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· Fachbeitrag · Gesetzliche Krankenversicherung

Mängel am Zahnersatz: Wann der Patient den Zahnarzt wechseln darf, entscheidet das Gericht

| Nach § 86 Abs. 1. S. 1 SGB V haben Patienten das Recht auf freie Arztwahl. Während einer Zahnersatz-Behandlung bzw. zwei Jahre darüber hinaus ist dieses Recht nach § 136a Abs. 4 SGB V jedoch eingeschränkt: Der Zahnarzt ist zwei Jahre nach Eingliederung der Versorgung zur Nachbesserung verpflichtet. Etwas anderes gilt, wenn dem Patienten die Weiterbehandlung bei dem betreffenden Zahnarzt nicht zuzumuten ist. Wann dies der Fall ist, hängt mitunter vom Einzelfall ab. Das zeigen zwei Urteile des SG Frankfurt a. M. |

 

1. Weiterbehandlung unzumutbar: Leistungspflicht der Krankenkasse

Eine Patientin hatte sich im Laufe einer prothetischen Versorgung mit ihrer Zahnärztin zerstritten. Sie äußerte wiederholt Schmerzen nach Eingliederung der Versorgung. Mehrere Nachbesserungsversuche brachten keine Besserung der Beschwerden. Die Zahnärztin beharrte darauf, dass sie den beanstandeten Zahnersatz erfolgreich nachgebessert habe und dass sie die Schmerzen der Patientin nicht nachvollziehen könne. Die Patientin wiederum warf der Zahnärztin vor, diese sei rat- und hilflos. Da die Krankenkasse die Kosten für die Nachbesserung bei einem anderen Zahnarzt nicht übernehmen wollte, klagte die Patientin. Das Gericht verurteilte die Kasse zur Leistung: Angesichts des zerstörten Vertrauensverhältnisses zwischen Zahnärztin und Patientin sei der Patientin die Weiterbehandlung bei der erstbehandelnden Zahnärztin nicht zuzumuten (SG Frankfurt a. M. 7.3.19, S 18 KR 2756/18 ER, Abruf-Nr. 211376).

 

2. Kein Erstattungsanspruch bei Zahnarztwechsel vor Fertigstellung

Auch im zweiten Fall ging es um die Kosten für die Weiterbehandlung durch einen anderen Zahnarzt. Geklagt hatte eine Patientin, die zunächst mit sechs festsitzenden Kronen und anschließend mit herausnehmbaren Prothesen versorgt werden sollte. Nachdem die Kronen eingesetzt waren, äußerte die Patientin Beschwerden bzw. Schmerzen. Nach zwei Nachbesserungsversuchen der Zahnärztin hatte die Patientin die Behandlung abgebrochen mit der Begründung, die Kronen seien mangelhaft. Das Gericht wies die Klage ab: Da die Gesamtversorgung noch nicht fertiggestellt sei, könne weder ein Behandlungsfehler der Zahnärztin noch ein Qualitätsmangel festgestellt werden. Auch ein zerstörtes Vertrauensverhältnis sei allein wegen Unstimmigkeiten bzgl. der Nachbesserungen nicht gegeben. Daher sei der Patientin die Weiterbehandlung bei der Erstbehandlerin zuzumuten (SG Frankfurt a. M. 18.6.19, S 35 KR 602/19 ER, Abruf-Nr. 211377).

 

MERKE | Zwar ging es in beiden Verfahren um die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse, doch auch beim Eigenanteil bzw. komplett privat vereinbarten Leistungen stellen unzufriedene Patienten ihre Zahlungspflicht oft infrage. Es gilt jedoch zu beachten, dass der Behandlungsvertrag ‒ ungeachtet der Nachbesserungspflicht ‒ ein Dienstvertrag ist, d.  h., das Honorar fällt auch bei nachbesserungswürdigen Leistungen an.

 
Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 175 | ID 46148290