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· Fachbeitrag · Sozialhilfe

Schonvermögen: Diese Werte sind zu belassen

von RA Uwe Gottwald, VorsRiLG a.D., Vallendar

| „Schonvermögen“ ist der Sammelbegriff für bestimmte Vermögenswerte, die bei der Gewährung von Sozialleistungen nicht berücksichtigt werden. Was aber fällt darunter, wann muss der Mandant eine Immobilie nicht verwerten, was steht ihm an Erspartem und Altersversorgung ohne Zugriff des Sozialversicherungsträgers zu? |

1. Das „einzusetzende Vermögen“ nach § 90 SGB XII

§ 90 SGB XII regelt im Einzelnen, in welchem Umfang Vermögen einzusetzen ist, um einen sozialhilferechtlich relevanten Bedarf zu decken, bevor Leistungen durch den Träger der Sozialhilfe zu erbringen sind. Sie enthält keine Definition des Begriffs „Vermögen“, setzt ihn voraus und bestimmt in § 90 Abs. 1 SGB XII lediglich den Umfang der Einsatzverpflichtung in dem dort formuliert ist: „Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen“.

 

Demgegenüber enthalten die Abs. 2 und 3 des § 90 SGB XII Ausnahmen zu der Anordnung, dass das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen ist.

 

a) § 90 Abs. 2 Nr. 1-9 SGB XII - das „Schonvermögen“ 

Dazu stellt § 90 Abs. 2 SGB XII bestimmte Vermögensbestandteile von der Einsatzverpflichtung frei, sodass sie bei der Ermittlung des Leistungsanspruchs des Nachfragenden außer Betracht bleiben. Ergänzt wird § 90 Abs. 2 SGB XII durch die Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (DVO § 90 SGB XII), die die Höhe der freizustellenden kleineren Barbeträge und sonstigen Geldwerte bestimmt.

 

b) § 90 Abs. 3 SGB XII - Härtefallregelung 

Die Sozialhilfe darf nach dieser Bestimmung ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

 

c) Ermittlung des nach § 90 SGB XII einzusetzenden Vermögens 

Die Prüfungsreihenfolge ergibt sich aus der Vorschrift selbst und lautet:

 

  • Liegt verwertbares Vermögen i.S.d. § 90 Abs. 1 SGB XII vor?
  • Gehört das verwertbare Vermögen zum „Schonvermögen“ i.S. des § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 SGB XII und ist es deshalb vom Zwang der vorrangigen Verwertung ausgeschlossen?
  • Bedeutet der Einsatz oder die Verwertung ein Härte i.S. des § 90 Abs. 3 SGB XII?

 

Der letzte Prüfungspunkt soll bei dieser Abhandlung außer Betracht bleiben, weil er einerseits in der Praxis eher selten vorkommt und andererseits nur unter Beachtung weiterer zahlreicher Normen des SGB XII beantwortet werden kann.

2. Das Vermögen i.S. des § 90 Abs. 1 SGB XII

Der Begriff des Vermögens ist im SGB XII nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSGE 100, 131 = ZEV 08, 539) werden unter dem Begriff „Vermögen“ alle beweglichen und unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder Geldeswert verstanden. Mit erfasst werden auch Forderungen und Ansprüche gegen Dritte, soweit sie nicht dem Einkommen zuzurechnen sind. Schulden oder Verbindlichkeiten sind demgegenüber nicht etwa „negatives Vermögen“, sondern können u.U. den Wert eines Vermögensgegenstands mindern (z.B. die auf dem Grundstück lastende Grundschuld) oder dessen Verwertbarkeit ausschließen. Strikt vom Vermögen ist das Einkommen abzugrenzen. Die Rechtsprechung des BSG (z.B. FEVS 61, 97) definiert das Einkommen im Sinne des Sozialhilferechts (sowohl zu SGB II als auch zu SGB XII) als alles, was jemand in dem Bedarfszeitraum wertmäßig dazu erhält, während Vermögen dasjenige ist, was er in der Bedarfszeit bereits hat.

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Berücksichtigt wird nur das Vermögen der nachfragenden Person soweit es vorhanden ist. Die Berücksichtigung von „fiktivem“ Vermögen sieht das SGB XII nicht vor. Schenkungen vor dem Beginn des Bedarfszeitraums scheiden aus dem Vermögen des Berechtigten (Schenkers) grundsätzlich aus, es sei denn sie wären nach § 26 SGB XII oder wegen Sittenwidrigkeit nicht zu berücksichtigen und würden dann zu einer Leistungsminderung führen.

