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· Fachbeitrag · Altersteilzeit im Blockmodell

Urlaubsanspruch auch während der Freistellungsphase? Nein!

von RA Christian Deutz, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Aachen

| Nach wie vor spielen Altersteilzeitmodelle eine bedeutende Rolle in der arbeitsrechtlichen Praxis. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist ein vollwertiges Arbeitsverhältnis. Es setzt in der Regel voraus, dass das Vertragsverhältnis der Parteien so lange andauert, bis eine Altersrente beansprucht werden kann. Dabei ist das sog. „Blockmodell“ der häufigste praktische Anwendungsfall. Es besteht aus einer aktiven „Arbeitsphase“ und einer passiven „Freistellungsphase“. Die Arbeitszeit ist damit ungleichmäßig verteilt. Dennoch erhält der Arbeitnehmer für den gesamten Zeitraum der Altersteilzeit seine anteilig angepasste Vergütung. Zuletzt war rechtlich umstritten, ob auch in der Freistellungsphase Urlaubsansprüche entstehen. Hier hat nun das BAG für Klarheit gesorgt. |

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten über Urlaubsabgeltungsansprüche bzw. Schadenersatz für nicht gewährten Urlaub. Der Kläger war ursprünglich im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses mit 40 Stunden/Woche tätig. Am 20.11.14 schlossen die Parteien einen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag. Dieser sah u. a. vor, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 1.12.14 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt wurde. Ohne dass es einer Kündigung bedurfte, sollte es mit dem 31.7.17 enden.

 

Die Parteien verständigten sich auf eine wöchentliche Arbeitszeit in Höhe der Hälfte der bisherigen individuellen wöchentlichen Arbeitszeit, also 20 Stunden/Woche. Sie haben die Arbeitszeit so verteilt, dass diese im ersten Abschnitt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses (Arbeitsphase vom 1.12.14 bis 31.3.16) voll geleistet wird und der Arbeitnehmer ab dem 1.4.16 bis zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses am 31.7.17 von der Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).

 

Während der gesamten Dauer des Arbeitsteilzeitverhältnisses erhielt der Arbeitnehmer sein auf der Grundlage der reduzierten Arbeitszeit berechnetes Gehalt (zzgl. Aufstockungsbeträge). Nach den vertraglichen Regelungen stand dem Kläger in der Arbeitsphase jährlich ein Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zu.

 

In diesem Zusammenhang war für das Jahr des Wechsels zwischen Arbeits- und Freistellungsphase geregelt, dass der Urlaubsanspruch in der Arbeitsphase entsprechend der Dauer der Arbeitsphase gewährt wird und vor Eintritt in die Freistellungsphase die bis dahin erworbenen Urlaubsansprüche abzuwickeln sind. Mit der Freistellung gelten alle Urlaubsansprüche sowie sonstige Freistellungsansprüche als erfüllt.

 

Für das Jahr 2016 gewährte die Beklagte dem Kläger an acht Arbeitstagen Erholungsurlaub für die Zeit bis zum 31.3.16.

 

Der Kläger hat in der Folgezeit die Ansicht vertreten, dass ihm für die Jahre 2016 und 2017 auch während der Freistellungsphase Urlaubsansprüche zustünden. Da ihm der Urlaub nicht vollständig gewährt worden sei, sei er abzugelten. Insbesondere stünde ihm für das Kalenderjahr 2017 ein Abgeltungsanspruch zu, da in dieser Zeit das Arbeitsverhältnis bestanden habe. Nach seiner Auffassung sei es für das Entstehen des Urlaubsanspruchs insoweit nicht erforderlich, dass eine Arbeitsleistung erbracht werde.

 

Für die Freistellungsphase der Altersteilzeit hat er Urlaubsabgeltung für insgesamt 52 Arbeitstage geltend gemacht. Das entsprach einem Zahlbetrag in Höhe von knapp 17.000 EUR brutto. Das Arbeitsgericht Essen hat die Klage abgewiesen, das LAG Düsseldorf hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem 9. Senat des BAG ebenfalls keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht des BAG ist die Klage unbegründet (24.9.19, 9 AZR 481/18, Abruf-Nr. 211349). Der Kläger habe insbesondere keinen Anspruch auf die geltend gemachte Urlaubsabgeltung.

