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26.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220808

Landessozialgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 01.12.2020 – L 11 R 350/20

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 11 R 350/20

S 14 R 1326/14 SG Ulm

Im Namen des Volkes

Urteil

Der 11. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2020 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.09.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.
 
Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 07.01.1981 geborene Kläger besuchte seit September 1998 die Abendrealschule in U.. Am 20.09.1999, am ersten Tag nach den Sommerfeien, erlitt er auf dem Weg zur Schule einen Unfall mit der Folge einer Querschnittslähmung. Er bezieht seitdem von der Unfallkasse Baden-Württemberg eine Verletztenrente auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100. Im September 1999 war er sowohl bei der Firma V. Dienstleistung GmbH in L. (im Folgenden: Firma V.) als auch bei der Bundesautobahn-Tankstelle G. in N. beschäftigt.

In seinem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers sind folgende Zeiten vermerkt:

01.09.1997 - 11.09.1997     378 DM     1 Monat Pflichtbeitragszeit berufliche Ausbildung
14.09.1998 - 16.09.1998     421 DM     1 Monat Pflichtbeitragszeit
10.05.1999 - 03.06.1999    485 DM     2 Monate Pflichtbeitragszeit
01.09.1999 - 30.09.1999    147 DM     geringfügige nicht versicherungspflichtige
Beschäftigung
01.09.1999 - 30.09.1999     232,67 DM     geringfügige nicht versicherungspflichtige
Beschäftigung
01.10.1999 - 30.11.1999     465,33 DM     geringfügige nicht versicherungspflichtige
Beschäftigung

Am 04.10.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, die zu gewähren die Beklagte mit Bescheid vom 05.11.2013 ablehnte, weil der Kläger die Mindestversicherungszeit für die beantragte Erwerbsminderungsrente nicht erfülle. Die allgemeine Wartezeit betrage 60 Monate. Sie müsse erfüllt sein, bevor die Erwerbsminderung eingetreten sei (§ 43 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 Nr 3, § 50 Abs 1 Nr 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Das Versicherungskonto des Klägers enthalte bis zum 05.11.2013 nur 6 Wartezeitmonate. Das reiche für den Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht aus. Die Voraussetzungen für die vorzeitige Erfüllung der Wartezeit, wenn die Erwerbsminderung zB durch einen Arbeitsunfall oder innerhalb von 6 Jahren nach einer Ausbildung eingetreten sei (§ 53 SGB VI), seien ebenfalls nicht erfüllt.

In seinem dagegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger vor, er habe die Wartezeit vorzeitig erfüllt, da seine Behinderung durch einen Wegeunfall auf dem Weg zur Schule passiert und dies auch von der Berufsgenossenschaft anerkannt worden sei. Er habe ab September 1998 die Abendrealschule U. besucht, und auf dem Weg dorthin sei am 20.09.1999 der Unfall passiert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger sei zum Zeitpunkt seines Unfalls nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und könne zudem in den letzten zwei Jahren vor dem Unfall nicht mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorweisen.

Dagegen hat der Kläger am 23.04.2014 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben. Er sei im Zeitpunkt des von der Berufsgenossenschaft anerkannten Wegeunfalls versicherungspflichtig bei der Firma V. beschäftigt gewesen, was durch Zeugen nachgewiesen werden könne. Schriftliche Nachweise bezüglich der Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit bei diesem Arbeitgeber könnten nicht vorgelegt werden. Die Firma V. habe offensichtlich keine Arbeitsentgelte aus der vollschichtigen Tätigkeit an die Beklagte gemeldet. Er könne sich nicht erklären, weshalb bei der A. für den streitgegenständlichen Zeitraum nur geringfügige Beschäftigungen gemeldet seien. Eine vollschichtige Tätigkeit sei auch mit dem Besuch der Abendrealschule vereinbar gewesen.

Das SG hat Anfragen an die Firma V. (Antwortschreiben Bl 63 SG-Akte), die Bundesautobahn-Raststätte A. als Nachfolgerin der Bundesautobahn-Raststätte G. (Bl 143 SG-Akte) sowie die A. Baden-Württemberg (Bl 64 f und Bl 142 SG-Akte) zu Beschäftigungen des Klägers im Jahr 1999 bzw zu der im Streit stehenden Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen gerichtet. Außerdem hat das SG den Schulleiter der Abendrealschule zu den Unterrichtszeiten des Klägers im September 1999 befragt (Antwortschreiben Bl 113 und 121 SG-Akte). Im Rahmen zweier mündlicher Verhandlungen hat das SG Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B. D. (Termin am 11.01.2017, Bl 104 ff SG-Akte), M. Z. und A. K. (Termin am 25.09.2019, Bl 163 ff SG-Akte). Im Rahmen des Termins am 12.06.2017 hat das SG den Kläger zum Sachverhalt befragt (Bl 126 ff SG-Akte). Auf die entsprechenden Protokolle und Antwortschreiben wird Bezug genommen.

