Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 20.09.2011 · IWW-Abrufnummer 114107

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 29.06.2011 – 9 K 2690/09

    Ausländische Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer auf Auslandsvermögen ist über den Wortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG hinaus auch dann auf die deutsche Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer anzurechnen, wenn zunächst die deutsche Erbschaft- oder Schenkungsteuer entsteht und sodann erst die vergleichbare ausländische Steuer.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 9. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 29. Juni 2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand
    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob von der Klägerin gezahlte belgische Erbschaftsteuer auf die vom Beklagten festgesetzte deutsche Schenkungsteuer anzurechnen ist.
    Mit notariellem Vertrag vom 18.01.2002 verzichtete die in B lebende Klägerin gegenüber ihrem in Belgien lebenden Vater, Herrn A, auf die ihr am Nachlass ihres Vaters zustehenden gesetzlichen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Zum Ausgleich für diesen Pflichtteilsverzicht verpflichtete sich der Vater der Klägerin ihr einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.534.824 EUR zu zahlen. Dabei gingen die Vertragsbeteiligten übereinstimmend davon aus, dass von diesem Betrag bereits eine Zahlung in Höhe von 444.824 EUR zu einem nicht näher genannten früheren Zeitpunkt geleistet worden sei. Der Restbetrag in Höhe von 1.090.000 EUR wurde im Rahmen der Verhandlung vor dem beurkundenden Notar durch Übergabe eines bankbestätigten Schecks an die Klägerin gezahlt. Desweiteren wurde vereinbart, dass die mit der Errichtung dieser notariellen Urkunde verbundenen Kosten sowie die sich aus der Schenkung des genannten Geldbetrages ergebenden Steuern der Vater der Klägerin trage.
    Auf der Grundlage dieses Sachverhalts erließ der Beklagte am 16.05.2002 gegenüber dem Vater der Klägerin einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schenkungsteuerbescheid, in dem der Wert des Erwerbs mit einem Betrag in Höhe 1.837.083 EUR angesetzt wurde. Dabei wurde der maßgebliche Erwerb in Höhe von 1.534.824 EUR um die vom Schenker zu übernehmende Schenkungsteuer in Höhe von 302.259 EUR auf insgesamt 1.837.083 EUR erhöht. Hinzugerechnet wurde desweiteren eine Vorschenkung in Höhe von 338.848 EUR. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
    Am 04.06.2004 verstarb der Vater der Klägerin. Gesetzliche Erben wurden die Klägerin und ihre Schwester als Töchter des Erblassers. Daneben hatte der Erblasser aufgrund einer testamentarischen Verfügung vom 29.03.2004 eine Frau C als Universalvermächtnisnehmerin eingesetzt.
    Am 19.01.2006 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin nach ihrem Vater einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Schenkungsteuerbescheid, in dem nunmehr der Wert des Erwerbs nur noch mit einem Betrag in Höhe von 1.834.512 EUR angesetzt wurde. Diese Herabsetzung beruhte darauf, dass die zu übernehmende Schenkungsteuer um 2.571 EUR von 302.259 EUR auf 299.688 EUR vermindert wurde. Desweiteren wurde der Betrag der Vorschenkung auf 306.775 EUR herabgesetzt. Dies ergab eine Schenkungsteuer in Höhe von 367.878 EUR, die unter Berücksichtigung des Anrechnungsbetrages für die Vorschenkung in Höhe von 11.247 EUR zu einer festzusetzenden Schenkungsteuer in Höhe von 356.631 EUR führte. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
    Am 27.01.2006 zahlten die Klägerin und ihre Schwester einen Betrag in Höhe von 800.000 EUR an die zuständige belgische Finanzbehörde als Anzahlung auf die aus dem Erbfall ihres Vaters entstehende Erbschaftsteuer. Hierüber wurde der Klägerin am 03.02.2006 eine Bestätigung seitens der belgischen Finanzbehörde ausgestellt.
    Am 16.02.2006 reichte die Klägerin bei den belgischen Finanzbehörden eine Nachlasserklärung über den Nachlass ihres verstorbenen Vaters ein, die unter Berücksichtigung der Vermögenswerte sowie der Verbindlichkeiten zu einem Nachlassgesamtwert in Höhe von 3.917.723 EUR gelangt. Bei diesen Vermögenswerten des Erblassers handelte es sich ausweislich der Nacherlasserklärung der Klägerin im ganz überwiegenden Umfang um in Belgien gelegene Grundstücke, Bank- und Sparguthaben sowie Wertpapiere bei einer belgischen und einer deutschen Bank.
    Auf der Grundlage dieser Nachlasserklärung erließ die belgische Finanzbehörde am gleichen Tage einen Bescheid über die in Belgien festzusetzende Erbschaftsteuer. Auf diesem in französischer Sprache verfassten Bescheid hat die zuständige Hauptinspektorin der belgischen Finanzbehörde in D, Frau E, in deutscher Sprache handschriftlich vermerkt, dass es sich um einen provisorischen Bescheid für die Erbschaftsteuer handele, der auf der Basis der von der Klägerin erklärten Werte kalkuliert worden sei.
    Am 29.11.2006 erstellte die belgische Finanzbehörde durch Frau E eine „Endgültige Rechnung”, wonach von den am 27.01.2006 gezahlten 800.000 EUR unter Berücksichtigung von Zinsen insgesamt je 348.662,18 EUR auf die Steuerforderungen gegenüber der Klägerin sowie ihrer Schwester zu verbuchen seien. Die persönliche Erbschaftsteuer („Erbschaft + Artikel 7 des Erbschaftsteuergesetzbuches”) der Klägerin betrage insgesamt 852.089,26 EUR, abzüglich der bereits gezahlten 348.662,18 EUR verbleibe noch ein Steuerbetrag in Höhe von 503.427,08 EUR.
    Am 12.07.2007 beantragte die Klägerin bei der belgischen Finanzbehörde die Anrechnung ihrer in Deutschland gezahlten Schenkungsteuer auf die belgische Erbschaftsteuer. Hierzu wurde der Klägerin am 18.01.2008 seitens der belgischen Finanzverwaltung mitgeteilt, dass die im Ausland gezahlten Steuern nicht berücksichtigt werden könnten. Laut Art. 17 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuches könnten nur die auf Immobilien im Ausland berechneten Erbschaftsteuern angerechnet werden. Im Falle der Klägerin gebe es laut Nachlasserklärung keine Immobilien im Ausland, sodass diese Bestimmung keine Anwendung finden könne. Gemäß Art. 7 des belgischen Erbschaftsteuergesetzbuches seien die Schenkungen der letzten drei Jahre steuerpflichtig, ohne dass irgendeine Last in Abzug gebracht werden könne. Nach Art. 172 der belgischen Verfassung sei es nicht möglich, einen Teil der Steuern aufgrund der in Deutschland gezahlten Beträge zu erlassen.
    Am 21.03.2008 teilte die belgische Finanzbehörde in D durch Frau E der Klägerin auf deren vorherige Anfrage mit, dass die in Belgien zu zahlende Erbschaftsteuer auf einen Betrag in Höhe von 1.090.000 EUR für die Schenkungen, die die Klägerin in den letzten drei Jahren vor dem Tode ihres Vaters erhalten habe, sowie in Höhe von 1.962.797,52 EUR für ihren Anteil aus dem Nachlass ihres Vaters erhoben würde. Auf diesen Gesamtbetrag in Höhe von 3.052.797,52 EUR werde eine Erbschaftsteuer in Höhe von insgesamt 852.089,26 EUR erhoben. Also seien für den Erwerb in Höhe von 1.090.000 EUR Steuern in Höhe von 304.238,09 EUR zu bezahlen.
    Am 21.08.2008 beantragte die Klägerin die Änderung des Schenkungsteuerbescheides vom 19.01.2006 aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses und die Anrechnung belgischer Erbschaftsteuer in Höhe von 304.238,09 EUR. Dabei wies sie darauf hin, dass aufgrund des Umstandes, dass ihr Vater innerhalb von drei Jahren nach der Schenkung vom 18.01.2002 verstorben sei, die in Belgien zunächst steuerfreie Schenkung vom 18.01.2002 nunmehr nach belgischem Recht mit in die Erbschaftbesteuerung im Zusammenhang mit dem Erbfall vom 04.06.2004 einbezogen werde. Diesem Antrag fügte die Klägerin die genannte Mitteilung der belgischen Finanzbehörden vom 21.03.2008 bei.
    Mit Schreiben vom 28.08.2008 lehnte der Beklagte die Anrechnung der in Belgien gezahlten Erbschaftsteuer auf die in Deutschland festgesetzte Schenkungsteuer ab und insbesondere eine dementsprechend erforderliche Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 19.01.2006. Dabei wies der Beklagte darauf hin, dass die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO darstellten.
