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· Fachbeitrag · Mängel am Zahnersatz

Kein Wechsel des Zahnarztes bei ordnungsgemäßer Behandlung

| Mitunter wollen Mandanten ihren Zahnarzt während der Behandlung wechseln. Eine neue Zahnprothese durch einen neuen Vertragszahnarzt kann aber nicht verlangt werden, wenn die bisherige fehlerfrei ist. Führt ein Allgemeinarzt Beschwerden auf eine angeblich mangelhafte Prothese zurück, genügt dies als „fachfremde“ Einschätzung nicht, so das LSG Baden-Württemberg (11.1.21, L 11 KR 3701/20 ER-B, Abruf-Nr. 222998 ). |

 

Sachverhalt

Die Antragstellerin erhielt von ihrem Zahnarzt eine Totalprothese in Ober- und Unterkiefer eingesetzt. Sie klagte darüber, mit der Prothese nicht richtig kauen zu können. Dadurch käme es zu Bissen in Lippe und Wange sowie Druckstellen. Das Vertrauensverhältnis zu ihrem behandelnden Zahnarzt sei nachhaltig gestört. Dieser erklärte nach vielen Sitzungen, dass die Antragstellerin die Prothese nicht konsequent trage. Die beklagte Krankenkasse lehnte einen Arztwechsel ab (§ 76 Abs. 1 S. 1 SGB V). Der bisherige Zahnarzt sei verpflichtet, nachzubessern und Mängel zu beseitigen. Ein Wechsel sei nur bei schwerwiegendem Mangel zulässig, und wenn die Weiterbehandlung dem Versicherten unzumutbar sei. Das SG lehnte die einstweilige Anordnung auf Zustimmung zum Arztwechsel ab. Auch die Beschwerde vor dem LSG Baden-Württemberg blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Der Zahnersatz sei fehler- und mangelfrei, was auch ein Gutachten bestätige. Ein bewiesener Mangel der Prothese ist aber zwingendes Merkmal für einen Zahnarztwechsel, zusammen mit der Unzumutbarkeit für den Patienten, sich weiterbehandeln zu lassen. Neuer Zahnersatz bedürfe stets einer Eingewöhnung. Die Antragstellerin habe daher keinen Anspruch auf eine neue Zahnprothese von einem neu gewählten Vertragszahnarzt.

 

PRAXISTIPP | Ist die Qualität der Arbeit fraglich, sollten Mandanten frühzeitig zahnärztliche Zweitmeinungen einholen. Der Anwalt muss darauf achten, ob sich Kiefer- oder Zahnverhältnisse nach Begutachtung verändert haben, sodass ggf. nachbegutachtet werden muss. Dass der Allgemeinarzt Durchfälle und Schmerz auf die neue Prothese zurückführte, überzeugte das Gericht nicht, da dies eine fachfremde Beurteilung ist. Das OLG Dresden sieht eine zahnärztliche Nachbesserung als unzumutbar an, wenn Zahnimplantate mit einem deutlich erhöhten Entzündungsrisiko verbunden sind (14.1.20, 4 U 1562/19).

 

Weiterführende Hinweise

  • Zahnersatz: Seit Oktober 2020 mehr Geld von den Krankenkassen, Abruf-Nr. 46900674
  • Mängel am Zahnersatz: Wann der Patient den Zahnarzt wechseln darf, entscheidet das Gericht, SR 19, 175
  • Implantate sind nur sehr selten „Kassenleistung“, SR 21, 103
Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 121 | ID 47262671