 

Nach § 3 Abs. 1 BUrlG belaufe sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Sei die Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, müsse die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden. So werde im Ergebnis für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer gewährleistet (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

 

Nach Auffassung des BAG stehe einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befinde und der im gesamten Kalenderjahr von der Arbeitspflicht entbunden sei, mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu.

 

  • Zur Begründung hat das BAG ausgeführt, dass die Freistellungsphase im Ergebnis mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen sei.

 

  • Vollziehe sich der Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres, müsse der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht berechnet werden.

 

  • Bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell seien Arbeitnehmer insoweit in der Freistellungsphase weder aufgrund gesetzlicher nationaler Bestimmungen, noch nach Maßgabe des Unionsrechts solchen Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben.

 

Nach Auffassung des BAG gelten diese Grundsätze auch für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für die Berechnung des Urlaubsanspruchs während der Altersteilzeit keine von § 3 Abs. 1 BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen hätten.

 

Im konkreten Fall ging das BAG von einem anteiligen Anspruch des Klägers von 7,5 Arbeitstagen für das Jahr 2016 aus. Dieser sei aber durch die Beklagte vollständig erfüllt worden. Es seien acht Urlaubstage gewährt worden.

 

Relevanz für die Praxis

Das BAG hat mit seiner Entscheidung Klarheit bei der Frage geschaffen, ob Arbeitnehmer auch in der Freistellungsphase der Altersteilzeit einen Urlaubsanspruch haben. Es hat diese Frage im Ergebnis verneint.

 

Dieses Urteil ist im Zusammenhang zu sehen mit weiterer, aktueller Rechtsprechung des BAG und des EuGH zum Urlaubsrecht.

 

Berücksichtigt man die jüngere Entwicklung der BAG-Rechtsprechung, ist das hier dargestellte Urteil konsequent. Erst im Frühjahr 2019 hatte das BAG entschieden, dass keine Urlaubsansprüche während eines mit dem Arbeitgeber frei vereinbarten, unbezahlten Sonderurlaubs („Sabbatical“) entstünden. Der Arbeitnehmer erbringe in dieser Zeit keine Arbeitsleistung. Somit entstehe aufgrund einer regelmäßigen Arbeitszeit von „null“ kein Urlaubsanspruch (vgl. BAG 19.3.19, 9 AZR 315/17 und 9 AZR 406/17).

 

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang vor allem die Verstetigung der Rechtsprechung des BAG, dass es maßgeblich auf die Anzahl der regelmäßigen Wochenarbeitstage ankommt zur Berechnung der Urlaubsansprüche.

 

Das BAG hat aber ausdrücklich auch bestätigt, dass allein das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend sei, um tatsächlich Urlaubsansprüche entstehen zu lassen.

 

Liegt in diesem Zusammenhang eine vereinbarte Wochenarbeitszeit von „null“ Tagen vor (wie hier in der Freistellungsphase), entsteht insoweit erst gar kein Urlaubsanspruch („Teilzeit null“).

 

Damit statuiert das BAG im Ergebnis eine Verknüpfung zwischen der Arbeitsverpflichtung und dem Entstehen von Urlaubsansprüchen.

 

Ausnahmen bestehen in diesem Zusammenhang freilich etwa in Zeiten von Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Diese werden dann wie eine tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung gewertet. Insoweit bleibt es also dabei, dass Urlaubsansprüche auch dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer krankheitsbedingt seine Arbeit nicht verrichten kann.

 

Weiterführende Hinweise

  • Kein Urlaub während der Freistellungsphase einer Altersteilzeit: LAG Düsseldorf (Vorinstanz) SR 19, 19
  • Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers: EuGH SR 19, 38
Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 27 | ID 46313592