Zur Beweisaufnahme hat der Kläger ergänzend vorgetragen, es sei festgestellt, dass er zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles am 20.09.1999 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen sei. Sollte dies im Rahmen einer geringfügigen oder kurzfristigen Beschäftigung nach § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erfolgt sein, würden hierfür Nachweis- und Aufzeichnungspflichten gelten. Lege der Arbeitgeber hierzu keine Nachweise vor, gehe dies zu seinen Lasten. Geringfügigkeit sei dann zu verneinen, eine Beitragspflicht entstehe. Weiterhin sei bereits die Tätigkeit des Klägers bei der Bundesautobahn-Tankstelle G. geeignet, Versicherungspflicht nachzuweisen, da von diesem Arbeitgeber ein Arbeitsentgelt von 698 DM gemeldet worden sei, das nur im Zeitraum vom 01.09. bis 20.09.1999, nämlich bis zum Unfall, vom Kläger erarbeitet worden sein könne.

Die Beklagte hat erwidert, der Kläger erfülle die Wartezeit nicht. § 53 Abs 1 SGB VI setze für die vorzeitige Wartezeiterfüllung voraus, dass der Betreffende im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsminderung oder des Todes „Versicherter" der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sei. Versicherter in diesem Sinne sei, wer mindestens einen rechtswirksamen, auf die Wartezeit des zu beurteilenden Rentenanspruchs anrechenbaren Beitrag entrichtet habe oder für den Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gälten. Somit müsse auch ein Beitrag gezahlt worden sein, damit § 53 Abs 1 SGB VI als erfüllt gelte. Dies sei vorliegend nicht der Fall. In Bezug auf die Tätigkeit für die Bundesautobahn-Tankstelle G. hat die Beklagte dargelegt, es könne genauso gut vereinbart gewesen sein, dass die bisher zu viel zurückgelegten Zeiten durch weniger Arbeit in den nächsten Monaten ausgeglichen würden. Dies sei durchaus gängige Praxis.

