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  • · Fachbeitrag · Gestaltungsberatung (Teil 2)

    Die Rechtsformwahl in der Nachfolgeberatung

    von Dr. Katrin Dorn und Dr. Morten Dibbert, Hamburg

    | Die Rechtsform einer Unternehmung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Besteuerung des Unternehmens, weil das Besteuerungsrecht in Deutschland nicht rechtsformneutral ist. Daher kommt der Rechtsformwahl eine besondere Bedeutung zu ‒ u. a. wenn diese an geänderte Bedingungen und bei Beendigung des Unternehmens anzupassen ist. |

    1. Anpassung der Rechtsform bei Bestehen des Unternehmens

    Die Anpassung der Rechtsform kann viele Anlässe haben. Typischerweise werden diese durch äußere und innere Faktoren bestimmt, z. B.:

     

    • Veränderung der eigenen Strategie (auch in lokaler Hinsicht)
    • Veränderung der Produktion
    • Veränderung des Angebots
    • Veränderung der Geschäftsführung
    • Veränderung der Gesellschafterstruktur

     

    Internationale Aspekte können ebenfalls eine Rolle spielen. Die internationalen Aspekte der Rechtsformwahl können sowohl die Gesellschaft bzw. Gesellschaften selbst, aber auch die dahinterstehenden Gesellschafter betreffen. Dabei geht es u. a. um die Anwendbarkeit von Doppelbesteuerungsabkommen, Deklarationspflichten oder Wegzugsbesteuerung.

     

    Zudem kann die Anpassung eine Optimierung der Struktur bezwecken. Anlässe können hier z. B. sein: Steueroptimale Repatriierung von Gewinnen, Abzugsfähigkeit von Finanzierungsaufwendungen, steuerliche Konsolidierung von Gewinnen und Verlusten, Vermeidung der Dividendenbesteuerung, Steuerfreiheit bei Beteiligungsveräußerungen, Steuergestaltung sowie Risikoabgrenzung durch Verrechnungspreismethodik und -dokumentation, Vermeiden der Risiken verdeckter Gewinnausschüttungen, Vermeidung von Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG, Vermeidung von Hinzurechnungsbesteuerung und Vermeidung einer Doppelbesteuerung.

     

    Auf welchem Weg die Anpassung der Struktur erfolgt, hängt in den meisten Fällen von den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben ab. Hierbei spielt das Umwandlungsrecht eine wesentliche Rolle. Damit es aufgrund der Umstrukturierungsmaßnahmen nicht zu einer Aufdeckung von stillen Reserven und damit zu einer Steuerlast kommt, sehen sowohl das EStG als auch das UmwStG Möglichkeiten für steuerneutrale Umwandlungen vor. Diese hängen jedoch teilweise von strengen Voraussetzungen ab und haben in vielen Fällen eine mehrjährige Sperrfrist zur Folge. Hierdurch soll verhindert werden, dass Steuerpflichtige in das oftmals vorteilhaftere Besteuerungsregime für Körperschaften wechseln, nur um eine anschließende Veräußerung vorzubereiten.

     

     

    Hier kann eine Aufspaltung des Unternehmens sinnvoll sein, um z. B. zwei Familienstämme zu trennen.

     

     

    Diese Form der Gestaltung besitzt folgende Eigenschaften und Vorteile:

     

    • Auflösung ohne Abwicklung der OpCo-Holding
    • Veräußerung für steuerliche Zwecke, auf Antrag zu Buchwerten möglich
    • Übergang von Teilbetrieben
    • Steuerliche Rückwirkung
    • Untergang von Verlustvorträgen, Zinsvorträgen, EBITDA-Vorträgen
    • Sperrfrist ist zu beachten

     

    PRAXISTIPP | In dem Beispiel der Trennung von Familienstämmen sind die Aufspaltung der OpCo-Holding oder aber die Abspaltung der B GmbH nach den §§ 123 ff. UmwG die gesellschaftsrechtlich einfachen Mittel. An dieser Stelle ist es aber wichtig, den steuerlichen Berater frühzeitig hinzuzuziehen. Auch wenn das UmwStG durch die Möglichkeit einer steuerneutralen Umwandlung einen solchen Vorgang nicht verhindern soll, sind gerade bei Auf- und Abspaltungen Stolperfallen zu beachten, die sich nicht unmittelbar im Gesetz finden. Das BMF hat im Umwandlungssteuererlass von 2011 (BStBl I 11, 1314) strenge Vorgaben gemacht, die eine Auf- und Abspaltung in der Praxis stark erschweren oder verhindern können.