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Wichtig | Sparbücher gehören dann zum Vermögen der nachfragenden Person, wenn diese sie auf den Namen Dritter angelegt (z.B. der Großvater für seine Enkelin), sich den Besitz am Sparbuch vorbehalten und dem Dritten kein eigenes Forderungsrecht gegenüber der Sparkasse (Bank) eingeräumt hat. Nach allgemeiner Meinung werden Dritte mit der Eröffnung des Sparkontos auf ihren Namen nicht Inhaber der Forderung, soweit sich der Eröffnende den Besitz an dem Sparbuch vorbehält und die Forderung aus dem Guthaben nicht gesondert - an den Dritten - abgetreten wird.

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a) Verwertbarkeit i.S. des § 90 Abs. 1 SGB XII 

Der Begriff der Verwertbarkeit des Vermögens betrifft allein die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand des Vermögens überhaupt einen wirtschaftlichen Wert besitzt. Verwertbarkeit liegt deshalb dann vor, wenn ein bestimmter Gegenstand verbraucht, übertragen oder belastet werden kann. Ausgeschlossen ist die Verwertbarkeit dann, wenn sich für den bestimmten Gegenstand (das Recht) in absehbarer Zeit kein Käufer finden lassen wird, weil dieser nicht marktgängig und auch eine andere Art der Verwertung nicht möglich ist.

 

Hinweis | Ergibt die Prüfung, dass verwertbares und nicht zum Schonvermögen (§ 90 Abs. 2 SGB XII) gehörendes Vermögen vorhanden ist, entfällt der Leistungsanspruch und braucht der Träger der Sozialhilfe im Einzelfall nicht mit Leistungen einzutreten. Ist keinerlei verwertbares Vermögen vorhanden, braucht nicht geprüft zu werden, ob die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 SGB XII im Einzelfall gegeben sind.

 

Übersicht / Das zählt zum Schonvermögen i.S. des § 90 Abs. 2 SGB XII

  • Allgemeines: Die vorgenannte Bestimmung enthält in ihren Ziffern 1 bis 9 Gruppen von Vermögensgegenständen, die entgegen dem Nachrangsgrundsatz der Sozialhilfeleistungen nicht vor der Leistung von Sozialhilfe einzusetzen sind, sondern dem Nachfragenden verbleiben. Das Ob und die Höhe des Leistungsanspruchs richten sich nach dem Wert des Vermögens, das nach dem Abzug des Schonvermögens gegebenenfalls beim Nachfragenden verbleibt. In der Praxis sind die einzelnen Gruppen unterschiedlich gewichtet, was in Folgendem Berücksichtigung finden soll.

 

  • Vermögen aus öffentlichen Mitteln, § 90 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII: Nach dieser Bestimmung wird Vermögen, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird. Zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage gehören Leistungen, die die Teilhabe am Erwerbsleben ermöglichen und bei vorhandener Erwerbsmöglichkeit diese erhalten oder ausbauen sollen. Zur Gründung eines Hausstandes dienen alle Leistungen, die für die Erstausstattung einer Wohnung nebst Möbeln etc. gewährt werden. Diese drei Alternativen dürften bei älteren Personen nicht in Betracht kommen und sollen deshalb nicht vertieft behandelt werden.

 

  • Geförderte Altersvorsorge, § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII: Nach dieser Bestimmung wird das Kapital einschließlich seiner Erträge geschützt, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnittes XI des EStG dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde. Hierunter fällt die sog. Riester-Rente und nicht etwa weitere (private) Kapitalanlagen für das Alter. Zu beachten ist, das lediglich das Kapital einschließlich seiner Erträge geschützt ist.

 

  • Wichtig | Während der Auszahlungsphase (der Rente) sind die gezahlten Beträge - anders als das weiterhin geschützte Vorsorgekapital - bei der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Der - jeweils - ausgezahlte Betrag ist jedoch nicht als Einkommen und sondern als Vermögen zu berücksichtigen.

 

  • Vermögen zur Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstückes zu Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen, § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII: Diese Bestimmung schützt Vermögensgegenstände, die zeitnah zur Beschaffung oder Erhaltung eines angemessenen Hausgrundstücks bestimmt sind, wenn und solange dies zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dient oder zukünftig dienen soll und die Befriedigung dieser Wohnbedürfnisse ohne diese Vermögensgegenstände voraussichtlich nicht erreicht werden kann. Auch diese Privilegierung behinderter Menschen hat in der Praxis keine nennenswerte Bedeutung erlangt.