Mit Urteil vom 25.09.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Insbesondere erfülle er nicht die Voraussetzungen für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung gem § 53 SGB VI, da er weder in den letzten zwei Jahren vor Eintritt des Arbeitsunfalls mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet habe, noch bei Eintritt des Arbeitsunfalls im September 1999 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Vielmehr sei der Kläger im September 1999 geringfügig beschäftigt gewesen. Bei der V. GmbH hätten keine Unterlagen zum Beschäftigungsverhältnis des Klägers ermittelt werden können. Die A. habe mit Schreiben vom 04.11.2014 mitgeteilt, dass die bei ihr gemeldeten Beschäftigungsverhältnisse des Klägers hätten nachvollzogen und bestätigt werden können. Aus der beigefügten Anlage ergebe sich für die Zeit vom 01.08.1999 bis zum 30.08.1999 eine kurzfristige Beschäftigung bei der Firma W. V., Klinik & Gebäudereinigung, und für die Zeit vom 01.09.1999 bis zum 30.09.1999 eine geringfügige Beschäftigung mit einem Arbeitsentgelt von 147 DM sowie für die Zeit vom 01.09.1999 bis 30.11.1999 eine geringfügige Beschäftigung bei der Bundesautobahn-Tankstelle Friedrich G. mit einem Entgelt von insgesamt 698 DM. Bei allen betroffenen Arbeitgebern seien zum Beschäftigungszeitpunkt des Klägers mehrere Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Es seien Beitragsnachweise eingereicht und die Beiträge bezahlt worden. Es lasse sich nicht mit Bestimmtheit sagen, in welcher Höhe für den Kläger Beiträge beinhaltet gewesen seien. Die von den Firmen im Beitragsnachweis gemeldeten Beiträge zur Rentenversicherung seien weitergeleitet worden. Auch hier sei die Höhe der Beiträge für den Kläger nicht genau zu definieren. Bei den geringfügig ausgeübten Beschäftigungen seien laut Beitragsgruppenschlüssel Pauschalbeiträge zur Rentenversicherung abgeführt worden. Über einen Verzicht auf Versicherungsfreiheit sei nichts bekannt. Weiterhin hat das SG dargelegt, eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne von § 1 SGB VI lasse sich nicht nachweisen. Der Zeuge D. habe bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2017 bekundet, dass der Kläger mit ihm zusammen im Sommer 1999 bei der Firma V. tätig gewesen war. Er habe mit dem Kläger im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche täglich in der Fleischzentrale gearbeitet. Dort sei von ca 17 Uhr bis 20 oder 21 Uhr abends gearbeitet worden. Der Zeuge D. habe indes keine Angaben dazu machen können, ob der Kläger noch an anderen Standorten gearbeitet habe. Er wisse auch nicht, was der Kläger für einen Arbeitsvertrag gehabt habe. Der Zeuge K. habe bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 25.09.2019 die Angaben des Zeugen D. bestätigt, denn auch er habe mit dem Kläger zusammen im Fleischwerk geputzt. Auch er habe keine Angaben über den Verdient des Klägers bei diesem Arbeitgeber machen können. Der Zeuge sei Vorarbeiter des Klägers gewesen. Er habe ausgesagt, dass in der Fleischzentrale von 15 Uhr bis ca 22 Uhr gearbeitet worden sei. Diese Angaben zur Arbeitszeit widersprächen jedoch sowohl der Aussage des Zeugen D. als auch der Aussage der Zeugin Z., die zum damaligen Zeitpunkt in der Personalbetreuung der Firma V. tätig gewesen sei und ua den Kläger zur Arbeit eingeteilt habe. Die Zeugin habe bestätigt, dass der Kläger in der Fleischzentrale eingesetzt worden sei, wo täglich etwa zwei bis drei Stunden ab 17 Uhr gereinigt worden sei. Es könne sein, dass er auch in anderen Hallen eingesetzt worden sei. Die Kammer lege die übereinstimmenden, glaubhaften Aussagen der Zeugen D. und Z. ihren Feststellungen zugrunde, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum in der Fleischzentrale im Umfang von ca drei Stunden täglich beschäftigt worden sei. Die Zeugin Z. habe keine Aussage zum Verdienst des Klägers machen können. Sie habe ferner bekundet, dass sie den Kläger angemeldet habe, aber nicht mehr genau sagen könne, ob als geringfügig beschäftigt oder in Teilzeit. Sie habe ihn jedenfalls nicht als „in Vollzeit beschäftigt" angemeldet. Hierzu habe die Zeugin ausgeführt, dass eine solche Anstellung mehrere Schulungen und eine entsprechende Ausbildung im Betrieb erfordert habe. Diese habe der Kläger damals nicht absolviert. Aufgrund ihrer langjährigen Betriebszugehörigkeit und der Personalzuständigkeit für etwa 150 Beschäftigte halte die Kammer diese Angaben für nachvollziehbar und glaubhaft. Dass der Kläger in den zwei Jahren vor Eintritt des Arbeitsunfalls mindestens ein Jahr versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, sei von ihm nicht vorgetragen worden, und nach den vorliegenden Unterlagen ergäben sich dafür auch keine Anhaltspunkte.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 07.01.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.01.2020 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der Begründung, grundsätzlich sei jede Ausübung einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt sozialversicherungspflichtig. Lediglich bei positiver Feststellung der Voraussetzungen des § 8 SGB IV könne eine geringfügige Beschäftigung angenommen werden, für welche keine Sozialversicherungsabgaben zu leisten seien. Unstreitig habe der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls bei der Firma V. gearbeitet. Der zeitliche Umfang der Tätigkeit habe indessen nicht zweifelsfrei unter einem zeitlichen Umfang von 15 Stunden pro Woche festgestellt werden können. Weshalb der Kläger im September 2009 bei der Firma V. nur 147 DM Arbeitsentgelt erzielt habe, könne dieser nicht mehr nachvollziehen. Er habe dort jeden Arbeitstag mehrere Stunden gearbeitet. Damit sei vom Regelfall einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auszugehen. Das erstinstanzliche Gericht habe zudem verkannt, dass der Kläger im September 1999 neben der Beschäftigung bei der Firma V. auch noch eine Beschäftigung bei der Bundesautobahn-Tankstelle F. G. ausgeübt habe. Von der Firma V. seien 147 DM Arbeitsentgelt für September 1999 gemeldet, von der Firma G. im Zeitraum 01.09.1999 bis 30.11.1999 ein Arbeitsentgelt von 698 DM gemeldet worden. Aufgrund der Schwere der Verletzung durch den Unfall vom 20.09.1999 und der anschließenden monatelangen stationären Behandlung könne ausgeschlossen werden, dass der Kläger im Zeitraum 21.09.1999 bis 30.11.1999 bei der Firma G. irgendeine Arbeitsleistung erbracht habe. Das gemeldete Arbeitsentgelt von 698 DM müsse daher im Zeitraum 01.09. bis 20.09.1999 und daher innerhalb des (einen) Monats September erzielt worden sein. Damit sei bereits die damals geltende Geringfügigkeitsgrenze von 630 DM monatlich überschritten. Es sei indessen sogar noch die Tätigkeit bei der Firma V. - wenn man diese als geringfügige Tätigkeit betrachten wolle - mit 147 DM zu addieren. Die beiden Einkünfte seien daher nach § 8 Abs 2 SGB IV zusammenzuzählen und überschritten die Geringfügigkeitsgrenze von 630 DM. Eine Zeitgeringfügigkeit nach § 8 Abs 1 SGB IV liege nicht vor. Eine solche müsse positiv festgestellt werden. Die Beschäftigung müsse aufgrund einer zuvor abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarung zeitlich begrenzt sein, oder es müsse sich diese Begrenzung aus der Eigenart ergeben. Dies müsse positiv festgestellt werden, was hier nicht erfolgt sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25.09.2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.10.2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Nachdem der Kläger auf Nachfrage des Senats angegeben hatte, Lohnzahlungen der Firma V. seien im damaligen Zeitraum immer auf das Konto seiner Mutter überwiesen worden, hat der Senat Microfiche der Volksbank L. A. eG angefordert über Kontobewegungen auf dem Konto der Mutter des Klägers im Zeitraum von Mai 1999 bis Dezember 1999. Auf die entsprechenden Kopien der Volksbank wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- sowie Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da die Beklagte in ihrem Bescheid vom 05.11.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 zu Recht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt und das SG die hiergegen gerichtete Anfechtungs- und Leistungsklage aus zutreffenden Gründen abgewiesen hat.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich gem § 300 Abs 1 SGB VI nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Die Drei-Fünftel-Belegung ist gemäß § 43 Abs 5 SGB VI dann nicht erforderlich, wenn die Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit der Vorschrift des § 53 SGB VI zufolge vorzeitig erfüllt ist. Dies ist wiederum nach der einzig hier überhaupt erwägenswerten Regelung des § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2 SGB VI dann zu bejahen, wenn der Versicherte wegen eines Arbeitsunfalls vermindert erwerbsfähig geworden ist und bei Eintritt des Arbeitsunfalls versicherungspflichtig war oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat.