     

    Weitere Gestaltungsmöglichkeiten wären die Zusammenfassung von Unternehmen durch Verschmelzung, die Realteilung von Unternehmen oder die Abspaltung einzelner Geschäftsbereiche.

     

    Auch wenn das BMF im Falle der Auf- und Abspaltung hohe Hürden eingezogen hat, bietet das UmwStG grundsätzlich auch Erleichterungen bei Umstrukturierungen. Zu denken ist dabei vor allem an die steuerliche Rückwirkung und die sog. Fußstapfentheorie (§ 4 Abs. 2 UmwStG). Nach letzterer tritt der übernehmende Rechtsträger in die steuerliche Rechtsstellung des Übertragenden ein. Zu beachten ist allerdings, dass dies nicht für Verlustvorträge, Zinsvorträge oder EBITDA-Vorträge gilt. Diese gehen bei einer Umwandlung unter. Aus diesem Grund ist es bei einer Verschmelzung wichtig, darauf zu achten, welcher Rechtsträger auf welchen verschmolzen werden soll.

    2. Rechtsform bei Beendung des Unternehmens

    Das Unternehmen kann durch verschiedene Maßnahmen beendet werden. Zu denken ist an eine Liquidation des Unternehmens, die Aufteilung des Unternehmens durch Realteilung, eine Veräußerung an Dritte (oder auch an bisherige Mitarbeiter) und die unentgeltliche Übergabe des Unternehmens an den/die gewünschten Nachfolger oder die Bündelung des Unternehmens in einer Familiengesellschaft oder Stiftung. Auch hierbei entscheidet die Rechtsform über die steuerlichen Folgen.

     

    Während der Veräußerungsgewinn von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen entweder dem Teileinkünfteverfahren (Anwendungsfall des § 17 EStG) oder der Abgeltungsteuer (Anwendungsfall nach § 20 EStG, wenn keine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG vorliegt) unterliegt, wird der Gewinn aus der Veräußerung eines Einzelunternehmens/eines Anteils an einer gewerblichen Personengesellschaft nach § 16 EStG mit dem progressiven Steuersatz belastet. Soweit außerordentliche Einkünfte i. S. d. § 34 EStG vorliegen, kommt eine Ermäßigung nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG in Betracht. Entsprechendes gilt bei Aufgabe des Unternehmens bzw. der Beteiligung an einer Personengesellschaft. Der Gewerbesteuer unterliegen diese Gewinne nicht, soweit sie auf eine natürliche Person entfallen und kein Anwendungsfall nach § 18 UmwStG vorliegt. Nach § 18 UmwStG unterliegt die Veräußerung des Betriebs einer Personengesellschaft oder einer natürlichen Person dann der Gewerbesteuer, wenn es innerhalb von fünf Jahren vor der Veräußerung zu einer Verschmelzung einer Kapital- auf die Personengesellschaft bzw. die natürliche Person oder zu einem Formwechsel in eine Personengesellschaft kam.

     

    Entfällt der Veräußerungsgewinn auf eine Kapitalgesellschaft, unterliegt auch der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft der Gewerbesteuer (§ 7 S. 2 GewStG) und der Körperschaftsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag. Werden Anteile an einer anderen Kapitalgesellschaft veräußert, findet die Steuerbefreiung nach § 8b KStG Anwendung, wonach 95 % des Veräußerungsgewinns steuerfrei bleiben. Diese Steuerbefreiung gilt auch für die Gewerbesteuer.

     

    MERKE | Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Rechtsformen zeigt sich hinsichtlich der Veräußerung von Anteilen an Kapital- und Personengesellschaften darin, dass der Kaufpreis bei einer Personengesellschaft direkt dem Erwerb der einzelnen Wirtschaftsgüter zugerechnet und damit Abschreibungspotenzial geschaffen wird (Asset Deal). Dagegen erhöhen sich bei Kapitalgesellschaften lediglich die Anschaffungskosten für die Anteile an der Kapitalgesellschaft (sog. Share Deal). Für den Erwerber ist der Asset Deal durch das erhöhte Abschreibungspotenzial im Rahmen des normalen Geschäftsbetriebs von Vorteil. Diese Möglichkeit hat der Erwerber von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nicht. Gerade bei Share Deals hinsichtlich Kapitalgesellschaften mit Grundstücken wird versucht, diesen Nachteil beim Abschreibungspotenzial durch einen Abzug beim Kaufpreis auszugleichen.

