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  • 18.03.2014 · IWW-Abrufnummer 140804

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 22.01.2014 – 4 K 2001/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln
    4 K 2001/13
    Tenor:
    Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 22.8.2011 in Form der Einspruchsentscheidung vom 4.6.2013 ist dahin gehend zu ändern, dass Kapitalerträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    Dem Beklagten wird die Berechnung der Steuer aufgegeben (§ 100 Abs. 2 S. 2 FGO).
    Die Kosten des Verfahrens haben Kläger und Beklagter je zu ½ zu tragen.
    Die Revision wird zugelassen.
    Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers vorläufig vollstreckbar.
    Tatbestand
    Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Einkünften aus Kapitalvermögen im Rahmen der Regelungen zur fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht auf Antrag nach § 1 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG – sowie zum Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG.
    Der Kläger hatte seinen Wohnsitz im Streitjahr 2009 in Belgien. Auf Antrag vom 3.12.2008 wurde dem Kläger eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2009 nach § 1 Abs. 3 EStG i.V.m. § 39c Abs. 4 EStG a.F. ausgestellt. Die Lohnsteuerabzugsbeträge wurden unter Berücksichtigung dieser Bescheinigung nach Steuerklasse III einbehalten.
    Am 30.12.2010 ging bei dem Beklagten die Einkommensteuererklärung des Klägers für das Streitjahr ein. Unter dem 22.8.2011 erließ der Beklagte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2009. Er ging dabei von der beschränkten Steuerpflicht des Klägers aus. Danach erzielte der Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 140.604 € sowie aus der Vermietung eines im Inland belegenen Hauses negative Einkünfte i.H.v. -7.294 €. Eine Jubiläumsgratifikation i.H.v. 10.000 € besteuerte er nach § 34 Abs. 1 EStG. Unter dem 28.2.2011 wurden beschränkt steuerpflichtige Einkünfte der Ehefrau des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 15.472 € festgestellt. Sie gab außerdem inländische Zinseinnahmen in Höhe von 388 € an.
    Mit fristgerecht erhobenem Einspruch wandte sich der Kläger gegen den Bescheid vom 22.8.2011, und zwar zunächst wegen von der Erklärung abweichenden Ansatzes der Vorsorgepauschale. Im Laufe der Erörterung erklärte der Kläger zusätzlich im Inland erzielte Kapitalerträge i.H.v. 143.087 €. Im Einzelnen handelte es sich dabei um Gewinnausschüttungen i.H.v. 142.000 € sowie Zinsen i.H.v. 1.087,97 €. In einem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom 19.10.2011 berücksichtigte der Beklagte diese Erträge nach Kürzung um den Sparerpauschbetrag von 801 € i.H.v. 142.286 € bei der Berechnung des Progressionsvorbehalt. Im Rahmen des sich fortsetzenden Einspruchsverfahrens beantragte der Kläger eine Veranlagung nach den Grundsätzen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht und eine Zusammenveranlagung mit der Ehefrau. Die Voraussetzungen dafür lägen vor, da die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 2 Abs. 5b EStG nicht bei der Ermittlung der nicht der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte (§ 1 Abs. 3 S. 2 EStG) einzubeziehen seien. Die Kapitalerträge hätten der Abgeltungssteuer unterlegen. Daher seien die Voraussetzung für eine Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG i.V.m. § 1a EStG erfüllt. Zum anderen seien die der Abgeltungssteuer unterliegenden Einkünfte für Zwecke des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG nicht zu berücksichtigen. Hilfsweise beantragte der Kläger, die Einkünfte aus der Gewinnausschüttung nach § 3 Nr. 40 EStG nur mit 60 % einzubeziehen (Teileinkünfteverfahren). Unter dem 22.10.2009 erließ das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf den Antrag des Klägers vom 10.8.2009 einen Bescheid über die Freistellung und Erstattung von deutschen Abzugssteuern vom Kapitalertrag nach § 44a Abs. 9 EStG bzw. nach § 50d Abs. 1 EStG i.V.m. § 43b EStG und erstattete dem Kläger wegen Kapitalerträgen i.H.v. 142.000 € Kapitalertragsteuer i.H.v. 14.200 € sowie Solidaritätszuschlag i.H.v. 1.952,50 €. Für die Zinserträge des Klägers ist ein entsprechender Bescheid nicht vorhanden. Weder Kläger noch Beklagter konnten Angaben dazu machen, ob die Zinsen der Kapitalertragsteuer unterlegen haben.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 4.6.2013 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 19.11.2011 dahin gehend, dass er die Gewinnausschüttungen nur i.H.v. 60 % (85.200 €; einschließlich Zinsen, abzüglich Sparer-Pauschbetrag: 85.487 €) im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigte. Darüber hinaus wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung trug der Beklagte vor, ein Fall von § 1 Abs. 3 S. 2, 1. Alt. EStG läge nicht vor. Voraussetzung dafür sei, dass die Einkünfte des Steuerpflichtigen im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen würden. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung seien zwei Schritte auseinanderzuhalten: Auf der ersten Stufe würden sämtliche steuerbaren und steuerpflichtigen Inlands- und Auslandseinkünfte berücksichtigt, also die Welteinkünfte unabhängig von der Art der Steuererhebung und unabhängig davon, welchem Staat des Besteuerungsrecht zustehe. Auf der zweiten Stufe würden die Welteinkünfte nach dem Verhältnis des in- und ausländischen Besteuerungsrechts aufgeteilt. Dabei würden inländische Einkünfte, die nach einem DBA nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürften, als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend angesehen (§ 1 Abs. 3 S. 3 EStG). Kapitalerträge aus ausländischen Quellen, die keine inländischen Einkünfte nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG darstellten, seien in der ersten Stufe der Einkünfteermittlung einzubeziehen und auf der zweiten Stufe der Gruppe von Einkünften zuzuordnen, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Im Rahmen der ersten Stufe der Einkünfteermittlung sei § 2 Abs. 5b S. 1 EStG zu berücksichtigen. Im Fall des Klägers greife diese Vorschrift allerdings nicht ein, da Kapitalerträge mit Auslandsbezug vorliegen würden. Die Nichtanwendbarkeit der Vorschrift bei Kapitalerträgen mit Auslandsbezug ergäbe sich aus einem Umkehrschluss zu § 2 Abs. 5b S. 1 EStG: Die Vorschrift erfasse Kapitalerträge gerade nicht, wenn der Gläubiger der Einkünfte seinen Wohnsitz im Ausland hat und Kapitalerträge der Abgeltungssteuer bzw. Kapitalertragsteuer im Inland nicht unterlägen hätten. Auch der Sinn und Zweck der Vorschriften spreche für diese Auslegung. Während § 1 EStG die unbeschränkte Steuerpflicht regele, ginge es in § 2 EStG um die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Im Übrigen wolle § 1 Abs. 3 EStG entsprechend dem EuGH-Urteil zur Rechtssache Schumacker nur solche Steuerpflichtigen erfassen, die über geringe Einkünfte im Wohnsitzstaat verfügten. Für die Ermittlung der Welteinkünfte im Rahmen der ersten Stufe käme es nicht darauf an, ob die Einkünfte einem Abgeltungssteuertarif oder der Steuerprogression im Inland unterliegen würden. Auch inländische Kapitalerträge, die dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, seien auf der ersten Ermittlungsstufe für die relative Einkünftegrenze nach § 1 Abs. 3 S. 2, 1. Alt. EStG zu berücksichtigen.