Die Anwendung des § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2 SGB VI scheitert nicht bereits daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls kein Versicherter gewesen ist. Der Begriff des Versicherten setzt lediglich voraus, dass vor dem Arbeitsunfall wenigstens ein Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden ist (so bereits Bundessozialgericht [BSG] 11.02.1960, 4 RJ 201/58, BSGE 11, 295, 297 = SozR Nr 2 zu § 1252 RVO; BSG 19.06.1997, 13 RJ 81/96, Rn 21, juris; vgl auch Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 01/08, § 53 SGB VI Rn 22). Solche Beitragszeiten liegen hier vor im September 1997, September 1998 sowie Mai und Juni 1999 (vgl Versicherungsverlauf Bl 19 SG-Akte). Der Kläger war somit Versicherter im Sinne des § 53 Abs 1 Satz 2 SGB VI.

Allerdings fehlt es an den sonstigen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 2 SGB VI. Dass er ein Jahr Pflichtbeiträge in den letzten zwei Jahren hat, wird selbst vom Kläger nicht vorgetragen und hierfür fehlen auch sonstige Anhaltspunkte in den Akten. Aber auch von einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles konnte sich der Senat nicht überzeugen. Hierbei genügt jede Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, dh neben derjenigen nach § 1 SGB VI (Beschäftigte) und § 2 SGB VI (selbständig Tätige) auch die Versicherungspflicht sonstiger Versicherter nach § 3 SGB VI sowie die Versicherungspflicht auf Antrag (§ 4 SGB VI, vgl hierzu Heidemann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Auflage, § 53 SGB VI, Stand: 01.07.2013, Rn 35). Vorliegend kommt allein eine Versicherungspflicht als Beschäftigter gem § 1 SGB VI in Betracht. Gem § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Dass der Kläger im September 1999 gegen Arbeitsentgelt sowohl bei der Firma V. als auch bei der Bundesautobahn-Tankstelle G. beschäftigt war, dh jeweils eine nichtselbständige Arbeit nach Weisungen und mit Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers verrichtet hat (vgl zur Definition § 7 Abs 1 SGB IV), steht für den Senat nicht nur aufgrund des Versicherungsverlaufs fest, sondern ergibt sich auch aus dem Vortrag des Klägers sowie in Bezug auf die Firma V. aus den Zeugenaussagen sämtlicher im erstinstanzlichen Verfahren vernommener Zeugen. Indes lässt sich nach der umfangreichen Beweisaufnahme nicht ausschließen, dass es sich bei diesen Beschäftigungen um geringfügige gehandelt hat mit der Folge, dass die Versicherungspflicht entfällt.

Gemäß § 5 Abs 2 Satz 1 SGB VI (in der ab 01.04.1999 gültigen Fassung vom 24.03.1999, Bundesgesetzblatt I S 388, im Folgenden aF) waren versicherungsfrei Personen, die 1. eine geringfügige Beschäftigung (§ 8 Abs 1 Viertes Buch) 2. eine geringfügige selbständige Tätigkeit (§ 8 Abs 3 Viertes Buch) oder 3. eine geringfügige nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit ausübten, in dieser Beschäftigung, selbständigen Tätigkeit oder Pflegetätigkeit. Satz 1 Nr 1 galt nicht für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs 1 Nr 1 des Vierten Buches, die durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber auf die Versicherungsfreiheit verzichten; der Verzicht konnte nur mit Wirkung für die Zukunft und bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich erklärt werden und war für die Dauer der Beschäftigungen bindend (§ 5 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF).

Eine geringfügige Beschäftigung lag im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 8 Abs 1 SGB IV (in der ab 01.04.1999 gültigen Fassung vom 24.03.1999, Bundesgesetzblatt I 388, im Folgenden aF) vor, wenn 1. die Beschäftigung regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche ausgeübt wurde und das Arbeitsentgelt regelmäßig im Monat 630 Deutsche Mark nicht überstieg, 2. die Beschäftigung innerhalb eines Jahres seit ihrem Beginn auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegte oder im Voraus vertraglich begrenzt war, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wurde und ihr Entgelt 630 Deutsche Mark im Monat überstieg. Bei der Anwendung des Absatzes 1 waren mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 oder Nummer 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammenzurechnen. Eine geringfügige Beschäftigung lag nicht mehr vor, sobald die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfielen (§ 8 Abs 2 SGB IV aF).