     

    Zu beachten ist dabei, dass die Veräußerung von Anteilen an Kapital- und Personengesellschaften sowie die Veräußerung der Wirtschaftsgüter eines Einzelunternehmens Grunderwerbsteuer auslösen kann, wenn sich ein oder mehrere Grundstücke im jeweiligen Betriebsvermögen befinden. Das GrEStG knüpft dabei an die zivilrechtliche Veräußerung an:

     

    Anders als im Ertragsteuerrecht wird die Veräußerung von Anteilen an einer Personengesellschaft für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht als unmittelbare Veräußerung des Grundstücks angesehen. Der Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG bezieht sich auf den unmittelbaren Verkauf des Grundstücks. Dieser Fall tritt dann ein, wenn die Gesellschaft das Grundstück direkt veräußert oder aber ein Einzelunternehmer sein zum Betriebsvermögen gehörendes Grundstück. Kommt es hingegen zur Veräußerung von Anteilen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, kommen die sog. Ersatztatbestände des § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG zur Anwendung.

     

    MERKE | Vereinfacht gesagt entsteht Grunderwerbsteuer in einem solchen Fall, wenn mindestens 90 % der Anteile an der Personen- oder Kapitalgesellschaft veräußert werden.

     

    Auch wenn das zunächst einfach klingt, sind die Regelungen sehr kompliziert (geworden), da es z. B. wesentliche Befreiungen von der Grunderwerbsteuer nur für Personengesellschaften gibt (hier greift der Transparenzgedanke wieder) und es durch mittelbare Übertragung von Anteilen zur Entstehung von Grunderwerbsteuer kommen kann. Daneben ist zu beachten, dass die einzelnen Absätze unterschiedliche Steuerschuldner zur Folge haben:

     

    • Bei § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG sind es die grundbesitzhaltenden Personen- bzw. Kapitalgesellschaften selbst
    • Bei § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG sind es die Erwerber der Anteile

     

    Um es noch komplizierter zu machen, hat sich der Gesetzgeber unterschiedliche Zeitpunkte der Steuerentstehung einfallen lassen:

     

    • Während bei § 1 Abs. 2a und 2b GrEStG die Grunderwerbsteuer erst mit dinglichem Übergang der Anteile (Closing) entsteht,
    • reicht für § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG bereits der schuldrechtliche Abschluss des Kaufvertrags (Signing) aus.

     

    Auch gilt, dass das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz für Privatvermögen nur wenige sachliche Steuerbefreiungen vorsieht (z. B. für das Familienheim, Hausrat, Dritten zu Wohnzwecken überlassene Grundstücke in Form eines Abschlags von 10 %), jedoch umfangreiche Steuerbefreiungen für betriebliches Vermögen in den §§ 13a, 13b ErbStG (z. B. für Einzelunternehmen, Beteiligungen an gewerblichen Personen- und Kapitalgesellschaften). So können Immobilien nur unter diese Steuerbegünstigung fallen, wenn sie zum Betriebsvermögen gehören und insbesondere nicht zum begünstigungsschädlichen Verwaltungsvermögen rechnen (z. B. wenn ein Wohnungsunternehmen vorliegt).

     

    Beachten Sie | Es gilt zu berücksichtigen, dass Anteile an gewerblichen Personengesellschaften stets, und zwar unabhängig von der Höhe der bestehenden Beteiligungen, begünstigungsfähig sind, Anteile an Kapitalgesellschaften hingegen nur bei einer Mindestbeteiligung von 25 % oder wenn eine entsprechende Poolvereinbarung vorliegt (vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG). Zudem besteht bei Personengesellschaften die Möglichkeit, Sonderbetriebsvermögen zu bilden, was dann zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören würde.

     

    FAZIT | Die Rechtsformwahl hat unmittelbaren Einfluss auf die Besteuerung des Unternehmens. Daher sollten steuerliche Überlegungen stets in die Rechtsformwahl einbezogen werden, selbst wenn für diese noch zahlreiche weitere Aspekte maßgeblich sind. Die Frage der Rechtsform stellt sich nicht nur bei der Gründung, sondern auch während des Bestehens und im Zusammenhang mit der Beendigung des Unternehmens. Sie ist damit stets Teil der Gestaltungs- und Nachfolgeberatung.

     

    Weiterführender Hinweis

    • „Die Rechtsformwahl in der Nachfolgeberatung ‒ mit besonderer Berücksichtigung von Immobilien“, PU 23,33, Abruf-Nr. 48780141
    Quelle: Ausgabe 02 / 2023 | Seite 68 | ID 48967853

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