    Dagegen wendet sich der Kläger mit der Klage, zu deren Begründung er vorträgt: Die Kapitaleinkünfte seien wegen § 2 Abs. 5b EStG nicht bei der Prüfung nach § 1 Abs. 3 S. 2 EStG mit einzubeziehen. Zunächst verkenne der Beklagte, dass es sich im vorliegenden Fall um inländische Einkünfte handele, weil der Schuldner der Kapitalerträge seinen Sitz in Deutschland habe (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Deshalb sei auch Kapitalertragsteuer erhoben worden. Bei dem in § 2 Abs. 5b EStG verwendeten Begriff Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG und § 43 Abs. 5 EStG sei allein entscheidend, dass es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handele und § 32d Abs. 2 EStG nicht anwendbar sei. Es käme nicht darauf an, ob die Einkünfte aus Kapitalvermögen auch endgültig einer Besteuerung mit 25 % unterliegen würden. Daher fände § 2 Abs. 5b EStG beispielsweise auch in den Fällen des § 32d Abs. 4 EStG Anwendung sowie im Fall des § 32d Abs. 6 EStG. Diese Sichtweise verstoße auch nicht gegen Sinn und Zweck der Vorschrift. Aus der Entwicklungsgeschichte der Vorschrift und der Streichung von Satz 2 ab dem Jahr 2011 ergebe sich, dass § 2 Abs. 5b EStG der Vereinfachung dienen würde. Es wäre widersprüchlich, bei unbeschränkt Steuerpflichtigen von der Angabe der Kapitaleinkünfte ausdrücklich abzusehen, bei der – vorrangigen – Prüfung der unbeschränkten Steuerpflicht dagegen die Ermittlung von Kapitaleinkünften zu verlangen. Auf die von dem Beklagten vorgetragene Differenzierung zwischen persönlicher Steuerpflicht und Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen käme es vorliegend nicht an. § 2 Abs. 5b EStG gelte ausweislich seines Wortlauts im gesamten Gesetz und nicht nur im Besteuerungsverfahren. Da der Kläger unbeschränkt steuerpflichtig sei, müsse eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 7b EStG durchgeführt werden. Im Übrigen würden auch Teile der Finanzverwaltung die Auffassung des Klägers teilen. So ergebe sich aus einer Information des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 21.6.2013 (DStR 2013, 1382), dass inländische Kapitalerträge bei der relevanten Einkommensgrenze zu berücksichtigen seien, und zwar als der deutschen Einkommensteuer unterliegend.
    Hilfsweise für den Fall, dass der Kläger als beschränkt steuerpflichtig zu beurteilen sein sollte, macht er geltend, dass eine Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der Kapitalerträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts nicht erkennbar sei. § 32b EStG gelte für beschränkt Steuerpflichtige nur, wenn § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG Anwendung fände. Nach dem Verständnis des Klägers würde eine Einkommensteuerveranlagung aber im vorliegenden Fall wegen § 50 Abs. 2 Nr. 2 EStG durchgeführt. Weder hätte der Kläger einen Freibetrag nach § 39a Abs. 4 EStG eintragen lassen, noch sei ein Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt worden. Bei Anwendung der Steuerklasse III und fehlender Zusammenveranlagung fände ohnehin eine Veranlagung statt; äußerst hilfsweise würde ein Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zurückgenommen. Einen Antrag auf Durchführung der Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Nr. 4b EStG habe der Kläger jedenfalls nicht gestellt, sondern der Beklagte nur unterstellt. Dies sei nicht dem in § 32b EStG erwähnten Fall gleichzusetzen, dass der Kläger einen solchen Antrag auch tatsächlich gestellt habe.
    Darüber hinaus seien im Rahmen des Progressionsvorbehalts Einkünfte, die der Abgeltungssteuer unterliegen würden, nicht zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des besonderen Steuersatzes würde das zu versteuernde Einkommen zwar um die in § 32b Abs. 1 Nr. 2-5 EStG bezeichneten Einkünfte erhöht (§ 32b Abs. 2 EStG) auch hier würden jedoch Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG nicht zu den Einkünften zählen (§ 2 Abs. 5b EStG). Wenn der Steuersatz auf Nichtkapitaleinkünfte für unbeschränkt Steuerpflichtige völlig unabhängig von der Höhe der Kapitaleinkünfte festgesetzt würde, könnten diese Einkünfte auch für den Progressionsvorbehalt keine Rolle spielen, weil auch bei einer Steuerpflicht der Kapitaleinkünfte in Deutschland der Steuersatz auf die anderen Einkünfte unverändert bleiben würde. Die gegenteilige Ansicht wäre europarechtswidrig. Die hier vertretene Ansicht ließe sich auch mit § 2 Abs. 5b EStG begründen (vgl. Heinicke in: Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 32b EStG, Rn. 42).
    Der Kläger beantragt in der mündlichen Verhandlung,
    den Einkommensteuerbescheid 2009, zuletzt geändert am 04.06.2013, in der Form der Einspruchsentscheidung in der Weise zu ändern, dass eine Zusammenveranlagung zur unbeschränkten Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 EStG durchgeführt wird,
    hilfsweise, im Falle der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht, die Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts unberücksichtigt zu lassen,
    äußerst hilfsweise, im Falle des vollen oder teilweisen Unterliegens, die Revision zuzulassen.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen,
    hilfsweise, die Revision zuzulassen.
    Zur Begründung nimmt er Bezug auf seine Ausführungen im außergerichtlichen Verfahren. Ergänzend trägt er vor: Der Kläger sei – im Hinblick auf die nach § 1 Abs. 3 EStG i.V.m. § 39c Abs. 4 EStG ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2009 – zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet gewesen (§ 46 Abs. 2 Nr. 7b EStG), um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Festsetzung der Einkommensteuer 2009 nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht vorgelegen haben. Die Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 7b EStG habe ergeben, dass die Voraussetzungen für eine Veranlagung nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 3 EStG) nach Auffassung des Beklagten nicht erfüllt waren. Die vom Finanzministerium Schleswig-Holstein zu § 2 Abs. 5b EStG vertretene Auffassung teile der Beklagte nicht. Im Fall der beschränkten Steuerpflicht gelte die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug unterlegen haben, entgegen § 50 Abs. 2 S. 1 EStG und gemäß § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG ausnahmsweise nicht als abgegolten. Wurde die Lohnsteuer zu niedrig einbehalten, sei ein Nachforderungsbescheid zu erlassen. Der Beklagte habe bei Durchführung dieser Lohnsteuernachforderung zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass ein Antrag auf Durchführung der Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Nr. 4b EStG gestellt worden sei. Nur bei Durchführung eine Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Nr. 4b EStG könnten bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens neben den Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Zutreffend weise der Kläger darauf hin, dass bei einer Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Nr. 4 EStG Kapitalerträge, die als steuerpflichtige Kapitalerträge im Inland dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen würden, nicht in die Progressionssteuersatzberechnung einzubeziehen seien. Der Kläger möge mitteilen, ob er keinen Antrag auf Veranlagung stellt. In diesem Fall würde der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2009 in Form der Einspruchsentscheidung vom 4.6.2013 aufheben, einen Lohnsteuernachforderungsbescheid erlassen und eine Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht durchführen, bei der lediglich der Verlust aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sei.