 

  • Angemessener Hausrat, § 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII: Geschützt wird durch diese Bestimmung der „angemessene“ Hausrat. Zum Hausrat gehören neben der Wohnungseinrichtung beispielsweise Möbel, Teppiche, Bilder, Bücher, aber auch Rundfunk- und Fernsehgeräte, auch Lebensmittel und Brennstoffvorräte, die Haushaltswäsche und andere Dinge, die den genannten Zwecken dienen. Nicht zum geschützten Hausrat gehört z.B. ein PKW oder Wohnmobil, auch nicht etwa Mittel, die zur zukünftigen Beschaffung von Hausrat bestimmt sind.

 

  • Ausgenommen vom Schutz ist der „nicht angemessene“ Hausrat. Ob Hausrat als angemessen oder nicht i.S.d. Vorschrift anzusehen ist, bedeutet stets eine Billigkeitsentscheidung. Die prüfende Stelle ist angehalten bei der Angemessenheitsprüfung den üblichen Lebenszuschnitt anderer Leistungsempfänger ebenso zu berücksichtigen wie die bisherigen Lebensumstände des Nachfragenden. Schließlich wird im Allgemeinen auch die Dauer des Bezuges von Sozialleistungen berücksichtigt. Bei einer nur vorübergehenden Notlage sind dann die bisherigen Lebensumstände höher zu bewerten als bei andauerndem Bezug von Sozialleistungen.
  • Gegenstände der Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit, § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII: Durch diese Bestimmung werden Gegenstände, die zur Aufnahme oder Fortsetzung einer Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind, von der Berücksichtigung als Vermögen freigestellt. Zweck der Regelung ist es, im nachfolgenden die Möglichkeit zu erhalten, seinen Lebensunterhalt mindestens teilweise selbst zu bestreiten. Auch diese Alternative kommt für ältere Menschen nicht in Betracht.

 

  • Familien- und Erbstücke, § 90 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII: Im Rahmen dieser Bestimmung sind Familien- und Erbstücke, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde, geschützt. Bei der Beurteilung des Vorliegens einer besonderen Härte sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und daraufhin zu überprüfen, ob sie in ihrem Zusammenwirken eine bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende, also atypische schwere Belastung des Vermögensinhabers ergeben.
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  • Beachten Sie | Da nach der Vorschrift eine besondere Härte vorliegen muss, die über das mit der Verwertung solcher Gegenstände im Allgemeinen verbundene Maß an Härte hinausgehen muss, ist die Anwendung in der Praxis die Ausnahme und nur in ganz besonderen Fällen denkbar.

 

  • Gegenstände zur Befriedigung geistiger Bedürfnisse, § 90 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII: Diese Bestimmung schützt Gegenstände, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist. Die Gegenstände (z.B. Sammlungen schriftstellerischer Werke, Violine etc.) müssen einem geistigen Bedürfnis dienen, d.h. sie müssen einen engen Bezug zu der Ausübung einer geistigen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Tätigkeit aufweisen und dürfen keinen Luxus darstellen, wie etwa eine besonders wertvolle Geige. Auch bei der Einordnung als Luxusgegenstand ist auf die Lebensumstände des Nachfragenden mit abzustellen.

 

  • Hausgrundstück, § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII: Geschützt ist nach dieser Bestimmung ein angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII genannten Person (nicht getrennt lebender Ehegatte/Lebenspartner oder Eltern) allein oder zusammen mit Angehörigen (Ehegatten, Verlobten, Kindern, Eltern, Geschwistern, Onkeln, Tanten, Neffen, Nichten sowie Schwager und Schwägerin aber auch Pflegekindern und Pflegeeltern) ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll.
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  • Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.