    Gegen die Ablehnung einer Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 19.01.2006 legte die Kläger fristgerecht Einspruch ein und machte dabei geltend, dass im Zeitpunkt der Schenkung vom 18.01.2002 in Belgien keine Steuer angefallen sei, da diese in Belgien steuerfrei sei. Erst wenn ein Schenker innerhalb von drei Jahren nach der Schenkung versterbe, entstehe in Belgien nachträglich Schenkungsteuer für die seinerzeit steuerfreie Schenkung. Somit handele es sich bei dem Todesfall vom 04.06.2004 um ein rückwirkendes Ereignis in Bezug auf die Schenkung und deshalb sei die belgische Steuer auf die deutsche Steuer anzurechnen.
    Daraufhin forderte der Beklagte die Klägerin auf, die Zahlung der belgischen Steuer gemäß Schreiben der belgischen Finanzbehörden vom 21.03.2008 in Höhe von 304.238,09 EUR auf eine Schenkung in Höhe von 1.090.000 EUR nachzuweisen. Desweiteren wurde die Vorlage einer Kopie des Bescheids über die endgültige, keiner Ermäßigung unterliegende belgische Erbschaftsteuer erbeten. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass im Streitfall für den Pflichtteilsverzicht vom 18.01.2002 seitens der belgischen Finanzbehörden ein Erwerb in Höhe von 1.090.000 EUR zugrundegelegt worden sei, sodass die Schenkung aufgrund des Pflichtteilsverzichts jedenfalls in Höhe von 444.824 EUR in Belgien nicht besteuert worden sei.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 15.07.2009 wurde der Einspruch der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen. Dabei stellte der Beklagte im Wesentlichen darauf ab, dass eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht in Betracht komme. Denn das Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit haben solle, müsse nachträglich eingetreten sein, weil nur dann die Notwendigkeit bestehe, die Bestandskraft zu durchbrechen. Folglich dürfe das Ereignis bei Erlass des ursprünglichen Bescheids noch nicht eingetreten sein. Im Streitfall könne insoweit dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Tod des Schenkers am 04.06.2004 oder aber bei der Festsetzung und Entrichtung der belgischen Erbschaftsteuer um ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung handele. Denn beide Ereignisse seien bereits bei Erlass des geänderten Schenkungsteuerbescheids vom 19.01.2006 bekannt gewesen und hätten demzufolge – ein entsprechender Antrag vorausgesetzt – berücksichtigt werden können. Der in diesem Verfahren zu beurteilende Antrag sei aber erst gestellt worden, als es für die Klägerin offenkundig geworden sei, dass der in Belgien gestellte Antrag auf Anrechnung der in Deutschland gezahlten Schenkungsteuer erfolglos geblieben sei. Denn die belgische Steuerverwaltung habe mit Schreiben vom 18.01.2008 die Anrechnung der deutschen Schenkungsteuer auf die Erbschaftsteuerfestsetzung in Belgien abgelehnt. Damit sei aber der hier zu bescheidende Antrag verspätet im Sinne der dargelegten Rechtsprechungsgrundsätze gestellt worden.
    Ebenso sei im Streitfall die Voraussetzung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht gegeben. Denn § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG setze voraus, dass zunächst die ausländische Erbschaft- oder Schenkungsteuer und im Anschluss hieran innerhalb von fünf Jahren die deutsche Erbschaft- oder Schenkungsteuer entstehe. Dies sei im Streitfall jedoch gerade nicht der Fall. Denn mit der Schenkung vom 18.01.2002 sei die deutsche Schenkungsteuer entstanden. Erst wesentlich später sei mit dem Tod des Schenkers am 04.06.2004 die belgische Erbschaftsteuer entstanden. Somit seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht erfüllt.
    Im Rahmen ihrer hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Gesetzeszweck des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG bedinge es, eine Verrechnung ausländischer und inländischer Erbschaftsteuer in den Fällen zu vermeiden, in denen wegen Auseinanderfallens der Steuerentstehungszeitpunkte von mehr als fünf Jahren davon ausgegangen werden müsse, dass die Vergleichbarkeit der Belastung, insbesondere was dasselbe Vermögen anbelange, nicht mehr gegeben sei. Hierfür sprächen insbesondere die Gesetzesmaterialien. Insoweit sei zu erkennen, dass es ein übergreifendes Ziel des § 21 ErbStG insgesamt darstelle, die Besteuerung ein- und desselben Lebenssachverhalts letztlich auf eine Einmalbesteuerung zu reduzieren und eine Doppelbesteuerung weitestmöglich zu vermeiden. Eine solche Doppelbesteuerung würde aber im Streitfall gerade für einen einheitlichen Lebenssachverhalt dadurch drohen, dass Deutschland die Abfindung für den Pflichtteilsverzicht als sofort steuerpflichtige Schenkung ansehe, Belgien aber die Steuerpflicht erst zu einem späteren Zeitpunkt beim Tod des Schenkers, aber äußerstenfalls drei Jahre nach Vornahme der Schenkung unterstelle. Die Versagung einer Steueranrechnung würde hier zu einer ungerechtfertigten Doppelbesteuerung führen, die insbesondere deshalb auch wertungsmäßig nicht akzeptabel erscheine, weil beide Staaten jeweils zweistellige Prozentsätze als anwendbaren Steuersatz auf die gesamte unentgeltlich übergehende Vermögenssubstanz vorsähen und die Doppelbesteuerung einen erheblichen Teil des Vermögens aufzehre. Entscheidend könne deshalb allein sein, dass die ausländische Erbschaft-/Schenkungsteuer für denselben Erbfall/dieselbe Schenkung oder denselben sonstigen vergleichbaren Vermögensübergang erhoben werde wie die deutsche Erbschaftsteuer, sofern nur die zeitliche Begrenzung des Auseinanderfallens der Steuerbelastungen auf äußerstenfalls fünf Jahre gewahrt sei. Diese Auslegung entspreche auch der ganz herrschenden Meinung im Fachschrifttum.
    Im Streitfall sei es auch nicht aufgrund verfahrensrechtlicher Besonderheiten ausgeschlossen, die Anrechnung der belgischen Erbschaftsteuer aus dem Jahre 2004 nach § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG vorzunehmen. Zumindest komme im Streitfall die Regelung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zum Tragen. Denn die belgische Steuer sei im Hinblick auf ihre Entstehung, Festsetzung und fehlende Ermäßigungsfähigkeit als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anzusehen.
    Gerade bei der Anrechnung nach § 21 ErbStG ergebe sich aufgrund der Besonderheit eines grenzüberschreitenden Steuerfalls eine Situation, bei der das Ereignis, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit habe, sich letztlich nach Art eines gestreckten Tatbestandes auf mehrere, zeitlich nacheinander liegende Elemente verteile. Denn die Anrechnung nach § 21 ErbStG knüpfe daran an, dass bereits nach dem Gesetzeswortlaut des § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG nur und erst die festgesetzte, auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen sei. Damit enthalte der Gesetzeswortlaut an dieser Stelle drei Elemente, die alle bereits denklogisch zeitlich erst nach der Entstehung der ausländischen Steuer eingreifen könnten. Erst nach Entstehen der Steuerpflicht im Ausland (bei einem Erbfall regelmäßig durch den Tod des Erblassers, bei einer Schenkung durch die Ausführung der Zuwendung) könne die ausländische Steuer festgesetzt werden, der auf den Erwerber entfallende Betrag gezahlt werden und ein Ermäßigungsanspruch für die ausländische Steuer im Ausland ausgeschlossen werden.
    Der deutsche Gesetzgeber wolle nämlich gerade verhindern, dass es am Ende zu einer doppelten Entlastung dadurch komme, dass etwa ein zu Beginn noch in zwei Staaten mit Erbschaft- und Schenkungsteuer belasteter Erwerber letztlich eine Ermäßigung aufgrund welcher auch immer greifenden unilateralen Entlastungsmaßnahmen in beiden Staaten erreiche, ggf. ohne Kenntnis der beiden Finanzverwaltungen vom Handeln des jeweils anderen Hoheitsträgers, und sich dadurch eine ungerechtfertigte Doppelentlastung verschaffe. Aus diesem Grunde sei der Tatbestand des § 21 ErbStG so ausgeweitet worden, dass das gesamte ausländische Besteuerungsverfahren einschließlich der finalen Zahlung ohne Ermäßigungsanspruch Voraussetzung für die Anrechnung in Deutschland sei.