    In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erneut seine Auffassung bekräftigt, dass die Kapitaleinkünfte nicht im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden dürften. Denn bei der Berechnung des besonderen Steuersatzes seien Kapitalerträge auch für einen Steuerinländer nicht zu berücksichtigen. Für den Kläger könne dann nichts anderes gelten. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ergänzt, dass, sollte nur ein Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG vorliegen, lediglich die Möglichkeit bestünde, einen Lohnsteuernachforderungsbescheid zu erlassen. Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit könnten nicht über eine Veranlagung nachversteuert werden. Insoweit hat der Kläger betont, dass er bei Gericht keinen Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheids gestellt habe, sondern lediglich dessen Änderung beantrage. Wegen des Verböserungsverbots dürfe das Gericht den Steuerbescheid mit der darin durchgeführten Veranlagung nicht in Gänze aufheben.
    In einem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schreiben hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen auch in Belgien der Besteuerung unterliegen würden. Die 15% verbleibende deutsche Abgeltungsteuer würde dabei nicht angerechnet, sondern abgezogen, so dass 85% der Kapitalerträge in Belgien nochmals der Besteuerung unterliegen würden. Bei der Berechnung des Steuersatzes seien dann in Belgien auch die in Deutschland erzielten Einkünfte anzugeben, so dass darauf auch tatsächlich eine nicht unerhebliche Steuer entfalle. Insgesamt liege die Besteuerung deutlich höher als die 25% deutsche Abgeltungsteuer. Im Übrigen sei es widersprüchlich, bei Annahme der unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG Kapitalerträge auch im Fall der teilweisen Erstattung der Kapitalertragsteuer unberücksichtigt zu lassen, dies bei ansonsten gleicher Sachlage für einen beschränkt Steuerpflichtigen aber anders zu beurteilen.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist nur hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2009 vom 22.8.2011 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4.6.2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit er die Kapitaleinkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    I. Zu Recht ist der Beklagte von der beschränkten Steuerpflicht des Klägers ausgegangen und hat den Antrag des Klägers abgelehnt, ihn zusammen mit seiner Ehefrau als unbeschränkt Steuerpflichtigen zusammen zu veranlagen.
    Die Zusammenveranlagung eines Steuerpflichtigen mit seinem Ehegatten setzt – neben der ggf. nach § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG fingierten unbeschränkten Steuerpflicht des Ehegatten – voraus, dass der Steuerpflichtige selbst unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (vgl. § 26 EStG). Im vorliegenden Fall fehlt es an der unbeschränkten Steuerpflicht des Klägers. Der Kläger ist vielmehr beschränkt steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 4 EStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a), Nr. 5 Buchst. a) und Nr. 6 EStG.
    1. Hat ein Steuerpflichtiger weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (§ 1 Abs. 1 EStG) und liegt auch kein Fall des § 1 Abs. 2 EStG vor, kommt eine unbeschränkte Steuerpflicht allenfalls nach § 1 Abs. 3 EStG in Betracht. Danach kann ein Steuerpflichtiger auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, wenn die Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 Prozent der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG nicht übersteigen (§ 1 Abs. 3 S. 2 EStG). Gemäß § 1 Abs. 3 S. 3 EStG gelten inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend.
    Die Voraussetzungen von § 1 Abs. 3 S. 2 EStG sind vorliegend nicht erfüllt. Unter Einbeziehung der Kapitalerträge in die Prüfung des § 1 Abs. 3 EStG ist die erste Alternative von § 1 Abs. 3 S. 2 EStG nicht gegeben, weil die Einkünfte des Klägers nicht zu 90% der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Das Besteuerungsrecht für Kapitalerträge hat nach Art. 10 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 DBA Belgien der Wohnsitzstaat (Belgien). Wegen des nach dem DBA nur beschränkten (Quellen-) Besteuerungsrechts Deutschlands (Art. 10 Abs. 2 DBA und Art. 11 Abs. 2 Belgien) gelten die Kapitalerträge nach § 1 Abs. 3 S. 3 EStG als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend. Die Kapitalerträge des Klägers (85.487 €) unterliegen daher nicht der deutschen Einkommensteuer. Die der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (140.604 €) und aus Vermietung und Verpachtung(-7.294 €) machen damit weniger als 90% aus. Auch die zweite Alternative von § 1 Abs. 3 S. 2 EStG liegt nicht vor, weil die Kapitalerträge als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Einkünfte gelten (§ 1 Abs. 3 S. 2 EStG) und offensichtlich über dem Grundfreibetrag liegen. Dass der Kläger in Belgien negative Einkünfte erzielt hätte, die nach Verrechnung mit seinen Kapitalerträgen dazu geführt haben könnten, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG erfüllt wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
    2. § 2 Abs. 5b S. 1 EStG führt im vorliegenden Fall nicht dazu, dass die Kapitalerträge im Rahmen des § 1 Abs. 3 EStG unberücksichtigt bleiben müssten.
    § 2 Abs. 5b S. 1 EStG in der im vorliegenden Fall anwendbaren Fassung (Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007, BGBl I S. 1912, BStBl I 2007, 630) besagt, dass „Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG und § 43 Abs. 5 EStG nicht einzubeziehen“ sind, „soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen“. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt Satz 1 „nicht in den Fällen
    1. des § 10b Abs. 1, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt, sowie
    2. des § 32 Abs. 4 Satz 2, des § 32d Abs. 2 und 6, des § 33 Abs. 3 und des § 33a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2.“
    Satz 2 der Vorschrift wurde mit Wirkung ab 1.1.2012 aufgehoben (vgl. Art. 1 Nr. 2 und Art. 18 Abs. 1 und 2 Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1.11.2011, BGBl I Nr. 55, S. 2144; missverständlich § 52a Abs. 2 EStG).
    a) Zunächst ist dem Einwand des Beklagten zu begegnen, § 2 Abs. 5b EStG betreffe nur die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und sei hinsichtlich der Frage der persönlichen Steuerpflicht generell nicht anwendbar. Wenngleich die systematische Auslegung von § 2 als einer Vorschrift, die nach den Regelungen zur persönlichen Steuerpflicht vor allem die sachliche Steuerpflicht betrifft, für ein solches Verständnis sprechen könnte, steht dem letztlich doch der klare Wortlaut entgegen: Anwendbar ist die Vorschrift danach dann, wenn „Rechtsnormen dieses Gesetzes“ an die Begriffe Einkünfte, Summe der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen oder zu versteuerndes Einkommen anknüpfen. Zum einen nimmt § 2 Abs. 5b S. 1 EStG ausdrücklich Bezug auf „Rechtsnormen dieses Gesetzes“, was auch § 1 (Abs. 3) EStG umfasst. Zum anderen knüpft § 1 Abs. 3 EStG bei Verwendung des Begriffs „Einkünfte“ auch an die Definition in § 2 Abs. 2 EStG an. § 1 Abs. 3 EStG stellt auf die Höhe der Einkünfte ab. Damit sind nach allgemeiner Auffassung Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 EStG gemeint (vgl. statt vieler Heinicke in: Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 1 EStG, Rn. 55). Im Übrigen sieht § 2 Abs. 5b S. 2 Nr. 2 EStG eine abweichende Regel für besondere, dort aufgeführte Vorschriften vor. § 1 Abs. 3 EStG zählt aber nicht zu den darin aufgeführten Ausnahmen.