 

  • Nach der Rechtsprechung des BSG (NVwZ-RR 10, 152) bestimmt sich die Angemessenheit der Größe von Familienheimen und Eigentumswohnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WobauG) unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Zahl der Bewohner. Danach gelten Familienheime mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm und Eigentumswohnungen mit bis zu 120 qm für einen Haushalt mit vier Personen nicht als unangemessen groß. Für jede weitere Person im Haushalt sind zu den genannten Werten weitere 20 qm (vgl. § 39 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 II. WobauG) zu addieren.
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  • Bei einer geringeren Familiengröße sind je fehlender Person 20 qm abzuziehen, wobei vor allem bei jüngeren Hilfesuchenden eine Untergrenze von 80 qm gelten soll, solange mit einem möglichen „Zuwachs“ durch einen neuen Partner oder ein Kind zu rechnen ist. Nach dem Rechtsgedanken des § 82 Abs. 3 Satz 2 II. WobauG sollte von einer Reduzierung der angemessenen Wohnfläche abgesehen werden, wenn sich die Personenzahl erst durch den Auszug der erwachsenen Kinder verringert hat.
  • Das Überschreiten dieser Wohnflächengrenzen ist mit Rücksicht auf den im Einzelfall festzustellenden besonderen Wohnflächenbedarf behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Personen zulässig.

Bezüglich der noch angemessenen Grundstücksgröße hält sich die Praxis der Gerichte überwiegend an die Empfehlungen des Deutschen Vereins für den Einsatz von Einkommen und Vermögen in der Sozialhilfe, wobei von den folgenden Richtwerten ausgegangen wird: Grundstücksfläche von bis zu 250 qm für ein Reihenhaus, bis zu 350 qm für eine Doppelhaushälfte und bis zu 500 qm für ein freistehendes Einfamilienhaus. Auch bei diesen Werten sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.

 

Hinweis | Wird die Unangemessenheit festgestellt hat das zur Folge, dass die nachfragende Person (oder ein sonstiger Einsatzverpflichteter) das Hausgrundstück vorrangig zur Deckung des Bedarfs einsetzen und hierzu zu verwerten hat.

 

Wichtig | Der Schutz des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII setzt voraus, dass z.B. der alleinstehende Eigentümer das Wohnhaus selbst bewohnt. Kommt diese Person in ein Pflegeheim und muss dort wegen z.B. einer Demenz vom Alzheimertyp auf „Lebenszeit“ gepflegt werden, greift der Schutz der Bestimmung nicht. Der Träger der Sozialhilfe kann erforderlichenfalls auf das Hausgrundstück zugreifen.

 

  • Kleiner Geldbetrag, § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII: Diese Bestimmung schützt kleinere Barbeträge und sonstige Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen. Welche Beträge als "„klein“ i.S.d. Bestimmung anzusehen sind, bestimmt die auf der Grundlage von § 96 Abs. 2 SGB XII erlassene Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DVO § 90 SGB XII). § 1 DVO legt differenziert nach der Art des Hilfefalls einerseits und der einstandspflichtigen Personengruppe andererseits bestimmte Vermögensgrenzen fest. Die Regelung ist kompliziert und soll hier nur auf den praktisch bedeutsamsten Fall der Hilfe zum Lebensunterhalt und zur Grundsicherung beschränkt werden.
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  • Für eine alleinlebende leistungsberechtigte Person in der Hilfe zum Lebensunterhalt ist ein Vermögen von 1.600 EUR frei, ab Vollendung des 60. Lebensjahres sowie bei voller Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch 2.600 EUR; für Leistungsberechtigte in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ergibt sich damit ein Schonvermögen von 2.600 EUR.
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  • Die Vermögensfreigrenzen erhöhen sich, wenn eine leistungsberechtigte Person mit einem Ehegatten oder Lebenspartner zusammenlebt und damit das Vermögen beider zu berücksichtigen ist: 614 EUR für den Ehegatten oder Lebenspartner und 256 EUR für jede Person, die vom Leistungsberechtigten, dessen Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten wird. Eine Erhöhung bei besonderen Notlagen ist im Einzelfall möglich.
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  • Hinweis | Werden die Freibeträge des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII im Einzelfall überschritten, ist nicht das gesamte Barvermögen, sondern nur der überschießende Betrag zu verwerten.
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  • Wichtig | Im Betreuungsrecht sind die Schonvermögenssätze maßgebend, die bei Hilfen in besonderen Lebenslagen gelten.
 

3. Fazit

Das geltende Sozialhilferecht weicht in den Fällen des § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII vom Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe zugunsten der Hilfebedürftigen ab. Gründe hierzu sind vor allem die Wahrung der Würde des Menschen, der zu einem Leben ohne Abhängigkeit von Sozialhilfe motiviert werden soll. Deshalb wird ihm ein eng umgrenzter Spielraum zur wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit zur Verfügung gestellt.

 

Weiterführender Hinweis

  • Zum Sozialhilferegress, Gottwald, SR 13, 6, 23, 26
Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 178 | ID 42985542