Eine entgeltgeringfügige Beschäftigung gemäß § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV unterscheidet sich von der zeitgeringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV dadurch, dass die entgeltgeringfügige Beschäftigung regelmäßig, die zeitgeringfügige aber nur gelegentlich ausgeübt wird (stRspr, BSG, 11.05.1993, 12 RK 23/91 - SozR 3-2400 § 8 Nr 3 S 11, ausführlich auch juris-PK/Schlegel SGB IV, 3. Aufl 2016, § 8 Nr 6 Rn 21). Regelmäßig ist eine Beschäftigung, die bei vorausschauender Betrachtung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll. Liegt eine regelmäßige Beschäftigung vor, sind auf der Grundlage der auch insofern gebotenen vorausschauenden Betrachtungsweise jeweils die regelmäßige Arbeitszeit in der Woche und der regelmäßige Verdienst im Monat zu ermitteln (vgl nur BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17-27 = SozR 4-2400 § 7a Nr 2, Rn 28; BSG 21.05.1996, 12 RK 64/94, BSGE 78, 224-229 = SozR 3-2500 § 226 Nr 2 = SozR 3-4100 § 175 Nr 3, Rn 12 mwN).

Vorliegend lassen sich dem Versicherungsverlauf des Klägers für September 1999 lediglich zwei geringfügige, nicht versicherungspflichtige Beschäftigungen entnehmen, nämlich eine solche vom 01.09.1999 bis 30.09.1999 mit einem Entgelt in Höhe von 147 DM sowie eine solche für den gleichen Zeitraum mit einem Entgelt in Höhe von 232,67 DM. Aus der Stellungnahme der A. vom 04.11.2014 ergibt sich, dass die 147 DM aus der Beschäftigung bei der Firma V. stammten und die 232,67 DM aus der Beschäftigung bei der Bundesautobahn-Tankstelle G.. Bei der Tankstelle verdiente der Kläger laut Auflistung der A. in den Monaten September bis November 698 DM, woraus sich bei gleichmäßiger Verteilung auf drei Monate ein Lohn für September in Höhe von 232,67 DM errechnet (698 DM geteilt durch drei).

Dass dieser Versicherungsverlauf die Beschäftigungsverhältnisse des Klägers nicht zutreffend wiedergibt, ließ sich nicht nachweisen. Der Kläger konnte für keines der Beschäftigungsverhältnisse Unterlagen vorlegen, und auch die Firma V. verfügte über keine schriftlichen Unterlagen mehr (vgl Bl 63 SG-Akte). Eine Nachfrage bei der Bundesautobahn-Tankstelle G. verlief ebenfalls erfolglos, da der Betrieb zwischenzeitlich durch einen Nachfolger fortgeführt wird und Unterlagen aus 1999 deshalb nicht vorhanden sind (Bl 143 SG-Akte). Insofern gibt es keinerlei schriftliche Nachweise darüber, welcher Arbeitslohn vereinbart war, wie viele Stunden der Kläger arbeiten sollte, ob dies regelmäßig erfolgen sollte oder ob die Tätigkeiten von vornherein auf 2 Monate bzw 50 Arbeitstage begrenzt waren.

Allerdings spricht viel dafür, dass die Tätigkeit des Klägers bei der Firma V. jedenfalls zunächst als typische Ferientätigkeit geplant und deshalb zunächst zeitgeringfügig im Sinne des § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV aF war, und zwar ab August 1999. Zwar hat der Kläger vorgetragen, bereits im Juni 1999 mit der Tätigkeit bei der Firma V. begonnen zu haben, doch gibt es hierzu weder Hinweise im Versicherungsverlauf noch in den Unterlagen der A. und wird dies auch nicht durch die Zeugenaussagen bestätigt. Die Zeugen Z. und auch D. haben im Rahmen ihrer Vernehmungen übereinstimmend ausgesagt, der Kläger habe „ca im Juli/August“ (Zeuge D.) bzw „in den Sommerferien“ (Zeugin Z.) mit der Arbeit begonnen. Da die Abendrealschule vor den Sommerferien im Übrigen - anders als nach den Ferien geplant - abends stattfand, wäre eine Tätigkeit des Klägers in der Fleischhalle, die nach den übereinstimmenden Aussagen sämtlicher Zeugen abends durchzuführen war, auch gar nicht möglich gewesen. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass der Kläger erst ab August für die Firma V. tätig war. Diese Tätigkeit war zunächst als Ferienjob ausgestaltet und insofern geringfügig nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV aF. Nicht nur lässt sich dies den Aufzeichnungen der A. entnehmen, worin die Tätigkeit als „kurzfristig beschäftigt“ bezeichnet wird, sondern dies ergibt sich auch aus dem Vortrag der Zeugin Z., die sich ausdrücklich daran erinnern konnte, den Kläger als Ferienarbeiter unter Vertrag genommen zu haben und damit angesichts der begrenzten Feriendauer von vornherein befristet auf längstens 2 Monate bzw 50 Arbeitstage. Dass der Kläger, wie er vorträgt, in dieser Zeit über 2.000 DM verdient habe, steht einer geringfügigen Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV aF nicht entgegen. Tatsächlich hält der Senat diesen Vortrag für zutreffend. So hat die Zeugin Z. ausgesagt, jeder Arbeitnehmer habe ein Konto haben müssen, auf das der Lohn zum 15. (logischerweise des Folgemonats) ausgezahlt worden sei. Der Kläger wiederum hat vorgetragen, der Lohn sei auf das Konto seiner Mutter geflossen. Aus den Kontoauszügen der Mutter des Klägers, die dem Senat in Form von Microfiches vorliegen (vgl Bl 33 ff LSG-Akte), ergibt sich tatsächlich ein Geldzufluss in Höhe von 2040,17 DM am 15.09.1999 und damit wenige Tage vor dem Unfall des Klägers. Dies entspricht dem Vortrag des Klägers (Bl 15 SG-Akte), er sei mit seiner Mutter kurz vor dem Unfall auf der Bank gewesen, und man habe sich zusammen über den ersten „richtigen Zahltag“ gefreut. Ergo spricht nach Überzeugung des Senats viel dafür, dass es sich bei den 2040,17 DM, die dem Konto der Mutter Mitte September 1999 gutgeschrieben wurden, tatsächlich um den Augustlohn gehandelt hat, auch wenn sich den Kontoauszügen keine Angaben über den Ursprung des Geldes entnehmen lassen. Da aber bei einem Ferienjob nicht von einer „berufsmäßigen Ausübung“ der Beschäftigung auszugehen ist (vgl hierzu Knospe in: Hauck/Noftz, SGB, 12/19, § 8 SGB IV, Rn 39), kommt es auf die Höhe des Entgelts nicht an und schadet es daher auch nicht, wenn das Entgelt in Höhe von 630 DM überschritten wird. Der Ferienjob im August 1999 war daher geringfügig im Sinne des § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV.