    b) § 2 Abs. 5b EStG erstreckt sich in seiner Wirkung ausweislich seines Wortlauts nur auf „Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5“ EStG. Die Frage, welche Erträge damit im Einzelnen nicht einzubeziehen sind, ist bisher, soweit ersichtlich, weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eingehend diskutiert worden.
    Die Formulierung „§ 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5“ versteht der Senat dahingehend, dass dies keine kumulativen, sondern alternative Voraussetzungen meint. § 2 Abs. 5b EStG greift also bereits dann ein, wenn Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG „oder“ § 43 Abs. 5 EStG vorliegen. Dafür spricht bereits die Gesetzesbegründung, in der es heißt (BT-Drucks. 16/4841, S. 46): „Nach Satz 1 bleiben die Kapitalerträge, die nach § 32d Abs. 1 mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden oder [Hervorhebung nur hier] die der Kapitalertragsteuer mit abgeltender Wirkung nach § 43 Abs. 5 unterlegen haben, für Zwecke der Einkommensteuer bei der Ermittlung der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Einkommen und dem zu versteuernden Einkommen unberücksichtigt.“ Darüber hinaus würde der Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich verengt, würde man die Formulierung im Sinne kumulativer Voraussetzungen verstehen. Denn inländische Kapitalerträge eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit Kapitalertragsteuer abgeltend belastet sind (§ 43 Abs. 5 EStG), unterliegen grundsätzlich nicht der Tarifvorschrift des § 32d EStG. Dies ergibt sich auch aus § 43 Abs. 5 S. 3 EStG. Würde man die Formulierung in § 2 Abs. 5 S. 1 EStG nun als kumulative Voraussetzung verstehen, würden solche inländischen Kapitalerträge folglich nicht von der Vorschrift erfasst, weil sie nur Erträge nach § 43 Abs. 5 EStG, nicht aber auch nach § 32d Abs. 1 EStG darstellen würden. Solche Kapitalerträge, die keine weiteren Besonderheiten aufweisen, dürften aber den in der Praxis häufigsten Anwendungsfall von § 2 Abs. 5 b EStG bilden. Die hier befürwortete Auslegung widerspricht schließlich auch nicht dem Wortlaut. In dem gegebenen Sinnzusammenhang kann die Formulierung „und“ durchaus im Sinne einer Aufzählung von zwei Alternativen verstanden werden.
    c) Unter Kapitalerträgen nach § 43 Abs. 5 EStG versteht der Senat solche Kapitalerträge im Sinne des § 20 EStG, die dem Kapitalertragsteuereinbehalt unterlegen haben und für die dieser Einbehalt abgeltende Wirkung hat. Dementsprechend liegen solche Kapitalerträge insbesondere dann nicht vor, wenn es sich – etwa wegen der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG – um Gewinneinkünfte handelt, wenn es zu einem Kapitalertragsteuereinbehalt nicht gekommen ist oder wenn der Steuerpflichtige nach dem Kapitalertragsteuereinbehalt eine Kontrolle oder Korrektur im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens beantragt hat.
    Ausschlaggebend für dieses Verständnis des Senats ist der Regelungsgehalt des § 43 Abs. 5 EStG. Nach § 43 Abs. 5 S. 1 EStG ist die Einkommensteuer für Kapitalerträge im Sinne des § 20, die der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, mit dem Steuerabzug abgegolten. Ausgenommen sind nach §§ 43 Abs. 5 S. 1, 2. Hs. und S. 2 EStG die Fälle der §§ 44 Abs. 1 S. 7-9, 44 Abs. 5, 32d Abs. 2 und 20 Abs. 8 EStG. Die in § 43 Abs. 5 S. 1 EStG angeordnete abgeltende Wirkung bedeutet, dass die Erträge einer Veranlagung (§ 25 Abs. 1 EStG) nicht mehr zugeführt werden, es also zu einem Verwaltungsverfahren mit Ermittlung und Festsetzung der Einkünfte und ggf. Anrechnung von Kapitalertragsteuer nicht mehr kommt (vgl. Lindberg in: Blümich, EStG, 121. Aufl., § 43 EStG, Rn. 126; Frotscher in Frotscher, EStG, 156. Lfg., § 50 EStG, Rn. 99 m.w.N.).
    An dieser abgeltenden Wirkung fehlt es im Hinblick auf § 43 Abs. 5 S. 3 EStG primär dann, wenn der Gläubiger einen Antrag auf Einbeziehung der Kapitalerträge in die besondere Besteuerung nach § 32d stellt. Angesprochen sind damit insbesondere die Wahlveranlagungsfälle der §§ 32d Abs. 4 und Abs. 6 EStG. Nach Auffassung des erkennenden Senats muss indes Entsprechendes auch dann gelten, wenn der Steuerpflichtige einen Antrag auf Erstattung der Kapitalertragsteuer nach § 50d Abs. 1 S. 2 ff. EStG stellt. In diesem Fall kommt es zwar nicht zu einer Veranlagung durch das Finanzamt. Allerdings wird hier ebenso ein Verwaltungsverfahren angestoßen, welches in eine behördliche Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts vergleichbar § 32d Abs. 4 EStG und eine (teilweise) Erstattung der Kapitalertragsteuer oder die Ablehnung eben dieser mündet. Beide Verfahren unterscheiden sich auch nicht dadurch, dass das durch einen Antrag gemäß § 32d Abs. 4 EStG angestoßene Verfahren einer umfassenden Veranlagung gleich käme. Vielmehr werden auch in diesem Fall, wie bei § 50d Abs. 1 EStG, die Kapitalerträge isoliert betrachtet. Dass das Erstattungserfahren nach § 50d Abs. 1 EStG nicht bei einem Finanzamt, sondern u.a. aus Gründen der Verwaltungsökonomie beim BZSt durchgeführt wird, kann keinen Unterschied für die Frage machen, ob die Erträge abgeltend besteuert worden sind. Entscheidend ist insoweit vielmehr, dass es nicht beim bisherigen Quellensteuerabzug bleibt, sondern einerseits der Steuerpflichtige selbst Erklärungen und Belege einem behördlichen Verfahren zuführt und andererseits eine Behörde mit einem Besteuerungsverfahren befasst wird. Dies steht der für § 43 Abs. 5 S. 1 EStG charakteristischen abgeltenden Wirkung und dem Vereinfachungsgedanken des § 2 Abs. 5b S. 1 EStG entgegen.
    d) Unter Einkünften nach § 32d Abs. 1 EStG versteht der Senat solche Kapitalerträge, die dem dort genannten Besteuerungsregime in Höhe von grundsätzlich 25 Prozent unterliegen. Während § 43 Abs. 5 EStG darauf abstellt, ob die dort genannten Kapitalerträge der Kapitalertragsteuer mit abgeltender Wirkung unterlegen haben, kommt es im Rahmen des § 32d Abs. 1 EStG auf den grundsätzlich anwendbaren Steuersatz an.