    Es sei daher für den Steuerpflichtigen nach den deutschen Steuergesetzen zunächst notwendig, in Belgien das Besteuerungsverfahren abzuschließen. So bedurfte es im Streitfall der entsprechenden, hier vergeblichen Bemühungen, in Belgien eventuell eine Anrechnung der deutschen Schenkungsteuer zu erreichen bzw. einen solchen Antrag endgültig ablehnend beschieden zu bekommen, um die fehlende Entlastung im Ausland nach finaler Zahlung der vollständigen Steuern in Belgien den deutschen Behörden gegenüber belegen zu können. Nichts anderes habe die Klägerin im Streitfall durch ihre in diesem Verfahren zuvor eingeschalteten Steuerberater unternommen.
    Erst am 18.01.2008 habe die Klägerin ein Schreiben der belgischen Finanzverwaltung erhalten, wonach eine Anrechnung deutscher Schenkungsteuer aus grundsätzlichen Gründen ausscheide, weil Belgien unilateral ohne abkommensrechtliche Verpflichtung regelmäßig keine ausländischen Schenkungsteuern anrechne.
    Abschließend habe es überdies noch einer Detailauskunft der belgischen Finanzbehörde bedurft, über die Verteilung eines in Belgien auf den Nachlass und den fiktiven Nachlass (nämlich die Vorschenkung an die Klägerin) erhobenen einheitlichen Erbschaftsteuerbetrages. Denn die in- und ausländische Steuer müsse sich jeweils auf dasselbe Vermögen beziehen, um eine Doppelbesteuerung desselben Vermögens entstehen zu lassen. Nur durch die entsprechende Trennung habe der rechnerisch zutreffende Teilbetrag der belgischen Steuer der damit allein zu vergleichenden deutschen Schenkungsteuer für die Höchstbetragsberechnung nach der „Per-Country-Limitation” – § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ErbStG – gegenübergestellt werden können.
    Aus diesen Umständen sei ersichtlich, dass die Ausgangslage, die die Klägerin zur Stellung des Anrechnungsantrags in Deutschland überhaupt erst berechtigt habe, frühestens am 18.01.2008 entstanden sei. Erst zu diesem Zeitpunkt sei das Ereignis mit Rückwirkung, nämlich die Finalität der von der Klägerin für die Schenkung in 2002 zu entrichtenden belgischen Erbschaftsteuer als Voraussetzung für die Anrechnung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, gegeben gewesen. Das Ereignis sei damit, betreffend den Tod des Vaters, zwar in Teilen vor dem angefochtenen Steuerbescheid vom 19.01.2006 eingetreten, in Teilen aber auch erst danach. Bei einem gestreckten Tatbestand, der mehrere Tatbestandsmerkmale zusammenfasse, komme es aber für die Frage, wann ein Ereignis nach Erlass eines deutschen Steuerbescheids bzw. nach dessen Bestandskraft eintrete, erst auf die Vollendung des letzten Merkmals an. Anderenfalls würde sich der Steuerpflichtige geradezu einer Verdachtssituation aussetzen, wenn er die Anrechnung nach § 21 ErbStG bereits beantragen würde, obwohl ggf. eine vergleichbare Entlastungssituation im Ausland nicht definitiv ausgeschlossen werden könne. Die Finanzbehörde umgekehrt wäre zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in der Lage, über den geltend gemachten Anspruch abschließend zu entscheiden.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2011 verwiesen.
    Die Klägerin beantragt,
    den Schenkungsteuerbescheid vom 19.01.2006 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15.07.2009 dahingehend zu ändern, dass die belgische Erbschaftsteuer in Höhe von 304.238,09 EUR auf die Schenkungsteuerschuld in Höhe von 356.631 EUR angerechnet und somit auf 52.292,91 EUR herabgesetzt wird,
    im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
    Er steht auf dem Standpunkt, dass die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG im Streitfall nicht einschlägig sei, da nach dieser Regelung eine ausländische Steuer nur anrechenbar sei, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden sei. Im Streitfall sei jedoch zunächst die deutsche Schenkungsteuer entstanden und erst danach die ausländische Erbschaftsteuer.
    Zwar sei zwischenzeitlich durch das Urteil des BFH vom 22.09.2010 im Verfahren II R 54/09 geklärt, dass die formale Änderungsmöglichkeit gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gegeben sei, da der BFH in der nachträglich zu zahlenden Erbschaft-/Schenkungsteuer ein rückwirkendes Ereignis sehe. Im Streitfall sei jedoch zu berücksichtigen, dass der Antrag auf Änderung gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verspätet gestellt worden sei. Denn er habe bereits zum Zeitpunkt der Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 19.01.2006 gestellt werden können.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist zum Teil begründet.
    Zu Unrecht hat es der Beklagte abgelehnt, die von der Klägerin begehrte Änderung des Schenkungsteuerbescheids wegen Vorliegens eines rückwirkenden Ereignisses vorzunehmen. Denn im Streitfall liegen sowohl die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anwendung der Korrekturnorm des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO vor als auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine zumindest teilweise Anrechnung der von der Klägerin in Belgien gezahlten Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG. Allerdings kommt eine vollständige Anrechnung der in Belgien gezahlten auf den Erwerb vom 18.01.2002 entfallenden Erbschaftsteuer nicht in Betracht, da der Umfang der Anrechnungsfähigkeit zum einen durch die auf diesen Teil des Erwerbs entfallende deutsche Schenkungsteuer begrenzt ist, also nicht höher als diese sein kann. Zum anderen kann der in Belgien bislang gezahlte Erbschaftsteuerbetrag nur insoweit im Rahmen einer Anrechnung Berücksichtigung finden, als er auf den auch der deutschen Schenkungsteuer unterliegenden Erwerbsvorgang entfällt.
    I. Im Streitfall liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 ErbStG für eine Anrechnung der von der Klägerin gezahlten belgischen Erbschaftsteuer zumindest in Höhe eines Teilbetrages von 124.472,39 EUR vor.
    1. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist bei Erwerbern, die in einem ausländischen Staat mit ihrem Auslandsvermögen zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden Steuer – ausländische Steuer – herangezogen werden, in den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sofern nicht die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden sind, auf Antrag die festgesetzte, auf den Erwerber entfallende, gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch unterliegende ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Die ausländische Steuer ist nach § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist. § 21 ErbStG gilt gemäß § 1 Abs. 2 ErbStG auch für Schenkungen unter Lebenden.
    Nach § 21 Abs. 3 ErbStG hat der Erwerber den Nachweis über die Höhe des Auslandsvermögens und über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer durch Vorlage entsprechender Urkunden zu führen.
    2. Zumindest in Höhe eines Betrages von 124.472,39 EUR sind im Streitfall die Voraussetzungen für eine Anrechnung der von der Klägerin in Belgien gezahlten Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG gegeben.
    a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die zu diesem Zeitpunkt in B wohnende Klägerin als Inländerin am 18.01.2002 von ihrem in Belgien lebenden Vater eine Geldzuwendung erhalten hat, die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Deutschland steuerpflichtig ist. Da der Vater der Klägerin innerhalb von 3 Jahren nach dieser Zuwendung verstorben ist, unterfällt diese Schenkung der belgischen Erbschaftsteuer, wird mithin auch zu einer der deutschen Erbschaftsteuer entsprechenden – ausländischen – Steuer herangezogen. Bei dem der Klägerin zugewandten Geldbetrag handelt es sich zudem um Auslandsvermögen im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 121 BewG. Schließlich greifen im Streitfall auch nicht die Regelungen eines Doppelbesteuerungsabkommens ein, da zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien kein Doppelbesteuerungsabkommen betreffend die Erbschaft- und Schenkungsteuer abgeschlossen worden ist.
    b) Im Streitfall steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass die Schenkung vom 18.01.2002 in Belgien zur Festsetzung von Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin geführt hat.
    Festgesetzt im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist eine ausländische Steuer immer dann, wenn sie in ihrem Umfang amtlich fixiert und durch Bescheid fällig gestellt wurde (vgl. Meincke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 15. Auflage 2009, § 21 Rn. 16). Es muss sich insoweit um eine durch amtlichen Bescheid der ausländischen Finanzbehörden festgesetzte ausländische Steuer handeln (vgl. Richter in Viskorf u.a., Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 19).