Weiterhin ist der Senat davon überzeugt, dass es ab September 1999 zu einer Vertragsänderung der Beschäftigung bei der Firma V. kam. Auch dies folgt zum einen aus den Ausführungen der A., in denen diese Tätigkeit nun nicht mehr als „kurzfristig beschäftigt“, sondern als „geringfügig entlohnt“ aufgeführt wird. Zum anderen ergibt sich auch aus den Angaben der Zeugin Z., dass der anfängliche Vertrag als Ferienarbeiter nach Bewährung des Klägers zum Abschluss eines anderen Vertrages geführt hat. Dies folgt aus den Worten der Zeugin, sie wisse konkret nicht mehr genau, „wie es dann weitergegangen sei“. Sie wisse, dass sie ihn angemeldet habe. Wie genau dieses dann folgende Vertragsverhältnis ausgestaltet war, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr abschließend feststellen. Auffällig ist jedoch zunächst, dass sich den Kontoauszügen der Mutter des Klägers aus Oktober 1999 ein Zahlungseingang in Höhe von 146,60 DM entnehmen lässt (Eingang am 18.10, vgl Bl 38 LSG-Akte) und damit nach Rundung exakt der Betrag, der auch im Versicherungsverlauf und in den Unterlagen der A. als Entgelt erwähnt wird. Ein höherer Betrag, der auf eine Teilzeit- oder gar Vollzeitbeschäftigung des Klägers im September 1999 hindeuten könnte, findet sich jedenfalls Mitte Oktober und damit zu dem laut Aussage der Zeugin Z. üblichen Überweisungsdatum auf dem Konto der Mutter nicht. Der Betrag von 800 DM, der regelmäßig auf das Konto seiner Mutter um den 25. eines jeden Monats eingegangen ist, steht offensichtlich nicht im Zusammenhang mit einer Beschäftigung des Klägers, da er auch zu Zeiten vermerkt ist, in denen der Kläger selbst nach seinem eigenen Vortrag nicht gearbeitet hat (zum Beispiel im Mai oder auch November und Dezember 1999). Gleiches gilt für den Betrag von 546 DM, der am 28.10.1999 auf dem Konto der Mutter einging, aber eben auch am 29.09.1999 und am 29.11.1999 und der damit ebenfalls keinen Bezug zu einer Beschäftigung bei der Firma V. aufweist. Insofern geht der Senat davon aus, dass der Kläger im September 1999 tatsächlich nur wenige Stunden bei der Firma V. gearbeitet und als Folge auch nur einen Lohn in Höhe von gerundet 147 DM erwirtschaftet hat. Ob dies allerdings regelmäßig so vereinbart war nach vorausschauender Betrachtungsweise, beweist der Kontoauszug nicht.