    Hat beispielsweise ein Steuerinländer eine Kontrolle nach § 32d Abs. 4 EStG beantragt, so entfällt die zunächst eingetretene abgeltende Wirkung des § 43 Abs. 5 EStG. Es wäre dann zu prüfen, ob ein Fall von Kapitalerträgen iSd. § 32d Abs. 1 EStG vorliegt. Für eine solche Unterscheidung zwischen Erträgen nach § 43 Abs. 5 EStG einerseits und § 32d Abs. 1 andererseits spricht, dass ansonsten, wenn jeder Fall des § 32d Abs. 4 EStG weiterhin unter § 43 Abs. 5 EStG gefasst werden wollte, für den Fall von Kapitalerträgen nach § 32d Abs. 1 EStG kaum noch ein Anwendungsfall verbliebe. Er würde dann gleichsam nur noch solche Kapitalerträge erfassen, die bisher keiner Kapitalertragsteuer unterfielen (§ 32d Abs. 3 EStG). Denn die Fälle der Absätze 2 und 6 von § 32d sind in § 2 Abs. 5b S. 2 Nr. 2 EStG ausdrücklich ausgenommen. Und es entspricht auch dem steuerrechtlichen Verständnis der Abgeltungswirkung, darunter solche Einkünfte nicht (mehr) zu fassen, die (auf Antrag) einer Festsetzung nach § 32d EStG zugeführt werden.
    Für diese Auslegung spricht auch die Ratio des § 2 Abs. 5b EStG, über § 43 Abs. 5 EStG und § 32d Abs. 1 EStG nur solche Kapitalerträge der Vereinfachung durch Nichtberücksichtigung für innergesetzliche Zwecke zuzuführen, die entweder abgeltend durch Kapitalertragsteuer und ohne besonderen Verwaltungsaufwand besteuert worden sind oder die zwar in einem Verwaltungsverfahren, aber mit einem Steuersatz von 25% besteuert worden sind.
    e) Unter Zugrundelegung dieser Auslegung des § 2 Abs. 5b EStG ist die Vorschrift im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil weder Erträge im Sinne des § 43 Abs. 5 EStG noch solche im Sinne des § 32d Abs. 1 EStG vorliegen.
    Weder die Dividenden noch die Zinsen des Klägers stellen Kapitalerträge nach § 43 Abs. 5 EStG dar. Denn die Erträge sind nicht abgeltend besteuert worden. Zwar sind sowohl die Dividenden des Klägers als auch die Zinsen Kapitalerträge iSd. § 20 (Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 7 EStG). Einer der in § 43 Abs. 5 S. 1, 2. Hs. oder S. 2 EStG genannten Ausnahmetatbestände liegt nicht vor. Hinsichtlich der Zinsen ist bereits zweifelhaft, ob sie der Kapitalertragsteuer unterlegen haben. Dies kann hier dahinstehen, da sich wegen des geringen Betrages insoweit keine steuerliche Auswirkung für § 1 Abs. 3 EStG ergibt. Entscheidend ist, dass zumindest die Dividenden unstreitig der Kapitalertragsteuer unterlegen haben. Zwar findet sich in den Akten dazu keine eindeutige Bescheinigung. Aus dem Bescheid des BZSt vom 22.10.2009, in dem dem Kläger eine Erstattung in Höhe von 10% der Kapitalertragsteuer zugesprochen wird, lässt sich aber schließen, dass es vorher zu einem Kapitalertragsteuereinbehalt gekommen sein muss.
    Durch diesen Kapitalertragsteuereinbehalt ist es zunächst auch zu einer abgeltenden Wirkung gekommen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 43 Abs. 5 S. 1 EStG und gilt selbst dann, wenn man mangels inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts auf § 50 Abs. 2 S. 1 EStG abstellen wollte. Abgesehen davon, dass es zweifelhaft erscheint, ob bereits im Rahmen der Prüfung der persönlichen Steuerpflicht über § 49 EStG (§ 1 Abs. 4 EStG) hinaus die Vorschriften der beschränkten Steuerpflicht nach §§ 50 ff. EStG einzubeziehen sind, verdrängt § 50 Abs. 2 S. 1 EStG aber § 43 Abs. 5 EStG jedenfalls nicht in der Weise, dass die Kapitalerträge nicht mehr als solche im Sinne des § 43 Abs. 5 EStG und damit des § 2 Abs. 5b EStG zu qualifizieren wären. Denn in ihrer Rechtsfolge führen sowohl § 50 Abs. 2 S. 1 EStG als auch § 43 Abs. 5 S. 1 EStG zur abgeltenden Wirkung (vgl. Kube in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 204. Akt., § 50 EStG, Rn. E 15: § 50 Abs. 2 S. 1 EStG allenfalls weiter, jedenfalls aber nicht enger als § 43 Abs. 5 EStG). Zwar unterscheiden sich beide Vorschriften hinsichtlich ihrer Voraussetzungen für den Fall, dass eine abgeltende Wirkung einmal nicht gelten soll. Hinsichtlich der hier relevanten Abgeltungswirkung per se sind sie aber identisch, und Vorgaben für eine Verdrängung der einen Vorschrift durch die andere sind im Gesetz nicht erkennbar. Aus dem gleichen Grund stellt sich auch nicht die Frage, ob die Kapitalerträge nicht solche im Sinne des § 20 EStG, sondern im Sinne des § 49 EStG sind.
    Die Kapitalerträge des Klägers stellen jedoch deshalb keine Erträge nach § 43 Abs. 5 EStG dar, weil die zunächst eingetretene abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuereinbehalts aufgehoben worden ist. Der Kläger hat nach dem Einbehalt der Kapitalertragsteuer eine Kontrolle bzw. Erstattung (§ 50d Abs. 1 EStG) der Besteuerung beantragt. Damit hat er die Abgeltungswirkung des § 43 Abs. 5 EStG aufgehoben und disqualifiziert letztlich selbst die Einkünfte als solche des § 43 Abs. 5 EStG. Stellt der Steuerpflichtige einen solchen Antrag, nimmt er der Kapitalertragsteuer ihre abgeltende Wirkung. Denn es verbleibt dann nicht bei der erstmaligen Belastung, sondern bedarf eines anschließenden Verwaltungsverfahrens.
    Auch Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG sind hier nicht gegeben. Zwar liegen Kapitalerträge vor, die nicht unter § 20 Abs. 8 EStG fallen. Die inländischen Dividenden können nach Art. 10 Abs. 2 DBA Belgien im Quellenstaat (Deutschland) aber nur mit 15% belastet werden. Die zunächst eingetretene Kapitalertragsteuerbelastung hat der Kläger durch seinen an das BZSt gerichteten Antrag auf Erstattung nach § 50d Abs. 1 S. 2 EStG reduziert.