    Nach der von der Klägerin vorgelegten Mitteilung der belgischen Finanzbehörden vom 21.03.2008 hat die Klägerin in Belgien eine Erbschaftsteuer in Höhe von insgesamt 852.089,26 EUR zu bezahlen. Dieser Erbschaftsteuer liegt ein in Belgien erworbenes erbschaftsteuerpflichtiges Gesamtvermögen in Höhe von 3.052.797,52 EUR zugrunde. Von diesem Gesamterwerb entfallen 1.090.000 EUR auf die Schenkung, die die Klägerin innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Tod ihres Vaters, nämlich im Jahre 2002 von diesem erhalten hat, sowie 1.962.797,52 EUR auf ihren Anteil am Nachlass ihres Vaters, den sie nach dessen Tod am 04.06.2004 erworben hat. Nach dieser Mitteilung der belgischen Finanzbehörden entfällt von der Erbschaftsteuerschuld der Klägerin in Belgien in Höhe von insgesamt 852.089,26 EUR ein Betrag in Höhe von EUR 304.238,09 EUR auf die Schenkung in Höhe von 1.090.000 EUR.
    Die Klägerin hat weiterhin eine Abrechnung der belgischen Steuerbehörden vom 29.11.2006 vorgelegt, wonach ihre persönliche Erbschaftsteuer in Belgien insgesamt 852.089,26 EUR betrage.
    Die Klägerin hat des Weiteren einen von den belgischen Steuerbehörden als provisorischen Bescheid bezeichnetes Dokument vom 16.02.2006 vorgelegt, das auf der Grundlage der von ihr selbst gegenüber den belgischen Steuerbehörden abgegebenen Nachlasserklärung erstellt bzw. kalkuliert worden ist.
    Auf der Grundlage dieser schriftlichen Dokumente und Nachweise, die möglicherweise nicht die formalen Anforderungen, die in Deutschland an einen formellen Steuerbescheid zu stellen sind, erfüllen, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass gegenüber der Klägerin eine belgische Erbschaftsteuer für den Schenkungsvorgang aus dem Jahre 2002 sowie den Erbfall im Jahre 2004 in Höhe von insgesamt 852.029,26 EUR amtlich fixiert und damit festgesetzt worden ist, von der 304.238 EUR auf die im Jahre 2002 erfolgte Schenkung in Höhe von 1.090.000 EUR entfallen. Die genannten Dokumente der belgischen Finanzbehörden stellen amtliche Verlautbarungen dar, in denen die Erbschaftsteuerschuld der Klägerin in Belgien eindeutig und exakt bestimmt und festgestellt wird. Dabei handelt es sich insbesondere nicht um bloße rechtlich unverbindliche Mitteilungen, sondern bereits der Terminologie nach wird die Klägerin auf ihre Verpflichtung zur Bezahlung der belgischen Erbschaftsteuer unmissverständlich hingewiesen und zur Bezahlung aufgefordert.
    c) Bei der in Belgien festgesetzten Erbschaftsteuer in Höhe von insgesamt 852.029,26 EUR handelt es sich insbesondere auch um die auf die Klägerin selbst entfallende ausländische Steuer. Denn die Erbschaftsteuer ist im Rahmen der Abrechnung vom 29.11.2006 detailliert beziffert und zwischen ihr und ihrer Schwester aufgeteilt worden. Auch die Mitteilung der belgischen Steuerbehörden vom 21.03.2008 stellt in eindeutiger Art und Weise dar, welche Erbschaftsteuer in Belgien aus den Erwerbsvorgängen in den Jahren 2002 und 2004 auf die Klägerin entfällt.
    d) Anrechenbar ist nach § 21 Abs. 1 ErbStG nur diejenige festgesetzte und auf den Erwerber entfallende ausländische Erbschaftsteuer, die dieser auch tatsächlich gezahlt hat.
    Die Klägerin hat über die Tatsache der Zahlung eines Gesamtbetrags in Höhe von 800.000 EUR am 27.01.2006 eine Bescheinigung der belgischen Finanzbehörden vom 03.02.2006 vorgelegt. Diese Gesamtzahlung wurde von den belgischen Steuerbehörden dahingehend gewertet, dass sie jeweils zur Hälfte auf die Erbschaftsteuerverpflichtungen der Klägerin sowie ihrer Schwester zu verbuchen gewesen ist. Gegenteiliges ergibt sich weder aus dem Sachvortrag der Beteiligten noch nach Aktenlage.
    Des Weiteren hat die Klägerin durch die Abrechnung der belgischen Steuerbehörden vom 29.11.2006 hinreichend dokumentiert, dass die von ihr getätigte Zahlung mit einem Betrag in Höhe von 348.662,18 EUR auf ihre Erbschaftsteuerzahlungsverpflichtung verbucht worden ist. Mithin ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf ihre persönliche Erbschaftsteuerverpflichtung in Höhe von insgesamt 852.089,26 EUR einen anrechenbaren Betrag in Höhe von 348.662,18 EUR geleistet hat. Zumindest in dieser Höhe kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin eine Teilzahlung auf die ihr gegenüber insgesamt festgesetzte und auf sie entfallende ausländische Erbschaftsteuer geleistet hat.
    e) Für die Anrechnung ausländischer Steuern nach § 21 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist weiterhin erforderlich, dass die betreffende ausländische Steuerforderung keinen Ermäßigungsanspruch mehr unterliegen darf.
    Keinem Ermäßigungsanspruch unterliegt die ausländische Steuer dann, wenn der Steuerschuldner eine Herabsetzung dieser Steuer und damit auch eine Rückzahlung der bereits gezahlten Steuer nicht mehr erreichen kann. Dabei wird seitens der deutschen Finanzbehörden in der Regel davon ausgegangen, dass eine im Ausland festgesetzte Steuer zutreffend berechnet worden ist. Daher prüft die deutsche Finanzverwaltung ohne besondere Anhaltspunkte die richtige Berechnung der ausländischen Steuer nicht nach. Im Zweifel ist daher anzunehmen, dass die ausländische Steuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt. Deshalb braucht der Erwerber auch keinen besonderen Nachweis i. S. d. § 21 Abs. 3 ErbStG über das Fehlen eines Ermäßigungsanspruchs zu erbringen (vgl. Meincke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 15. Auflage 2009, § 21 Rn 16; Jüptner in Fischer/Jüptner/ Pahlke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 1. Auflage 2009, § 21 Rn. 51). Von einer fehlenden Ermäßigungsmöglichkeit ist regelmäßig dann auszugehen, wenn der ausländische Steuerbescheid – jedenfalls nach den Maßstäben des jeweiligen ausländischen Rechts – bestandskräftig ist (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand Oktober 2010, § 21 Rn. 44; Moench in Moench/Weinmann, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand März 2010, § 21 Rn. 16; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 1. Auflage 2009, § 21 Rn. 51). Soweit der Erwerber allerdings im Ausland einen Rechtsstreit mit dem Ziel führt, eine Herabsetzung der ausländischen Steuer zu erreichen, ist die Anrechnung insoweit ausgeschlossen (vgl. Meincke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 15. Auflage 2009, § 21 Rn 16). Zum Teil wird in diesem Fall jedoch auch eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO als rechtlich zulässig und geboten angesehen (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand Oktober 2010, § 21 Rn. 50/51; Moench in Moench/Weinmann, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand März 2010, § 21 Rn. 16; Richter in Viskorf u.a., Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 19) Diesbezüglich ist zwar im Termin zur mündlichen Verhandlung seitens der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgetragen worden, dass gegen die Erbschaftsteuerfestsetzung in Belgien bereits seit mehreren Jahren ein Rechtsbehelfsverfahren schwebe.
    Insoweit wurde jedoch zugleich klargestellt, dass dieses Rechtsbehelfsverfahren die auf dem Erbfall im Jahre 2004 beruhende Erbschaftsteuerfestsetzung betreffe, da der Klägerin und ihrer Schwester der gesamte Nachlass zugerechnet worden sei, obwohl der Vater der Klägerin kurz vor seinem Tode noch seine Haushälterin mit umfangreichen Vermögenswerten bedacht habe, für die die Klägerin keine Erbschaftsteuer bezahlen wolle. Für den Senat folgt hieraus, dass die auf den Schenkungsvorgang im Jahre 2002 entfallende belgische Erbschaftsteuer zwischen der Klägerin und den belgischen Finanzbehörden unstreitig ist. Weder nach dem Sachvortrag der Beteiligten noch nach Aktenlage sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin das Entstehen der belgischen Erbschaftsteuer bezüglich des Schenkungsvorgangs im Jahre 2002 aus formellen oder materiell-rechtlichen Gründen in Frage gestellt hat. Der Senat geht insoweit vielmehr von einer – untechnisch gesprochen – Teilbestandskraft der belgischen Erbschaftsteuerfestsetzung hinsichtlich der Besteuerung des Schenkungsvorgangs im Jahre 2002 aus.
    Die für den vorliegenden Streitfall allein bedeutsame Besteuerung des Schenkungsvorgangs aus dem Jahre 2002 in Belgien ist nach dem Sachvortrag der Beteiligten und nach Aktenlage nicht im Streit, so dass mithin davon ausgegangen werden kann, dass dieser Besteuerungsvorgang in Belgien weder unter dem Gesichtspunkt einer in einem Rechtsbehelfsverfahren zu korrigierenden fehlerhaften Rechtsanwendung noch aus Gründen eines Billigkeitserweises heraus einer Ermäßigung unterliegt.
