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· Fachbeitrag · Erwerbsminderungsrente

Versicherungszeiten und Erwerbsbiografie: Vorsicht bei lückenhaften Beschäftigungszeiten

| Haben Anwälte Schwierigkeiten, ältere Beschäftigungszeiten des Mandanten nachzuweisen, kann das weniger Rente bedeuten. Hat der Mandant häufig die Arbeitsstelle gewechselt und hierüber kaum noch Unterlagen, ist er trotzdem in der Beweispflicht. Eine Entscheidung des LSG Baden-Württemberg zeigt das Problem (1.12.20, L 11 R 350/20, Abruf-Nr. 220808 ). |

 

Der Kläger hatte auf dem Weg zu einer Bildungseinrichtung einen Unfall, dessen Folge eine Querschnittslähmung war. Er bezog zunächst eine Verletztenrente der Unfallkasse bei einer festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100. Anschließend war er bei einem Dienstleistungsunternehmen und einer Autobahntankstelle beschäftigt. Vor dem SG kam es zum Streit darüber, ob er ausreichend versicherungspflichtig beschäftigt war, da er nur wenige Tätigkeitszeiten nachweisen konnte. Da strittige Tätigkeiten lange zurücklagen und um versicherungspflichtige Tätigkeiten festzustellen, hörte das SG Zeugen an, die mit dem Kläger zusammengearbeitet hatten.

 

Das SG wies die Klage ab, da der Kläger nicht die vorzeitige Wartezeit (§ 53 SGB VI) erfüllt hatte. Weder hatte er in den letzten zwei Jahren vor dem Arbeitsunfall mindestens ein Jahr pflichtversichert gearbeitet, noch war er bei Eintritt des Arbeitsunfalls versicherungspflichtig beschäftigt. Die Berufung des Klägers zum LSG Baden-Württemberg blieb erfolglos.

 

Das LSG konnte nicht feststellen, dass der Kläger die notwendigen Pflichtbeiträge gezahlt hat, dieser trug hierzu auch nichts vor. Die beiden vom Kläger vorgetragenen Beschäftigungen ergaben sich nicht aus seinem Rentenkonto bei der Rentenversicherung. Die Aussagen der gehörten Zeugen, darunter ehemalige Arbeitskollegen sowie eine ehemalige Personalmitarbeiterin, waren widersprüchlich und konnten nicht zweifelsfrei bestätigen, dass eine mehr als geringfügig entlohnte Beschäftigung vorlag. Eine Erwerbsminderungsrente wurde daher zu Recht verneint.

 

PRAXISTIPP | Mandanten sind regelmäßig darauf hinzuweisen, frühzeitig eine Wartezeitauskunft bei der Rentenversicherung einzuholen, was auch online möglich ist (SR 19, 00). Mandanten erhalten dann einen Auszug ihres Rentenkontos mit allen registrierten Beschäftigungszeiten, in denen Beiträge gezahlt wurden. Fehlen hier Zeiträume, sollten diese umgehend geklärt werden. Wer dies erstmals kurz vor Renteneintritt prüft, trägt das Risiko, dass ehemalige Arbeitgeber längst nicht mehr existieren. Und dass sich ehemalige Mitarbeiter noch Jahrzehnte später detailliert erinnern, in welcher Form der Mandant beschäftigt war, ist zweifelhaft.

 

Weiterführende Hinweise

  • Wird Erwerbsminderungsrente bezogen, gibt es kein Krankengeld, SR 20, 145
  • Mut zur (kleinen) Lücke: Was bei Wartezeiten zu beachten ist, SR 17, 15
Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 38 | ID 47118953