    Im Rahmen der Betrachtung des rein nationalen Rechts kann es nicht darauf ankommen, ob die Erträge im Wohnsitzstaat einer weiteren Besteuerung unterworfen werden. Entscheidend ist allein, dass die Steuersatz-Regelung des § 32d Abs. 1 EStG nicht greift, sondern die spezialgesetzlichen Regelungen des DBA Anwendung finden, in denen ein von § 32d Abs. 1 EStG abweichender Steuersatz bestimmt ist. Wenngleich der Kläger die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuereinbehalts mit seinem Antrag aufgehoben hat (s.o.), sind seine Erträge im Rahmen der Veranlagung nicht – wie regelmäßig bei einem rein inländischen Fall – in die besondere Besteuerung nach § 32d Abs. 1 EStG einzubeziehen, weil die besonderen Regeln des DBA insoweit vorgehen und § 32d Abs. 1 EStG verdrängen. Nach dem DBA hat die Bundesrepublik Deutschland nur ein auf 15% beschränktes Besteuerungsrecht.
    Ob Erträge nach § 32d Abs. 1 EStG im Übrigen auch deshalb nicht vorliegen, weil es an einer endgültigen Belastung in Höhe von 25% fehlt, wie es der Beklagte meint, braucht daher im vorliegenden Fall nicht beantwortet zu werden. Gegen ein Abstellen auf eine endgültige Besteuerung in Höhe 25% spricht, dass auch Fälle des § 32d Abs. 4 EStG von § 2 Abs. 5 erfasst werden. Dies ergibt sich daraus, dass zwar nur Absatz 1 von § 32d EStG ausdrücklich in § 2 Abs. 5b S. 1 EStG genannt wird, in dessen Satz 2 Nr. 2 aber gerade die Absätze 2 und 6 von § 32d als Fälle aufgeführt werden, in denen § 2 Abs. 5b S. 1 EStG nicht greifen soll. Der Umkehrschluss deutet darauf hin, dass jedenfalls Absatz 4 von § 32d EStG nicht aus dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 5b S. 1 EStG ausgenommen ist. Gilt also § 2 Abs. 5b S. 1 EStG offenbar auch im Fall des § 32d Abs. 4 EStG, spricht einiges dafür, auch den hier einschlägigen Fall nicht allein deshalb von § 2 Abs. 5b EStG auszunehmen, weil es an einer endgültigen Besteuerung mit 25% Kapitalertragsteuer wegen des Erstattungsantrages fehlt. Denn auch bei § 32d Abs. 4 EStG sind Fälle denkbar, in denen es letztlich nicht bei der zunächst durch Kapitalertragsteuereinbehalt eingetretenen Belastung in Höhe von 25% bleibt (zB wenn im Rahmen der Veranlagung nach § 32d Abs. 4 ein Verlustausgleich nach § 20 Abs. 6 EStG bis auf 0 € erfolgt). Der Unterschied zwischen dem vorliegenden Fall und § 32d Abs. 4 EStG besteht allerdings darin, dass dieser (verbleibende) Kapitalerträge immerhin dem Regimen des § 32d Abs. 1 EStG (25%) unterwirft (§ 32d Abs. 4 EStG verweist auf § 32d Abs. 3 S. 2 EStG, der wiederum auf § 32d Abs. 1 verweist). Im vorliegenden Fall hingegen erfolgt im Anwendungsbereich des DBA eine generelle Absenkung des Steuersatzes und damit ein völliges Loslösen von § 32d Abs. 1 EStG. Ob es auf eine endgültige Belastung in Höhe von 25% ankommt oder auch die Fälle zu erfassen sind, in denen es nicht zu einer endgültigen Besteuerung kommt, bedarf daher hier keiner Entscheidung.
    f) Die vom Kläger angeführte Information des Finanzministeriums Schleswig-Holstein führt zu keiner anderen Bewertung. Ungeachtet dessen, dass das Gericht daran nicht gebunden ist, steht sie der hier vertretenen Auslegung inhaltlich nicht entgegen. Heißt es darin wörtlich, dass „inländische Kapitalerträge, die dem gesonderten Steuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegen,“ auf der ersten Stufe für die Einkunftsgrenze zu berücksichtigen sind und auf der zweiten Stufe als der deutschen Einkommensteuer unterliegend einzuordnen sind, liegt der dort genannte Fall hier deshalb nicht vor, weil die Einkünfte des Klägers letztlich nicht dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, sondern in einem ersten Schritt der Kapitalertragsteuer nach §§ 43 ff. EStG und in einem zweiten den spezielleren Vorschriften des DBA Belgien. Zur Anwendung von § 32d Abs. 1 EStG kommt es vorliegend überhaupt nicht.
    3. Weder der hier vertretenen Auslegung des § 2 Abs. 5b EStG (s. 2. b) – d)) noch der Nichtanwendung von § 2 Abs. 5b EStG auf den vorliegenden Fall (s. 2. e)) stehen europarechtliche Aspekte entgegen.
    a) Hinsichtlich der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze für § 2 Abs. 5b EStG geht der Senat bereits davon aus, dass eine Diskriminierung oder Beschränkung nicht vorliegt. Denn das Gesetz selbst differenziert in § 2 Abs. 5b EStG nicht zwischen unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen. Auch eine versteckte oder mittelbare Diskriminierung – weil Gebietsfremde regelmäßig schlechter gestellt würden – ist nicht zwingend, und im Übrigen gerechtfertigt. Das Gesetz sieht zunächst bei inländischen Steuerpflichtigen, wie solchen ohne inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt eine Abgeltungswirkung nach dem Einbehalt von Kapitalertragsteuer vor (§ 43 Abs. 5 sowie § 50 Abs. 2 S. 1 EStG). Dementsprechend kommt § 2 Abs. 5b EStG sowohl für unbeschränkt, wie für beschränkt Steuerpflichtige gleich zur Anwendung. Die Ungleichbehandlung führt der beschränkt Steuerpflichtige erst herbei, wenn er einen Antrag auf Erstattung der Kapitalertragsteuer (§ 50d EStG) stellt. Der Steuerpflichtige hat es also selbst in der Hand, ob § 2 Abs. 5b EStG zur Anwendung gelangt. Stellt er keinen Antrag auf Erstattung der Kapitalertragsteuer, bleibt es bei deren abgeltender Wirkung, so dass sowohl § 43 Abs. 5 EStG als auch in der Folge § 2 Abs. 5b EStG Anwendung finden. Beantragt er die Erstattung der Kapitalertragsteuer entfallen § 43 Abs. 5 EStG und, da § 32d Abs. 1 EStG in der Regel ebenfalls nicht vorliegen wird, folglich auch § 2 Abs. 5b S. 1 EStG. Damit ist die Lage eines Gebietsfremden aber vergleichbar der eines Gebietsansässigen im Fall des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG oder auch des § 32d Abs. 6 EStG. In beiden Fällen steht es dem – in der Regel gebietsansässigen – Steuerpflichtigen frei, einen Antrag nach den benannten Vorschriften zu stellen, der letztlich dazu führen kann, dass statt § 32d Abs. 1 EStG die Regelversteuerung zu einem individuellen – im Fall des § 32d Abs. 6 EStG niedrigeren – Steuersatz (§ 32a EStG) greift. Nach der hier befürworteten Auslegung wäre § 2 Abs. 5b EStG in beiden Fällen nicht anwendbar. Für die im vorliegenden Fall anwendbare Fassung der Vorschrift ergibt sich dies zudem unmittelbar aus § 2 Abs. 5b S. 2 Nr. 2 EStG, der Satz 1 der Vorschrift für nicht anwendbar erklärt, wenn §§ 32d Abs. 2 oder Abs. 6 EStG greifen. Ein Vergleich der Situation eines Gebietsfremden mit der eines Gebietsansässigen ergibt keine Schlechterstellung.