    Die Klägerin hat insbesondere auch ein Schreiben der belgischen Steuerbehörden vom 18.01.2008 vorgelegt, in dem mitgeteilt wird, dass die in Deutschland gezahlte Steuer bezüglich des Schenkungsvorgangs aus dem Jahre 2002 keine Berücksichtigung finden könne. Daher kann es auch nicht aufgrund einer unilateralen belgischen Anrechnungsregelung zu einer Ermäßigung der in Belgien hinsichtlich des Schenkungsvorgangs aus dem Jahre 2002 festgesetzten ausländischen Erbschaftsteuer kommen.
    f) Nach § 21 Abs. 3 ErbStG muss der Erwerber über die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuern dem Finanzamt gegenüber den Nachweis durch Urkunden führen. Zwar eignet sich für diese Nachweisführung der ausländische Steuerbescheid am besten. Dennoch ist es dem Steuerpflichtigen gestattet, auch durch Vorlage anderer authentischer und aussagekräftiger Dokumente zu belegen, welches Auslandsvermögen er erworben hat, welche ausländische Steuer gegen ihn festgesetzt worden ist und welche Zahlungen er auf die ausländische Steuer entrichtet hat. Insofern genügt es z. B. auch, wenn der Erwerber diejenigen Unterlagen vorlegt, die er als Beleg über die Höhe seines Erwerbs und seines davon abgezogenen Steueranteils erhalten hat (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand Oktober 2010, § 21 Rn. 81; Moench in Moench/Weinmann, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand März 2010, § 21 Rn. 42; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 1. Auflage 2009, § 21 Rn. 120/121; Meincke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 15. Auflage 2009, § 21 ErbStG, Rn. 34).
    Im Streitfall stellen die von der Klägerin vorgelegte Bestätigung vom 03.02.2006 über die am 27.01.2006 erfolgte Zahlung, die Abrechnung vom 29.11.2006 sowie die Schreiben vom 18.01., 08.02. und 21.03.2008 hinreichend aussagekräftige Urkunden über das von der Klägerin erworbene Auslandsvermögen, die gegen sie festgesetzte ausländische Steuer sowie die von ihr hierauf geleisteten Zahlungen dar.
    g) Im Streitfall sind auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG erfüllt. Nach § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist die ausländische Steuer nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist.
    Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer nur dann in Betracht kommt, wenn zunächst die ausländische Erbschaftsteuer entstanden ist und sodann erst, innerhalb von fünf Jahren, die deutsche Erbschaftsteuer zur Entstehung gelangt. Für eine solche allein am Wortlaut des Gesetzes orientierte Anwendung dieser Bestimmung sieht der Senat insbesondere unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie von Sinn und Zweck der Regelung, aber auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung keine überzeugenden Gründe. Der Senat sieht sich im Streitfall vielmehr dazu berechtigt, die Bestimmung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG über ihren Wortlaut hinaus auch auf die Fälle zu erstrecken, in denen zunächst die deutsche Erbschaft- oder Schenkungsteuer und sodann erst die vergleichbare ausländische Steuer entsteht.
    aa) Soll der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm bestimmt werden, kann außerhalb des noch möglichen Wortsinns, der im Wege der Auslegung zu ermitteln ist, in bestimmten Fällen eine richterliche Rechtsfortbildung gerechtfertigt sein. Führt nämlich die wortlautgetreue Auslegung einer gesetzliche Regelung zu einem Wertungswiderspruch zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem eigentlichen Gesetzeszweck, so können die Gerichte zu einer lückenausfüllenden, den Gesetzeswortlaut abändernden Rechtsfortbildung berufen sein (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 17. Mai 2006 X R 43/03, BStBl. II 2006, 868). Voraussetzung und Rechtfertigung für ein solches Vorgehen der Gerichte kann u. a. das Vorliegen einer unechten, offenen Gesetzeslücke sein, das heißt das Gesetz enthält für einen bestimmten Sachverhalt keine Regelung, obwohl es diesen Sachverhalt nach seiner Zielsetzung an sich regeln wollte (vgl. zur Abgrenzung der echten von der unechten sowie der offenen von der verdeckten Gesetzeslücke Pahlke in Pahlke/König, Kommentar zur Abgabenordnung, 2. Auflage 2009, § 4 Rn. 114). Erforderlich ist mithin eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes, das Gesetz muss also, gemessen an seinem eigenen Ziel und Zweck, unvollständig und damit ergänzungsbedürftig sein und seine Ergänzung darf nicht einer vom Gesetz gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen (vgl. BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 I R 52/07, BStBl. II 2008, 431). Lässt sich das Vorliegen einer solchen planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes feststellen, so kann der Geltungsbereich einer Rechtsnorm im Wege der teleologischen Extension über ihren Wortlaut hinaus auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden, die sie ihrer Zielsetzung nach ebenfalls erfassen wollte (vgl. BFH-Urteil vom 5. April 2006 XI R 1/04, BStBl. II 2006, 682). Entfaltet eine solche Rechtsfortbildung keine steuerverschärfende Wirkung, sondern führt sie vielmehr zu einer den Steuerpflichtigen begünstigenden Regelung, so unterliegt sie grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken (vgl. mit Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung des BVerfG und des BFH Pahlke in Pahlke/König, Kommentar zur Abgabenordnung, 2. Auflage 2009, § 4 Rn. 117; Gersch in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 10. Auflage 2009, § 4 Rn.36 ff.).
    bb) Im Streitfall sieht der Senat die Voraussetzungen für eine die Klägerin begünstigende Rechtsfortbildung im Wege der Erweiterung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG auch auf den Fall, dass zunächst die deutsche Steuer und sodann erst die ausländische Steuer entstanden ist, als gegeben an. Hierfür sprechen die nachfolgenden rechtlichen Gesichtspunkte, die die Notwendigkeit einer Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG überzeugend belegen.
    aaa) So lassen die Gesetzesmaterialien nicht erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG sicherstellen wollte, dass eine Anrechnung nur dann erfolgen könne, wenn zunächst die ausländische und sodann erst die deutsche Steuer entstehe. Ein solches Rangverhältnis der Besteuerungszugriffe ist der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen. Die Regelung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG ist zum 01.01.1974 in das Erbschaftsteuergesetz eingefügt worden. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. VI/3418, S. 73) soll die Regelung insbesondere für Erwerbe praktische Bedeutung haben, die inländischen Erwerbern aus einem Nachlass anfallen, der zuvor in einem Trust nach angelsächsischem Recht mit länger andauernden Zwischennutzungsrechten für andere Personen gebunden war. Hier entsteht die ausländische Nachlasssteuer regelmäßig beim Übergang des Nachlasses auf den Trust, die deutsche Erbschaftsteuer dagegen erst, wenn nach Beendigung der Zwischennutzungsrechte das Nachlassvermögen auf die inländischen Erwerber übergeht. Liegen zwischen diesen unterschiedlichen Zeitpunkten der Entstehung der Steuer mehr als fünf Jahre, so erscheint es nicht mehr gerechtfertigt, die beim Übergang des Vermögens auf den Trust von diesem entrichtete Erbschaftsteuer als die Steuer der inländischen Erwerber anzusehen.