Die Zeugenaussagen helfen hier nicht wesentlich weiter. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, sind die Zeugenaussagen widersprüchlich und vermögen daher das Vorliegen einer mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigung bei der Firma V. im September 1999 nicht zweifelsfrei zu belegen. Der Zeuge D. hat im Rahmen seiner Vernehmung am 11.01.2017 (Bl 104 ff SG-Akte) ausgesagt, der Kläger habe mit ihm in der Fleischzentrale als Reinigungskraft gearbeitet zwischen 17 Uhr und 20 Uhr oder 21 Uhr. Welchen Vertrag der Kläger hatte, wusste der Zeuge nicht. Er konnte auch nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob der Kläger in der letzten Ferienwoche ebenfalls mit ihm zusammengearbeitet hatte - wohl aber, dass er am Unfalltag hätte arbeiten sollen und man, nachdem der Kläger nicht erschienen sei, einen Ersatz habe besorgen müssen. Letzteres ist allerdings insofern unzutreffend, als der Kläger unstreitig am 20.09.1999 auf dem Weg zur Schule, die um 18 Uhr abends beginnen sollte (vgl Schreiben der Abendrealschule vom 15.03.2017, Bl 121 SG-Akte), verunglückt ist und an diesem Tag somit gerade nicht zur Arbeit eingeplant gewesen sein kann. Dies hat auch der Kläger selbst im Rahmen der Verhandlung am 12.06.2017 so ausgesagt (Bl 126 ff SG-Akte). Im Ergebnis hat der Zeuge D. damit den Vortrag des Klägers, die gesamten Ferien sowohl in der Fleischzentrale als auch in der Obst- und Gemüsehalle gearbeitet zu haben, nicht bestätigt und lässt sich seiner Aussage auch nicht zweifelsfrei entnehmen, ob der Kläger bis zum Ferienende durchgearbeitet hat. Angesichts des langen Zurückliegens des hier streitigen Zeitraums sind diese Erinnerungslücken nicht verwunderlich. Der Zeuge K. hat bei seiner Vernehmung am 25.09.2019 (Bl 163 ff SG-Akte) ebenfalls nicht angeben können, welchen Arbeitsvertrag der Kläger abgeschlossen hatte bzw welcher Lohn diesem damals bezahlt wurde. In Übereinstimmung mit dem Zeugen D. hat der Zeuge K. ausgesagt, der Kläger habe mit ihm zusammen in der Fleischzentrale gearbeitet, allerdings von 15 bis 22 Uhr und nicht nur, wie vom Zeugen D. dargelegt, von 17 bis 20 Uhr bzw 21 Uhr. Demgegenüber hat die Zeugin Z. bei ihrer Vernehmung am 25.09.2019 (Bl 163 ff SG-Akte) die Dauer der Reinigungsarbeiten in der Fleischzentrale nur mit täglich etwa 2 bis 3 Stunden beziffert, beginnend um 17 Uhr. Insofern spricht vieles dafür, dass die Angaben des Zeugen K. unzutreffend sind - zumal sich anderenfalls für einen Mitarbeiter, der wie der Zeuge D. sowohl in der Fleischzentrale als auch in der Obst - und Gemüsehalle tätig war und überdies nach Bedarf noch in den T.-Gebäuden, Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden pro Tag ergeben hätten (Reinigen in der Fleischhalle von 15 bis 22 Uhr, anschließend Reinigen in der Obst- und Gemüsehalle von 22 Uhr bis 24 Uhr bzw sogar 1 Uhr nachts, außerdem Arbeit in T.-Gebäuden zweimal pro Woche für 2 bis 3 Stunden, vgl Angaben des Zeugen D., Bl 105 SG-Akte). Dies erscheint dem Senat eher unwahrscheinlich. Auch die Zeugin Z. hat sich an den Verdienst des Klägers nicht mehr erinnern können, nicht einmal mehr an die Größenordnung, und wusste auch nicht mehr, wie viele Stunden der Kläger gearbeitet hat bzw ob er jeden Tag eingesetzt wurde. Allerdings hat die Zeugin überzeugend dargelegt, der Kläger sei jedenfalls für eine Vollzeittätigkeit nicht ausreichend qualifiziert gewesen, da eine solche mehrere Schulungen voraussetzt habe, über die der Kläger nicht verfügt habe. Auch wenn die Zeugin Z. in Details den Kläger betreffend keine ausreichende Erinnerung mehr aufwies - so kann ihr Vortrag, der Kläger habe dienstags und donnerstags in die Schule gemusst, so nicht zutreffen, da der Kläger nur in den Ferien bei der Firma V. gearbeitet hat und bereits an seinem ersten Schultag nach den Ferien verunglückt ist -, hat der Senat doch keine Zweifel daran, dass die für die Personalbetreuung zuständige Zeugin sich an Umstände wie benötigte Qualifikationen, die nicht nur den Kläger, sondern alle damaligen Arbeitnehmer betrafen, noch erinnern kann. Insofern ist eine Vollzeitbeschäftigung eher unwahrscheinlich. Im Ergebnis bleibt jedoch offen, wie lang bei vorausschauender Betrachtungsweise die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers pro Woche bzw wie hoch sein regelmäßiger Lohn gewesen waren. Dass nach vorausschauender Betrachtung die Beschäftigung bei der Firma V. die Grenze der Geringfügigkeit im Sinne des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV aF überschritt, lässt sich somit nicht mehr feststellen. Für einen Verzicht auf Versicherungsfreiheit (vgl 5 Abs 2 Satz 2 SGB VI aF) gibt es keine Anhaltspunkte.