    b) Selbst wenn man aber unterstellen wollte, dass Gebietsfremde regelmäßig einen Antrag auf Erstattung der Kapitalertragsteuer stellen und sich damit der Wirkung des § 2 Abs. 5b EStG entziehen sollten und unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Klägers, der einen solchen Antrag tatsächlich gestellt hat, begründet dies keine von den Grundfreiheiten verbotene Diskriminierung des Gebietsfremden. Zunächst wäre schon fraglich, ob überhaupt eine vergleichbare Lage des gebietsansässigen und des gebietsfremden Steuerpflichtigen gegeben wäre. Eine solche Vergleichbarkeit wäre nämlich – zumindest im hier betroffenen Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht und Zusammenveranlagung (§§ 1 Abs. 3, 1a EStG) nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH – Voraussetzung dafür, eine Diskriminierung annehmen zu können (zur Frage der Vergleichbarkeit als Voraussetzung auch bei der Prüfung einer Beschränkung siehe Kokott/Ost, EuZW 2011, 496, 498 f.). Nach den vom EuGH in der Rechtssache Schumacker (EuGH, Urteil vom 14.2.1995, Schumacker, C-279/93, Rn. 31 ff.) aufgestellten Grundsätzen befinden sich Gebietsfremde und Gebietsansässige grundsätzlich nicht in einer vergleichbaren Lage. Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn der Gebietsfremde den Großteil seiner Einkünfte im Inland erzielt. Unter Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte ist das vorliegend nicht der Fall. Die Kapitaleinkünfte können insoweit bei der europarechtlichen Betrachtung nicht ausgeblendet werden. Denn die Rechtsprechung des EuGH beruht auf dem Gedanken, dass es nur dann zu einer Zusammenveranlagung im Tätigkeitsstaat kommen soll, wenn eine solche im Wohnsitzstaat keinen Sinn mehr macht, weil dort keine oder nur geringe Einkünfte vorliegen (EuGH, Urteil vom 14.2.1995, Schumacker, C-279/93, Rn. 36 ff.). Im Übrigen spricht gegen eine Vergleichbarkeit im vorliegenden Fall auch der Aspekt, dass der gebietsansässige, von der Anwendung des § 2 Abs. 5b EStG betroffene Steuerpflichtige bezogen auf die Besteuerung im Inland einer höheren Kapitalbesteuerung unterliegt, als der Gebietsfremde, der Teile der Kapitalertragsteuer über § 50d Abs. 1 EStG erstattet erhält. Gibt es diese Form der Regelerstattung eines Kapitalertragsteueranteils bei Gebietsansässigen nicht, befinden sie sich nicht in einer vergleichbaren Lage zu Gebietsfremden. Die sich aus dem Zusammenspiel mit der Besteuerung in Belgien möglicherweise ergebende höhere Steuerbelastung des Gebietsfremden ist dabei nicht zu berücksichtigen. Denn die sich aus dem Bestehen zweier Besteuerungshoheiten ergebenden Belastungen für sich unterliegen nicht dem Schutzbereich der Grundfreiheiten (vgl. EuGH, Urteile vom 14.11.2006, Kerckhaert und Morres, C-513/04, Rn. 20 ff.; vom 6.12.2007, Columbus Container Services, C-285/05, Rn. 43 ff.; vom 17.9.2009, Margarete Block, C-67/08, Rn. 28 ff.).
    Ungeachtet der Frage, ob überhaupt eine vergleichbare Lage und damit eine Diskriminierung gegeben sind, wäre letztere aber jedenfalls durch den Rechtfertigungsgrund der Notwendigkeit der Wahrung der Kohärenz gerechtfertigt. Voraussetzung dafür ist, dass die zu rechtfertigende Vorschrift einen persönlichen und sachlichen unmittelbaren Zusammenhang im Sinne einer strengen Wechselbeziehung zwischen einer belastenden Wirkung und einer entlastenden Wirkung aufweist, der nicht durch ein DBA aufgegeben wird, durch eine europarechtlich erzwungene Gleichbehandlung aber aufgegeben würde (vgl. EuGH, Urteil vom 23.1.1992, Bachmann, C-301/90, vom 11.8.1995, Wielockx, C-80/94, Rn. 24; vom 26.10.1999, Eurowings Luftverkehr, C-294/97, Rn. 41; vom 6.6.2000, Verkooijen, C-35/98, Rn. 56 f.; vom 12.12.2002, Lankhorst-Hohorst, C-324/00, Rn. 42; vom 15.7.2004, Lenz, C-315/02, Rn. 37; vom 23.10.2008, Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt GmbH, C-157/07, Rn. 43 ff.). Der Vorteil der Nichtberücksichtigung der Kapitalerträge nach § 2 Abs. 5b S. 1 EStG steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem – als Tatbestandvoraussetzung normierten – „Nachteil“ einer abgeltenden Belastung mit Kapitalertragsteuer bzw. einer Besteuerung im Besteuerungsverfahren in Höhe von 25%. Dieser, in § 2 Abs. 5b S. 1 EStG angelegte unmittelbare Zusammenhang, der sich auf denselben Steuerpflichtigen bezieht (persönlicher Zusammenhang), würde aufgehoben, wenn man es aus europarechtlichen Gründen erlauben würde, dass Kapitalerträge steuerlich nicht (z.B. im Rahmen des § 1 Abs. 3 EStG) berücksichtigt werden, die Erträge aber wegen des Antrages nach § 50d EStG und des DBA Belgien zu weniger als 25% besteuert werden. Ein solches Auseinanderreißen eines be- und entlastenden Regelungskomplexes soll durch den Rechtfertigungsgrund der Kohärenz vermieden werden. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen be- und entlastender Regelung wird auch nicht bereits auf der Ebene eines DBA aufgegeben. Zwar ist die in § 50d EStG normierte Möglichkeit zur Erstattung der Kapitalertragsteuer im DBA Belgien angelegt. Diese Regelung berührt für sich aber nicht den Zusammenhang zwischen der die Einkünfte ausnehmenden Wirkung des § 2 Abs. 5b EStG einerseits und der einer besteuernden bzw. abgeltenden Wirkung der § 32d Abs. 1 bzw. § 43 Abs. 5 EStG andererseits.