    Bereits aus dieser Gesetzesbegründung ist erkennbar, dass es nicht Sinn und Zweck der Einführung des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG gewesen ist, eine Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer auf diejenigen Fälle zu begrenzen, in denen die ausländische Erbschaftsteuer zuerst entstanden ist und die deutsche Erbschaftsteuer innerhalb von fünf Jahren in ihrer Entstehung nachfolgt. Ziel dieser Regelung ist es vielmehr nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Gesetzesbegründung, eine Anrechnung der ausländischen Steuer nur dann zu gewähren, wenn zwischen der Entstehung ausländischen Steuer und der deutschen Steuer ein Zeitraum von nicht mehr als fünf Jahren liegt. Ist dieser Zeitraum größer, kann danach nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es sich um einen mit der deutschen Steuer vergleichbaren ausländischen Steuerzugriff auf das identische Besteuerungsobjekt handelt. Um das nunmehr streitgegenständliche Missverständnis zu vermeiden, hätte der Gesetzgeber daher für den Gesetzeswortlaut besser eine Formulierung gewählt, die allein darauf abstellt, dass der zeitliche Abstand zwischen der Entstehung der ausländischen und der deutschen Steuer nicht mehr als fünf Jahre beträgt. Mit der aktuellen Gesetzesfassung – Entstehung der deutschen Steuer innerhalb von fünf Jahren „seit” dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Steuer – hat der Gesetzgeber zwar eine Formulierung gewählt, die ihrem Wortlaut nach den Eindruck erweckt, eine Anrechnung erfordere, dass zunächst die ausländische Steuer und sodann erst die deutsche Steuer entsteht. Die Gesetzesbegründung gibt demgegenüber aber zweifelsfrei zu erkennen, dass es dem Gesetzgeber nicht darum gegangen ist, eine zwingende Rangfolge der Entstehungszeitpunkte von ausländischer und deutscher Steuer als Anrechnungsvoraussetzung zu normieren, sondern allein darum, den zeitlichen Abstand dieser Entstehungszeitpunkte als Voraussetzung für eine Anrechnung auf einen Fünfjahreszeitraum zu begrenzen. Eine Absicht des Gesetzgebers, die Anrechnung von einer bestimmten Priorität der Entstehungszeitpunkte abhängig zu machen, ist der Gesetzesbegründung jedenfalls nicht ansatzweise zu entnehmen.
    bbb) Ein solcher Wille des Gesetzgebers lässt sich aber auch nicht aus Sinn und Zweck der Vorschrift des § 21 ErbStG ableiten. Denn die Vorschrift gibt mit hinreichender Deutlichkeit zu erkennen, dass die Anrechnung der ausländischen Steuer nicht davon abhängig sein soll, welche Steuer, die deutsche oder die ausländische, nun zuerst entstanden ist. Vielmehr soll mit der Bestimmung des § 21 ErbStG allein die Doppelbelastung ausgeschlossen oder abgemildert werden, die aus dem Zugriff zweier Staaten auf das identische Besteuerungssubstrat entsteht (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand Oktober 2010, § 21 Rn. 1-3; Moench in Moench/Weinmann, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand März 2010, § 21 Rn. 1 ff.; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 1. Auflage 2009, § 21 Rn. 2-4). Da unter den Voraussetzungen unbeschränkter Steuerpflicht i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Vermögensanfall im Inland wie im Ausland besteuert wird, also das sogenannte Weltvermögen umfasst, kommt es, wenn das Auslandsvermögen auch im Ausland besteuert wird – was in der Regel der Fall ist – zu einer doppelten Besteuerung dieses Auslandsvermögens, was mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht zu vereinbaren ist. Zielsetzung des § 21 ErbStG ist es daher, diese bezogen auf das Auslandsvermögen entstehende Doppelbelastung mit inländischer und ausländischer Erbschaft- und Schenkungsteuer durch deren Anrechnung im Inland unilateral zu beseitigen oder zumindest abzumildern. Für die Erreichung dieses Zieles ist es aber nicht erheblich, welcher Staat zuerst auf dieses Besteuerungssubstrat zugreift.
    ccc) Insbesondere ist auch nicht erkennbar, dass es das Anliegen des Gesetzgebers gewesen ist, für den Fall, dass die betreffende Erbschaft- und Schenkungsteuer zunächst im Inland entsteht, aus Gründen der Sicherung des Steueraufkommens oder der Haushaltsplanung in Bezug auf bereits vereinnahmte Mittel zu gewährleisten, dass diese nicht aufgrund einer Anrechnung wieder erstattet werden müssen, den Steuerpflichtigen mithin bei nachträglicher Entstehung der ausländischen Steuer auf entsprechende ausländische unilaterale Regelungen zu verweisen. Denn zum einen sind Regelungen zur Vermeidung von Doppelbelastungen im allgemeinen nicht unter dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Vermeidung von Steuerausfällen auszulegen. So verfolgen auch die mit § 21 ErbStG vergleichbaren im Ertragsteuerrecht geltenden Vorschriften der §§ 34 c EStG, 26 KStG die primäre Zielsetzung, eine Doppelbelastung mit nationaler und ausländischer Steuer zu vermeiden. Dieser Zielsetzung sind alle anderen denkbaren Auslegungsgesichtspunkte unterzuordnen (vgl. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Auflage 2010, Rn.15.5). Für die Erreichung dieser Zielsetzung ist es auch bei §§ 34 c EStG, 26 KStG unerheblich, welche Ertragsteuer – die deutsche oder die ausländische – zuerst entsteht.
    Zum anderen ist nicht erkennbar, dass es angesichts des Gesamtaufkommens der Erbschaft- und Schenkungsteuer, des Umfangs der Fälle mit einer Doppelbelastung durch ausländische Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der geringen Zeitabstände, die zwischen dem Entstehen der deutschen und der ausländischen Steuer liegen können, zu Beeinträchtigungen der Haushaltsführung kommen kann, wenn die ausländische erst nach der deutschen Steuer entsteht. Denn der Rechtsstandpunkt des Beklagten würde dazu führen, dass auch eine bereits kurze Zeit – wenige Tage oder Wochen – nach der deutschen Steuer entstehende ausländische Steuer deren Anrechnung verhindern würde. Weder die Sicherung des Steueraufkommens noch die Haushaltsplanungssicherheit werden aber von der Frage berührt, welche Steuer – die inländische oder die ausländische – zuerst entstanden ist. Dies um so weniger als den deutschen Finanzbehörden im Besteuerungsverfahren regelmäßig bekannt wird, dass auch ausländisches Vermögen in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen worden ist und insoweit aufgrund eines zu erwartenden ausländischen Besteuerungszugriffs auf diesen Teil des Erwerbs eine Anrechnung noch in Betracht kommen kann.
    ddd) Letztlich erscheint es dem Senat auch unter Beachtung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes i. S. d. Artikel 3 Abs. 1 GG zwingend, die Fälle, in denen die deutsche Steuer vor der ausländischen Steuer entsteht mit denjenigen gleich zu behandeln, in denen die deutsche Steuer erst nach der ausländischen Steuer entstanden ist. Denn für den Senat sind keine tragfähigen sachlichen Gründe ersichtlich, die mit der Anrechnung der ausländischen Steuer entfaltete Entlastung nur denjenigen Steuerpflichtigen zu Gute kommen zulassen, bei denen die deutsche Steuer nach der ausländischen Steuer entstanden ist. Insofern folgt die Rechtfertigung und damit die Notwendigkeit der vom Senat praktizierten Rechtsfortbildung nicht nur aus dem Wertungswiderspruch zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG, sondern zugleich auch aus der verfassungsrechtlich verbürgten Pflicht, wertungsmäßig gleichliegende Sachverhalte auch gleich zu behandeln, und nicht ohne durchgreifende sachliche Gründe mit unterschiedlichen Rechtsfolgen zu belegen.
    Dementsprechend wird die Zulässigkeit der Anrechnung ausländischer Steuer auch in den Fällen, in denen zunächst die deutsche Steuer und erst später die ausländische Steuer entsteht, im Fachschrifttum ganz überwiegend befürwortet, wobei methodisch zumeist von einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung auf diese Fallgruppe gesprochen wird (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand Oktober 2010, § 21 Rn. 58; Moench in Moench/Weinmann, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand März 2010, § 21 Rn. 32; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 1. Auflage 2009, § 21 Rn. 91; Richter in Viskorf u.a., Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 3. Auflage 2009, § 21 Rn. 21; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Auflage 2010, Rn. 15.250; Jochum in Wilms/Jochum, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 106; wohl auch Meincke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 15. Auflage 2009, § 21 Rn. 26; eher zurückhaltend dagegen Geck in Kapp/Ebeling, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand April 2010, § 21 Rn. 13 und 14.1).
    Somit ist der Umstand, dass im Streitfall die belgische Erbschaftsteuer nach der deutschen Schenkungsteuer entstanden ist, für die Anrechenbarkeit der belgischen Steuer auf die deutsche Steuer unschädlich.
    Da zudem die deutsche Schenkungssteuer sowie die belgische Erbschaftsteuer innerhalb von fünf Jahren entstanden sind, ist auch der von § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG geforderte zeitliche Zusammenhang gewahrt.
    h) Hinsichtlich des Umfangs der Anrechenbarkeit der ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer ist zu beachten, dass die im Ausland auf den Erwerb des betreffenden Auslandsvermögens gezahlte Steuer nur in dem Umfang angerechnet werden kann, in dem der betreffende Erwerb auch im Inland mit deutscher Steuer belegt worden ist. Denn insoweit entspricht es einem allgemeinen Grundsatz des Internationalen Steuerrechts, dass im Falle eines höheren ausländischen Steuerniveaus eine Anrechnung nur bis zur Grenze des inländischen Steuerniveaus vorgenommen werden kann (vgl. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand Oktober 2010, § 21 Rn. 61/62; Moench in Moench/Weinmann, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Stand März 2010, § 21 Rn. 2; Jüptner in Fischer/Jüptner/Pahlke, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, 1. Auflage 2009, § 21 Rn. 3). Bei einem ausschließlichen Erwerb von Auslandsvermögen führt ein solcher „Anrechnungsüberhang” nicht zu einer effektiven Erstattung, sondern das deutsche Steuerniveau bildet eine absolute, nicht überschreitbare Grenze der Anrechnung.