Gleiches gilt für die Beschäftigung bei der Bundesautobahn-Tankstelle G.. Hier hat der Kläger lediglich vorgetragen, diese Tätigkeit aushilfsweise am Wochenende ausgeübt zu haben (vgl Bl 127 SG-Akte), Unterlagen hierzu gibt es keine mehr. Der Arbeitgeber hatte auch hier nur eine geringfügige Beschäftigung gemeldet im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB IV; Gewissheit darüber, dass - wiederum nach vorausschauender Betrachtungsweise - der Kläger hier regelmäßig mehr als 15 Wochenstunden hätte arbeiten sollen bzw regelmäßig mehr als 630 DM pro Monat verdienen sollte, gibt es nicht. Allerdings ist auch der Senat - entsprechend dem Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung sowie aufgrund seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - davon überzeugt, dass der bei der Bundesautobahn-Tankstelle G. verdiente Lohn in Höhe von 698 DM nur im September 1999 erwirtschaftet wurde, da der Kläger danach unfallbedingt dazu nicht mehr in der Lage war. Es bleibt jedoch offen, ob es sich bei diesem hohen Septemberlohn um einen einmaligen Ausreißer nach oben gehandelt hat, der in den Folgemonaten wieder hätte ausgeglichen werden sollen - wie die Meldung an die A. impliziert, worin der Lohn auf mehrere Monate verteilt wurde - oder ob ein solch hoher Lohn regelmäßig zu erwarten war.

Entgegen dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten folgt auch aus der Addition der Beschäftigungen bei der Autobahn-Tankstelle G. und der Firma V. kein für den Kläger günstigeres Ergebnis. Gem § 8 Abs 2 SGB IV aF sind zwar mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nr 1 oder Nr 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nr 1 und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammenzurechnen. Dennoch lässt sich vorliegend nicht mit Bestimmtheit feststellen, dass die beiden Tätigkeiten bei der Firma V. bzw der Bundesbahn-Tankstelle G. zusammengenommen das Maß der Geringfügigkeit überstiegen, da auch bei Addition der Arbeitszeiten bzw der Lohneinkünfte im Nachhinein mangels näherer Unterlagen ein regelmäßiges Überschreiten der Wochenarbeitszeit von 15 Stunden bzw der Lohngrenze von 630 DM nicht zu beweisen ist.

Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten kann nicht mit Erfolg argumentiert werden, es sei - sofern die Ausübung einer Beschäftigung als solche feststehe - von deren Versicherungspflicht auszugehen, sofern nicht deren Geringfügigkeit nachgewiesen werden könne. Nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz hat derjenige die Beweislast für die Tatsachen, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, § 103 Rn 19a mwN). Vorliegend stützt sich der Kläger auf die Ausnahmevorschrift des § 53 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI, so dass er nachweisen muss, zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt zu haben (§ 53 Abs 1 Satz 2 SGB VI). Versicherungspflichtig ist eine Beschäftigung aber eben nur dann, wenn sie ua nicht geringfügig ist, so dass der Nachweis einer solchen versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht geführt ist, sofern die Möglichkeit einer Geringfügigkeit nicht ausgeschlossen werden kann. Nichts anderes folgt aus dem Verweis der Klägerbevollmächtigten auf die Urteile des BSG vom 17.12.1985 (12 RK 30/83) sowie 06.03.1986 (12 RK 26/85), wonach der für einen Beitragsbescheid erforderliche "Beweis" der Versicherungs- und Beitragspflicht bestimmter Personen auch dann als von der Einzugsstelle geführt anzusehen ist, wenn der Arbeitgeber die allen Mitwirkungspflichten zugrunde liegende und alle Beschäftigten ohne Rücksicht auf das Bestehen einer Versicherungspflicht erfassende Aufzeichnungspflicht absichtlich oder schuldhaft verletzt und dadurch die der Einzugsstelle obliegende Beweisführung vereitelt hat. Ganz abgesehen davon, dass vorliegend schon keine Anhaltspunkte für eine schuldhafte Verletzung von Aufzeichnungspflichten durch die Firma V. bzw die Bundesautobahn-Tankstelle G. vorliegen, ist vor allem nicht das Verhältnis Einzugsstelle - Arbeitgeber betroffen, sondern das Verhältnis Rentenversicherung - Versicherter. Es gibt keine Veranlassung, der Beklagten Fehler eines Dritten, nämlich des Arbeitgebers, entgegenzuhalten und hieraus einen Vorteil zu ziehen.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass sich die Ausübung einer versicherungspflichtigen Tätigkeit im September 1999 und damit die Voraussetzung für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung im Sinne des § 53 SGB VI nicht nachweisen lässt und daher die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen im Hinblick auf die Frage, ob die Feststellung von Versicherungspflicht bzw Versicherungsfreiheit bei der Beurteilung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung auch dann von der Richtigkeit der ursprünglichen Prognoseentscheidung zu Beginn der Beschäftigung abhängt, wenn die Entgeltgrenze bereits im ersten Monat der Tätigkeit überschritten wird und ein Ausgleich des zu hohen Einkommens in den Folgemonaten deshalb nicht mehr möglich ist, weil die Beschäftigung noch im ersten Monat (unfallbedingt) faktisch endete. Ferner ist offen, ob in einem solchen Fall das im ersten Monat der Beschäftigung erzielte Einkommen gleichmäßig auf die ursprünglich geplante Dauer der Beschäftigung gemeldet bzw verteilt werden darf.