· Fachbeitrag · Treibhausgasemissionen in der EU
Klimaziele für 2040: Vorschlag zur CO2-Reduktion lässt Hintertür offen
| Die EU-Kommission hat ein Klimaziel für 2040 vorgestellt. Bis dahin sollen die Treibhausgasemissionen um mindestens 90 % gegenüber 1990 verringert werden. Frankreich, Polen und andere Staaten kritisierten bereits den Vorschlag. Damit Industrie und Verbraucher nicht zu stark belastet werden, greift die EU nun auf ein umstrittenes Instrument zurück. Ein Teil der Einsparungen soll über Klimazertifikate erfolgen. Die EU bleibt damit ihrem Plan zur Klimaneutralität treu, die sie bis 2050 erreichen will. Welche Hintertür bei diesem CO 2 -Reduktionsziel offen bleibt, zeigt dieser Beitrag. |
1. Auf dem Weg zur Klimaneutralität
Der Vorschlag gewährt den Mitgliedstaaten Flexibilität bei der Umsetzung. Damit möchte die Kommission den Bedenken begegnen, dass hohe Kosten die Wirtschaft und private Haushalte belasten könnten. „Die Klimaveränderungen werden von den Bürgern Europas direkt gespürt. Wir setzen heute ein klares Zeichen für unser Ziel, bis 2050 emissionsneutral zu sein“, erklärte die EU-Kommission über den Onlinedienst X.
Das 2040-Ziel markiert einen weiteren Schritt zur angestrebten Klimaneutralität bis 2050 ‒ also zu dem Ziel, nicht mehr Treibhausgase auszustoßen, als wieder gebunden werden können. Hinsichtlich des ersten Zwischenziels ‒ einer Senkung der Emissionen um 55 % bis 2030 ‒ sehen Experten die EU auf einem guten Weg. Danach wird es jedoch schwieriger.
2. Wie erfolgt die CO2-Reduktion?
Innerhalb der EU sollen die Treibhausgasemissionen, darunter Kohlendioxid und Methan, im Vergleich zu 1990 mindestens um 87 % sinken. Die EU erlaubt die Anrechnung von sogenannten Kohlenstoffsenken ‒ das sind Prozesse, die Kohlendioxid aus der Luft binden und wieder einspeichern, zum Beispiel in Wäldern, Meeren oder durch Technologien wie CCS (Carbon Capture and Storage). Für die verbleibenden 3 % ermöglicht die EU den Ländern ab 2036 den Kauf von CO2-Zertifikaten, die Kohlenstoffspeicher oder Einsparungen in Drittstaaten finanzieren.
Um Betrug und ineffektive Einsparungen zu verhindern, plant Brüssel einheitliche Qualitätsstandards für solche internationalen Zertifikate. Diese Standards sind jedoch noch nicht festgelegt.
3. Warum die Klimazertifikate umstritten sind
Gutschriften für Projekte in Drittstaaten sind umstritten. Das liegt vor allem an den schlechten Erfahrungen, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls mit dem Clean Development Mechanism (CDM) gemacht wurden. Kritische Stimmen behaupten, dass bei einem großen Teil der Projekte nicht klar sei, ob sie tatsächlich zu CO2-Minderungen führten. Zudem würde die Minderung oft überschätzt.
Betrugsfälle in geförderten Klimaprojekten, etwa in China, erschütterten das Vertrauen weiter. Ferner bestehe die Gefahr, dass die Anrechnung von Projekten in Drittstaaten zu leicht werde. In dem aktuell vorliegenden Vorschlag will die EU die Anrechnung von Klimaprojekten, zumindest zunächst, auf das 2040-Ziel begrenzen. Das 2050-Ziel soll weiterhin allein auf dem Engagement in der EU beruhen.
4. Weitere Beratungen zum Klimaziel noch offen
Die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament müssen diese Klimaziele nun beraten und annehmen. Dabei erstellt jeder EU-Staat zu diesem Vorhaben ein eigenes Positionspapier. Das soll rechtzeitig vor dem Beginn der nächsten internationalen Klimakonferenz im brasilianischen Belém im November geschehen. Die EU-Institutionen könnten dabei auch vereinbaren, noch über die 3 % für die Anrechnung von Klimaprojekten in Drittstaaten hinauszugehen. Eine Entscheidung hierüber könnte beim Treffen der EU-Umweltminister im September in Brüssel fallen.