    Dies ergibt sich im Übrigen auch bereits daraus, dass eine Doppelbelastung mit inländischer und ausländischer Erbschaftsteuer nur insoweit vorliegen kann, als sich inländische und ausländische Erbschaftsteuer der Höhe nach entsprechen. Im Umfang der über die inländische Erbschaftsteuer hinausgehenden ausländischen Erbschaftsteuer liegt insoweit aber keine Doppelbelastung, sondern lediglich eine einfache Belastung im Umfang des höheren ausländischen Steuerniveaus vor.
    Eine vollständige Anrechnung der in Belgien gezahlten, auf den Schenkungsvorgang vom 18.01.2002 entfallenden Erbschaftsteuer in Höhe von 304.238,09 EUR kommt im Streitfall daher nicht in Betracht. Denn der Schenkungsvorgang vom 18.01.2002 ist in Belgien nur teilweise der belgischen Erbschaftsteuer unterzogen worden, nämlich lediglich in Höhe von 1.090.000 EUR. Von daher kann eine Doppelbelastung mit deutscher und belgischer Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer nur insoweit eingetreten sein, in dem auch Deutschland diesen Betrag mit Schenkungsteuer belegt hat. Hierzu muss aus der deutschen Schenkungsteuer derjenige Steuerbetrag heraus gerechnet und bestimmt werden, der auf den Teilschenkungsbetrag von 1.090.000 EUR entfällt.
    Der Schenkungsteuerbescheid vom 19.01.2006 legt als Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung einer Vorschenkung einen Gesamterwerb in Höhe von 2.141.287 EUR zugrunde. Nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 205.000 EUR ergibt sich ein steuerpflichtiger Erwerb in Höhe von 1.936.200 EUR. Dieser steuerpflichtige Erwerb führt bei einem Steuersatz von 19 % zu einer Schenkungsteuer in Höhe von 367.878 EUR. Unter Berücksichtigung des auf die Vorschenkung entfallenden Anrechnungsbetrages in Höhe von 11.247 EUR beträgt die festzusetzende Schenkungsteuer insgesamt 356.631 EUR.
    Für die Anrechnung der belgischen Schenkungsteuer, die auf den Erwerbsvorgang vom 18.01.2002 entfällt, ist daher zu ermitteln, welcher Teil des Gesamtbetrages in Höhe von 356.631 EUR auf den Schenkungsvorgang im Umfange von 1.090.000 EUR entfällt.
    Der Schenkungsbetrag in Höhe von 1.090.000 EUR stellt anteilig 50,9 % des insgesamt angefallenen Erwerbs von 2.141.287 EUR dar. Mithin kann von dem gesamten Steuerbetrag in Höhe von 356.631 EUR auch nur ein Anteil von 50,9 % auf den auch in Belgien steuerpflichtigen Schenkungsbetrag in Höhe von 1.090.000 EUR entfallen. Ein Anteil von 50,9 % von 356.631 EUR ergibt 181.525 EUR. Damit ist die anrechnungsfähige belgische Erbschaftsteuer, die auf den Schenkungsvorgang vom 18.01.2002 in Höhe eines schenkungssteuerpflichtigen Erwerbs von 1.090.000 EUR entfällt, mithin auf den Betrag in Höhe von 181.525 EUR, also die auf den Betrag von 1.090.000 EUR entfallende deutsche Schenkungsteuer, begrenzt.
    i) Darüber hinaus kann nur die von der Klägerin in Belgien gezahlte Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG angerechnet werden, die auf dasjenige Auslandsvermögen entfällt, das in Deutschland und Belgien doppelt belastet worden ist.
    So hat die Klägerin am 27.01.2006 einen ihr zuzurechnenden Betrag in Höhe von 400.000 EUR an die belgischen Finanzbehörden gezahlt. Von dieser Gesamtsumme wurde unter Berücksichtigung von Zinsen lediglich ein Betrag in Höhe von 348.662,18 EUR auf die belgische Erbschaftsteuer verbucht.
    Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Zahlung keine Leistungsbestimmung dergestalt getroffen, worauf dieser Betrag in Höhe von 348.662,18 EUR entfällt, also ob und in welchem Umfang auf den Erbschaftsteuerbetrag in Höhe von 304.238,09 EUR, der auf dem Schenkungsvorgang vom 18.01.2002 beruht, oder auf den Erbschaftsteuerbetrag in Höhe von 547.851,17 EUR, der sich aus dem Erbfall vom 04.06.2004 ergibt.
    Somit muss das Gericht davon ausgehen, dass die Zahlung in Höhe von 348.662,18 EUR anteilig den Steuerbeträgen, die sich aus den Erwerbsvorgänge aus den Jahren 2002 und 2004 ergeben, zuzuordnen ist.
    Der Klägerin ist ausweislich der Mitteilung der belgischen Finanzbehörden vom 21.03.2008 ein steuerpflichtiger Erwerb im Jahre 2002 in Höhe von 1.090.000 EUR angefallen und aus dem Erbfall im Jahre 2004 einen solchen in Höhe von 1.961.797 EUR.
    Mithin entfallen in Anbetracht des Gesamterwerbs in Höhe von 3.052.797 EUR 35,7 % (= 1.090.000 EUR) auf den Erwerbsvorgang im Jahre 2002 und 64,3 % (= 1.961.797 EUR) auf den Erwerbsvorgang im Jahre 2004. Die auf den Gesamterwerb entfallende Erbschaftsteuer in Höhe von insgesamt 852.089,26 EUR teilt sich im gleichen Verhältnis auf den Steuerbetrag in Höhe von 304.238,09 EUR (= 35,7 %) sowie den Steuerbetrag in Höhe von 547.851,17 EUR (= 64,3 %) auf.
    Entsprechend diesem prozentualen Verhältnis ist die auf die Steuerlast der Klägerin verbuchte Zahlung in Höhe von 348.662,18 EUR aufzuteilen. Mithin ist ein Betrag in Höhe von 124.472,39 EUR (35,7 % von 348.662,18 EUR) dem Schenkungsvorgang aus dem Jahre 2002 zuzuordnen.
    II. Im Streitfall sind auch die Tatbestandsvoraussetzungen der Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gegeben, um die nach § 21 ErbStG gebotene Anrechnung der belgischen Erbschaftsteuer durch Änderung des Schenkungsteuerbescheids vom 19.01.2006 umzusetzen. Denn entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten handelt es sich bei der nachträglichen Festsetzung und Zahlung der auf die Klägerin entfallenden belgischen Erbschaftsteuer sowie der sich daran anschließenden definitiven Ablehnung einer Ermäßigung dieser Steuer durch die belgischen Finanzbehörden um ein zwar aus einzelnen Teilelementen bestehendes, jedoch letztlich einheitliches rückwirkende Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
    1. Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
    Zu den rückwirkenden Ereignissen zählen alle rechtlich bedeutsamen Vorgänge, aber auch tatsächliche Lebensvorgänge, die steuerlich – ungeachtet der zivilrechtlichen Wirkung – in der Weise Rückwirkung entfalten, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht. Die Vorschrift des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer nur dann anwendbar, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass einem nach der Entstehung der Steuer eintretenden Ereignis Wirkung für die Vergangenheit zukommt (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2010 II R 54/09, BStBl II 2011, 247).
    Wird die festgesetzte ausländische Steuer gezahlt, nachdem das Finanzamt die Erbschaft- oder Schenkungsteuer festgesetzt hat, kommt diesem Ereignis nach dem Willen des Gesetzgebers Wirkung für die Vergangenheit zu. Zwar ergibt sich dieser Wille des Gesetzgebers nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 21 ErbStG, jedoch folgt er aus dessen materiell-rechtlichen Regelungsgehalt.
