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· Fachbeitrag · Befristung

Befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen des Rentenalters

von RA und FA ArbR Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen, Direktor KompetenzCentrum für Wirtschaftsrecht Hamburg

| Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien nach Erreichen des Renteneintrittsalters des ArbN die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, kann die Befristung sachlich gerechtfertigt sein, wenn der ArbN Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht und die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Einarbeitung einer Nachwuchskraft dient ( BAG 11.2.15, 7 AZR 17/13, Abruf-Nr. 143997 ). |

 

Sachverhalt

Der ArbN war beim ArbG langjährig beschäftigt. Ab Erreichen des 65. Lebensjahres bezog er eine gesetzliche Altersrente. Im Arbeitsvertrag befand sich keine Regelung über das Ende des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichens der Altersgrenze. Die Parteien haben jedoch das Ende des Arbeitsverhältnisses zu einem späteren Zeitpunkt gesondert vertraglich vereinbart. Die Vertragslaufzeit wurde mehrfach befristet verlängert. Der ArbN wünschte eine weitere Verlängerung. Die Parteien schlossen einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag. Hier findet sich die Abrede, dass der ArbN eine noch einzustellende Ersatzkraft einzuarbeiten habe. Der ArbN begehrt im Wege der Entfristungsklage die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht durch die letzte Befristung beendet wurde. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, da die Befristung durch Gründe in der Person des ArbN sachlich gerechtfertigt gewesen sei (LAG Berlin-Brandenburg 20.11.12, 12 Sa 1303/12, Abruf-Nr. 143343).

 

Entscheidungsgründe

Das BAG hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Der Bezug von gesetzlicher Altersrente allein rechtfertige nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses aus in der Person des ArbN liegenden Gründen nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG. Nach Auffassung des BAG sei in diesem Fall zusätzlich erforderlich, dass die Befristung einer konkreten Nachwuchsplanung des ArbG diene. Ob dies der Fall sei, müsse das LAG weiter aufklären. Das BAG stellt als zusätzliches Erfordernis auf, dass der ArbG ein besonderes Interesse darlegt. Dieses solle in einer konkreten Nachwuchsplanung bestehen.

 

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung kann nicht überzeugen. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG ist die Vereinbarung eines befristeten Arbeitsverhältnisses zulässig, wenn ein sachlicher Grund gegeben ist. Ein solcher kann sich gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG aus Gründen ergeben, die in der Person des ArbN liegen. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber ArbN die Möglichkeit geben, Befristungen aufgrund bestimmter persönlicher Lebenslagen mit dem ArbG vereinbaren zu können. Der Gesetzgeber hatte etwa die Befristung bis zur Aufnahme eines Studiums oder einer anderen aus persönlichen Gründen des ArbN erfolgenden Veränderung vor Augen, die nichts mit der Sphäre des ArbG zu tun haben.

 

Genau eine solche Konstellation liegt auch hier vor, wenn der ArbN noch nach Erreichen der Altersgrenze und Inanspruchnahme der Altersrente weiter arbeitet. Damit verkennt das BAG die Intention des Gesetzgebers, der im Rahmen der Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG gerade nicht auf die ArbG-Interessen abgestellt hat. Der Befristungsgrund ist aus Sicht des ArbN zu bewerten. Es steht nicht der Personalplanungsaspekt des ArbG im Vordergrund, sondern der Wunsch oder zumindest die Bereitschaft des ArbN, trotz Erhalts der Altersrente weiter arbeiten zu wollen. Dies sollte als Sachgrund für eine Befristung ausreichen.

 

Der Gesetzgeber hat inzwischen die Problematik der befristeten Beschäftigung bereits in Altersrente befindlicher ArbN erkannt und entsprechende gesetzliche Regelungen angekündigt. Ziel ist es, solche Befristungsmöglichkeiten zu erweitern. Die vorliegende Entscheidung des BAG geht von anderen Prämissen aus und sollte daher nicht richtungsweisend sein.

 

Bis es zu einer abschließenden gesetzlichen Neuregelung gekommen ist (siehe vorerst nur § 41 SGB VI), ist ArbG zunächst zu raten, das Ende des Arbeitsverhältnisses mit Erreichen der Altersgrenze im Arbeitsvertrag als in Form der auflösenden Beendigung zu regeln. Soll anschließend eine befristete Weiterbeschäftigung erfolgen, sind konkret die in der Person des ArbN liegenden Gründe in den befristeten Arbeitsvertrag aufzunehmen. Es empfiehlt sich, ausführlich die persönlichen Umstände und die Motivation des ArbN zu formulieren. Darüber hinaus sollte auch die ArbG-seitige Begründung für die Weiterbeschäftigung dargelegt werden.

 

 

Quelle: Ausgabe 10 / 2016 | Seite 167 | ID 44297510