    II. Zu Unrecht hat der Beklagte bei der Berechnung der Steuer den Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG angewendet. Weder liegt ein Fall der unbeschränkten Steuerpflicht noch ein Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG vor (§ 32b Abs. 1 S. 1 EStG).
    Nach § 32b Abs. 1 S. 1 EStG ist Voraussetzung für die Anwendung des Progressionsvorbehalts bei beschränkter Steuerpflicht, dass ein Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG vorliegt. Die Vorschrift setzt in der hier anwendbaren Fassung (Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008, BGBl I S. 2794) neben dem unstreitigen Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit voraus, dass (Buchst. a)) auf Grund des § 39d Abs. 2 EStG a.F. eine Eintragung im Sinne des § 39d Abs. 1 S. 3 EStG a.F. erfolgt ist oder (Buchst. b)) die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG).
    Ein Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. a) EStG liegt unstreitig nicht vor. § 39d Abs. 2 EStG a.F. (= § 39a Abs. 4 EStG n.F.) sah für beschränkt Steuerpflichtige die Möglichkeit der Eintragung besonderer Lohnsteuerabzugsmerkmale vor. Der Kläger hat eine solche Eintragung schon deshalb nicht beantragt, weil er von der unbeschränkten Steuerpflicht ausging und darum eine entsprechende Bescheinigung
    39c Abs. 4 EStG a.F.; nach BeitrRLUmsG vom 13.12.2011, BGBl I 2592, aufgegangen in § 39 Abs. 2 und Abs. 3 EStG n.F.) zur Anwendung der Lohnsteuerklasse III erhalten hatte.
    Auch ein Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. b) EStG liegt nicht vor. Dies würde einen Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG voraussetzen. Der Kläger behauptet, eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht beantragt zu haben. Insoweit räumt der Beklagte ein, dass er einen solchen Antrag zugunsten des Klägers unterstellt habe. Da der Kläger im Klageverfahren deutlich gemacht hat, dass er sich gegen die Anwendung von § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. b) EStG wendet, kann der Antrag nicht unterstellt werden. Er muss tatsächlich gestellt und nicht wirksam zurückgenommen worden sein. Ob der Kläger überhaupt einen Antrag auf Veranlagung gestellt hat, kann hier dahinstehen, da ihn der Kläger jedenfalls wirksam zurückgenommen hat. Die Rücknahme ist bis zur Bestandskraft des Steuerbescheids möglich (Eisgruber in: Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 46 EStG, Rn. 27; Kulosa in: Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 46 EStG, Rn. 31) und vorliegend spätestens im Klageverfahren erfolgt.
    2. Entgegen der Ansicht des Beklagten steht § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG (in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vom 19.12.2008, BGBl I S. 2794) einer Veranlagung nicht entgegen. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten hat, bei Annahme einer beschränkten Steuerpflicht des Klägers und Rücknahme eines Antrags auf Veranlagung nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 Buchst. b) EStG könne eine Veranlagung wegen § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG nicht durchgeführt werden, sondern nur eine Aufhebung des Bescheids mit anschließender Lohnsteuernachforderung erfolgen, sieht der Senat keine gesetzliche Grundlage, die eine solche Schlussfolgerung rechtfertigt.
    Die in § 50 Abs. 2 S. 1 EStG angeordnete abgeltende Wirkung des Quellensteuerabzugs gilt gemäß § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG nicht, „wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht im Sinne des § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 oder des § 1a nicht vorgelegen haben; § 39 Abs. 5a ist sinngemäß anzuwenden.“ § 39 Abs. 5a EStG (entspricht § 39 Abs. 7 EStG n.F.) regelt die Einzelheiten zur Ungültigmachung der Lohnsteuerkarte und Nachforderung bei unterlassener Anzeige des Wechsels in die beschränkte Steuerpflicht.
    Wenngleich vorliegend ein Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG gegeben ist, steht diese Vorschrift einer Veranlagung nicht entgegen. Der dort enthaltene Verweis auf § 39 Abs. 5a EStG zwingt nicht zu dem Schluss, dass die zu wenig erhobene Steuer nicht auch im Veranlagungswege nachgefordert werden kann, sondern regelt primär die Mitteilungspflicht des Steuerpflichtigen und die Folgen der Nichtbeachtung. Auch im Schrifttum wird ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass im Fall des § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG eine Veranlagung durchgeführt werden kann und eine Lohnsteuernachforderung – unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 39 Abs. 5a EStG (Rechtsgrundverweis, s. statt vieler Loschelder in: Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 50 EStG, Rn. 32; ebenso i.E. BFH, Urteil vom 23.9.2008, I R 65/07, BStBl II 2009, 666) – alternativ in Betracht kommt (Gosch in: Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 50 EStG, Rn. 20; Herkenroth/Striegel in: Hermann/Heuer/Raupach, EStG, 247. Lfg., § 50 EStG, Rn. 250 ff. und Rn. 260: Nachforderung über Lohnsteuer im typischen Fall ausgeschlossen; Holthaus in: Lippross/Seibel, EStG, 72. Lfg., § 50 EStG, Rn. 18; Kube in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, 204. Akt., § 50 EStG, Rn. E 61 und E 191 Nr. 6 geht sogar von Pflichtveranlagung aus; vgl. auch Loschelder in: Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 50 EStG, Rn. 32; ausdrücklich a.A. ohne Begründung lediglich Ramakers in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, 50. Lfg. 2002, § 50 EStG, Rn. 54). Auch im Hinblick auf § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 EStG kommt der Senat zu keiner anderen Beurteilung. Da diese Vorschrift gänzlich andere Voraussetzungen enthält, läuft sie durch die hier vertretene Auslegung zu § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG nicht leer.
    Ein Veranlagungsverbot besteht im Übrigen gemäß § 46 Abs. 4 EStG nur dann, wenn eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 EStG nicht in Betracht kommt (vgl. Kulosa in: Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 46 EStG, Rn. 2). Vorliegend geht der Beklagte in seiner Klageerwiderung selbst davon aus, dass § 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b) EStG einschlägig ist. Das Veranlagungsverfahren dient der Überprüfung, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG vorgelegen haben (vgl. Tillmann in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 249. Lfg., § 46 EStG, Rn. 54). Ist das, wie vorliegend, nicht der Fall, ist der beschränkt Steuerpflichtige nach den Regeln der §§ 49 ff. EStG zu besteuern und die abgeltende Wirkung des Lohnsteuereinbehalts wird aufgehoben (§ 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG).
    III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO. Die Kosten sind nach dem Verhältnis des Obsiegens und des Unterliegens zu verteilen. Unter Berücksichtigung des Verhältnisses der über den Hauptantrag begehrten Steuerminderung zu der sich durch den Hilfsantrag letztlich ergebenden Steuerminderung ist eine hälftige Kostenteilung angemessen. Der Hilfsantrag wirkt gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG nicht streitwerterhöhend.
    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 1 Abs. 3 EStG; § 34 Abs. 1 EStG; § 39c Abs. 4 EStG a.F.

    Karrierechancen

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