    Die Vorschrift des § 21 ErbStG hat den Sinn und Zweck, Überschneidungen im internationalen Besteuerungsbereich möglichst zu vermeiden. Sie will eine doppelte steuerliche Belastung von Erwerbern mit inländischer und ausländischer Steuer beseitigen bzw. mildern, indem die ausländische Steuer bei der deutschen Steuer anzurechnen ist. Diese Anrechnung erfolgt im Rahmen des Festsetzungsverfahrens. Das Finanzamt kann die festgesetzte und gezahlte ausländische Steuer jedoch nur dann bei der Festsetzung der inländischen Steuer berücksichtigen, wenn die Zahlung der festgesetzten ausländischen Steuer Wirkung für die Vergangenheit hat. Denn die Erbschaftsteuer ist – beim Erwerb von Todes wegen – so festzusetzen, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entstanden ist, § 38 AO, § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Dieser Zeitpunkt ist nach § 11 ErbStG zugleich für die Wertermittlung maßgeblich. Da eine ausländische Steuer denklogisch erst nach dem Tod des Erblassers festgesetzt und gezahlt worden sein kann, muss die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer auf den Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer im Moment des Todes des Erblassers zurückwirken. Für die Schenkungsteuer kann hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nichts anderes gelten (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2010, II R 54/09, a.a.O.).
    Der Bundesfinanzhof hat darauf hingewiesen, dass im Übrigen nach ganz herrschender Meinung im Fall des § 34 c EStG die Festsetzung und Zahlung ausländischer Steuer ein rückwirkendes Ereignis darstellt. Es sei nicht erkennbar, weshalb die Zahlung festgesetzter ausländischer Steuer im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht hiervon abweichend nicht als rückwirkendes Ereignis zu beurteilen sein sollte, zumal der Gesetzgeber § 21 ErbStG nach dem Vorbild des § 34 c EStG geschaffen habe (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2010, II R 54/09, a.a.O.).
    2. Im Streitfall war im Zeitpunkt der auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderung des erstmaligen Schenkungsteuerbescheids, am 19.01.2006 aufgrund des Todes des Erblassers am 04.06.2004 die belgische Erbschaftsteuer, auch bezogen auf den Schenkungsvorgang des Jahres 2002, bereits entstanden. Eine teilweise Bezahlung dieser belgischen Schenkungsteuer hat die Klägerin am 27.01.2006 vorgenommen, also vor Bestandskraft des streitbefangenen Änderungsbescheides, sodass die Klägerin bis zum Ablauf der gegen diesen Bescheid gegebenen Rechtsbehelfsfrist am 23.02.2006 diesen Umstand im Rahmen eines Einspruchs als noch zu berücksichtigende Tatsache gegenüber dem Beklagten hätte geltend machen können. Soweit der Beklagte hieraus jedoch die Schlussfolgerung zieht, im Streitfall könne ein rückwirkendes Ereignis bereits deshalb nicht vorliegen, weil die Zahlung der belgischen Steuer sich vor Bestandskraft des Änderungsbescheids „ereignet” habe und noch im Einspruchsverfahren hätte geltend gemacht werden müssen, so ist dieser Einwand im Ergebnis nicht durchgreifend.
    Zwar weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nur dann gegeben ist, wenn dieses nach dem Erlass des Steuerbescheides und damit nachträglich eingetreten ist (vgl. Rüsken in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 10. Auflage 2009, § 175 Rn. 52 ff.; Pahlke in Pahlke/König, Kommentar zur Abgabenordnung, 2. Auflage 2009, § 175 Rn. 40). Anders als beim Eintritt eines solchen Ereignisses während derjenigen Zeitspanne, in der der betreffende Bescheid noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, hat es die Finanzbehörde jedoch während des Laufs der Einspruchsfrist nicht mehr in der Hand, auf das rückwirkende Ereignis entsprechend zu reagieren, sondern ist vielmehr von der Einspruchseinlegung des Steuerpflichtigen abhängig, was ihr in Fällen einer Änderungsnotwendigkeit zu Lasten des Steuerpflichtigen in der Regel die Möglichkeit zur Korrektur nehmen wird. Von daher ist es nicht unproblematisch, den Anwendungsbereich des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erst mit der Bestandskraft des Steuerbescheids beginnen zu lassen. Vielmehr spricht – auch unter Berücksichtigung des Anwendungsbereich des § 173 AO – einiges dafür, den Anwendungsbereich des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO mit dem Erlass des Steuerbescheids beginnen zu lassen (zum Streitstand mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH Frotscher, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand Mai 2010, § 175 Rn. 47; Loose in Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, Stand Mai 2009, § 175 Rn. 23; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, Steuerliches Verfahrensrecht, Stand Juli 2009, § 175 Rn. 47 ff.).
    Der Senat kann diese Streitfrage für den Streitfall jedoch dahingestellt lassen, denn die Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es sich bei den Voraussetzungen für eine Anrechnung nach § 21 ErbStG um einen sogenannten gestreckten Tatbestand handelt. So ist es für eine Anrechnung der ausländischen Steuer nach dieser Vorschrift nicht nur erforderlich, dass diese auf den Erwerber entfällt, ihm gegenüber festgesetzt und von ihm auch bezahlt worden ist. Vielmehr muss auch feststehen, dass die festgesetzte und gezahlte ausländische Steuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt. Diese zuletzt genannte Tatbestandsvoraussetzung für eine Anrechnung der belgischen Steuer lag jedoch erst Anfang 2008 vor.
    Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen hat diese am 12.07.2007 bei den belgischen Finanzbehörden einen Antrag auf Anrechnung der in Deutschland gezahlten Schenkungsteuer auf die belgische Erbschaftsteuer gestellt, der erst am 18.01.2008 seitens der belgischen Steuerbehörden abschlägig beschieden worden ist.
    Hinsichtlich des im Streitfall gegenständlichen rückwirkenden Ereignisses, einer festgesetzten, auf die Klägerin entfallenden, entrichteten und keiner Ermäßigung mehr unterliegenden ausländischen Steuer ist somit festzustellen, dass erst mit dieser Mitteilung der belgischen Steuerbehörden definitiv geklärt worden ist, dass eine Ermäßigung der in Belgien gezahlten Erbschaftsteuer aufgrund der in Deutschland gezahlten Schenkungsteuer nicht in Betracht kommt, mithin auch erst zu diesem Zeitpunkt alle Merkmale des rückwirkenden Ereignisses vorgelegen haben.
    Somit sieht der Senat keinen Grund dafür, dass die Klägerin bereits während der Rechtsbehelfsfrist gegen den Schenkungsteueränderungsbescheid vom 19.01.2006 verpflichtet gewesen wäre, eine Änderung der Schenkungsteuerfestsetzung in Deutschland zu beantragen und insoweit ein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geltend zu machen. Die Tatbestandsvoraussetzungen für ein rückwirkendes Ereignis im Sinne der Anrechnung einer festgesetzten, auf die Klägerin entfallenden, entrichteten und keiner Ermäßigung unterliegenden ausländischen Steuer haben nämlich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorgelegen. Erst Anfang des Jahres 2008 stand mit der Mitteilung der belgischen Steuerbehörden vom 18.01.2008 fest, dass die in Belgien von der Klägerin gezahlte Steuer jedenfalls nicht mehr unter dem Gesichtspunkt einer gleichzeitigen Doppelbelastung mit deutscher Steuer ermäßigt werden würde. Bis zur Klärung dieser Frage waren mithin noch nicht sämtliche Voraussetzungen i. S. d. § 21 ErbStG für eine Anrechnung der belgischen Steuer erfüllt, sodass der Beklagte ein entsprechendes Begehren der Klägerin hätte ablehnen müssen. Die Klägerin durfte auch zunächst den Versuch unternehmen, in Belgien eine Anrechnung der deutschen Steuer zu erreichen. Sie war insoweit nicht verpflichtet, Anfang 2006 sofort und zunächst einen entsprechenden Anrechnungs- und Änderungsantrag in Deutschland zu stellen. Hierzu war sie umso weniger verpflichtet, als der Beklagte ohnehin auf dem Standpunkt stand, dass wegen der nachträglichen Entstehung der ausländischen Steuer die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG gar nicht erfüllt seien. Zudem hätte man der Klägerin einen entsprechenden Anrechnungsantrag in Deutschland in Anbetracht des nachfolgenden Anrechnungsbegehrens in Belgien auch als den Versuch auslegen können, in unzulässiger und auch steuerstrafrechtlich nicht unproblematischer Weise eine doppelte Entlastung sowohl in Deutschland als auch in Belgien zu erreichen.
    III. Der Schenkungsteuerbescheid vom 19.01.2006 ist zu ändern. Die festgesetzte Schenkungsteuer in Höhe von 356.631 EUR ist um die in Belgien gezahlte Erbschaftsteuer in Höhe von 124.472,39 EUR auf 232.158,61 EUR herabzusetzen.
    IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.
    V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
    VI. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, denn es besteht ein Allgemeininteresse daran, dass die vom erkennenden Senat im Bereich des § 21 Abs. 1 Satz 4 ErbStG vorgenommene Rechtsfortbildung eine höchstrichterliche Bestätigung erfährt.

    VorschriftenErbStG § 2, GG Art 3 Abs 1, ErbStG § 21

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents