueller Löffel | 021-1 | - | 20,29 Euro |
OK | Sägemodell | 005-1 | - | 9,65 Euro |
OK/UK | Einstellen in Mittelwertartikulator | 012-0 | - | 9,14 Euro |
23-27 | Krone gegossen, für Keramik- oder Polymer-Glas-Vollverblendung | - | 2 x 2122 | - |
24, 25, 26 | Brückenglied gegossen, für Keramik- oder Polymer-Glas-Vollverblendung | - | 3 x 2314 | - |
23-27 | Mehrflächige Verblendung aus Keramik | - | 5 x 2312 | - |
OK | Farbgebung durch Bemalen | - | 5 x 2689 | - |
23-27 | Metallfläche konditionieren | - | 5 x 5307 | - |
Auftragsbezogene Mehrleistungen | - | - | 1.200,00 Euro | |
Aufbrennlegierung | - | X g | X Euro |
Gewährleistungsregelungen und andere Pflichten des Zahnarztes
Unter anderem auf Grundlage des SGB V (§ 137), aus den vertragszahnärztlichen Verträgen und dem Medizinproduktegesetz (MPG) sind Vorgaben zu beachten, die im Falle eines Verstoßes zu einer primären Haftung des Zahnarztes führen können. Der Zahnarzt übernimmt auch für die Eingliederung von im Ausland hergestelltem Zahnersatz eine zweijährige Gewähr gegenüber dem Patienten. Daraus ergeben sich besondere Sorgfalts- und Überwachungspflichten bei der Beauftragung eines ausländischen Labors. Der Zahnarzt hat die zeitnahe Herstellung des Zahnersatzes und ggf. die zeitnahe Abwicklung des Gewährleistungsfalls sicherzustellen.
Für einen im Ausland eingegliederten Zahnersatz gelten die Gewährleistungspflichten gemäß § 137 SGB V nicht. Kein Vertragszahnarzt in Deutschland ist verpflichtet, neuen Zahnersatz, der im Ausland eingegliedert worden ist, bei einem Mangel nachzubessern.
Medizinproduktegesetz und Konformitätserklärung
Zahnersatz ist gemäß § 12 Abs. 1 MPG eine Sonderanfertigung. Er darf nur in Verkehr gebracht werden, wenn er die grundlegenden Anforderungen gemäß Anhang I der Richtlinie 93/42/EWG erfüllt. Grundsätzlich können Zahnärzte Zahnersatz auch von zahntechnischen Betrieben im Ausland beziehen. Voraussetzung ist, dass der gelieferte Zahnersatz den Anforderungen der europäischen Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte, die in Deutschland mit dem Medizinproduktegesetz (MPG) umgesetzt ist, entspricht. Danach muss der Hersteller vor dem erstmaligen Inverkehrbringen das in der Richtlinie vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren zum Nachweis der Erfüllung der maßgeblichen grundlegenden Anforderungen nach der Richtlinie durchgeführt haben.
Soweit der Hersteller seinen Sitz nicht im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) hat, muss er grundsätzlich einen Bevollmächtigten im EWR als Verantwortlichen für das erstmalige Inverkehrbringen bestimmen. Dieser muss u. a. sicherstellen, dass das Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wird. Ist ein Bevollmächtigter nicht bestimmt, ist der Einführer - z. B. Zahnarzt, zahntechnischer Betrieb oder Dentalhandelsgesellschaft - verantwortlich.
Nach dem MPG ist eine Konformitätserklärung über die verwendeten Materialien vorzulegen, aus der auch Name und Anschrift des ausführenden Zahnlabors hervorgehen.
PRAXISHINWEIS | Deutsche Zahnärzte, die einen ausländischen Herstellerbetrieb beauftragen, sollten von diesem den Nachweis fordern, dass er zertifiziert ist und in einem MPG-konformen Verfahren ausschließlich zertifizierte Materialien verwendet. |
Versandkosten, Zölle, Umsatzsteuer usw.
Wenn der Zahnersatz im EWR hergestellt wird, findet ein sogenannter innergemeinschaftlicher Erwerb statt. Das Labor verkauft die Leistungen an den Zahnarzt in Deutschland ohne Ausweis einer eventuellen Umsatzsteuer seines Landes, also netto. Der einkaufende Zahnarzt muss ggf. eine Einfuhr-Umsatzsteuererklärung abgeben, die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen und sie dementsprechend dem Patienten in Rechnung stellen.
Wird der Zahnersatz im außereuropäischen Ausland hergestellt, so fallen eventuell Zölle an. Über den korrekten Umgang mit diesen Kosten sollte der Zahnarzt im Detail mit seinem Steuerberater sprechen.
Zusätzliche Versandkosten für Express-Versand, Luftfracht o. Ä. wären nach den Regelungen des BEL-II grundsätzlich nicht abrechenbar, weil die Versandkosten im Leistungsinhalt der BEL-II-Nr. 933-0 geregelt sind. Für diese Leistungen gelten die vereinbarten Höchstpreise genauso wie für alle anderen zahntechnischen Leistungen.
Wird jedoch der Patient über diese zusätzlichen Versandkosten explizit informiert und aufgeklärt und ist er mit diesen einverstanden, so können diese zusätzlich berechnet werden. Angesichts der im Übrigen vergleichsweise geringen Herstellungskosten des Zahnersatzes ist dies für die Patienten in der Regel nachvollziehbar.
Auch diesbezüglich sollten eventuelle regionale Unterschiede in den KZVen im Bundesgebiet beachtet werden. Fragen Sie in Ihrer KZV nach, welche Besonderheiten bei der Abrechnung von ausländischen Laborleistungen in Ihrem Bundesland zu beachten sind.